24- Segel setzen

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng


Verträumt starrte Alea in den Nachthimmel und seufzte. Marianne ging es einigermaßen gut. Das war doch besser als nichts!
Ihr Blick wanderte zu ihrem Lieblingsstern. Der Nordstern – Polaris. Auf ihrer Reise war er immer dagewesen und hatte wie ein Schutzengel über sie gewacht. Nach all den Kilometern, von Deutschland, Holland, England, Island, Norwegen, Belgien und Frankreich war er dagewesen und hatte ihnen den Weg gezeigt. Auf ihrer Flucht war er stets an ihrer Seite gewesen und hatte sie nicht verlassen.
Langsam wanderte ihr Blick weiter zu den drei Sternen, die eng beieinanderstanden. Der Anblick dieser drei Sterne ließ einen kalten Schauer über ihren Rücken kriechen. Die drei Sterne bildeten den Gürtel des Sternbildes Orion. Der Jäger. Wieder einmal wurde Alea die schicksalhafte Bedeutung ihrer Namen bewusst. Wenn sich die Prophezeiung erfüllte, würde Lennox – der Skorpion – Orion töten. Oder zumindest besiegen.

Mehr als alles wünschte sich Alea, dass Lennox nicht zum Mörder werden würde. Das würde alles ändern. Orion war böse und hatte Millionen von Menschen auf dem Gewissen, doch das? Nein, den Tod hatte niemand verdient, da war Alea sich sicher.
Mit einem Seufzer streckte sie sich auf den Planken der Crucis. Neben ihr atmete Sammy in einem lang gezogenen Ton aus, er war eingeschlafen. Aber Schlaf hatte der kleine Flipper auf jeden Fall verdient, immerhin brauchte er Energie, um sich um die gute Laune an Bord zu kümmern.
Alea rappelte sich auf und schaute sich kurz orientierungslos um. Es war stockfinster und man hörte einzig und allein das Rauschen des Meeres und den Wind, der an ihren Segeln zerrte. Trotzig flappten sie hin und her, gelangweilt, dass man sie im Moment nicht benötigte. Leider hatten sie noch kein nächstes Ziel festgelegt.
Mit der Zeit erkannte Alea die Umrisse ihres Schiffes. Sie tastete sich vor zum Deckshäuschen und Ben öffnete die Tür. Er und Nelani hatten diese Nacht Wache, denn Aleas Mutter hatte darauf bestanden, wenigstens die Grundlagen des Segelns zu beherrschen, sollte es zum Ernstfall kommen.

„Sammy schläft", informierte Alea ihren Kapitän und die beiden, die sich gerade angeregt unterhalten hatten, verstummten abrupt. Ben nickte abwesend und ging aus dem Deckshäuschen, um den Kleinen in seine Koje zu tragen.
Verwirrt blickte Alea ihre Mutter an und schloss die Tür hinter sich. „Worüber habt ihr gesprochen?", fragte sie neugierig.

„Unser nächstes Ziel", berichtete Nelani.
Erwartungsvoll blickte Alea sie an. „Und?"
„Wir wollen nach Hamburg segeln"
Alea klappte die Kinnlade herunter. „Hamburg?", wiederholte sie verblüfft. „Wieso?"

„Deine Silberfadenvision", half Nelani ihr auf die Sprünge. „Du wirst bald bei Marianne sein, also in Hamburg. Und in meiner Vision habe ich einen Gang im Krankenhaus gesehen, ist das kein Zufall? Ich bin mir sicher, dass das es dasselbe Krankenhaus war."

In Aleas Kopf ratterte es. „Orion wird uns nicht in Hamburg erwarten", überlegte sie laut. „Es wäre ein offensichtlicher Ort und außerdem sucht man mich dort. Immerhin bin ich verschwunden und sollte eigentlich seit vier Wochen in der Schule sein."
Nachdenklich schaute sie aus dem Fenster. „Aber Orion ist gerissen. Was, wenn er erwartet, dass wir dort hinfahren? Immerhin hat er die gesamte Westseite des Ärmelkanals abgesucht, wie Cassaras gesagt hat. Erwartet er nicht, dass ich dann irgendwo im Osten bin?"

„Möglich", gab Nelani zu. „Wahrscheinlich erwartet er dich in England, irgendwo in der Nähe der Todeszone. Sicher denkt er, ihr sucht dort noch überall nach Magischen. Das würde zu dir passen und das weiß er."
Sie breitete die Karte von Europa aus, nahm sich einen Bleistift und malte einen Kreis um die südenglische Küste.
„Dort erwartet er dich"
Schwungvoll zog sie noch einen Kreis um die französische Küste.
„Dort vermutet er dich nicht, denn er könnte denken, dass ihr denkt, dass er weiß, dass ihr Frankreich ausschließt, da Tess Französin ist und Frankreich doch etwas auffällig wäre und deswegen genau dorthin fährt und weil er das weiß, eben doch nicht dorthin fahrt."
Alea zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. Wie bitte, was?

Nelani strich also Frankreich durch, ohne auf Alea einzugehen. Mit dem Stift zog sie einen Pfeil aus dem Ärmelkanal heraus in den Atlantik.
„Aufgrund von Tess' Eltern wird er euch nicht außerhalb Mitteleuropas vermuten und schon gar nicht im Mittelmeer. Die würden uns die Hölle heiß machen, wenn sich ihre Tochter so weit entfernt."
Der Pfeil wurde durchgestrichen. Ein weiterer wurde gezeichnet. Diesmal nach oben zu Island. Auch durchgestrichen.
„Orion hält euch nicht für so lebensmüde, dass ihr nach Island fahrt. Die Chancen, dort unentdeckt zu bleiben ist wahnsinnig gering und alles ist teuer, ihr müsst wohl oder übel auftreten."
Der Stift malte einen großen Kreis um Ostdeutschland und Skandinavien.

„Wegen der Ölpest weiß Orion, dass Lennox dich niemals dort schwimmen lassen würde. Alles um Norwegen, Schweden und Finnland fällt also weg. Würden wir die Ostsee als Rückzugsort nutzen, würden wir uns nicht nur einkesseln, es ist auch für Orion einfach, uns in Dänemark abzufangen. Das fällt also auch weg."

„Dann also Hamburg", seufzte Alea. Nicht, weil sie nicht in ihr früheres Zuhause wollte, sondern da sie Angst und Unbehagen in ihrer Brust verspürte. Der Gedanke, Marianne wiederzusehen, verursachte sowohl Freude als auch Angst in ihr. Sie hatte Angst, das Marianne sie in Hamburg bleiben lassen wollte, trotz Nelani.

In dieser Nacht fiel sie sehr nachdenklich in ihre Koje. Was würde in Hamburg geschehen? Sie hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt seelisch schon wieder dazu bereit war, Marianne zu sehen. Wenn sie an ihre Pflegemutter dachte, bekam sie ein mulmiges Schuldgefühl, das sie einfach nicht loslassen wollte. Eigentlich hätte sie sich um Marianne kümmern müssen. Und sie wusste nicht, warum die SMS sie nicht erreicht hatten. Etwas war an dieser Sache sehr komisch. Blockierte der Skorpionfisch die Anrufe, da Orion sie abhören konnte? Die Fragen machten Alea verrückt. Frustriert pfefferte sie ihre Kleidung in eine Ecke, in der sich bereits eine Sammlung Socken und T-Shirts sammelte.

„Schlechte Nacht gehabt?", fragte plötzlich eine Stimme über ihr. Alea fuhr zusammen
„Oh, Tess! Habe ich dich aufgeweckt?", fragte sie besorgt.
„Ne", wiegelte die Französin ab. „Ich habe noch gar nicht geschlafen."
Verwirrt zog Alea die Augenbrauen zusammen. Es musste zwei Uhr nachts sein. Und hatte Tess nicht die Wache von sechs bis acht Uhr?

„Was ist denn, dass du nicht schlafen kannst?", fragte sie ihre beste Freundin besorgt.
„Es ist so... Ich will nicht schlafen", druckste Tess herum. In ihrer Stimme schwang ein wenig Scham mit, was normalerweise bedeutete, dass sie Angst hatte. Dass sie manchmal ein Angsthase war, war Tess unfassbar peinlich. Nachdem sie anfangs immer richtig taff gewirkt hatte, schien sie das Gefühl zu haben, es irgendjemandem – vielleicht ihr selbst – beweisen zu müssen, dass sie doch nicht vor allem Angst hatte. Dass sie es überhaupt nicht musste, schien ein Teil von ihr abstreiten zu wollen.

Langsam ahnte Alea schon, worum es ging, denn sie kannte das Gefühl.
„Immer wenn ich einschlafe... könnte ich in Orions Villa aufwachen", versuchte Tess zu erklären.
Unmerklich nickte Alea und krabbelte unter ihre Decke. So ging es ihr auch. Manchmal wachte sie schweißgebadet auf, im Traum gequält von Männern mit Revolvern und Messern, zwei Meter großen Tauchern, hageren Mischlingen, staubigen Duftkissen, gruseligen Koi-Fischen und einer dunklen Gestalt, die in einem dämmrigen Saal auf einem Thron saß – Orion. Manchmal stieg die Angst vor dem Doktor stärker als sonst in ihr auf und die Emotionen schlugen sich mit harten Fäusten in ihr hoch.
„Sie werden uns nicht entführen", meinte Alea mit der höchsten Überzeugung, die sie gerade aufbringen konnte. „Lennox würde das niemals zulassen. Er würde die Angreifer hören....und ... besiegen."
Aleas Stimme war leiser geworden und ehe sie es sich versah, war sie in einen tiefen Schlaf gefallen.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro