28 - Und jetzt?

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⊱─ ⋯ ─⊰ TAG 6 ⊱─ ⋯ ─⊰

[Dienstag abends]

𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Als Jimin mein Zimmer wieder verlässt, ist es beschlossene Sache. Wir sind fertig mit der Zusammenarbeit. Ich sollte froh sein. Ich habe gute Tonaufnahmen. Morgen werde ich einen fertigen Song haben. Und ich muss mich nicht mehr damit rumquälen, ein guter Freund oder Mitbewohner zu sein. Ich will nicht mehr ständig wegen ihm grübeln. Mit unserer Zusammenarbeit endet auch unser ständiger Kontakt.

Verdammt. Wieso fühle ich mich trotzdem schlecht? Ich sollte froh sein, dass ich ab jetzt nicht mehr auf jemand anderen angewiesen bin. Das ist es doch, was ich wollte. Effizientes Arbeiten ohne Ablenkung. Vielleicht stellt sich die Freude auch erst morgen ein, wenn ich den Song wirklich komplett fertig habe.

Da fällt mir ein. Wird Jimin ihn dann hören wollen? Immerhin hat er daran mitgearbeitet. Immerhin ... sollte der Song für ihn sein. Ach scheiße! Ich hasse dieses zwischenmenschliche Rumgekasper. Mir reicht's für heute. Ich gehe gleich einfach ins Bett und dann ist gut. Vorher sollte ich nur noch was essen, denn ich merke, dass mir bereits schlecht wird vor Hunger.

Ich tapse in Richtung Küche und kann schon von weitem Geklimper hören. Na großartig. Jimin hatte anscheinend die selbe Idee. Und ich bin grade einfach zu müde, um mich damit jetzt auch noch auseinanderzusetzen.
Ich überlege kurzzeitig, ob ich warte, bis er weg ist und mich dann in die Küche schleiche, oder ob ich eine weitere Auseinandersetzung mit ihm aushalte. In dem Moment dreht sich mir aber gefühlt der Magen rum, also hat sich die Frage wohl erledigt.

Ich steuere auf den Kühlschrank zu, werfe Jimin einen Seitenblick zu, traue mich aber nicht, ihn anzusprechen.

  
  
ʝιɱιɳ

Hätte ich mir ja denken können, dass Yoongi auch mal langsam Hunger kriegt. Jetzt ärgere ich mich doch, dass ich nicht gefragt habe. Eigentlich ist der Druck doch jetzt raus, oder? Gleichzeitig schaffe ich es nicht mal, von meinem Teller aufzuschauen und ihn anzusehen.

Entnervt lasse ich meine Stäbchen fallen und raufe mir die Haare. Es klappert viel zu laut in der viel zu stillen Küche, und wir zucken beide zusammen. Nicht aufgeben, Jimin. Vergiss dein Ziel nicht!
Ich hole tief Luft, als käme mit dem Sauerstoff auch die Lösung. Dann taste ich mich leise vor.
"Yoongi? ... Soll ich ... mit dem Essen warten, bis Du auch was hast? ... Oder ... willst du in deinem Zimmer essen, während du dich gleich an den Schnitt machst?"


𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, dass Jimin die Initiative ergreift und mich wegen des Essens anspricht, weil ich es dann nicht machen muss. Oder ob ich ihn dafür verfluchen soll. Ich habe da keine Nerven mehr für. Ich will einfach nur noch, dass diese Woche rumgeht und wir uns wieder aus dem Weg gehen können.

Trotzdem bewirken seine Worte irgendwas bei mir. Er klingt vorsichtig. Fast so, als könne er jeden Moment was falsches sagen. Ich schaue weiter in den offenen Kühlschrank, als könne er mir irgendwie weiterhelfen. Aber natürlich kriege ich keine Antwort und muss selbst etwas überlegen.
"Ich werde heute nichts mehr machen, denke ich."

Ich schließe den Kühlschrank wieder, weil ich eh nichts Essbares finde, was mich gerade anspricht. Stattdessen schaue ich mich suchend in der Küche um und entscheide mich dafür, einfach ein paar Instantnudeln zu machen. Die gehen schnell und machen wenigstens kurzzeitig satt. Während ich die Packung aus dem Vorratsschrank hole, atme ich nochmal tief durch.

"Du musst aber nicht warten. Iss ruhig schon."
Während ich das sage, schaue ich Jimin nicht an, sondern kümmere mich darum, dass der Wasserkocher Wasser kocht.

   
   
ʝιɱιɳ

Wie gut, dass sich Yoongi auf sein heißes Wasser konzentriert und darum mein Gesicht nicht sehen kann. Hörst du nicht mein Flehen? Ich WILL aber warten! Ich will nur nicht aufdringlich sein. Und ich möchte so, so gerne wieder ganz normal mit dir reden können. Bitte, Yoongi!

Einmal über den eigenen Schatten springen, bitte. Ich lege meine Stäbchen weg und lehne mich zurück.
"Ich mag gern warten. Grade ist alles so voll mit Training, dass wir uns nur abends sehen. Und da esse ich lieber mit dir zusammen. ..."
Den Rest meiner Gedanken sag ich jetzt besser nicht: Sonst laufen wir wieder nur noch aneinander vorbei.

Smalltalk, Smalltalk - lass uns über unsere Prüfungstermine und unsere Semesterferienpläne reden. Bitte! Einfach immer weiter ... Aber frag mich nicht, warum mir das auf einmal wichtiger zu sein scheint als alles andere auf der Welt. Es fühlt sich grade völlig irrationalerweise innendrin so an, als hinge mein Leben davon ab. Was ein Chaos!


𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Was versucht Jimin da? Will er jetzt, nachdem er grade kein bisschen auf meinen Entschuldigungsversuch eingegangen ist, wieder einen auf gut Freund machen? Vorhin hatte es auf mich nicht den Anschein, als wäre ihm diese "Freundschaft" irgendwas wert. Wenn man die letzten Tage Kontakt überhaupt schon als solche bezeichnen möchte. Und viel schlimmer finde ich, dass ich mich schon wieder auf nichts konzentrieren kann. Jimin lenkt mich ab. Ja, er hat die letzten Tage viel von sich preisgegeben. Hat mir das Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Aber der Preis, den ich für dieses Gefühl zahlen muss, ist mir zu hoch. Oder?

Zack! Und wieder bin ich hin und hergerissen. Ich werde noch wahnsinnig, wenn das so weiter geht! Wieso muss das so kompliziert sein? Und jetzt? Was soll ich bitte antworten? Jimin will mit mir essen, aber will ich das? Ich weiß ja selbst nicht mehr, was ich jetzt eigentlich will.

"Wenn du meinst", antworte ich endlich, als das Klicken des Wasserkochers ertönt und mich daran erinnert, dass es auch noch ein Leben außerhalb meiner Gedankenwelt gibt.
"Ich werde nur nicht lang bleiben."
Ich gieße das Wasser auf meine Nudeln und schaue anschließend auf die Uhr, wobei mein Blick an den Zeigern hängen bleibt. Ich will Jimin jetzt nicht in die Augen sehen. Ich weiß so schon nicht mehr, wie ich auf ihn reagieren soll.

   
  
ʝιɱιɳ

Mein Essen schmeckt auf einmal wie Pappbrei mit Sägemehl-Topping. Der Hunger ist mir vergangen. Yoongi klingt so abweisend, und das tut scheißweh. Normalerweise würde ich jetzt den Stier bei den Hörnern packen und frei heraus reden - was ich grade wahrnehme, wie es mir damit geht, was ich mir wünsche. Aber in Bezug auf Yoongi ist alles wie verhext.

"Ich ... ich möchte dir danken, dass du mich hast mitmachen lassen. Ich habe unglaublich viel von dir gelernt. Es lief nicht immer glatt, aber wir haben es hingekriegt. Ich wünsche dir, dass du morgen aus diesen Aufnahmen einen richtig tollen Song zusammenschneiden kannst.
Ich bin gespannt, wie der Song klingt. Ich hab um 11.00 Uhr die Gesangsprüfung. Aber am Nachmittag kann ich mir das ja vielleicht mal anhören, oder? Ich will nicht drängeln ..."
Park Jimin, ehrlich und frei heraus geht irgendwie anders.

"Es tut mir leid, dass ich mich in den letzten Tagen mehrfach so quergestellt habe. Ich war zum Teil zu müde, und ich habe manchmal nicht verstanden, was du von mir wolltest. Ich hoffe, das war jetzt besser so."
Möchtest du vielleicht noch auf Knien rutschen und um Gnade flehen??? Einmal kurz das Wörtchen Würde buchstabieren, bitte! W wie Wahrheit, Ü wie Übung, R wie Reflexion, D wie Durchhalten und E wie Empathie. Verschenkte Energie ...

"Bist du in den Semesterferien hier? Ich hab die ersten vier Wochen einen Job jeden Nachmittag und Abend. Aber bestimmt können wir, wenn diese Woche rum ist und alle Prüfungen bestanden sind, dann auch Zeit zum gemeinsamen Kochen und Essen finden. Ich würde mich sehr freuen, weil mir das wirklich Spaß gemacht hat am Wochenende."
Schon besser. Aber trotzdem zu viel.


𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Ein Teil von mir möchte Jimin gerade in den Arm nehmen, ihm in seine Augen blicken und sagen, dass er der wundervollste Mensch ist, dem ich je begegnet bin. Der andere Teil schreit, dass das hier zu weit geht. Dass Jimin mich zu sehr ablenkt, dass er Gefühle in mir wachruft, die mich immer weiter von meinem Traum entfernen werden.

Ich starre Jimin bestimmt einige Sekunden stillschweigend an, verliere mich in diesem Strudel aus Hingezogen fühlen und Flucht ergreifen wollen. Mein Herz pocht dabei so stark, als wäre ich längst auf der Flucht. Seit Stunden. Seit Tagen. Wirklich alles spielt verrückt. Das Kribbeln ist mittlerweile so stark, dass es Übelkeit verursacht. Irgendwie fühlt es sich an, als würde sich die Welt um mich herum viel zu schnell drehen, während ich wie ein Betonklotz an Ort und Stelle stehen bleibe.

Wie oft habe ich die letzten Tage gegen diesen Fluchtinstinkt angekämpft? Wahrscheinlich schon zu oft, denn heute habe ich nicht mehr die Kraft, mich dagegen zu wehren. Ich wende meinen Blick von Jimin ab und starre stattdessen auf die unberührte Nudelschüssel in meiner Hand. Der Appetit ist mir gerade reichlich vergangen. Es wird Zeit eine Entscheidung zu fällen.

"Jimin...", starte ich und merke dabei, wie schwer mir das Sprechen fällt, "Die Zusammenarbeit war gut. Ich danke dir auch. Aber ... aber seien wir doch mal ehrlich. Wir haben nichts gemeinsam außer diesen einen Song. Das, was wir die letzten Tage zusammen ... erlebt haben, war nichts weiter als eine Illusion."
Ich will meinen eigenen Worten Glauben schenken, auch wenn sie sich gerade falsch anhören. Dieses Theater hier muss ein Ende finden, dessen werde ich mir immer sicherer.

"Ein Song ist doch keine Basis für eine Freundschaft", füge ich noch hinzu und beschließe, doch nicht länger in der Küche zu bleiben. Ich schnappe mir noch ein Paar Stäbchen und stehe bereits im Flur, als ich mich doch nochmal zu Jimin umdrehe.
"Ich esse doch in meinem Zimmer. Gute Nacht, Jimin."
Ich ignoriere das Stechen in meiner Brust und flüchte mich in mein Zimmer.

   
   
ʝιɱιɳ

Noch einmal fallen mir meine Stäbchen mit lautem Scheppern aus der Hand, während ich von meinem Stuhl hochschnelle. Ungläubig starre ich auf den Fleck im Flur, wo eben noch Yoongi gestanden hat. Mir schießen die Tränen in die Augen, ich bekomme keine Luft mehr, ich fühle mich verraten und ausgenutzt und einfach nur beschissen.
Das war deutlich. Ich hab dich für den Song gebraucht, dafür hab ich auch ein bisschen mit rumgealbert. Aber eigentlich bist du mir egal.

Und was hab ich ihm nicht alles über mich erzählt! Ich habe mein Innerstes nach außen gekehrt, ich habe mein ganzes Herz in diesen Song und in ... IN DIESE WG gesteckt. Nein, Yoongi. Wir haben nicht nur den Song gemeinsam. Sondern auch eine Wohnungstür, eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Bad, einen Flur, einen Humor und eine Leidenschaft.
Langsam sinke ich zurück auf meinen Stuhl. Nein, ich werde nicht betteln, ich werde mich nicht mehr verbiegen für dich. Ich werde freundlich bleiben, so lange du mir nicht mein Joghurt wegfrisst. Warum sollte ich mich anders verhalten? ICH will ja diesen Cut gar nicht! Erstmal die Prüfungen schaffen, dann den Job managen. Und umziehen. Denn DAS gebe ich mir nicht länger.

Ich stelle meinen Teller mit dem Rest Essen für morgen in den Kühlschrank und lächele dabei wehmütig mein Joghurt an. Scheiße, tut das weh! Dann schleiche ich ins Bad und in mein Zimmer. Es ist ja erst 21.00 Uhr, also kann ich eigentlich noch gar nicht schlafen. Ich kann sogar morgen ausschlafen, damit ich vor der Prüfung nicht zu aufgeregt bin. Aber wenn ich jetzt nur Däumchen drehe und auf die Müdigkeit warte, drehe ich durch.
Als meine Zimmertür hinter mir zufällt, fühlt es sich an, als schlösse sich der Deckel zu meinem Sarg. Ich habe dich gern, Yoongi. Aber ich verstehe dich nicht. Warum reißt du das in Stücke, was mir am allerwertvollsten ist? Nie mehr Dornröschen ... Himmel, mein Kopf ist ein einziges Gedankenchaos. Und Gefühlschaos. Und überhaupt.

Nachdem ich noch eine Weile unschlüssig mitten in meinem Zimmer rumgestanden habe, gebe ich mir einen Ruck und begehe Harakiri. Ich haue mir unseren Song auf die Ohren und übe vor meinem großen Spiegel einzelne Bewegungen. Irgendwann bin ich zu erschöpft, um weiter zu verdrängen, aber dann bin ich endlich auch müde genug, um zu schlafen.


𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Ganz ruhig, Yoongi. Das war die richtige Entscheidung. Ganz sicher. Denk daran, was dir im Leben wirklich wichtig ist.

"Verdammte Scheiße", fluche ich leise vor mich hin, denn egal, wie oft ich mir das einrede, das schlechte Gefühl bleibt. Jimin wird darüber gar nicht begeistert sein, oder? Aber was geht es mich an? Er ist erwachsen. Und es ist ja jetzt nicht so, als wären wir vorher nicht auch gut zurechtzukommen, als wir noch nicht ... zusammengearbeitet haben. Ich kann meine Energie nicht immer darauf verschwenden, ihm alles Recht machen zu wollen. Ich kann mich nicht von diesen ständigen Gefühlen ablenken lassen! Nein.

Yoongi, denk an dein Ziel!

Dass ich trotz all meiner Rechtfertigungen im Bett liege und mir nur noch zum Heulen zumute ist, ist der beste Beweis. Jimin ist mir schon viel zu nah gekommen. Manche Menschen lassen wir schneller in unser Herz als andere. Ja, Ten. Aber was, wenn man genau das nicht will? Ich will Jimin nicht länger in mein Herz lassen, er stellt da viel zu viel auf den Kopf. Ich möchte mein altes Leben wieder haben und wieder der Einsiedlerkrebs sein, der ich nunmal bin.

Ich ... brauche kein Dornröschen.

Scheiße ... ich weiß nicht, warum ich gerade bei diesen Gedanken das Gefühl habe, innerlich zu zerreißen. Aber es sorgt dafür, dass mir das erste mal seit vielen Jahren Tränen über die Wangen laufen. Sie sickern ins Kissen, zum Glück. Denn kaum ist der Damm gebrochen, kann ich nicht mehr aufhören zu weinen.

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17.7.2021

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