21.

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Ungläubig starre ich an die Decke.
Ich tue dies seit drei Uhr zehn, seitdem ich nach Hause gekommen und mich hier hingelegt habe.
In meinen Händen halte ich mein Handy, ich presse es gegen meine Brust, während ich die knappe halbe Stunde, die ich mit Jace verbracht habe, immer wieder und wieder durchspiele.

Buchstäblich.
Denn wir haben Musik gehört, während wir auf den schmalen Bürgersteigen entlang getaumelt sind, weil Jace zu lange Schritte machte und ich streckenweise aufholen wollte; im selben Moment, indem er abbremste. Und genau diese Musik höre ich jetzt. Immer und immer wieder.

Es hat Spaß gemacht, so ineinander zu rennen, lachend durch die Straßen zu gehen, jeder einen Kopfhörer im Ohr.
Und wieder kam mir mein Heimweg so schrecklich kurz vor.
Ich hatte nicht genug Zeit, Jace alle Songs zu zeigen, die er meiner Meinung nach kennen musste. Wir hatten nicht genug Zeit, um uns zu unterhalten.

Aber Morgen werden wir uns wiedersehen, hat er gesagt.
Ich komme mir lächerlich vor, wenn ich kurz in der Stille liege, die Songs wechseln und ich meine Gedanken nicht mehr nur am Rande wahrnehme. In der kurzen Stille reflektiere ich, was ich hier eigentlich mache.

Ich benehme mich wie ein Teenager. Wie ein dummes Schulmädchen.
Ich bin erneut kurz davor, mir die Kopfhörer herauszureißen und mich an mein Gruppenprojekt zu setzten, das ich für Kunstgeschichte fertig machen sollte.
Aber da erklingt der nächste Song, erfüllt mich und lässt mich an andere Dinge denken.

Doch als die Sonne schon lange untergegangen ist, muss ich aufstehen.
Mein Magen kommandiert mich in die Küche.
Als ich mich von Jace verabschiedet habe, bin ich nämlich gleich in mein Zimmer hochgerannt und nicht wie üblich in die Küche, um Mirellas vorbereitetes Mittagessen zu verschlingen.

Ich tat dies bewusst, um mir meine Laune nicht von eventuell anwesenden Familienmitgliedern verderben zu lassen.
Jetzt hoffe ich inständig, dass Mirella mir etwas in den Kühlschrank gestellt hat.
Ich atme tief ein und aus, lege mein Handy auf die Bettdecke und schiebe alle Gedanken von Jace und seinen grünen Augen beiseite.

Ich schaffe es, ihn zu vergessen, als ich an Bens Zimmer vorbeikomme, unter dessen Tür ein schwacher Lichtschein durchdringt.
Früher wäre ich in sein Zimmer gegangen; hätte gefragt, wie sein Tag war, was er in der Uni gemacht hat, wie es seinen Freunden geht und ob er mir nicht beim Bearbeitenden eines Fotos helfen könnte, weil er den besseren Computer hat.

Ich lasse den Kopf sinken.
Das war früher. Das war einmal.
Ich schleiche in die Küche, obwohl ich fast davon überzeugt bin, dass Dad noch gar nicht zu Hause ist.
Es ist zu leise. Ich höre keine angespannten Stimmen von ihm und irgendeinem Kollegen, der am anderen Ende der Welt sitzt.

Erst beim Schließen des Kühlschranks bemerke ich meine Mutter am Esstisch.
Ihre dünne Silhouette verschwimmt fast mit den Schatten der Dunkelheit.
Das blau fluoreszierende Licht streicht über ihre harten Gesichtszüge und taucht ihre linke Gesichtshälfte in einen seltsamen Schein.

Sie sitzt allein, hier unten in der dunklen Küche.
Ich lege die Stirn in Falten und schließen den Kühlschrank endgültig. Alles Licht erlischt und ich stehe in völliger Dunkelheit.
Das liebevoll angerichtete Essen mit dem kleinen Zettel, der mit 'guten Appetit' wünscht, stelle ich blind auf die Kochinsel.

Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Lichtverhältnisse und ich kann die spärlichen Umrisse der Frau am Esstisch ausmachen.
"Mom?"
Mit tapsigen Schritte gehe ich auf sie zu.

Das Lächeln, das sich auf meinen Lippen eingebrannt hat, erlischt, als ich den Lichtschalter der kleinen Stehlampe an der Wand betätige. Die Erinnerungen an meinen schönen Nachmittag sind vergessen.
Sie sieht nicht gut aus.
Ihr Make-up ist verwischt, der Mund wirkt verzogen und eingetrocknet.

Ihre Augen sind glasig und starren anteilnahmslos in den Raum. Sie hebt nicht mal den Blick, als ich mich neben sie stelle.
Ihr Tränensäcke sind fast doppelt so groß wie sonst und auf ihren Wangen und auf ihrem Hals befinden sich rote Flecken.
Doch ihr Aussehen ist nicht das Schlimmste.

Das Allerschlimmsten sind die zwei leeren Weinflaschen auf dem Tisch und die noch halbvolle, die vor ihr steht.
In mir zieht sich alles zusammen, als ich nun auch das Weinglas sehe, an dem sie sich festklammert.
Ich gehe in die Hocke, nehme meinen prüfenden Blick nicht eine Sekunde von ihren bebenden Schultern.

Es sieht aus, als würde sie Weinen. Ihr Körper weint.
Aber ihr Gesicht tut es nicht. Es ist starr und taub.
"Mom?", versuche ich es erneut.
Meine Stimme ein unsicheres, bebendes Geräusch in der Stille.

Sie scheint mich zu bemerken. Sie blinzelt. Einmal.
Dann richten sich ihre glasigen Augen auf mich und blickt mich mit kleinen Pupillen an.
Ihre Unterlippe beginnt zu zittern und ich merke, wie Tränen hinter meinen Augen brennen.
Wo sind meine gute Laune und das leichte Gefühl in meiner Brust hin?

"Gib die her", ordere ich und strecke die Hand nach der dunklen Flasche aus.
Meine Mutter reagiert nicht, bis sich meine Finger um das kühle Glas geschlossen habe.
"Nein! Ophelia, der ganze Keller ist voll damit. Was haben wir denn davon, wenn keiner davon trinkt!"

Ihre Augen haben jegliche Form verloren, jetzt da all ihr Mascara verschmiert ist und ihr Lidschatten in seiner üblichen Funktion versagt.
Ich habe sie schon lange nicht mehr so gesehen.
Ich richte mich auf und schaue missachtend auf sie herunter.
"Das ist kein Argument", sage ich forsch und ziehe die Flasche über den Tisch.

Der giftige Alkohol schwappt beinahe über meine Hose, als sie mein Handgelenk packt.
Ich kann die fremde Frau vor mir nur fassungslos anstarren.
Pure Verzweiflung ist plötzlich in ihrem Gesicht zu lesen, jetzt, wo ich die Flasche in meinen Besitz genommen habe.

Ihre Aufmerksamkeit gilt aber nicht mir, dem Dieb, sie gilt der Beute, dem Alkohol.
Was ist aus meiner Mutter geworden?
Der Frau, die uns sonntags immer Pfannkuchen mit Ahornsirup zum Frühstück gemacht hat, die alte Schallplatten auflegte, um zu den alten Melodien über unseren Teppich tanzte?

Wohin ist die Mutter verschwunden, die sich abends in mein Zimmer geschlichen hat, um mir neue Filme für meine Kamera auf den Tisch zu legen, weil sie am Vortag bemerkt hatte, wie ich meinen letzten verbraucht habe; auf der Jagd nach einem Schmetterling?
Einzelne Tränen rollen über meine Wangen.

Sie sitzt hier, genau hier vor mir. Und sie sieht aus, wie die Hülle ihrer selbst.
Sie ist nicht mehr die Mutter, die ich einst hatte.
Keiner aus dieser Familie ist, wie er einmal war. Die Ereignisse haben uns Dinge geraubt, die wir nicht zurückbekommen werden. Wir haben unsere Emotionen verloren.
Einige mehr als die anderen.

Dad war nicht für Mom da. Er hat sie nicht aufgefangen.
Etwas, dass ich krampfhaft versuchte, nachdem wir vor dem Abgrund gestanden hatten, aber nicht schaffte.
Dad hat sich in die Arbeit gestürzt und sie alleine gelassen.

Da blieb ihr nur noch der Wein, der Prosecco, der Champagner.
Mit vor entsetzen aufgerissenen Augen starre ich auf mein Handgelenk, welches immer noch von meiner Mutter umklammert wir.
Sie lässt mich nicht los, drückt mir das Blut ab.

Sie bemerkt meinem Blick, folgt ihm, als sie endlich aufgesehen und in meine schmerzverzerrten Augen geblickt hat.
Ihre Hand bereitet mir weitaus weniger Schmerzen, als ihr Handeln.
Sie lässt mich los, beinahe so, also hätte sie sich an meiner blassen Haut verbrannt.

"Was denkst du nur von mir? Ich bin dir lästig geworden. Deine Mutter, die immer ein Glas zu viel trinkt", flüstert sie.
Ihr Kopf sinkt, ihr Blick haftet an der Tischplatte, auf der Weintropfen verteilt sind.
Ich presse die Lippen zusammen und unterdrücke ein Schluchzen.

"Es tut mir leid", höre ich sie sagen, als sie mich loslässt.
Ich presse die Weinflasche an meinen Körper und blinzle die Tränen beiseite.
Ich kann nichts anderes tun, als sie anzusehen.
Ihr Körper wirkt so schwach und gebrechlich.

Ihre Hände sehen alt und fahl im dürftigen Licht aus, ihre blonden Haare stehen strohig zu den Seiten ab.
"Es tut mir leid", haucht sie erneut und ich sehe eine kleine silberne Träne über ihr Gesicht rinnen.
Ich stelle die Flasche auf den Küchentresen und hocke mich dann neben sie auf den Boden.

"Mir tut es auch leid, Mom."
Was tut mir leid?
Ich weiß es nicht, aber ich will, dass es ihr besser geht. Und aus irgendeinem Grund bin ich der Überzeugung, dass diese Worte sie besser fühlen lassen.

Das hört man doch gerne, oder? Dass man nicht der einzige im Raum ist, dem etwas leid tut. Dass es auch andere gibt, die Reue empfinden.
Behutsam lege ich eine Hand auf ihre knochige Schulter und spüre, wie heiß ihre Haut ist.
Verquollene, braune Augen blicken in meine.

Sie schluckt.
Ich habe sie schon lange nicht mehr umarmt. Ich habe beinahe vergessen, wie das geht.
Doch ich schließe einfach die Augen und ziehe sie an mich.
Beinahe rechne ich mit Widerstand, doch sie legt willig ihre Arme um mich, legt ihre Sorgen für einen Moment in meine Hände.

So kauern wir in der halbdunklen Küche.
Das Licht der Stehlampe fängt sich in den großen Fenstern.
Ich kann uns darin wieder erkennen. Mutter und Tochter gefangen in meinem Glaskasten.

Keine von uns weiß, ob wir das eben gesagte, ernst gemeint haben.
Kann ihr überhaupt etwas leidtun, wenn sie so viel Alkohol im Blut hat?
Kann mir etwas leidtun, wenn ich noch nicht einmal genau weiß, was mir leidtun soll?

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Song: Beacon - RY X

Yay early update woop!!! Und damit happy saturday :) (auch wenn das Kapi nicht das fröhlichste wahr xD aber ich bin echt stolz drauf :) )

Ich glaube, heute schaffen wir die 4k reads! <3 DANKE!!!!

Zur Feier des Tages werde ich mich jetzt einfach mal hinsetzen und lesen :)

See u tomorrow <3

Habt ihr einen Film, den ihr letztens gesehen habt & den ich auch unbedingt sehen muss? :)

All my Love,
Lisa xoxo

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