KAPITEL 2

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Der nächste Tag war ein nebliger Montag bei dessen Wetter man sich am liebsten in seinen Decken vergrub und mit einer heißen Tasse Kakao aus dem Fenster sah und sich freute, dass der knisternde Ofen im Hintergrund seine Wärme spendete.

Für Willow war dieser Tag zunächst so wie jeder andere Montag auch.
Früh am Morgen begann Heaver an ihrer Bettdecke zu kauen, bis sie sie erfolgreich vom Bett gezogen und angefressen hatte und danach stellte sich die Meckerziege auf ihre Hinterhufe und stieß so oft mit ihrem Sturkopf gegen Willows Körper, bis diese sich erhob und ins Badezimmer begab.

Für Willow war dieser Morgen sogar stinknormal.
Aber für Willow waren normale Dinge auch Dinge, die für andere alles andere als normal waren.

Heaver zum Beispiel war etwas, das viele Leute zunächst als ziemlich komisch empfanden, wenn sie in die Stadt kamen und Willow über den Weg liefen.
Man sah ja nicht alle Tage eine zahme Ziege, die ohne Leine durch die Straßen zog, den Fußgängern an der Ampel die Schuhe anfraß und sich im Stadtpark prompt auf eine Bank setzte.

Heaver war für viele sonderbar.
Ein Hund, ja, das war ein übliches Wesen. Oder eine Katze.
Aber eine Ziege?

Nein, beim besten Willen, eine Ziege, und dann auch noch eine Ziege wie Heaver, das war gewöhnungsbedürftig.

In einem kleinen Städtchen wie Innerforks, wo jeder jeden kannte und sich der Tourismus ziemlich still hielt, waren die Leute mittlerweile damit bekannt, dass unter ihnen nicht nur Hunde und Katzen, sondern auch Heaver lebten, die bei weitem schlauer war, als manches andere Haustier.
Jeder hier wusste, wohin das verfressene Biest gehörte und so unsympathisch Heaver sich auch gab, sie wusste ganz genau, dass die Menschen sie liebten und ihr aus der Hand fraßen.
Sie hatte ihren ganz eigenen, verrückten Charme.
Sie war eben Heaver.
Die einzige Hausziege weit und breit.

Montag war in Thister – dem nächsten großen Nachbarort – Wochenmarkt.
Grundsätzlich hatte Willow ihren eigenen Gemüsegarten und ihr Obst an Bäumen in ihrem Garten, aber sie liebte die kleinen Holzstände der Händler und die bunte Vielfalt an Lebensmitteln.
Willow liebte es, über den Marktplatz zu schlendern, den Rufen der Verkäufer zu folgen und ihr Essen direkt vom Bauern zu kaufen.
Es gefiel ihr an der frischen Luft viel mehr, als in einem stickigen Supermarkt, in dessen Regale so viele Plastikverpackungen und Dosen gestopft waren, wie eben möglich.
Käse und Kuhmilch kaufte Willow lieber bei Misses Lister, einer Bäuerin am Rande von Thister, die ihren Stand meist neben dem Kirchturm platziert hatte, weil in der Mittagszeit dort am meisten Schatten war.
Gemüse, wie Möhren, Bohnen, Zucchini, Gurken oder Kartoffeln hatte Willow in ihrem eigenen Garten, aber der Traum von einem eigenen Gewächshaus war ihr bislang ferngeblieben, weswegen sie Tomaten, Paprika und Kräuter bei Herrn Ross einkaufte.
Der alte Grießgram konnte mit seinen buschigen Augenbrauen und der großen Brille ziemlich furchteinflößend sein, aber wenn man ihn näher kannte, war er ein ziemlich netter Kerl, der einfach nicht für Sentimentalität und gute Laune gemacht war.

Es war kurz nach elf, als Willow in ihren knallroten MINI stieg und sich auf den Weg nach Thister machte.
Heaver war gefüttert und im Wohnzimmer mit einer Folge Friends versorgt, die sie bei diesem Wetter bei Laune halten würde.
Eigentlich kam Heaver an Montagen immer mit in die Stadt. Sie liebte es, Auto zu fahren, ihren Kopf vom Fahrtwind hin und her reißen zu lassen oder anderen Autofahrern die Zunge herauszustrecken.
Über Nacht hatte es sich jedoch ziemlich abgekühlt und das Wetter spielte nicht mit, als dass man das Verdeck hinunterlassen konnte, so, wie Willow es immer tat, wenn ihr großes Baby mit ihr Auto fuhr. Für eine vollausgewachsene Wildziege mit Hörnern war es ansonsten auch ziemlich eng in einem kleinen MINI Cooper. Heaver war also besser daheim aufgehoben.

Von Innerforks brauchte Willow knappe zwanzig Minuten, wenn sie über den Highway fuhr. Da dieser der jungen Frau aber meist zu befahren und unsicher war, machte sie gerne einen Umweg über die Landstraßen und blieb auf den unscheinbareren Wegen zwischen Bäumen und meilenweiten Feldern. Die zusätzliche Viertelstunde nahm sie dafür gerne in Kauf.
So auch heute, an dem Tag, der ihr Leben für immer verändern sollte.
Der Tag, der gar nicht so normal war, wie er scheinbar begann.
Dieser Montag war nicht, wie jeder andere zuvor.
Dieser Montag nicht.

Es lag wie ein Duft in der Luft. Dieser Montag schrie nach Veränderungen. Die Luft war feucht und klamm. Sie war federleicht und doch spürbar, als Willow über den Markt schlenderte und ihren Einkauf erledigte.

Wegen des Wetters kamen heute wesentlich weniger Besucher her.
Nur eine halbe Stunde und Willow saß wieder im Auto, um sich auf den Weg zurück zu machen.

Fröhlich summte sie zu einem Song aus dem Radio und sah sich entspannt in der Umgebung um. Auf dem Hinweg war sie so verschlafen gewesen, dass sie die Augen lieber nicht von der Fahrbahn hatte nehmen wollen.
Mit langsamerem Tempo erlaubte sie sich nun aber den ein oder anderen Blick und ließ das Fenster herunter, um in der kühlen Luft den Raps und den Geruch nach blühenden Bäumen in sich aufzunehmen.

Was war es doch schön die weite Landschaft zu betrachten und weit entfernt von Trubel und Zivilisation zu sein. Wie vollkommen war diese Welt doch ohne Menschen. Für Willow beschrieb Natur nicht mehr, als reine Faszination. Und ihre Liebe zu Tieren und Pflanzen trug sie auch sichtbar an der Oberfläche.
Vielleicht manche war das spießig. Für sie war das nichts, wofür sie sich schämen musste. Ganz im Gegenteil.

In Gedanken versunken, bog Willow an der nächsten Kreuzung falsch ab.
Erst nach einigen hundert Metern fiel ihr auf, dass sie nicht den üblichen Weg zurück genommen hatte. Die Umgebung war ihr bekannt, aber die Strecke keine, die sie nach Hause führen würde. Nach einer geeigneten Stelle suchend, an der Willow das Auto wenden konnte, fiel ihr plötzlich ein dunkler Wagen in der Ferne auf, der mitten auf der Fahrbahn stand und sich nicht rührte.

Komisch, dachte Willow.
Das Auto hatte seinen Warnblinker nicht eingeschaltet. War es kaputt? Hatte jemand es einfach im Nirgendwo stehen lassen?
War dem Fahrer etwas passiert?

Als sie näher fuhr, konnte sie keine Kratzer oder Dellen erkennen. Ganz im Gegenteil. Der schwarze Porsche glänzte förmlich und sah wie nagelneu aus. Die überteuerte Limousine passte ganz und gar nicht in die Umgebung. Hier musste sich jemand verlaufen haben und genau so sah der Kerl auch aus, der in Anzughose und Pullover im Straßengraben stand und sein Handy in die Luft hielt.

Amateur, schmunzelte Willow. Dass einer der prolligen Anzugträger aus der Hauptstadt sich hierher traute, war ihr neu.
Was trieb einen wie ihn denn aufs Land?

Sie lächelte der Sonderbarkeit entgegen und parkte dann einige Meter vom Geschehen entfernt.
Der fremde Mann schien sie nicht bemerkt zu haben.
Er reckte sein Smartphone in alle möglichen Himmelsrichtungen und war ganz mit sich selbst beschäftigt.

Als Willow die Autotür aufstieß, kamen ihr einige Flüche entgegen, die sich auf das schlechte Netz beziehen mussten. Hatte dieser Mann noch nie etwas von einem Funkloch gehört? Er stand viel zu tief. Auf dem Dach seines Blechtieres fand sich bestimmt ein Balken.

Willow näherte sich leise.
Das Geschehen interessierte sie und der nun zu hüpfen beginnende Kerl gab ein amüsantes Bild ab.
Es war schon lange her, dass sie einen Mann in so teuren Lackschuhen gesehen hatte.
Er war ganz eindeutig nicht von hier und er war auch noch nie hier gewesen.
Sobald er Netz gefunden hatte, würde er sicher auch nicht mehr her kommen.
Das hier war keine Gegend, die ihn glücklich machen konnte.
Er sah wie jemand aus, der es laut und prunkvoll und teuer brauchte.

Aber vielleicht war das auch ein Vorurteil? Ja, ganz gewiss, es musste ein Vorurteil sein.
Aber der Fremde machte ihr das Denken auch nicht schwer ...
Willow biss sich auf die Unterlippe. Sie dachte unnötig fies. Der Kerl hüpfte immer noch.

»So ein verfluchter, verdammter Mist!«, platzte es urplötzlich aus dem Straßengraben und Willows Lippe begann zu schmerzen, als sie den schwarzen Lackschuh in einem Kuhfladen stecken sah.

Wo war der denn hergekommen?

»Ich verklage denjenigen, der diese Scheiße liegenlassen hat! Das ist ja wohl nicht wahr!«, wütete es weiter und als die Anzughose dann auch noch einen nassen Fleck am Knie bekam, weil der Fremde beim Zurücktreten auf die Straße abrutschte, konnte sie sich nicht mehr halten und begann loszuprusten.

Laute der Belustigung fielen ihr aus dem Mund – sie konnte einfach nicht anders – und sie musste sich die Hand vor den Mund halten, um sich in den nächsten Sekunden wieder einkriegen zu können.

Auf wen war sie dort bloß gestoßen?

»Wollen Sie da nur herumstehen und sich lustig machen?«, giftete der Mann plötzlich in ihre Richtung und sie erhaschte endlich einen Blick auf sein Gesicht.

Giftig grüne Augen sahen ihr entgegen und waren Mittelpunkte eines sonnengebräunten Gesichts mit schmalen, aufeinander gepressten Lippen, angespannten Kiefermuskeln und eine in Falten gelegten Stirn, die ihn ärgerlich aussehen ließ.

Der Fremde war mit Sicherheit nur ein paar Jahre älter als Willow.
Er sah jung aus.
Hatte tiefschwarzes Haar, dass an den Seiten zentimetergenau geschnitten war und sich nur auf dem Kopf wilder zu locken begann.

Er sah gut aus, keine Frage.

Als er es endlich aus dem Loch schaffte und sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, sah er sogar sehr gut aus.

Lange Beine, breite Schultern und ein ziemlich gut gebauter Oberkörper, der von dem Pullover nur so geschmeichelt schien.

Willow hatte lange keinen so hübschen Mann mehr gesehen.
Vielleicht aber hatte sie auch lange nicht mehr so genau hingesehen.
Und das waren ja auch nur Äußerlichkeiten.

Die angehende Arroganz, mit der er sprach, machte das alles zu Nichte.

»Ja, eigentlich ist das genau das, was ich will, denn Ihr Gehüpfe erinnert mich an jemanden, über den ich mich gelegentlich gerne lustig mache. Aber so freundlich ich nun mal bin, sollte ich nicht auf meinen eigenen Willen achten und erst einmal Sie nach ihrem Ergehen fragen. Brauchen Sie Hilfe?«
Willow trug ein freches Grinsen. Sie wusste mit Männern wie diesem umzugehen und sie ließ sich gewiss nicht einschüchtern.
Ihr Mundwerk war so gelöst und gut gestimmt wie immer und das würde sie sich auch nicht miesen lassen.
Der Anzugträger schien von ihr ganz und gar nicht entzückt.
Beinahe fassungslos empört sah er sie an, ehe seine Augenbrauen sich zusammenzogen und sein Gesicht einen wütenden Ton annahm.

Dass dieses vorlaute Mädchen sich über ihn lustig machte, gefiel Wesley gar nicht.
Er war in schlechter Stimmung, hatte vom Schlafen auf dem Autositz Rücken- und Nackenschmerzen und war nun wirklich nicht erpicht darauf, von einem kleinen Möchtegern-Sonnenschein ausgelacht zu werden.

Von so jemandem wollte er keine Hilfe. Das kratzte gehörig an seinem Stolz, den er trotz der Lage hoch trug. Er würde sein Ansehen nicht an diese Frau verlieren.

Genau darum rümpfte er demonstrativ mit der Nase und kehrte ihr den Rücken zu.

»Nein, danke, mir geht es bestens! Fahren Sie mit Ihrer Hilfe dorthin, wo sie gebraucht wird!«, schnaubte Wesley und versuchte sich Willows belustigtes Lächeln aus dem Gesicht zu schlagen.
Sie hatte ihn nicht tatsächlich hüpfen sehen.

Das konnte nicht sein ...

Willow lachte leise.
Stolz war er auch noch.
Na, das konnte ja heiter werden.
Wie er gewünscht hatte, stieg sie zurück in ihr Auto.
Durch die Frontscheibe sah sie den Fremden mit seiner Hand durchs Gesicht fahren und sich dann an das Auto lehnen. Er wirkte angespannt und gestresst. Seine Haltung war steif und mechanisch und irgendwie müde.

Hatte er etwa die Nacht hier draußen verbracht?
Es schien ganz so.

Na, dann wollen wir ihn nicht zu sehr reizen, dachte Willow mit Erbarmen, ehe sie den Wagen startete und langsam anfuhr.
Im Schritttempo holte sie die letzten Meter Distanz auf und hielt dann genau neben dem schicken Porsche, der seinen Besitzer hier draußen in der Kälte allein gelassen hatte.

Schmunzelnd ließ sie das Fenster des Beifahrersitzes hinunter und sah in das Gesicht des Fremden, der sie verständnislos ansah.

»Was wollen Sie noch?«, murrte er unfreundlich. Willow ließ das überhört.

»Na, Sie wollten doch, dass ich dorthin fahre, wo meine Hilfe gebraucht wird. Hier bin ich.«

»Schön für Sie! Ich hoffe, in den nächsten zwei Minuten sind sie es nicht mehr.«

Wie freundlich, Mister Ich-Hüpfe-Im-Kuhfladen!, äffte Willow seine Stimme im Kopf nach.
Wieso versuchte sie überhaupt, freundlich zu sein?
Wenn er keine Hilfe wollte, bitte schön, sie konnte auch wegfahren.
Zuhause warteten Heaver und Joey auf sie, das war mit Sicherheit besser, als Kuhmist und Arroganz.

Willow wollte das Theater verkürzen.
Sie war nicht hergekommen, um sich so von jemandem behandeln zu lassen.
Es war keine Schande zu lachen und er übertrieb es mit seiner Stolzspur, dass er leicht noch einmal ausrutschen konnte.

Das wollten sie doch beide verhindern.

»Ich versuche, nett zu Ihnen zu sein, denn ganz offensichtlich hat Ihr Auto eine Panne und Sie haben sich eine wirklich schlechte Stelle für Rast ausgesucht.
Handynetz werden Sie nicht sehr leicht finden und Busse fahren hier allerhöchstens einmal im Jahr. Ihre Chancen stehen also relativ schlecht, wenn Sie meine Hilfe nicht annehmen und in dieses Auto steigen.«

Wesley hielt den Atem an.
War das ihr Ernst?
Blieb ihm denn überhaupt eine Wahl?
Er war schon seit Stunden hier draußen und fror sich den Arsch ab.
Dieser MINI war der erste und einzige weit und breit.

»Na, kommen Sie schon, springen Sie über ihren Stolz und lassen Sie mich helfen.
Ich bringe Sie zu Ricky, der wird Ihren Wagen abholen und wieder auf Vordermann bringen. Schneller, als Sie beleidigt sein können, sind Sie mich wieder los. Klingt das nicht phänomenal?«

Die fremde Frau wackelte mit den Augenbrauen.
Ihre freche Art war befremdlich, aber sie hatte recht und das, was sie sagte, klang einfach fabelhaft.
Wes wollte nur noch in die Nähe einer Dusche, eines Betts und etwas zu essen.

Kurzerhand öffnete er die Autotür.
Er sprang über seinen Stolz.

Und, was soll ich erzählen, es war die beste Entscheidung seines Lebens ...

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