-𝟸𝟻-

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Ich hatte die Arbeit verlassen, ohne mich zu verabschieden. Yvette würde es mir verzeihen, in Anbetracht des Dramas, in dem ich mich befand.
Nun packte ich Zuhause einen Rucksack, ohne genau zu wissen, was ich darin verstauen sollte.
Keine Ahnung, was mich bei diesem Feliz erwarten würde, oder wo sich dieser überhaupt befand. Roel nannte nur wenige Details, genau genommen gar keine. Letzten Endes landeten ein paar Kleidungsstücke, sowie all meine unauffälligen Waffen in der Tasche.

Da ich mich für mein Vorhaben in die größte Gefahr stürzte, achtete ich darauf, mich ansonsten pudelwohl zu fühlen. Ich zog mir eine Leggins und einen Kapuzenpullover über.
Ein bequemes Outfit bedeutete für mich schon ein gutes Bisschen Sicherheit. Deswegen schlüpfte ich auch in die weißen Sneaker im Flur und nicht in die hohen Pumps. Rizin-getränkte Nagelpfeilen, das besondere Parfum, sowie mein Taschenmesser mussten reichen.
Bei Letzterem war ich mir sicher, dass sie es einkassieren würden.

Ich stolzierte die Treppen zum Lokal hinunter. Zugegeben empfand ich neben der Furcht, auch eine gewisse Abenteuerlust. Ein Teil von mir wollte meinen Kollegen beweisen, was ich drauf hatte. Sie sollten sich ihren Fehler eingestehen, mich nicht für bereit gehalten zu haben.

Unten fand ich meinen Vater alleine vor. Er genoss gerade die Ruhe der Mittagszeit. Mit einer Hand drehte er die Spaghetti um seine Gabel, mit der anderen, blätterte er durch eine Tageszeitung. Dabei strahlte er solch eine Harmonie aus, dass es mich innehalten ließ.
„Guten Appetit, Babi."
Vor Schreck fiel ihm das Tratsch-Blatt aus der Hand. „Oh mein Schatz. Danke. Setz dich doch zu mir."
Er tippte auf den Platz neben sich und ich folgte seiner Einladung. Diese Zeit zu zweit kam in den letzten Tagen zu selten vor.

„Willst du verreisen? Hattest du vor, Bescheid zu geben?", stellte er mich sogleich zur Rede, nachdem er mein Gepäck entdeckte.
Ja, ich wäre einfach gegangen, ohne einmal zurück zu blicken. Es tat mir leid. Mein Blick wanderte unter den Tisch, wo ich meine Hände unruhig faltete.

„Es geht um Antonella, nicht wahr? Ihr Verschwinden ist in aller Munde. Du musst krank vor Sorge sein", vermutete Papà. Was ich mir nicht eingestehen wollte, traf er auf den Punkt. Ich dachte ständig an die ganzen Jahre mit meiner Freundin zurück.

"Ich weiß noch, wie ihr kleine Mädchen, meinen Land Rover geklaut habt, um damit über die Felder zu rasen. Mamma ist euch hinterhergerannt und ich stand auf der Veranda und musste lachen." Eine Erinnerung, die schmerzte, als würde jemand mein Herz in seiner Faust zerdrücken. Ich hatte sie im Stich gelassen. Es gehörte nicht zum Plan, in Tränen auszubrechen, deswegen versuchte ich die Feuchtigkeit weg zu blinzeln.

„Du persönlich, wirst sie finden, zemra ime. Schon als Kind hast du die Geschenke vor Weihnachten gefunden und sie an die Familie verteilt. Einen Weihnachtsmann gab es für dich nie, weil du viel zu schlau warst."
Ardians verdattertes Gesicht hatte sich auf Ewig in mein Gedächtnis gebrannt, als ich ihm sein Geschenk überreicht hatte und nicht ein bärtiger alter Mann. Der arme Junge hatte tagelang geweint und konnte sich gar nicht mehr auf die Festtage freuen.
„Wir haben uns viel um deinen Bruder gekümmert und dich machen lassen. Du hast dich bestimmt oft alleine gefühlt, doch wir wussten, dass du alles meisterst, was du dir vornimmst. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht für dich da sind, mein Schatz."

Wenn ich vor Tatendrang abhob, dann war es mein Vater, der mich wieder zurückholte.
Für einen Moment ließ ich mich gehen. Ich musste nicht stark sein, in den Armen meines Babis.
Ich umarmte ihn abrupt und auch er, legte sein Besteck nieder und drückte mich an seine Brust.
„Dort, wo du bist, wird alles gut, Nivia", flüsterte er mir ins Ohr.
Dabei irrte ich mich so oft, vor allem in den letzten Wochen. Meine Ziele gingen verloren. Der Weg nach vorne, verwandelte sich in ein kurviges Labyrinth voller Kreuzungen.

"Mirëdita", erklang es aus dem Hintergrund. Ich löste mich sofort wieder von meinem Papà.
Dieser sprang dem ungebetenen Gast sofort entgegen. Roel hätte auch im Auto warten können. Innerlich verfluchte ich diesen Vampir.
„Ah Roel. Qysh je?" Da begann es erneut, das Treffen der Albaner. „Mirë, e ju?" Sie schüttelten sich gegenseitig die Hand. Schön, dass es ihnen beiden gut ging. Hätten sie mich gefragt, wäre die Antwort eine andere gewesen.
Roels Blick glitt an meinem Vater vorbei zu mir. Babi folgte seinem Blick und ich versuchte die angesäurte Miene, durch ein freundliches Lächeln zu ersetzen.

„Ich muss italienisch sprechen, meine Familie denkt sonst, ich würde einen Komplott gegen sie schmieden." Darüber lachte Roel nur.
„Das Gleiche denkt meine Familie, wenn ich auf italienisch mit meinen Freunden von hier telefoniere."
Die Mundwinkel des Vampirs sanken für den Bruchteil einer Sekunde.
Ich hatte es genau gesehen.
Hatte er etwa Heimweh, oder was bedeutete, der plötzliche Stimmungswechsel, bei der Erwähnung seiner Familie?

„Aus welcher Stadt im Kosovo kommst du denn?", wollte mein Vater von ihm wissen. Mein Verdacht bestätigte sich, dass er mir seine Neugierde vererbt hatte.
„Dragash." Die Augen meines Vaters weiteten sich. „Wir sind Nachbarn! Meine Familie kommt aus Shishtavec. Das sind keine hundert Kilometer." Unglaublich, wie sehr Papà sich dabei freute.
Roel nickte nur anerkennend.
„Und was hat dich nach Italien geführt?", bohrte Babi weiter nach.
„Die Arbeit. Ich bin seit drei Jahren im Sicherheitsmanagement von MedicoSMart tätig." In meinen Gedanken übertönte ein stetiges 'Blablabla' seine kompetente Darstellung von sich selbst.

„Beeindruckend, Roel. Du siehst noch so jung aus und bist schon so weit gekommen und das in einem fremden Land." Roel lachte, als sei sein überarbeiteter Lebenslauf nicht der Rede wert, doch ich sah ihm nur zu deutlich an, wie gut ihm der Lob schmeckte.

„Woher kennt ihr euch überhaupt?" Ich zuckte aus meiner fast schon entspannten Haltung.
Nun ja Babi, Roel war einer der Kriminellen, die unserem Ardian Drogen verkauften und als ich ihn aufhalten wollte, auf einer längst verlassenen Raststätte, hatte er mir ins Gesicht geschnitten. Natürlich aus Versehen. Seine eigentliche Absicht war es, mir die abgeschlagene Flasche in den Hals zu rammen.

„Das ist eine lustige Geschichte...
Ich hatte mich bei meinem ersten Besuch in Cesena verfahren und hielt bei dieser verlassenen Raststätte an und Nivia hatte in der selben Höhe, auf der Autobahn eine Panne. Ich hatte ihr geholfen, den Wagen wieder zum Laufen zu bringen und seitdem schreiben wir uns ab und zu."
Ich bewunderte seine grenzenlose Fantasie.
„Sie hat mich heute morgen angeschrieben und gefragt, ob ich sie bei einer wichtigen Angelegenheit begleiten könnte und hier bin ich", baute Roel weiter an seinem Lügengerüst. Wie gerne hätte ich der Wahrheit Platz geboten, um die Teufelshörner aus seiner reinen Fassade heraus stechen zu lassen.

„Ich werde auf Ihre Tochter Acht geben, Herr Shehu", beteuerte er meinem Vater.
Wer's glaubt, wird selig, dachte ich mir nur still und heimlich.
„Das wirst du. Nenn mich Taulant, Junge." Ein Privileg, welches er nur selten jemandem gestattete und das reichte mir nun.
„So Babi, wir müssen dann auch schon los", unterbrach ich die beiden, als ich mich vom Stuhl erhob und beim hinaus gehen, Roel einfach mit mir zog. „Bis bald Taulant. Bleib gesund", rief er meinem Papà noch hinterher.

„Du hättest Schauspieler werden sollen", kommentierte ich seine bodenlose Show. „Vielleicht bin ich das ja." Er zwinkerte mir zu, ehe er den elektrischen Autoschlüssel bediente. Vor uns, am Straßenrand, leuchtete ein dicker schwarzer Mercedes auf und ich erkannte instinktiv, dass dieser Wagen, der wohl haufenweise Frauen abschleppte, zu ihm gehörte.
Die Umrisse seines Landes erstrecken sich über die gesamte Motorhaube, gekrönt von sechs goldenen Sternen.

Ich liebte klassische Karosserien, wie zum Beispiel einen eleganten Jaguar, oder den britischen Aston Martin.
Der Wagen hier repräsentierte einen typischen Macho, ohne tiefgründigen Geschmack.
„Den hat der ehrenlose Feliz mir geschenkt", rieb er mir unter die Nase, als er das Metall klopfte, wie den Hals eines Pferdes, um es für seine Leistungen zu loben.
„Schön zu wissen, dass deine Sympathie käuflich ist", gab ich also Nase rümpfend zurück. Roel öffnete mir den Kofferraum, wo ich meinen Rucksack ablegte.
„Nicht nur mit Geld, oder Autos..." Darauf verdrehte ich nur die Augen. Mein Beileid an die Frauen, die auf sein Gehabe reinfielen, oder seine Sprüche als cool empfanden.

Kaum saßen wir in den tiefen Autositzen, jaulte der Motor auf.
Roel führte die unzähligen PS sicher und geschmeidig über die Straßen, dabei spielte das Radio irgendwelche albanischen Lieder.
Manchmal lunzte ich vorsichtig zu dem Mann neben mir.
Er konzentrierte sich, wie ein Adler auf den Verkehr. Seine schwarzen Locken ragten ihm ein bisschen über die Stirn. Der kurze Bart wuchs wild. Die vielen Ecken und Kanten, wie sein männlicher Kiefer, oder der kleine Knorpel in seiner Nasenmitte, prägten sich in meinem Kopf ein.

„In welche Stadt fahren wir?", wagte ich mich zu fragen, während ich unruhig auf den Ledersitzen hin und her rutschte. „Lass dich überraschen." Ich merkte jetzt schon, dass es sich um eine sehr lange Fahrt handeln würde. Er half mir kein bisschen, mich abzulenken.
„Seit wann bist du ein Vampir? Bist du freiwillig einer geworden?" Der Druck in mir stieg und jede Sekunde der Stille, brachte mich innerlich zum explodieren. „Seit vier Jahren bin ich vierundzwanzig und nein."
Roel nahm sich, noch während er antwortete einen Snickers aus dem mittleren Fach. Der Riegel landete nur nicht in seinem Mund. Schockiert stellte ich fest, dass die Schokolade plötzlich zwischen meinen Lippen steckte. „Du wirst zum Plappermaul, wenn du nervös bist", änderte er den Slogan aus der Werbung ab. Ich riss mir den Riegel wieder aus dem Mund und kochte vor Wut. Der Snickers fand sich dort wieder, wo er herkam. Wie ein eingeschnapptes Kleinkind lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme. Wenn er es so wollte, dann schwieg ich eben. Ich musste keine billige Konversation mit ihm führen.

Wären da nur nicht die Bilder in meinem Kopf gewesen. Ich hatte die Befürchtung in eine Falle gelaufen zu sein, aus der ich weder Anto, noch mich befreien konnte. Was, wenn sie meine Freundin bereits verletzt hatten, oder Schlimmeres? Was, wenn ich das Gesicht meines Vaters heute zum letzten Mal gesehen hatte?
Meine Finger tasteten blind nach dem Knopf für die Fenster. Der Geschmack von Eisen benetzte meine Zunge. Meine Zähne lösten sich aus dem zarten Fleisch meiner Unterlippe.
Ich fand keinen Schalter, doch die Scheibe fuhr runter.

Wie aus einer Trance erweckt, schnellte mein Kopf in Roels Richtung. Er nahm gerade seine Hand von der Tür. Wow, er tat mir einen Gefallen, wie großzügig, schimpfte die Ironie aus mir heraus.

Mein Geist entfloh aus der kleinen Öffnung in die Freiheit. Der Wind wirbelte durch meine offenen Haare.

„Und jetzt hör auf, dich selbst zu fressen, sonst mach ich mit", drohte er mir, den Blick kurz auf meinen Mund gerichtet.
„Ich habe keinen blassen Schimmer, was mich erwartet! Scheiße! Vielleicht habe ich mich überschätzt und hätte auf dem Revier Unterstützung erbeten sollen", schrie ich seiner an Empathie mangelnden Art entgegen.
Das Chaos wog leichter, wenn es ein Ventil bekam.
„Nivia, ich habe dir mein Wort gegeben. Siehst du denn wirklich gar nichts menschliches in mir? Was denkst du, wo ich dich hinbringe? Meinst du, ich führe dich auf die Schlachtbank? Du kennst nichts und niemanden, aber urteilst immer", konterte er zurück, bevor er die Musik noch lauter drehte. Er strich mir damit die Möglichkeit, mich zu wehren.

Bei unserer ersten Begegnung, flog eine Scherbe durch meine Wange, die zersplitterte Flasche hielt er in der Hand!
Bei unserer zweiten Begegnung, riss er mich an den Haaren zum Heck eines Kreuzfahrtschiffs!
Bei unserer dritten Begegnung, steckten seine Zähne in meinem Handgelenk!
Bei unserer vierten Begegnung, zwang er mich dazu, auf seinem Schoß zu sitzen, um sein Blut zu trinken!
Und dann erwartete er, dass ich in all der Gewalt, den Engel in ihm suchen sollte? Ich lachte in mich hinein.
Vor Roel warnte mich keiner, doch vor diesem Feliz schon. Wie musste diese Kreatur dann drauf sein?
Aber nein Nivia, hege bloß keine Vorurteile! Es besteht die Chance, dass Roel dich gleich bei einem Kindergeburtstag ablädt und Feliz als liebender Familienvater erscheint. Anto schminkt den Kleinen bunte Tiermuster ins Gesicht und du wirst mit rosa Zuckerwatte empfangen.
Die Schimpftirade dampfte mir bestimmt schon aus den Ohren.

„Spätestens übermorgen führst du wieder dein langweiliges Leben fort, versprochen.
Wer soll auch sonst die Verwaltungsarbeiten für deine Chefin erledigen? Wer soll diesen Männern sonst ihren Kaffee bringen?
Sie fördern das brave Mädchen, dass stets mit Freundlichkeit und Verstand handelt, dessen größten Erfolg sie hinter den Kulissen sehen. Keiner von denen steht hinter dem, was du kannst, oder willst. Wenn ich es nicht schaffe, die Frau aus dir rauszuholen, dann bringe ich das Kind in dir zurück, in Sicherheit. Keine Sorge."

Er klärte den Nebel, der sich um den Schmerz gelegt hatte. Ich sah wieder klar und deutlich, wie sie mich abschirmten. Ich hörte ihre Stimmen, die jeden Außeneinsatz verneinten, jeden Lob, für meine akkuraten Berichterstattungen. Sie trauten mir zu, den Regeln zu folgen, aber nicht sie in Frage zu stellen, um eigene Schlüsse zu ziehen.

Hier und jetzt bestritt ich meinen eigenen Weg und ich wählte Roel als Verbündeten, ob ich ihm vertrauen durfte, musste ich noch herausfinden, doch daraus bestand das Leben. Suchen, Fallen, Lernen und Steigen. Daran hielt ich fest. Die Tränen lohnten sich nicht. Ich schluckte sie herunter und übrig blieb die Hoffnung darüber, meinen eigenen Herausforderungen gewachsen zu sein. Mein Rücken versank in der Lehne und ich schnappte nach dem Snickers. So einfach war es. Wie ein Hamster schob ich mir die Schokolade in die Backen. Roel schien mich ebenfalls heimlich zu beobachten, denn seine Mundwinkel zuckten vergnügt.

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