-~39~- Ein bisschen lockerer

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Laurel umarmte mich fest, als ich ihr die Tür zu meiner Wohnung öffnete.

Wir saßen eine ganze Weile einfach nur schweigend auf dem Sofa im Wohnzimmer und tranken Tee, bis ich mich doch dazu entschloss, etwas zu sagen: ,,Heute habe ich siebzehn Uhr Orchesterprobe. Ich weiß noch nicht, ob ich hingehen werde."
Laurel stellte ihre Tasse auf meinen Wohnzimmertisch, setzte sich dann wieder zurück im Schneidersitz auf meine Couch und sah mir tief in die Augen.
,,Natürlich wirst du das. Du lässt dir von diesem Idioten nicht das Leben versauen, hörst du?"
,,Laurel, er ist kein Idiot-"
,,Jetzt nimm ja nicht wieder alle Schuld auf dich!", unterbrach sie mich und stemmte ihre Hände in die Hüften, ,,Wenigstens einmal in deinem Leben wirst du dem anderen die Schuld zugestehen. Er hat dich ausgenutzt."
Ich seufzte, nickte jedoch in Zustimmung.
,,Weißt du was? Ich habe dir doch etwas versprochen", sagte sie dann und ich blickte zu ihr auf. ,,Wir gehen jetzt zu ihm herüber und ich sage ihm mal gehörig meine Meinung!" Mit diesen Worten sprang sie von der Couch auf und ich konnte sie geradenoch so am Arm packen.
,,Nein, Laurel. Lassen wir ihn in Ruhe", versuchte ich sie zu beruhigen, doch da hatte sie bereits entdeckt, dass in der ersten Etage der 221B ein Fenster geöffnet war. Ohne Umschweife riss sie sich von mir los, öffnete mein Fenster und schrie über die Straße: ,,Hey du Arschloch! Ich hoffe, du löst deinen Fall nie!"

Ich musste über ihren Mut sofort lachen, zog jedoch schnell die Vorhänge vor ihr zu.
,,Du bist doch komplett bescheuert!", flüsterte ich ihr zu, wobei meine Stimme jedoch durch das Lachen immer wieder brach.
Vorsichtig schaute ich durch einen Spalt zwischen den Vorhängen und sah, dass beide, John und Sherlock, am offenen Fenster standen. So schnell wie ich konnte, verschloss ich den Vorhang wieder. Laurel beobachtete mich dabei und ich schüttelte grinsend den Kopf.
,,Ernsthaft. Du hast sie doch nicht mehr alle", sagte ich.
,,Hat er es wenigstens gehört?", wollte sie wissen.
,,Ich glaube schon. Er stand zumindest am Fenster", erwiderte ich.
,,Das möchte ich doch hoffen", sagte Laurel selbstsicher und setzte sich dann wieder auf mein Sofa. Ich linste noch einmal durch den Schlitz zwischen den Vorhängen und stellte erleichtert fest, dass Sherlock und John weg waren und ihr Fenster geschlossen hatten. Ich zog die Vorhänge wieder zur Seite und schloss mein Fenster ebenfalls.

,,Also? Was machen wir als nächstes? Wollen wir ihm Silvesterraketen in den Briefkasten werfen?", schlug Laurel vor und überschlug frech die Beine.
Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein. Die arme Mrs. Hudson ist die Vermieterin. Sie müsste es sonst noch bezahlen."
,,Mmh... Schade", schmollte sie und brachte mich dadurch wieder zum Lächeln.

,,Kannst du heute Nachmittag nicht mitkommen?", fragte ich bittend, doch Laurel schüttelte entschuldigend mit dem Kopf.
,,Nein, tut mir leid. Ich habe heute Abend ein Date mit Mr. Kompliziert. Du schaffst das schon", munterte sie mich auf.
Ich seufzte. ,,Na gut."

______

Den restlichen Nachmittag verbrachte ich damit, Flöte zu spielen und mich auf die Probe vorzubereiten. Nur so konnte ich meine Gedanken einigermaßen beruhigen.

Trotzdem verschlechterte sich meine Laune zunehmend, je näher die Zeiger meiner Wanduhr den 17 Uhr kamen.
Bevor ich meine Wohnung verließ, packte ich noch meine Sachen. Ich atmete tief ein, bevor ich die Wohnungstür öffnete. So schwer war es mir noch nie gefallen, das Haus zu verlassen.
Ich versuchte, möglichst unauffällig zu meinem Auto zu kommen. Zum einen wollte ich weder eine Konversation mit John noch mit Mrs. Hudson führen, zum anderen versuchte ich, Sherlocks exzessiver Listenführung über die Geschehnisse in der Baker Street zu entkommen, auch wenn meine Erfolgsaussichten gering waren. Ich zog mir meine Kapuze der Jacke, die Sherlock nicht kannte, tief ins Gesicht und ging einen anderen Weg zum Auto, als normalerweise.

Die Fahrt zur Royal Albert Hall verlief kurzweilig und mich durchflutete Erleichterung, als ich nach einem längeren Fußmarsch endlich die Tür unseres Übungsraums erreicht hatte.
Im Saal begrüßte mich schon ein Großteil der Orchester Mitglieder, die allesamt gut gelaunt schienen. Ich versuchte meine schlechte Stimmung zu verstecken und lächelte ihnen freundlich entgegen.
,,Hallo Leute!"

______

Die Proben verliefen außergewöhnlich gut, obwohl wir uns vor Monaten zuletzt gesehen hatten. Der Dirigent lobte uns sogar für unsere Leistung, obwohl das normalerweise nur sehr selten vorkam. Wahrscheinlich war ihm die Coronazeit auch zu Kopf gestiegen.
Ich hatte ihn gefragt, ob er noch eine Vollzeitanstellung für eine Flötistin offen hätte und er hatte mir versprochen, dass er mit dem Orchesterleiter sprechen würde.

,,Hey Liv, wir gehen jetzt noch was trinken. Willst du mitkommen? Wir können deine Vollanstellung feiern", sprach mich Luke an.
,,Noch bin ich nicht angestellt", schmunzelte ich, jedoch nickte ich dann. ,,Ja, gerne. Wo gehen wir denn hin?"
Luke freute sich sichtlich über meine Zusage und antwortete dann: ,,In die Bar, die Straße runter. Sie haben noch geöffnet."
,,Alles klar."

Zusammen mit noch ein paar anderen Orchestermitgliedern liefen wir die Straße zur Bar hinunter. Mit Freude stellte ich fest, dass Ella Lukes Hand ergriff, sobald wir uns einige Meter von der Royal Albert Hall entfernt hatten.
,,Habt ihr euch endlich mal getroffen?", neckte ich Luke und er lächelte verlegen.
,,Ja, wir haben uns zufällig letzten Monat im Park getroffen und dann ist irgendwie eins zum anderen gekommen."
,,Ich freue mich für euch", erwiderte ich ehrlich.
,,Du siehst zur Zeit irgendwie traurig aus", erwähnte Ella.
Ich spürte, wie mich die Frage um vierundzwanzig Stunden zurück versetzte, jedoch verdeckte ich mein Unwohlsein mit einem schmalen Lächeln. Ich wollte die gute Stimmung nicht zerstören und mich einfach auf einen netten Abend freuen.
,,Ach nein. Nichts schlimmes. Mir geht es gut", erwiderte ich dann.
Die beiden warfen mir besorgte Blicke zu, also versuchte ich das Thema zu wechseln: ,,Heute tritt eine Liveband auf. Wie haben sie das genehmigt bekommen?" Ich deutete auf einen Pappaufsteller am Eingang der Bar, der eine kleinere Electropop Band zeigte.
,,Keine Ahnung. Seien wir froh, dass sie es haben", erwiderte Luke fröhlich. ,,Ich kenne die Band. Sie sind echt nicht schlecht."

Wir betraten die kleine Bar. Sie war sehr modern, mit Neonröhren und dunklem Mobiliar, trotzdem wirkte sie durch die niedrige Holzdecke und das dimmrige Licht gemütlich. Auf der Bühne stand die Band, die gerade einen langsameren Song spielte und trotz Corona waren recht viele Menschen da.

,,Ich bin mir nicht sicher, dass das alles hier legal ist", merkte ich etwas unsicher an und sah mich weiter um.
,,Ach sei keine Spielverderberin", sagte Pietro, der Bassist, als er an mir vorbei ging und direkt den Tresen ansteuerte, um einen Drink zu bestellen.
,,Wirklich, mach dir keine Sorgen, Liv", stimmte Luke ihm zu und legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. ,,Du musst ein bisschen lockerer werden."

Noch ehe ich mich versehen konnte, hatte ich im nächsten Moment schon einen Drink in der Hand und tanzte mit etwa vierzig Leuten zu der Musik der Liveband auf der Tanzfläche. Es hatte sich eine kleine Gemeinschaft gebildet, in der jeder mal eine Runde ausgab und ich genoss den gemeinsamen Abend. Mit so vielen Menschen war ich schon lange nicht mehr so eng zusammengewesen, nur um zu feiern. Ich wusste, dass ich diesen Abend bereuen würde, jedoch war es mir in diesem Moment egal.
Ich konnte all meinen Frust durch das Tanzen herauslassen, all die Wut auf Sherlock wegtrinken. Der Beat der Musik war gut und ich vergaß all meine Bedenken.

Nach einer Weile waren meine Sinne doch schon leicht vernebelt, trotzdem hielt das mich nicht davon ab, mich durch die Menschenmassen zu schieben und auf einem der Barhocker Platz zu nehmen.
,,Du hattest recht!", rief ich über die Musik zu Luke herüber, der neben mir ebenfalls am Tresen saß, ,,Die Band ist wirklich gut!"
,,Sag' ich doch!", grinste er, doch da wurde seine Hand auch schon von Ella ergriffen, die ihn auf die Tanzfläche zog.

,,Hey!", versuchte ich den Barkeeper zu mir herüber zu rufen, jedoch reagierte er nicht. Erst jetzt merkte ich, dass ich weder über die Intensität noch über den Klang meiner Stimme irgendeine Kontrolle hatte.
Ein Mann tauchte neben mir auf, dem ich nur wenig Beachtung schenkte und hob seine Hand, um dem Barkeeper ein Zeichen zu geben. Innerhalb weniger Sekunden war er da und nahm die Bestellung des Mannes auf: ,,Ein Bier und ein Wasser für die Lady!"
,,Ich brauche kein Wasser!", versuchte ich dem Fremden zu erklären, jedoch hatte er sich gerade von mir abgewandt und ich konnte nur seine schwarzen Haare und die Rückseite seines schwarzen Anzugs erkennen.

Ich fasste ihn an einer Schulter und schon drehte er sich wieder zu mir herum und lächelte mir entgegen.
,,Oh ich glaube aber, dass etwas anderes Ihnen gerade nicht gut tun würde, Mrs. Carter."
Als hätte ich mir die Hand verbrannt, zog ich sie ruckhaft von ihm weg.
,,Mr. Owens", presste ich erschrocken heraus und ich kniff die Augen angestrengt zusammen, um zu entscheiden, ob er eine Illusion war oder tatsächlich vor mir stand. Ich kam auf keine Lösung.
,,Genießen Sie den Abend", sagte er und hielt mir das Wasser entgegen. Perplex griff ich danach.
,,Trinken wir auf einen hinterhältigen Exfreund." Damit hob er sein Glas, trank einen Schluck, stand auf und verschwand im nächsten Moment wieder.

Wo zum Teufel hatte er jetzt das Wasser her?

Ich schüttelte verständnislos den Kopf, trank das kleine Wasserglas mit einem Zug aus und entdeckte dann Pietro unter den tanzenden Massen.
,,Hey Pietro! Bestellst du mir noch einen Drink?"

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