#24 Anton meine Meinung sagen [Teil 2]

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Ich holte tief Luft und wollte ihm entgegenbrüllen, ob das gerade sein verdammter Ernst war. Aber ich konnte nicht. Also ließ ich stattdessen die Luft geräuschvoll durch meinen Mund entweichen.

"Ich weiß, ich war damals ein totales Arschloch! Ich wollte dir sagen, dass es mir leid tut, okay? Ich hätte nicht... Du hast das nicht verdient. Nichts davon. Es tut mir leid."
Ich brauchte einen Augenblick, um mir zu überlegen, was ich darauf antworten sollte. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, stand Hannah wieder an unserem Tisch und stellte die beiden Heißgetränke vor uns ab. Dabei musterte sie mich fragend. Für Anton nicht erkennbar, zuckte ich leicht mit meinen Schultern und schüttelte meinen Kopf. Mit zusammengekniffenen Augen schaute sie zu Anton, bevor sie wieder zum Tresen ging. Dieser schaute ihr kurz hinterher, ehe er seinen Blick direkt auf mich richtete.

"Tim? Du hast die ganze Zeit noch kein einziges Wort gesagt. Könntest du bitte etwas dazu sagen?"

Ich atmete tief durch und umklammerte mit beiden Händen meine Tasse. Ich erinnerte mich, wieso ich einem Treffen mit Anton überhaupt zugestimmt hatte. Nicht, um hier zu sitzen und zu schweigen. Ich wollte einen Neustart. Ich wollte meine Vergangenheit hinter mir lassen, ein "neuer Tim" werden. Noch einmal atmete ich tief ein. Dann schaute ich ihm das erste Mal an diesem Abend direkt in die Augen. "Du hast recht, du bist ein Arschloch!"

Überrascht über mich selbst nahm ich einen Schluck von meiner heißen Schokolade.

Er zuckte zusammen. Perplex erwiderte er meinen Blick. Dann nickte er.

"Du hast alles Recht der Welt, sauer auf mich zu sein."
"Sauer?", ich schnaubte ungläubig. "Du glaubst, ich bin sauer?"

"Etwa nicht?"

"Sauer beschreibt noch nicht einmal annähernd, was ich gerade fühle." Wut keimte in mir auf.

"Beschimpf mich, hau mir eine rein, mach was du willst. Du hast alles Recht dazu. Alles was ich will, ist, dass du mir verzeihst."

"Wieso sollte ich dir verzeihen? Wieso ist dir das plötzlich so wichtig?"

"Weil ich... Ich habe erkannt, dass mein Verhalten nicht richtig war. Ich weiß doch auch nicht, wieso ich... Ich wollte mich damals nicht outen, ich war noch nicht bereit dazu. Und ich wusste keinen anderen Ausweg."

"Ich habe dich zu nichts gedrängt. Nie! Im Gegenteil. Ich habe mich über Wochen und Monate versteckt. Dir zu liebe. Nur um dann betrogen, belogen und von dir erniedrigt zu werden. Und du glaubst, mit einer einfachen Entschuldigung ist es getan?" Meine Stimme wurde lauter als beabsichtigt, weshalb sich einige Leute zu uns umdrehten. Ich schnappte nach Luft. Ein leichter Schwindel machte sich in mir breit.

"Ich weiß! Ich weiß, du hättest mich nie dazu gedrängt. Trotzdem kam ich nicht damit klar, dass..."

"...dass du schwul bist", beendete ich den Satz für ihn, im Flüsterton versteht sich, denn egal wie aufgebracht ich in diesem Moment war, ich würde nie jemanden in der Öffentlichkeit so bloßstellen, wie er es gemacht hat.

"Ich bin nicht schwul. Ich habe eine Freundin, hast du das vergessen?"

Dieser Satz traf mich wie ein Schuss mitten ins Herz. Alles in mir zog sich zusammen.

"Wie könnte ich?" In meinem Hals bildete sich ein Kloß, der mir das Atmen erschwerte.

Anton lehnte sich über den Tisch, die Ellenbogen aufgestützt. "So war das nicht gemeint! Was ich damit sagen wollte...", seine Stimme wurde ruhig. Er schaute sich kurz um. Die Gäste an den anderen Tischen waren wieder in ihre Gespräche vertieft. "Hör zu Tim! Ich habe es ernst gemeint, als ich gesagt habe, dass ich seit unseren Aufeinandertreffen immer wieder an dich denken muss. Ich vermisse dich! Und ich weiß, dass ich dir auch nicht egal bin, sonst hättest du diesem Treffen nicht zugestimmt."

"Worauf willst du hinaus?"

"Du kennst den Grund, wieso ich die Sache mit uns damals beendet habe. Ich stand unter einem enormen Druck. Meine Freunde haben begonnen Fragen zu stellen. Aber wie gesagt, ich war noch nicht bereit dazu... Doch jetzt habe ich eine Freundin. Niemand würde sich mehr fragen, wieso wir Zeit miteinander verbringen. Und deshalb... würde ich es gerne noch einmal mit dir versuchen. Du fehlst mir."

"Und was ist mit deiner Freundin?" Ungläubig zog ich meine Augenbrauen zusammen.

"Sarah, muss davon doch nichts erfahren. Zumindest nicht, solange ich noch nicht bereit dazu bin. Das wäre doch perfekt für uns." Seine Hand griff nach meiner. Schlagartig entzog ich sie ihm.

"Ist das gerade dein verdammter Ernst?" Ich sprang auf. "Fick dich, Anton!" Wieder richteten sich die Blicke auf uns, doch diesmal war es mir egal. Mein Atem ging flach, aber ich ignorierte es. Ich griff mir meine Jacke und stürmte aus dem Café.

"Tim, warte!" Kurz nach dem Ausgang hatte Anton mich eingeholt. Er griff nach meinem Arm und hielt mich fest, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als stehen zu bleiben.

"Was ist dein Problem? Ist das nicht das, was du wolltest?", brüllte er.
"Wie bitte?" Ich drehte mich zu ihm um.

"Du wolltest doch damals, dass ich mir mehr Zeit für dich nehme. Damals hatte ich nicht die Möglichkeit dazu, aber jetzt..."
"Ich dachte, du hättest es endlich verstanden, aber du hast nichts verstanden.. Gar nichts! Ich wollte, dass du zu mir stehst", schrie ich ihm nun entgegen. Panik stieg in seine Augen und er machte einen Schritt auf mich zu. "Ich wollte, dass du zu mir stehst", wiederholte ich ruhig. "Und zu unserer Beziehung. Vor allem aber wollte ich, dass du zu dir selbst stehst. Ich weiß, dass deine Familie und Freunde vielleicht nicht begeistert gewesen wären. Aber sie hätten sich früher oder später damit abgefunden, weil du nichts dafür kannst, für das, was du bist."
"Was bin ich denn in deinen Augen?" Jetzt wurde auch er laut. Er kam einen weiteren Schritt auf mich zu und stand jetzt dicht vor mir.

"Das musst du für dich beantworten!" Ich machte einen Schritt nach hinten und senkte meinen Blick auf den Boden.

"Ich weiß nicht, was du dir einbildest, aber ich bin nicht so wie du. Das war ich nie!" Er bäumte sich vor mir auf. Seine Stimme klang scharf und bedrohlich. Meine Augen füllten sich mit Tränen, aber ich schluckte sie hinunter. Augenblicklich fühlte ich mich in die Vergangenheit zurückversetzt.

"Ich habe es versucht, Tim. Ich habe einen Schritt auf dich zugemacht. Ich habe mich bei dir entschuldigt. Ich habe gedacht, du schaffst es, das Vergangene ruhen zu lassen, aber anscheinend habe ich mich getäuscht."

"Hör auf...", brachte ich mit zitternder Stimme hervor. Ich konnte meine Tränen nicht länger zurückhalten. Das Schwindelgefühl von vorhin kam zurück, mein Atem wurde schneller. "Einatmen - Ausatmen", ertönte es in meinem Ohr. Ich gehorchte.

"Ich sehe schon, es war eine schlechte Idee, mich bei dir zu entschuldigen."

"Das meinst du nicht so!"

"Doch, das meine ich genau so, wie ich es gesagt habe. Jetzt bereust du vermutlich, mir keine reingehauen zu haben, als ich es dir angeboten habe." Meine Hände ballten sich zu Fäusten und Anton stieg darauf ein. "Ich gebe dir noch eine Chance." Erneut machte er einen Schritt auf mich zu. Ich wusste, dass diese Reaktion von ihm ein Schutzmechanismus war. So wie damals auch. Aber er hatte nicht das Recht, seine eigene Unsicherheit, seinen Selbsthass an mir auszulassen. Ich sah auf.

"Nein!" Ich öffnete meine Fäuste langsam und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. "Ich wollte mit der Sache abschließen. Nur deshalb bin ich heute hier. Du kannst mich nicht mehr verletzen. Den einzigen, den du gerade verletzt, bist du selbst." Es war mir noch nie im Leben etwas so schwer gefallen, wie meinen Schmerz hinunter zu schlucken und stattdessen diese Worte zu formulieren. Aber ich wusste, es war die richtige Entscheidung.

Anton biss seine Zähne aufeinander, sodass sich seine Kiefermuskulatur verkrampfte. "Ich hätte mich nie auf dich einlassen sollen. Du wirst nie wieder jemanden wie mich finden."

"Hoffentlich! Ich habe nämlich jemanden verdient, der zu mir steht und sich nicht für mich schämt."

Stolz darauf, endlich für mich eingestanden zu sein, atmete ich noch einmal tief durch, während Anton zu einem letzten Schlag ausholte.

"Du glaubst doch tatsächlich, dass du so jemanden finden wirst. Jemand, der sich mit dir in der Öffentlichkeit zeigt, ohne sich dafür zu schämen?"

Ich wusste, dass er gerade alles versuchte, um mich zu verletzen, um nicht zugeben zu müssen, dass er eigentlich selbst verletzt war. Darüber, dass es ihm nicht möglich war, so zu sich zu stehen, wie ich es gerade tat. Trotzdem trafen mich seine Worte genau so, wie er es beabsichtigt hatte. Wie ein Boxer, der dabei war K.O. zu gehen, taumelte ich nach hinten. Ich hatte keine Kraft mehr, war kurz davor, mich Anton erneut geschlagen zu geben, als unerwartet eine Hand nach meiner griff.

"Alles okay hier?" Mit einem Blick zuerst auf Anton, dann auf mich gerichtet, stand plötzlich Jay neben mir.

Antons Augen weiteten sich, als er sah, wie sich Jays Finger mit meinen verschränkten.

Mein Atem begann sich schlagartig wieder zu normalisieren und der Druck auf meiner Brust verschwand. Ich richtete mich auf. "Ja, alles okay! Anton wollte gerade gehen", sagte ich mit überraschend fester Stimme.

Sprachlos schaute Anton zwischen Jay und mir hin und her. Dann nickte er und lief wortlos und mit gesenktem Blick an uns vorbei.

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