4.

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Nur noch ein weiterer Zug muss in den Bahnhof einfahren.
Nur noch einmal muss der schneidende Einfahrtwind in mein Gesicht peitschen.
Dann kann ich endlich einsteigen und werde zur Uni gefahren.
Meine Füße sind bereits zu Eiszapfen erstarrt, ganz egal wie oft ich mich auf die Zehenspitzen stelle oder den Bahnsteig auf und ab laufe.

Laute Musik dröhnt in meinen Ohren und macht das Warten etwas erträglicher.
Seit gestern zähle ich die nicht bekannte Anzahl der Tage, die ich noch warten muss, bis ich endlich meinen geliebten Mini wieder habe.
Da Dad wahrscheinlich die ganze Woche über früh in der Firma sein muss, sind meine Chancen auf eine Autofahrt am Morgen schwindend gering.

Nervös lasse ich die Steine in meiner Jackentasche durch meine Finger gleiten.
Ich habe sie bei unserem letzten Familienurlaub gesammelt.
Es war der letzte Urlaub, den wir als richtige Familie verlebt haben, bevor ...

Ich blicke auf, als sich ein Mann im schwarzen Mantel neben mich stellt.
Kurz zuckt jeder Muskel in meinem Körper zusammen, als er den Kopf zu mir dreht und mich von oben herab ansieht.
Aber er ist es nicht.

Es ist einfach nur ein Mann mit Aktentasche und schwarzem Mantel, der mich gelangweilt ansieht und danach wieder auf sein Handy schaut.
Zitternd atme ich aus.
Wenn mein Vater heute Morgen nicht diese blöde Bemerkung gemacht hätte, würde ich mir diese Tortur hier vielleicht nicht antun.

Er wedelte mir mit einem fünfzig Dollarschein vor der Nase herum und sagte, wenn ich es nicht durchhalten würde mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule zu fahren, wie jeder andere normale Menschen, dann würde er mir liebend gerne eine Taxifahrt spendieren.
Aus Trotz stehe ich jetzt hier mit zusammengepressten Lippen und starre auf die grauen Steine unter meinen Füßen.

Dad weiß genau, was er in mir auslöst, wenn er so etwas sagt.
Ich will ihm beweisen, dass ich besser bin, als er es von mir erwartet. Dass ich stark bin.
Zum wiederholten Mal werfe ich einen ängstlichen Blick über meine Schulter und umklammere dabei meinen Rucksack, der sicher auf meinem Rücken sitzt.

Der letzte Zug vor meinem trifft ein.
Ich kneife die Augen zusammen, drehe mich aber nicht aus dem Wind.
Andere Menschen halten das schließlich auch tagtäglich aus.
Kurz blicke ich auf, um das Gewühl aus Menschen zu betrachten, dann presse ich mein Gesicht wieder in den braunen Schal.

Der wolkenverhangene Himmel passt zu meiner Stimmung.
Nachdem der Zug in der Kurve des Gleisbettes verschwunden ist, beginne ich wieder langsam auf und ab zu laufen.
Nur noch fünf Minuten, sage ich mir und beobachte sehnsüchtig den großen Zeiger der Bahnhofsuhr.
Je länger ich hier stehe und warte, desto beobachteter komme ich mir vor.

Ich spüre ein Prickeln im Nacken und mache wieder kehrt, laufe zurück zu meinem ursprünglichen Warteplatz.
Doch als ich mich umdrehe, steht dort plötzlich schon jemand.
Ich erstarre, erkenne die Jacke sofort.
Er ist es! Ich würde ihn überall wiedererkennen.

Ich habe gar keine Gelegenheit darüber nachzudenken, was ich jetzt tun soll, denn er hebt den Kopf und sieht mich an.
Zum ersten Mal kann ich sein ganzes Gesicht sehen.
Grüne Augen funkeln mich aus markanten Gesichtszügen an.

Der Dreitagebart ist verschwunden.
Ich mache einen erschrockenen Schritt nach hinten und remple einen Fahrgast an.
Doch das ist mir egal. Ich drehe mich noch nicht einmal um, um mich zu entschuldigen.
Da steht er. Direkt vor mir und sieht mich an.

Seine Lippen bewegen sich, doch dank der lauten Musik in meinen Ohren höre ich keinen Laut, der über seine geschwungenen Lippen kommt.
Ich reiße an meinen Kopfhörern.
"Was?"
Meine Stimme zittert, genau wie meine Hände.

"Ophelia?"
Das Blut gefriert mir in den Adern. Er kennt meinen Namen?
Ich würde ihm gerne antworten, aber meine Kehle ist wie zugeschnürt. Es wundert mich beinahe, dass ich noch nach Luft ringen kann.

Doch da sehe ich meine Tasche in seiner linken Hand.
"Gib mir meine Tasche zurück!", befehle ich und laufe auf ihn zu, meine weichen Knie ignorierend.
"Deswegen bin ich hier."
Er streckt den Arm auf, hält mir die Tasche entgegen.

Seine Stimme ist rau, belegt, aber nicht so bedrohlich wie ich sie mir vorgestellt habe.
"Das gestern hätte ich nicht tun sollen. Es tut mir leid."
Ich entreiße ihm den Gurt und betrachte mit großen Augen das schmutzige Leder.
Unsere Finger berühren sich flüchtig.

"Wieso - Wieso ..."
Ungläubig schaue ich von ihm zu meiner Tasche, die sich jetzt wieder in meinem Besitz befindet.
Mir fallen seine langen, dunklen Wimpern auf, die seine gebräunte Haut berühren, wenn er langsam blinzelt.
Seine Unterlippe ist eingerissen.

Ich lege die Stirn in Falten und schaue einfach zu ihm auf.
Ich sollte davon laufen, um Hilfe schreien, Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Stattdessen blicke ich ihn unverwandt an.
"Es ist noch alles da, ich habe nichts genommen."

Aber er hat den Inhalt untersucht. Daher kennt er auch meinen Namen.
Ich schüttle den Kopf und versuche aus meiner Trance aufzuwachen.
"Ich kann dir nicht ganz folgen. Du klaust mir meine Tasche, um sie mir dann am nächsten Tag wiederzugeben? Was macht das für einen Sinn?"

Er blickt mir fest in die Augen. Seine Pupillen sind wie in Panik geweitet.
"Ich habe einen Fehler gemacht. Ich hätte sie dir nie entreißen dürfen, das ist mir klargeworden, als ich sie in der Hand hielt."
Was er da sagt, ergibt keinen Sinn für mich.

Ich glaube, er sieht mir an, wie verwirrt ich bin.
Ein Mundwinkel hebt sich und er wirft mir einen beinahe amüsierten Blick zu.
"Ich sollte dich anzeigen", ist das erstbeste, was mir einfällt.
"Das wäre eine gerechte Strafe", gibt er zu.
Seine Stimme dabei so entspannt, als würde er mir gerade sagen, was er gestern zum Mittagessen hatte.

Als ich darauf nichts mehr antworte, nickt er mir zu und geht langsam rückwärts.
Eine Haarsträhne hat sich unter seiner Mütze hervor gelöst und flattert jetzt im schneidenden Wind des einfahrenden Zuges.
Die Strähne ist braun.

Bremsen quietschen und plötzlich sind wir von einer Traube aus Menschen umgeben.
Schüler und Studenten laufen zwischen uns hindurch.
Es ist mein Zug, der da gerade eingefahren ist.
In den grünen Augen des Fremden liegt ein unergründlicher Ausdruck, während er mein Gesicht betrachtet.
Er wirkt irgendwie müde.

Dann wendet er sich ab und geht.
Sofort wird sein Platz von einem anderen Schüler eingenommen.
Ich kann seinem Kreuz nur dabei zusehen, wie es mehr und mehr von der Menschenmenge verschluckt wird.
Die Kälte, die in mir hochkriecht, nehme ich kaum noch wahr. Stattdessen ist da dieses plötzliche Brennen in meiner Brust.

"Warte!", rufe ich.
Doch er ist bereits zu weit weg und ich bin zu klein, um über die Menge vor mir hinwegzuschauen.
Es sind einfach zu viele Köpfe, zu viele Rucksäcke.
Schon stoße ich an die erste Schulter, entschuldige mich, kollidiere mit der nächsten.
Meine Kopfhörer fallen aus meinen Händen.

Ich bekomme Kapuzen und Taschen ins Gesicht, ein Mann mit schlechtem Atem redet mich an.
Ich winde meinen Körper so schnell ich kann, lege meine Hände an fremde Rücken und schiebe sie beiseite, recke immer wieder den Kopf.
Irgendwo da hinten muss er sein. 

Ich schiebe und drück, die Stimmen der Menschen werden immer lauter und unhöflicher.
Dann breche ich durch die Wand aus Winterkleidung und stehe auf dem freien Bahnsteig.
Mein Blick scannt die Umgebung nach schmalen Schultern in einer schwarzen Winterjacke ab. 

Ich behalte recht; er ist tatsächlich noch nicht weit gekommen.
Er steht vor den Getränkeautomaten und schultert in diesem Moment einen riesigen Wanderrucksack.
Seine schwarzen Lederschuhe wirken selbst aus dieser Entfernung abgetragen und dreckig. 
Er wuchtet den Rucksack auf seinen Rücken und schnallt ihn vor seiner Brust fest.

Dann streicht er sich seine dunklen Haare aus dem Gesicht und bückt sich erneut, um einen weißen Plastikbecher aufzuheben.
Mir fällt auf, dass ich noch nicht mal seinen Namen kenne.
Ich lege den Kopf schief und beobachte, wie er sich den Inhalt des Bechers in die Hand schüttet, ihn kurz betrachtet und danach hastig in seiner Jackentasche verschwinden lässt.

Er sieht mich nicht.
Mit einem Mal will ich mich auch gar nicht mehr bemerkbar machen.
Nun wende auch ich mich von ihm ab und pralle fast mit einem kleinen Jungen zusammen, der mit Schulranzen und Sporttasche auf den Zug zu stürzt.
Ich blicke dem kleinen Jungen nach. 

Wenn ich diesen Zug nicht verpassen will, sollte auch ich jetzt einsteigen.
Ich zwinge mich dazu meinen Blick geradeaus gerichtet zu lassen und mich nicht noch einmal nach dem Fremden umzudrehen.
Ich habe meine Tasche wieder. Das ist alles, was zählt.

Zusammen mit den letzten Nachzüglern quetsche ich mich durch die Zugtür und lasse mich auf den nächstbesten freien Platz fallen.
Ich ziehe die bunte Mütze vom Kopf und mein Blick gleitet zu der zurückgewonnenen Tasche auf meinem Schoß.

Vorsichtig öffne ich sie. Es ist wirklich noch alles da. Mein Handy hat sogar noch ein wenig Akku.
Doch als ich mein Portmonee öffne, stelle ich fest, dass er gelogen hat.
Mein Bargeld ist verschwunden.
Ich kann es mir selbst nicht erklären, aber ich muss auflachen.

Auf dem Boden unter meinen Beinen steht meine Ersatztasche, die ich heute Morgen noch gepackt habe. Ungläubig schüttele ich den Kopf und lehne mich zurück, versuche nicht allzu viel von der abgestandenen Luft einzuatmen.
An der nächsten Haltestelle sehe ich einen älteren Mann, der mit einer Wolldecke auf dem kalten Boden sitzt und sich aus einem kleinen Becher Kleingeld in die Hand schüttet.

Das schlechte Gewissen übermannt mich in der gleichen Sekunde, in der er den letzten Penny in seine Hand fallen lässt.
Als der Zug wieder Fahrt aufnimmt, betrachte ich die vorbeirasende Landschaft, die vor dem Fenster zu einem grau-braunen Vorhang verschmilzt.
Mit einem Mal glaube ich zu wissen, warum er meine Tasche geklaut hat.

___________________
Song: Meant to Stay Hid - SYML

Hello! :)

Jetzt habe ich auch endlich Ferien, uff.
Und ich werde fleißig an Reserve-Kapiteln arbeiten ;)

Gott, bald ist Ostern, send help, ich muss meiner Mum noch ein paar Bilder zeichnen, sonst habe ich gar nichts für sie ...

Habt ihr schon eure Oster-Kleinigkeiten zusammen?
Ich wünschte, man könnte jetzt einfach in die Stadt fahren und shoppen gehen! :(

Wie hat euch dieses Kapi gefallen? :)

All my Love,
Lisa xoxo

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