06 | Haunted

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

»I wonder what I look like in your eyes.«

Nervös blickte Ada in den dunklen Flur, der zu der Wohnung führte und lauschte. Entfernt hörte man leise Schritte, die sich ihr näherten. Ihr Puls raste, ihre Finger umklammerten nervös den Türrahmen.

Unruhig warf sie einen Blick über ihre Schulter in die Dunkelheit der WG. Doch Nylah und Daphne schienen tief und fest zu schlafen.

Als sie ihren Kopf wieder nach vorne drehte, sah sie eine große Gestalt auf sich zukommen. Obwohl sie nur Reece Umrisse und schemenhaft sein Gesicht ausmachen könnte, verschnellerte sich ihr Atem. Er war wirklich hier.

Unsicher machte er ihr vor ihr Halt, die Hände hatte er in seiner Hosentasche vergraben. Er trug eine Lederjacke und ein ebenfalls schwarzes Shirt. Seine dunklen Augen blickten sie unverwandt an und sein Adamsapfel hüpfte hoch und runter, als er hörbar schluckte. Er versuchte sich an einem Lächeln.

„Hey", murmelte er leise und seine vertraute, raue Stimme verursachte eine Gänsehaut auf ihrem Körper. Es war absurd, wie heftig alles an ihr auf ihn reagierte. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie nur eine kurze Hose und ein halbdurchsichtiges Top, das nicht viel Raum für Fantasie übrig ließ, trug. Sie war froh um die Dunkelheit, als sich ihre Wangen erhitzten.

„Komm rein. Aber bitte leise, ich will die anderen nicht wecken", merkte sie an und bedeutete ihm ihr zu folgen. Er bemühte sich darum, die Haustür möglichst geräuschlos zu schließen, bevor sie seine Schritte hinter ihm vernahm. Nicht zum ersten Mal verfluchte sie die alten Dielen der WG, die alles dafür taten, die beiden zu verraten.

Vorsichtig setzte Ada ihre Ferse auf, doch plötzlich verlor sie den Halt – Kuschelsocken sei Dank. Sie riss die Augen auf und sah sich selbst schon Bekanntschaft mit dem Boden machen, als Reece ihren Arm irgendwie zu Greifen bekam. Er zog sie zurück, sodass sie mit dem Rücken gegen seine Brust prallte.

Ada erstarrte und hielt, genauso wie Reece auch, den Atem an. Für einen Moment lag die Wohnung in absoluter Stille. Und in diesem Augenblick nahm Ada ganz besonders wahr, wie sich seine Finger und der Stoff seiner Jacke auf ihrer Haut anfühlten. Überdeutlich registrierte sie seine Präsenz, das Adrenalin raste durch ihren Körper.

Langsam wandte sie ihren Kopf zu ihm um und sein Blick begegnete ihrem, zog sie in ihren Bann. Nicht zum ersten Mal bemerkte sie, dass sie sich so sehr nach Reece verzehrte, dass es beinahe schmerzte. Ada war schon öfter in ihrem Leben verliebt gewesen, mit Bryce hatte sie ja sogar eine Beziehung geführt.

Aber mit Reece war irgendwie alles ganz anders. So vertraut und intim und doch nervenaufreibend und neu. Wie zu Hause ankommen und gleichzeitig ein Schritt ins Ungewisse.

Unwillkürlich wanderte ihr Blick weiter runter zu seinen weichen Lippen und die Erinnerung daran, wie er geschmeckt hatte, brannte auf ihrer Zunge. Und an der Art und Weise, wie sich seine Augen verdunkelten, glaubte sie zu wissen, dass er an das gleiche dachte.

Eine Hitzewelle schwappte über Adas Körper hinweg und mit einem leisen Räuspern brachte sie Abstand zwischen Reece und sich. Es fiel ihr schwer einen klaren Kopf zu behalten, wenn er sie so ansah. Wenn er ihr so nahe war.

„Wie war das nochmal mit ‚die anderen nicht aufwecken'", ärgerte er sie dann und sie versuchte ihr Grinsen zu verbergen, während sie die Augen verdrehte. Sie entspannte sich ein wenig.

Ohne weitere Vorkommnisse schafften die beiden es dann tatsächlich in Adas Zimmer. Vorsichtig schloss das blondhaarige Mädchen die Tür, bevor sie sich unschlüssig in dem Raum umsah. Reece schien es ähnlich zu gehen.

„Setz dich ruhig. Tut mir leid, dass die Decken so durcheinander sind. Ich lag schon im Bett", erklärte sie nervös und sah ihm dabei zu, wie er auf das Möbelstück zuging und dann Platz nahm.

„Dafür brauchst du dich nicht entschuldigen. Schließlich störe ich ja dich mitten in der Nacht." Langsam schälte er sich auf seiner Lederjacke und entblößte damit seine sehnigen Unterarme, die Ada einen Tick zu lange anstarrte.

Mit roten Wangen riss sie ihren Blick gewaltsam von ihm los und setzte sich dann, mit ein wenig Abstand, neben ihn aufs Bett. Unruhig zupfte sie an ihren Nägeln herum. Für einen Moment war es still im Zimmer.

„Danke, dass du mir überhaupt aufgemacht hast... Ich kann mir vorstellen, dass du die letzten Tage sehr wütend gewesen sein musst", begann er dann langsam und schien nach den richtigen Worten zu suchen. 

„Ich war nicht unbedingt wütend. Eher verwirrt und... verletzt", gestand sie dann leise und Kummer verzerrte seine Mine. Er biss sich auf die Lippe und fuhr sich durch die dunkelblonden Haare.

„Das kann ich verstehen. Wäre ich an deiner Stelle auch." Er machte eine Pause, bevor er weitersprach. „Aber ich würde es dir gerne erklären... Zumindest so gut ich kann. Und falls du das überhaupt willst. Ich kann verstehen, wenn du vielleicht lieber doch nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest."

Ada runzelte die Stirn. Dachte er das wirklich? Langsam aber sicher begann sie zu ahnen, wie unsicher Reece eigentlich war.

Behutsam berührte sie seine Hand. Sein Blick zuckte zu ihr hoch. „Ich höre dir zu. Bitte erzähl mir, warum du an dem Abend plötzlich...", sie ließ den Rest in der Luft hängen, doch beide wussten, was sie damit meinte. Er seufzte und nickte dann.

„Okay. Ich versuche es", er stieß den Atem aus, „Ich habe das noch nie jemandem erzählt. Und eigentlich wollte ich es gerade vor dir geheim halten. Ich wollte nicht, dass du schlecht von mir denkst. Aber noch weniger will ich, dass du denkst, dass etwas mit dir falsch ist. Dass ich dich nicht begehre."

Seine dunklen Augen bohrten sich in ihre und ihr Herz flatterte in ihrer Brust. Noch nie hatte jemand so etwas zu ihr gesagt. 

„Und glaub mir, wenn ich dir sage, dass ich nicht wollte, dass der Abend im Auto so endet. Ich war nur... durcheinander. Und ich hatte Angst. Du verdienst es zu wissen, was in meinem Leben schon alles falsch gelaufen ist, bevor du dich wirklich auf mich einlässt. Auch wenn ich damit Gefahr laufe, dass du dann vielleicht nichts mehr von mir hören willst. Du verdienst die Wahrheit." Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus und Ada wurde flau im Magen. Sie hatte Angst.

Trotzdem nickte sie. Sie wollte ihn verstehen, jede Seite an ihm kennenlernen. Egal, wie düster sie war.

Reece Kiefer spannte sich an und er holte wieder tief Luft. Und dann begann er zu erzählen. Wie er Rosalie, Dean und Quentin kennengelernt hatte. Wie alles zunächst mit vielen Partys und dadurch auch mit viel Alkohol angefangen hatte. Wie das irgendwann nicht mehr gereicht hatte, weshalb sie zu härteren Sachen gegriffen haben und dann plötzlich mittendrin gewesen waren. Aus einem Rausch ein, zwei Mal die Woche wurde irgendwann jeden Tag.

„Es war wie ein Albtraum. Jedes Mal, wenn die Wirkung langsam verpufft ist, ist die Realität über einem zusammengebrochen. Ich konnte mein Spiegelbild kaum ertragen. Als alles angefangen hat, war ich gerade 19 und mitten in einer Ausbildung, wo ich dann aber schnell rausgeflogen bin. Zuhause war es auch schwierig, mein Vater hat mich schon immer für einen Nichtsnutz gehalten. Meine Mutter hat er damals rausgeworfen, weil sie Alkoholikerin gewesen war und es vermutlich noch ist. Keine Ahnung, ich habe keinen Kontakt zu ihr", erzählte er, „Mein Vater sagte, dass ich wie sie bin, eine einzige Enttäuschung. Und mittendrin war noch meine kleine Schwester, die das überhaupt nicht verstanden hat. Einmal war mein Vater so wütend auf mich, dass er sie geschlagen hat. Er hat seinen Frust an ihr ausgelassen, weil meine Schwester nicht gewollt hat, dass mein Vater mich anschreit."

Plötzlich sprang Reece auf und tigerte unruhig im Zimmer herum. „Es war das Schlimmste, was ich jemals gesehen hab. Dieses kleine unschuldige Mädchen zwischen zwei Erwachsenen. Und auf einmal ist ihr Kopf durch den Schlag zur Seite geflogen und sie hat einfach nur gebrüllt. Alles nur, weil sie mich beschützen wollte. Dabei hätte ich der sein sollen, der auf sie Acht gibt."

Reece blieb stehen, sein Rücken war Ada zugewandt. Seine Muskeln spannten sich unter der Wut an. „Ich habe mich selber dafür gehasst. Und dann habe ich noch mehr Sachen eingeworfen, um das alles zu vergessen. Jeden Abend habe ich mir die Birne weggesoffen, habe mit irgendwelchen Frauen geschlafen, die ich kaum kannte und mich damit immer mehr in den Abgrund getrieben. Immer weiter... zumindest so lange, bis es für uns alle ein unsanftes Erwachen gab."

Der Bassist erzählte Ada alles. Schonungslos und ehrlich gab er seine Vergangenheit preis. So detailliert, dass Ada ein paar Mal zusammenzuckte, dass ihre Augen sich mit Tränen füllten und sich ein bitterer Geschmack in ihrem Mund ausbreitete. Ihr Herz schmerzte für ihn.

„Die Beerdigung war eine der schlimmsten Momente in meinem Leben. Wenn wir uns anders verhalten hätten, wäre Dean heute noch hier. Diese Schuld werde ich wohl nie hinter mir lassen können. Ich hasse die Person, die ich damals gewesen bin." Reece stieß den Atem aus. Seine Gedanken schwirrten wild durcheinander. Er hatte so viel erzählt, dass er sich jetzt leer fühlte.

Langsam ließ sich Reece wieder auf das Bett sinken. „Wenn ich mir das alles selber vor Augen führe, klingt das wie aus einem Film. Ein Film mit einem bitteren Ende, das jedem eine Lehre sein soll. Aber leider ist das mein Leben. Ich habe so viele Fehler gemacht, die man nie wieder gut machen kann. Und als wir uns kennengelernt haben... Da habe ich Angst bekommen." Er machte eine Pause. „Du trägst so viel Gutes in dir und ich habe mich vor dem Moment gefürchtet, in dem du von meiner Vergangenheit erfährst. In dem du begreifst, was für ein furchtbarer Mensch ich bin. Dass Blut an meinen Händen klebt. Ich wollte diese Gefühle nicht zulassen. Scheiße, ich wusste vor dir ja nicht mal, wie sich Verliebtsein anfühlt. Und du hattest so eine genaue Vorstellung davon, dass ich mir sicher war, dass ich nie reichen würde. Ich habe die Wahrheit immer weiter weggeschoben, am liebsten hätte ich dir nie davon erzählt. Aber du verdienst es zu wissen, wer ich bin. Auch wenn ich mir selbst nicht verzeihen kann, hoffe ich, dass du mich immer noch leiden kannst. Weil ich jede Sekunde an dich denken muss und es macht mich wahnsinnig. Ich werde verrückt, wenn ich nicht bei dir bin", gestand Reece hilflos und hielt den Atem an.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro