KAPITEL 16

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Wesley versuchte seit geschlagenen dreißig Minuten das Gespräch, das er entgegengenommen hatte, abzubrechen.
Leider war Charlie in ungemeiner Gesprächslaune und ließ sich selten aufhalten, wenn er einmal in Fahrt war.
Der Anlass seines Anrufs war auch nicht ganz nebensächlich. Es ging um den alljährlichen Wohltätigkeitsball, den ihre Eltern organisierten, seit sie vor gut fünfzehn Jahren aufeinandergestoßen waren und sich eng angefreundet hatten. Ihre Mütter machten jedes Jahr von Neuem einen großen Wirbel um diesen einen Sonntag im September, der so viele spendable Gesichter beeindrucken sollte, wie möglich. Wesley unterstützte die Organisation mit Händen und Füßen und war stets von seiner Mutter beeindruckt, die so viel Engagement in ihre Projekte zum Wohle der Nachhaltigkeit, gegen Misshandlung und Gewalt, Tiernot und Migrationsarbeit steckte. Sie war vielseitig unterwegs und schloss beinahe die ganze Welt in ihr großes Herz und ihren guten Willen. Trotzdem war sie seine Mutter und er kannte sie als die Frau, die ihn behandelte, wie den kleinen, jungen Wesley aus dem Kindergarten, der er nun schon lange nicht mehr war.

Wes liebte sie. Mehr als er sich jemals zugestehen würde. Aber ihre Aufdringlichkeit, ihr lebhaftes Einmischen in sein Leben und die ständigen Versuche, ihn mit irgendeiner Frau zu verkuppeln oder anderen Menschen bekannt zu machen, schlugen oftmals über die Stränge. Genau aus diesem Grund durfte sie auf keinen Fall von Willow erfahren. Ansonsten würde sie in den nächsten zwei Monaten eine Hochzeit planen, die er sich selbst und vor allen Dingen Willow nicht zumuten wollte. Mit ihr wollte er nichts überstürzen oder sie einengen. Sie war ein Freigeist und er würde einen Teufel tun und sie in eine Ecke drängen. Wesley wusste genau, dass sie sich dann von ihm entfernen würde und das wollte er nicht.
Die letzten Tage zählten zu einigen der schönsten in seinem Leben. Er wollte sich das von niemandem kaputt machen lassen. Vor allen Dingen nicht von sich selbst.
Die kleine Blase, in der sie in den letzten Tagen gelebt hatten, war eine schöne Illusion. Aber trotz der Tatsache, wollte Wes sie noch für eine kleine Weile aufrechterhalten, bis er sicher war, was er wollte und wo er und sie beide standen.
Bis dahin sollte es nur Willow und ihn geben.

Nur sie und ihn wie bis vor ein paar Minuten, in denen er beinahe erstickt war, weil er so gebannt die Luft angehalten hatte, während Willow ihr Gedicht vorgetragen hatte.
Seine Augen hatten sich nicht von ihrer Schönheit abwenden können. Wie sie dort kerzengerade auf dem Liegestuhl gesessen hatte. Die Beine angezogen, den Block auf dem Schoß und die Schultern leicht verkrampft, weil sie schüchtern wurde, wenn sie so persönliche Worte preisgab.
Ihre Wangen rot verfärbt, die linke Hand strich unsichtbare Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, während ihre Lippen die schönsten Worte herausbrachten, die er kannte und die ihm je jemand gewidmet hatte.
Wesley war kein sentimentaler Kerl und hatte für Poesie und Fantasiekunst eigentlich nicht viel übrig. Aber seit er Willow kannte, hatten sich einige Dinge in seinem Leben drastisch verändert und das spürte er in seinem ganzen Körper.
Willow war so gewaltig, so überfallartig in sein Leben geplatzt und hatte alle Werte, an denen er festgehalten hatte, aus ihren Angeln gesprengt.
Sie war so prägnant, so talentiert und doch so in sich gekehrt, dass er sich jeden Tag tausend neue Fragen über sie stellte.
Auch im Gedicht hatte sie Dinge angesprochen, die ihm eine Gänsehaut verpassten und ihn gleichzeitig stutzig machten.

Das alles ist so irrsinnig, kennen wir uns doch gar nicht lang,
aber bei dir fühl ich mich erstmals weniger bang,
mein Herz schlägt höher, das nur bei deiner Stimme Klang,
und all der Schmerz will tatsächlich fort, als wärst du es, der ihn zu Schlafe sang.

Schmerz?
Von welchem Schmerz sprach sie?
Weshalb hatte sie Schmerzen?
Dass sie etwas in sich barg, über das sie nur ungern sprach, war ihm vollkommen klar, aber was war es?
Wieso sprach sie nicht darüber und wie konnte es sein, dass er diesen Schmerz vertrieb?

Meine Seele ist schon lange so schwer
und manchmal weiß ich sicher, ich kann einfach nicht mehr.
Es ist so kompliziert, dass ich alles mit mir selber klär'
und ich wein' schon jetzt, wenn ich mir vorstelle, wie es ohne dich wär'.

Oh, kleine Willow, wovon hast du bloß gesprochen?
Glaubte sie ernsthaft, er könnte sie nach all dieser Zeit einfach so zurücklassen und sich dann nie wieder melden?
Es war kompliziert. Ja. Er hatte längst darüber nachgedacht. Aber es war nicht unmöglich trotz der Distanz in Kontakt zu bleiben. Es war nicht unmöglich, herauszufinden, wohin die Reise sie beiden führte.

Wir sind zwei Menschen und der Zufall,
aneinander gestoßen mit lautem Knall,
aber neben all den Vorurteilen, glaube ich, höre ich geflüsterten Schall,
dass es vielleicht doch Schicksal ist und ich es erst jetzt richtig rall'.

Und da ging es ihr genau wie ihm. Wesley hatte niemals an das eine oder gar das andere gedacht, aber seitdem sie einander kannten fühlte er sich ... anders und lebendiger. Irgendwie war da dieses vollkommen neue Lebensgefühl in ihm, mit Sehnsüchten nach so viel mehr, als Washington bieten konnte.
So viel Sehnsucht nach ...

»Hörst du mir überhaupt noch zu?«
Nein, Charles. Und wenn Wes ehrlich war, hatte er ihm die letzten zwanzig Minuten ebenfalls nur mit seiner rechten Arschbacke zugehört, denn seine Gedanken gehörten jemand anderem.

»Nein, entschuldige. Was hast du gesagt?«
»Denkst du etwa wieder an deine kleine Bauersfrau?«
Er räusperte sich vernehmlich.
»Nenn sie nicht so!«
Willow war so viel mehr als eine leidenschaftliche Gärtnerin und die Frau, die sich mehr als liebevoll um ihre gewitzte Ziege kümmerte.
Apropos ... wo war Heaver?
Es war unglaublich still im Haus.
»Oh, du bist schon in der "Fass,-Rede-Und-Sieh-Sie-Auf-Keinen-Fall-An-Phase. Das scheint ja wirklich was Ernstes zu sein«, lachte Charles und der überwichtige Ball, über den er hatte sprechen wollen, rückte in den Hintergrund.
Eigentlich hatten sie diesbezüglich auch alles geklärt.
Es war höchstwichtig gewesen, dass Wesley in einer knappen Nachricht bejaht hatte, dass er kommen würde, es ihm gut ging, er natürlich beim Aufbau helfen würde und, und, und, damit seine Mutter nicht in Fahrt kam, sein Handy ortete und ihn hier aufsuchte, um ihm ihr Temperament um die Ohren zu klatschen.
Kelly war zu allem fähig und Wesley bekam es jetzt schon mit der Angst zu tun, wenn er in Erwägung zog, ihr Willow vorzustellen.
Die beiden würden sich viel zu fabelhaft verstehen.

Denke ich gerade ernsthaft darüber nach meiner Mutter eine Frau vorzustellen?

Oh, ja. Und seit vorgestern kamen ihm immer häufiger die wildesten Gespinste in den Kopf. Dinge, an die ein Wesley Dillons noch nie zuvor gedacht hatte.
»Sie ist ein guter Mensch, das ist alles. Ich will nicht, dass du einen falschen Eindruck von ihr erhältst«, erklärte Wesley möglichst sachlich, dass er seinem Freund – hin oder her – eine Schelle geben würde, wenn er noch einmal so über Willow witzelte.
Charles schnaubte.
»Willst du mich für dumm verkaufen? Ich bin vielleicht nicht der Eingelesenste in dieser Enzyklopädie, aber ein bisschen was von der Welt habe ich schon erfahren. Erinnerst du dich an die Cheerleaderin, mit der ich zwischenzeitlich etwas am laufen hatte? Die kleine Blonde?«
Wes grinste.
Oh, ja. An dieses übergelenkige Mädel konnte er sich noch hervorragend erinnern. Sie war das reinste Klischee einer Highschool-Barbie gewesen, wie sie im Buche stand.
Charlie, damals noch ein wenig zu blauäugig ihrem Arsch hinterher, hatte dabei nicht bemerkt, dass sie an einen Typen vom College vergeben war.
Der eine Seitensprung, den er mit ihr erlebt hatte, war gehörig nach hinten losgegangen, als am Morgen danach ein muskelbepackter Footballspieler mit Schulterpolstern vor seinem Bett gestanden und ihn gefragt hatte, was zum Teufel er dort zu suchen hatte. (Mal ehrlich, dass war mehr als offensichtlich gewesen. Schließlich schlief der gewöhnliche Mann nicht vollkommen nackt im Zimmer einer Cheerleaderin, wenn er sie nicht auch gevögelt hatte.) Aber diese Sache mal ignorierend: Der Typ hatte Wesleys gutem Freund unmissverständlich klar gemacht, dass das Blondchen sein Blondchen war.
Obwohl ... nach so einer Aktion? Wer wusste schon, mit wem sie noch so in die Kiste gesprungen war, wenn ihr Hecht bei Auswärtsspielen gewesen war.

»Seine exakten Worte waren: Wenn du noch einmal ihren Namen in den Mund nimmst, werde ich dafür sorgen, dass du nie wieder auch nur irgendein Wort in den Mund nehmen kannst. Und jetzt verpiss dich.«
Wesley grinste innerlich. Denn das Beste kam noch.
»Jaaa ... und deine exakten Worte waren ...«
»Wie soll ich ihren Namen denn in den Mund nehmen, wenn ich ihn nicht einmal kenne?«, brummte Charlie.
Wesley prustete.
Diese Worte waren nämlich nicht nur das Todesurteil von Charles' Kiefers gewesen, sondern hatten ihn auch zu einem ziemlichen Arschloch gemacht. Aber er hatte für seine Aktion und Wortwahl gerecht gebüßt, denn die Story war an seine Mutter geraten und die hatte ihm wortwörtlich gedroht, seinen
Schwanz abzuschneiden, wenn sie noch einmal zu Ohren bekäme, dass er eine Frau – und es war egal welche – nicht mit ausreichendem Respekt behandelte.
Als sie bei einem gemeinsamen Familienessen an die Decke gegangen war, hatte Wesley sich ins Fäustchen gelacht.
Hinterher war ihm durch eine ähnliche Predigt seiner Mutter das Lächeln verrutscht, aber er hatte fast damit gerechnet, schließlich war seine Mutter ein kleiner Teufel und vertrat immer eine ähnliche Meinung wie Sonja, Charles' Mutter.
Die beiden Frauen waren wirklich schreckliche Temperamentsbündel und oftmals nur mit viel Feinfühligkeit auf Sparflamme zu halten. Genau aus diesem Grund war der Anruf auch schrecklich notwendig gewesen, denn seine Mutter hatte ihn nun schon seit Monaten nicht mehr zu Gesicht bekommen und kam auf ziemlich unerfreuliche Ideen, wenn Wesley sich nicht bemühte, den Kontakt zu halten. Und zu diesem Kontakt gehörten auch Informationen bezüglich der Gala, die ihr wichtiger war, als alles andere im ganzen Jahr.

»Scheiße. Jedes Mal wenn diese Geschichte wieder auf dem Gesprächsteller landet, pisse ich mir bei den Erinnerungen an diesen Tag vor Lachen ins Hemd. Ich werde nie vergessen, wie du mich angerufen und gefragt hast, ob ich dich ins Krankenhaus fahre, weil deine viel zu fett angeschwollene Gesichtshälfte dein Gleichgewicht beeinträchtig hat.«
Wesley begann schallend loszulachen.
»Du sahst aus, wie jemand, dessen Kopf man in ein kleines Marmeladenglas gequetscht hat, als sei es das Natürlichste auf der Welt.«
Charles schnaubte.
Wesley grinste fernerhin. Er liebte es, seinen Freund wegen genau dieser Geschichte aufzuziehen. Sie war legendär.
»Mach dich nur lustig, Dillons. Aber ich prophezeie dir hiermit, dass du eines Tages ebenfalls so hochkant aus einer Wohnung geworfen wirst und dann werde ich derjenige sein, der lacht, weil ich diese Prozedur schon hinter mir habe. Mich kann nichts mehr schocken.«
»Das werden wir ja noch sehen. Ich glaube, es gibt noch eine Menge, dass dich aus den Socken hauen wird. Die Welt ist groß«, beharrte Wesley und dachte an sein Schäfchen, dass ihn wirklich aus allen Wolken geworfen hatte.
»Aber nicht zu groß, immerhin hast du dein Mädchen im nächsten Bundesstaat getroffen und nicht auf einem anderen Kontinent. Das würde die Sache auch nur komplizierter machen.«

Wesley nickte, obwohl er wusste, dass Charles dies nicht sehen konnte.
Aber sein Freund hatte recht. Hätte er Willow auf einer Durchreise durch Spanien getroffen, wäre die Lage tatsächlich noch verzwickter, im Grunde genommen unausweichlich, gewesen. Aber irgendjemand oder irgendetwas hatte es gut gemeint mit ihm und so hatte er diese wahnsinnige Frau nur einige Stunden von seinem Zuhause gefunden.

»Da hast du recht. Hör mal, Charles, ...«

Wesley trommelte mit den Fingern. Wo sie gerade von Willow sprachen ... er musste ihr unbedingt noch etwas sagen und sich für die Länge dieses Gespräches entschuldigen. Es war furchtbar unhöflich gewesen, sie allein zu lassen und die Stille gefiel ihm nicht.
Urplötzlich bekam er ein ungutes Gefühl.
»Ich verstehe schon. Kaum findest du deine Traumfrau werde ich in den Wind geschossen. Ich wusste, dieser Tag würde kommen.«
Wesley seufzte.
Charles heuchelte ein Schluchzen vor.
»Sie ist nicht meine Frau, gar Freundin. Wir kennen uns schließlich erst eine Woche. Aber ich ... muss ihr noch etwas Wichtiges sagen, deshalb ...«
»Deshalb legst du jetzt gefälligst auf. Herrgott, mich wirst du nicht so schnell los. Ob du nun noch eine Woche vorhast, in irgendeinem Kaff zu übernachten, oder nicht. Husch, husch, du neugeborener Obstpflücker!«, spurte Charles.
Wesley schüttelte grinsend den Kopf. Der Kerl hatte einen Knall.
»Entweder bist du auf Drogen oder dir hat viel zu lange keiner mehr die Ohren lang gezogen. Aber, weißt du was, für jetzt ist mir das scheißegal. Man sieht sich!«
»Na, das hoffe ich doch, denn Ewigkeiten werde ich diesen Laden nicht ohne dich schmeißen können. Auch auf Drogen nicht. Aber jetzt leg verdammt nochmal auf. Wir verlieren uns schon wieder«, drängte Charles und schlug auf die Platte seines Schreibtischs. Er war also wieder bis spät in die Nacht im Büro. Dieser Verrückte. Aber wem machte Wesley etwas vor? Er kannte einen Mann, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war, der genau dasselbe tat, wenn er im Dienst war.
»Bin schon weg.«
Er legte auf. Wie erwünscht.
Für einen Moment hielt er inne und ließ das Gespräch Revue passieren. Viel zu schnell allerdings kehrten seine Gedanken zu Willow zurück, der er nach dieser Unterhaltung etwas Dringendes zu beichten hatte.
Im Gespräch mit Charles war es nämlich nicht ausschließlich um sinnlose Gala-Angelegenheiten gegangen. Das hätte die Dringlichkeit nicht gerechtfertigt, nachdem sie ihm eine so wunderbare Seite von sich präsentiert hatte und dabei noch so nervös gewesen war.
Nein, da gab es etwas, das Willow betraf.
Etwas, das er sie unbedingt fragen wollte.
Entschlossen erhob er sich, strich seine Kleidung glatt und eilte aus dem Büro, das er bereute, an diesem Abend überhaupt betreten zu haben.
Schon im Flur Richtung Wohnbereich wurde Wesley stutzig. Das Licht war aus.
Das war äußerst seltsam, denn Willow hasste Dunkelheit und schaltete das Licht nicht einmal aus, wenn sie einen Film sah.
War sie etwa noch draußen?
Ja, war sie denn von allen guten Geistern verlassen?
Wesley stürzte zur Terrassentür, die tatsächlich nur angelehnt war.
»Willow?«, rief er in die Dunkelheit des Gartens, der in seliger Stille vor ihm lag.
Verlassen. Leere. Nichts.
Sie war nicht mehr hier.

Wesleys Puls begann zu rasen. Ein ziemlich unwohles Gefühl überfiel seinen Körper, als er einmal um das Haus lief und sich dann wieder im
verlassenen Wohnzimmer wiederfand.
Beinahe panisch rannte er die Treppe hinauf, riss die Türen zu ihrem Badezimmer, ihrem Schlafzimmer, ja sogar zu seinem eigenen Schlafraum auf. Nichts.

Sie war nicht hier.
Aber wo war sie hingegangen?
Es war nach elf Uhr! Und Willow trieb sich niemals freiwillig und allein in der Nacht draußen herum!
Er kannte sie nicht gut, aber gut genug, um das zu wissen.
Weshalb war sie also gegangen?
Oder war jemand hier gewesen?
Verdammt! Hatte jemand sie mitgenommen?
In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit? In ihren eigenen vier Wänden?
Nein, das war gar unmöglich.
Außerdem war Heaver auch verschwunden. Sie waren also sicher gemeinsam gegangen.
Vielleicht war das auch eines ihrer vielen Rituale, die er noch nicht alle hatte entziffern können ...

Wesley beruhigte sich langsam.
Ja, das musste es sein. Sie waren sicher nur spazieren gegangen und sie hatte nichts gesagt, weil sie ihn nicht hatte stören wollen.
Ja, ja, das war es ... nicht.

Erschrocken fuhr Wesley herum, als er es an der Terrassentür scheppern hörte. Der Anblick des weißen Ungestüms fuhr ihm eiskalt durch die Knochen.

Heaver war hier.
Heaver war hier.
Aber Willow nicht.
Sie war da draußen ...

Es war ein selten ungewohntes Gefühl. Aber in diesem Moment verspürte Wesley tiefe Angst und Sorge.
Er wusste nicht, ob das unbegründet war, aber ihr plötzliches Verschwinden war ihm äußerst unangenehm und hinterließ einen bitteren Geschmack auf seiner Zunge.

Vielleicht war es Paranoia, vielleicht die harte Realität, die er die letzten Jahre studiert hatte.
Wesley kannte diese Welt. Er kannte korrupte Sesselpupser, hinterlistige Schlampen – egal ob weiblich oder männlich –, notgeile Schweine und unmoralische Kriminelle. Menschen, für die es tatsächlich keine bessere Bezeichnung gab.
Er war schon so vielen Straftätern und Monstern begegnet, die Dinge getan hatten, die er sich im Zusammenhang mit Willow gar nicht vorstellen wollte. Aus diesem Grund trieb ihn ihre Abwesenheit beinahe sofort in den Wahnsinn und brachte sein Blut in Wallungen. Ähnlicheres hatte er noch nie zuvor verspürt.

Als es erneut an der Tür pochte, spurte Wesley diese zu öffnen und ließ das weiße Fellbiest herein.
Beinahe sofort legte Heaver ihren Kopf schief, als sie das Wohnzimmer betrat und den zermürbten Anzugträger vor sich stehen sah.
Ein Geruch der Abwesenheit lag in der Luft und Heaver drehte sich vier Mal im Kreis, ehe sie es sofort realisierte.
Willow war nicht hier.
Ihre Willow war schon seit einigen Minuten nicht mehr hier.
Ihr Kopf flog in Richtung Haustür, durch die sie verschwunden war.
Aber weshalb?
Willow ließ sie niemals einfach zurück!
Heaver wurde panisch.
Da war etwas faul.
Was war geschehen?
Was hatte dieser Kerl mit ihrer Willow gemacht!?
Sofort zornig trabte sie auf ihn zu. Wesley wich einen Schritt zurück und hob die Hände.
»Scheiße ... ich weiß nicht, wo sie hingegangen ist! Ich wollte nicht ... ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe!«, beschwichtigte dieser sie. Heaver trat noch näher an ihn heran, bis sie Wesley an die Küchenanrichte gedrängt hatte. Zornig und drohend hob sie sich auf die Hinterhufe und stützte sich mit den vorderen auf seiner Brust ab. Wesley riss die Augen auf. Er wusste genau, was das hier war.
Das war Heaver wie sie leibt und lebte. Angsteinflößender und prägnanter als ein Köter es jemals sein konnte.
Erschrocken sah er der Ziege in die Augen. Die Situation war ironisch, aber daran konnte er nicht denken, denn der Schimmer in ihren
gelb-grünen Augen faszinierte ihn augenblicklich.
Auf Tiere hatte Wes nie sonderlich viel gegeben, aber dieses Exemplar spiegelte ihm eine Geschichte, in der es um Leben und Tod ging.
Heaver war nicht nur irgendeine Ziege und Willow nicht nur irgendeine Besitzerin. Nein. Die beiden waren durch trümmerhafte und zersprungene Schicksale miteinander verknüpft, die es unmöglich machten, dass Heaver Willow verlieren konnte.
Die beiden hatten nur wegen einander überlebt und waren dorthin gekommen, wo sie jetzt waren. Aus diesem Grund konnten sie einander nicht verlieren. Es durfte nicht sein. Es ging nicht.
Heavers Augen musterten ihn mit Dringlichkeit. Sie war nicht aggressiv. Noch nicht. Aber sie forderte ihn auf, unverzüglich den Arsch hochzuheben und Willow zurückzuholen, denn wenn das innerhalb der nächsten halben Stunde nicht geschah, dann würde er ein mächtiges Problem mit ihr bekommen.
Wesley sah den starken Beschützerinstinkt in Heavers Augen glitzern. Diese Ziege war selbstloser als jedes Lebewesen, dem er zuvor begegnet war. Unglaublich.
Er konnte gar nichts anders, als zu schlucken und ihr auf die stumme Aufforderung sein Versprechen zu geben.

»Ich werde sie finden. Wir werden sie finden. Und es wird ihr gut gehen. Ihr wird nichts passiert sein.«

Hoffentlich.

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