Eine Stunde.

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Es war wieder am regnen, nur noch viel schlimmer als vor wenigen Minuten. Denn es regnete Scherben. Ich zischte leise auf und hielt mir die Hände schützend über den Kopf, als wir weiter liefen. Ich spürte buschtäblich wie sich zwei, drei der scharfen Glasstücke durch meine Jacke geradewegs in meine Haut gebohrt hatten.

,,HIER LANG", hörte ich Hoseok brüllen, welcher mit Yoongi an der Spitze unseres kleinen Grüppchens lief. Der dunkel gekleidete Mann hatte ein gewaltiges Tempo drauf, was man so gar nicht erwartet hätte. Und auch als Hoseok vergeblich versuchte die Tür zu öffnen, schlug der mysteriöse Mann mit seinem Ellenbogen ein Loch in das Glas, öffnete von innen die Tür und wir rannten allesamt in den kleinen Laden.

Yoongi schloss die Tür wieder zu, Namjoon und Taehyung schoben eines der schweren Regale, auf denen Wanderstiefel in allen möglichen Modellen und Farben angepriesen wurden vor den Eingang.

,,Hier gibt es viel zu viel Glas", zischte Seokjin, der sich mit der Hand über die Wange wischte und somit eine kleine Blutspur, ausgehend von einem tiefen Kratzer hinterlies. Während er leise fluchte, schauten sich die anderen um. Jimin und ich hielten uns eher zurück, starrten zu Boden, statt uns nützlich zu machen.

War es das für mich? Würde ich hier sterben? War das wohlmöglich die Strafe dafür...?

,,Ich bin doch nur ein simpler Lehrer", hauchte der dunkelhaarige Brillenträger neben mir und ich sah, wie er sich mit dem Ärmel seines Pullovers unter den Brillengläsern die feuchten Augen trocknete. Er hatte Angst. Man sah sie ihm an. Seine Hände zitterten unkonrtolliert und seine Brust hob und senkte sich unnatürlich schnell. Ich schloss die Augen und versuchte mir meinen Plan zurecht zu legen.

Sobald die Türen offen waren, würde ich verschwinden. Ich musste verschwinden. Es wird nicht lange dauern, bis die Leiche gefunden würde und dann.. dann lässt sich schnell eins und zwei zusammenzählen. Ich würde geliefert sein. Dabei ist die Strafe nicht das was mir zu schaffen machen würde.. sonder die Tatsache, dass es dann offiziell wäre. Und ich bezweifle, dass ich damit zurecht kommen würde. Bevor mir die Tränen bei den Bildern von dem ganzen Blut, die soeben wieder auf mich einströmten über die Wangen laufen konnten, wurde mein Kinn angehoben und ich zuckte zusammen.

Prüfend drehte Namjoon mein Gesicht hin und her und wollte dann meine Arme abtasten und meine Jacke ausziehen, doch ich wich erneut zurück. Nein. Das Blut klebte überall. Er würde es sehen. Er würde mich verraten. Er durfte mich nicht verraten. Ich musste fliehen.

,,Du musst mich wenigstens die Scherben entfernen lassen, damit sich die Wunde vernünftig schließen kann"; meinte er vorsichtig und schaute mich besänftigend an, machte eine beschwichtigende Handbewegung, doch ich schüttelte nur den Kopf und krallte meine Arme fester in den Stoff der Jacke.

,,Lass den Namenslosen Namjoon. Erstens ist es sowieso zu dunkel, als dass du eine deiner ärztlichen Wunder vollbringen kannst, zweitens.. er will nicht", meinte Hoseok plötzlich und ich schaute zögerlich zu ihm, während er mich neutral musterte.

,,Wie kommen wir hier raus?", wimmerte Jimin mit brechender Stimme, der Lehrer war völlig aufgelöst.

,,Ich würde vorschlagen wir klären zuerst wer zum fick gerade auf uns geschossen hat", kam es von Jin, der sich ein Taschentuch auf die Wange presste.

,,Jedenfalls niemand der uns helfen möchte", antwortete Yoongi ihm, der durch die Jalousie der großen Schaufenster nach draußen auf den Flur schaute, seine Miene hat sich seit dem Anfang nicht verändert.

,,Ach was", stöhnte Jin genervt und drehte sich schwungvoll zu ihm um: ,,Und ich dachte wir fragen die gleich einfach, ob sie die scheiß Türen aufmachen können, voraussgesetzt wir werden nicht von den Kugeln durchlöchert. Die scheinen ja auch noch bewaffnet zu sein."

,,Jetzt komm mal runter, wir sollten Ruhe bewahren und die Polizei rufen", bat ihn Taehyung und tippte auf seinem Handy herum, ehe er es seufzend sinken lies und stöhnend den Kopf in den Nacken legte.

,,Wie clichéhaft, was? Sieben Kerle, kennen noch nicht mal alle Namen voneinander, sitzen verbarrikadiert und ohne Empfang in einem Versteck, in der Hoffnung nicht abgeknallt zu werden von diesen Amokläufern-"

,,Jin fahr einen Gang runter und rede ein wenig leiser"; mahnte ihn auf einmal Namjoon, dessen beunruhigter Blick auf Jimin lag, welcher als Jin zuende gesprochen hatte, die Augen aufriss und die Hände zu Fäusten ballte.

,,Sorry du Model, aber ich bin ebend nicht so gechillt wie ihr, okay?! Jetzt denkt doch mal richtig nach, wie sollen wir gegen die ankommen? Wir wissen nicht wie viele es sind, wo sie sind, haben nichts, um uns zu verteidig-"

,,Schnauze Kim", brachte ihn Yoongi zum Verstummen, der seine Arme verschränkt hatte und ebenfalls mit wachsamen Augen den Lehrer musterte, der angefangen hatte, wieder und wieder den Kopf zu schütteln.

,,Das ist kein- d-das ist kein A-Amokanschlag- w-wir k-kommen hier r-raus.. wir..", seine Worte wurden von seinem Schluchzen verschluckt. Es hörte sich ganz verzerrt an, sodass sich mir eine Gänsehaut bildete, ich schluckte erneut.

,,Hey ganz ruhig..", versuchte Namjoon beruhigend auf ihn einzugehen.

,,Wir sind zu siebt. Du bist nicht alleine. Irgendwie kriegen wir das hin, ja? Jimin war dein Name oder? Ich verspreche dir Jimin, so wahr ich Chirurg bin, so lebendig werden wir hier alle das Kaufhaus verlassen, einverstanden?"

Das war eine schöne Vortsellung, hier rauszukommen. Nur das 'wir' gefiel mir ganz und gar nicht. Ich musste alleine verschwinden. Nichts, was mich noch an das alte Leben bindet habe ich mir kurz danach geschworen.

Jin schüttelte einfach nur mit einem amüsierten Schnauben den Kopf und leckte sich über die Lippen, schaute zur Seite, während sich Jimin allmählich wirklich beruhigte und dem Arzt dankbar zunickte.

,,Also.. wie wäre es wenn wir alle erstmal versuchen die Polizei zu rufen und wenn das nicht klappt schauen wir uns hier im Laden um, was es so gibt. Vielleicht sollten wir hier einfach ein wenig ausharren und abwarte-"

,,Ganz ehrlich? Du gehst mir jetzt schon so hart auf den Sack. Wer hat dich überhaupt zum Chef dieser Selbsthilfegruppe ernannt?", brach es wieder einfach aus Jin heraus.

,,Boar halt einfach deine Fresse Jin. Niemand hat nach deinen unnötigen Kommentaren oder einer Zicke gefragt. Also tu bitte nicht so als würden wir nur hier sein, um dich zu bespaßen", mischte sich diesmal Hoseok wieder in die Disskussion ein.

Bevor der Koch dann noch was erwiedern konnte, ertönte ein lautes Knacken in den Lautsprechern, die sich nicht nur in diesem Laden sondern im gesamten Kaufhaus an allen möglichen Wänden befanden. Eine tiefe Männerstimme räusperte sich und lachte leise.

,,Willkommen in meinem Spiel, ihr Sieben. Ihr seid spontan und halbwegs freiwillig meine Geiseln geworden."

Ich biss die Zähne fest zusammen, auch die Anderen bewegten sich unruhig und starrten auf den Lautsprecher der zur Durchsagenanlage gehörte.

,,Wir können das Ganze auch friedlich lösen, wisst ihr? Ich möchte nur meinen guten Freund aus dem Knast holen und dafür wollte ich lediglich das Gebäude in die Luft jagen."

,,Er will uns in die Luft s-sprengen?", stotterte Taehyung mit weit aufgerissenen Augen. Mir wurde schlecht. Wie würde es sich wohl anfühlen?

,,Das sage ich nur so, als Druckmittel, versteht sich. Doch ihr alle habt mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dabei haben wir bereits die ganzen Kassierer und Kellner und Securitys.. ausgeschaltet. Es wäre uns ein Leichtes gewesen euch einfach auch.. abzuschießen. Aber ich mag ein paar interessante Fremde, denen kein Ausweg bleibz. Ich habe noch ein paar Stunden vor mir und die verbringe ich mit nichts anderem lieber, als mit einem packendem Spiel."

Und wieder dieses leise Lachen, was etwas Psychopathisches an sich hatte.

,,Und hier wird es auch für euch Interessant. Wollt ihr leben? Werdet ihr Sterben? Wie wärs wenn ich ab und zu eine der vielen Türen aufschließe? Oder was ist, wenn ihr essen und trinken wollt? Aufs Klo müsst?"

,,Ein Spiel", hauchte Jin humorlos, versuchte zu lachen.

,,Dass ihr noch am Leben seid, habt ihr mir zu verdanken, als Gegenleistung werdet ihr mitspielen. Solltet ihr Essen wollen, Trinken wollen, was weiß ich, wir finden schon noch was- ihr werdet immer etwas für mich erledigen. Vielleicht manchmal auch nur einer von euch, oder zwei, oder gleich alle. Wer weiß. Na dann, genießt die paar Minuten der Ruhe. Denn unser Spiel  hat bereits angefangen. Und um ein Uhr, ist die erste Stunde rum."

,,Das sind noch sieben Minuten"; flüsterte Hoseok, der auf seine Uhr starrte.

,,Und ihr habt noch ganze 23 Stunden vor euch."

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