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Eric

Ich werfe die dünne Mappe mit den finanziellen Prognosen für die nächsten Monate auf den Schreibtisch meines Vaters.
Ich bin völlig ausgebrannt und zu allem Übel höre ich schwere Schritte hinter mir.
"Hast du an die Zahlen gedacht?"

Ich drehe mich gar nicht erst um, sondern deute einfach nur auf seinen Tisch.
"Ah, gut, ich danke dir", sagt mein Vater und umrundet die schwarze Holzplatte. "Du siehst müde aus."
Ich treffe seine Augen, zucke mit den Achseln.

"Mach mich nicht unglücklich, wenn du schlafen willst, dann geh nach Hause."
"Dad."
Ich schiebe meine Hände in die Taschen meiner Hose. Er soll nicht sehen, dass meine Knöchel bereits weiß hervortreten. Er kann es nicht lassen, konnte es noch nie lassen, mir reinzureden.

"Mir geht's gut", seufze ich und wende mich dem Ausblick über Madison zu.
Ich bin dankbar, dass die Büroräume, die er in Wisconsin gemietet hat, nicht in Fitchburg sind. Die Großstadt gibt mir das Gefühl, wenigstens über den Vor- und Nachmittag mal rauszukommen.
Mein Vater scheint das Interesse an mir verloren zu haben und ist in die von mir angelegten Tabellen vertieft.

Eine mentale Pause für mich.
Vor einigen Monaten habe ich zugesagt, ein paar Aufgaben im Unternehmen zu übernehmen. Ohne diesen Schritt wäre ich nie auf Paul Rosethorns Gala aufgekreuzt und hätte mich Ben nicht erneut angenähert.
Ein kleiner naiver Teil von mir hat darauf gebaut, dass er mich nach einem physisch Eindringen in seine Welt nicht mehr so effektiv abwehren und ignorieren kann.

Ein Anruf ist schnell abgelehnt, eine SMS gelesen und vergessen. Aber wenn er meine Präsenz in seinem Haus spürt, am nächsten Morgen zum Kühlschrank schlurft und darüber nachdenkt, dass ich Stunden zuvor genau dort gestanden haben könnte ...
Meine Rechnung ist aufgegangen. Wenn er auch nur halb so intensiv empfunden hat - in welchem Teil in unserer Vergangenheit auch immer -, dann konnte ihn das nicht kaltlassen.

Meinem alten Herren scheint zu gefallen, was er da liest. Er gibt ein zufriedenes Brummen von sich.
Ich wollte nie ins Öl-Geschäft einsteigen. Ehrlich gesagt, weiß ich bis heute herzlich wenig über die alltäglichen Arbeitsschritt in der Branche, aber als Sohn vom "großen Boss" kann man stumm den Meetings beiwohnen und Fragen ungestraft ausweichen.

Mit Buchführung kenne ich mich aus. Ich kann Prognosen aufstellen, Lücken in den Ausgaben und Einnahmen schließen. Aber ich will keine schmutzigen Hände bekommen. Deswegen sehe ich das alles nur als einen weiteren kleinen Zwischenstopp in dem Durcheinander, dass sich meine berufliche Karriere nennt.

Nach meinem Abschluss habe ich mich mit allen möglich Jobs über Wasser gehalten, von Haussitter bis Manager von einem kleinen Smoothy-Laden.
Ich betrachte meine Fingernägel, überlege schon jetzt, wie ich "kündigen" werde.
Das hier ist temporär, Dad weiß das. Unsere Beziehung ist fast zerbrochen, als er sich entschieden hat, in die Öl-Branche zu wechseln.

Wobei ich vermute, dass er es auf eine Rebell-Phase geschoben hat, die ich in den letzten Tagen meiner High-School-Zeit hatte.
Nur ist dem nicht so, ich blicke immer noch missgestimmt auf seinen Wohlstand, den er in diesem skrupellosen Geschäft erwirtschaftet hat.

"Das ist gut", werde ich aus meinen Gedanken gerissen. "Wenn ich dich früher an meiner Seite gehabt hätte, hätten wir jetzt wahrscheinlich noch ein paar Millionen mehr auf dem Konto."
Er lacht und reibt sich die Hände.
Ich schüttele den Kopf, kann nicht glauben, dass er sich gerade wie eine Comicfigur verhält.

Ich muss mir eine Wohnung mieten, denke ich und blicke wieder über Maidson.
Rein theoretisch könnte ich mich heute mit Benny treffen. Aber es ist gerade mal zwei Tage her, dass wir telefoniert haben.
Ich werde ihn noch zappeln lassen. Ich muss.

So lange hat er jeden meiner Versuche, ihn zu kontaktieren, abgeblockt, als wäre er ein beleidigtes, kleines Kind. Es ist an der Zeit, dass ich ihm zeige, wie unerträglich dieses Verhalten ist.
Er soll sich seiner Position auf der anderen Seite bewusst werden.
Mein Vater murmelt irgendetwas vor sich hin, aber ich gebe mir nicht die Mühe herauszufinden, ob es mich etwas angeht.

Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, in die Zuckerwattewolken hinaufzustarren und in Erinnerungen zu schwelgen. Etwas, dass ich viel zu regelmäßig tue, seitdem ich wieder hier bin.
Ben und ich haben fast die gesamten Sommer unter freiem Himmel verbracht. Damals, als wir noch jung und wild waren, dachten, wir könnten unsere Leben selbstbestimmt gestalten, alles anders machen als unsere Eltern.

Und jetzt siehe man uns an. Ich stehe im Büro meines Vaters und habe soeben die Zahlen für Juni, Juli und August abgeliefert. Meine Lieblingsmonate.
Ben liegt wahrscheinlich in seinem Bett und starrt die Decke an, trauriger und enttäuschter als er es vor einem halben Jahrzehnt war.

Wieso haben wir unsere Leben nicht wie geplant herumgerissen?
Wir hatten doch so viel Zeit. Wo ist sie hin?
Ich sehe Ben beinahe scharf gestochen vor mir. Seine vollen Haare im Wind, die Augen gegen die Sonne zusammengekniffen, einen kritischen Ausdruck auf dem Gesicht, während ich und Ophelia hoch in den Ästen eines Apfelbaues hängen.

Er war als Kind der Zurückhaltende, von Vorsicht durchzogen.
Je älter er wurde, desto rebellischer wurde er. Ich habe mich von ihm anstecken lassen und umgekehrt. Keine Kombination, die zu Erfolg führt.
"Eric?"

Mein Kopf schnellt nach rechts.
"Ich sagte, ich bin sehr zufrieden mit deiner Arbeit. Weiter so!"
Ein stolzes Lächeln erwärmt seine Zücke. Ich nicke ergeben zurück, kann mit seinem Lob nichts anfangen, spüre keine Wärme bei seinen Worten. Es lässt mich kalt.

Ich breche tausende Versprechen, die mein jüngeres Ich in Stein gemeißelt hat. Nicht das beste Gefühl in der Welt.
Ich bemerke kaum, wie mein Vater den Raum verlässt. Als die Tür aufschwingt, dringen die Stimmen aus dem Großraumbüro herein. Unzählige Telefonate werden gleichzeitig geführt. Arabisch, Englisch, Mexikanisch. Ein Kopierer spuckt Pläne über die nächsten Züge in diesem schwarzen Krieg aus.

Ich presse meine Handfläche gegen die Glasfront.
Wenn ich doch jetzt da draußen sein könnte. Irgendwo.
Vorzugsweise in diesem Apfelbaum, in einer anderen Zeit.

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Song: Livewire - Holly Humberstone

hi

ich muss heute wahrscheinlich bis 23.00 Uhr meine Deutschaufgaben machen, sonst werde ich bis Weihnachten nicht fertig. toll oder? :) (that's a sad smile)

All my Love,
Lisa xoxo

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