31.

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Eric

Song: Overkill - Holly Humberstone

Ich erinnere mich noch daran, wie Ben und ich feiern gegangen sind.
Er war sechzehn, als ich ihn zum ersten Mal mitgenommen habe. Man kann also sagen, dass ich ihn mit dieser Welt bekannt gemacht habe, ich habe ihn in die Hände der Monster übergeben, ihm das erste Glas von vielen gereicht.

Ich habe es gut gemeint, ich wollte, dass er aus sich herauskommt, unter Leute geht und diesen ängstlichen Gesichtsausdruck verliert. Er sollte nicht ständig jeden Fremden mit diesem abschätzenden, kalkulierenden Blick mustern, so als würde er nur darauf warten, dass er angegriffen wird, als würde er abschätzen, wie lange die Faust des anderen brauchen würde, um mit seinem Gesicht zu kollidieren.

Und es hat funktioniert. Seine erste Nacht in einem Club war ein voller Erfolg. Ich erinnere mich noch daran, wie Ben angefangen hat, zu tanzen. Darauf habe ich zu Beginn dieses lange vergangenen Samstagabends gar nicht gehofft. Ich erhoffte mir lediglich, dass sich Bens schmale Schultern nach zwei oder drei Drinks entspannen und er vielleicht ein paar Kommentare zu Gesprächen abgeben würde, die ich mit Unbekannten anzettelten wollte.

Doch der kleine Raudi hat mich überrascht, wie so oft.
Er brauchte kaum den Alkohol, im Nachhinein glaube ich, dass er die braune Flüssigkeit nur heruntergeschluckt hat, weil ich ihm das Glas in die Hand gedrückt habe.
Er hat mich einfach auf die Tanzfläche gezogen und die Arme gehoben. Meine Lippen verziehen sich bei dieser Erinnerung noch heute zu einem warmen Lächeln.

Erst gestern hat mich mein Vater beim Tagträumen erwischt, als er mir verstaubte Akten auf den Tisch knallte, die ich digitalisieren sollte. Mittlerweile ist meine Anwesenheit in seiner Firma für ihn nichts Besonderes mehr.
Er behandelt mich wie jeden anderen Mitarbeiter auch. Es ist keine Ehre oder Freude mehr, dass ich wieder in Amerika bin und in Madison gemeinsam mit ihm arbeite.

Fast zwei Monate sind vergangen, seit ich die Gala der Rosethorns besucht habe und aus meiner provisorischen Unterkunft bei meinem Vater in meinem Kinder- und Jugendzimmer ist eine kleine Zwei-Zimmerwohnung geworden.
Und aus dem überstürzten Sex mit Ben ist absolut nichts geworden, es hat sich nichts daraus entwickelt. Ich hätte es nicht so überstürzen dürfen, hätte mich mehr zurückhalten müssen!

Frustriert schmeiße ich meinen Stift auf den Tisch und schalte den Computer aus. Ich sitze hier schon viel zu lange und starre vor mich hin.
Ich stehe auf, ohne die Akten, die um mich herum verteilt liegen, zu schließen. Ich verlasse das Büro und nicke nur den Menschen zu, die mir auch wirklich in die Augen sehen.

Die Glaswände ziehen immer schneller an mir vorbei, ich fange beinahe an zu rennen. Die grauen Bleistiftröcke werden bei meiner zunehmenden Geschwindigkeit zu unförmigen Strichen. Errötete Gesichter werden zu Punkte, die an mir vorbeischweben.
Wenn ich mich zurückgehalten hätte, würde sich Ben jetzt vielleicht nicht vor mir verstecken. Ich presse meine Lippen zusammen und warte mit wippendem Fuß auf den Aufzug.

Wir reden miteinander, wir schreiben. Wir haben uns sogar ein paar Mal getroffen, aber ... es ist anders. Er ist auf Abstand gegangen, seitdem ich auf seiner Brust eingedöst bin, mit dem Wissen, dass er versucht hat, sich die Pulsadern aufzuschneiden.
Ich frage mich, ob mein neues Wissen oder unsere Körperlichkeiten der Grund für seine kalte Schulter ist.

Ich werde es nie herausfinden, wenn ich es ihn nicht direkt frage, wenn ich nicht einmal den Mut aufbringe, das laut auszusprechen und zu fragen, was ich wissen will.
Unten auf der Straße reiße ich mir die Krawatte vom Hals und betrachte mich in der Eingangstür zum Bürogebäude.

Vor mir steht eine verzerrte, unscharfe Reflexion eines 31-jährigen, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Denn nur weil ich gerade wieder einen Job habe und genügend Geld auf meinem Konto und hier in einem maßgeschneiderten Anzug mit gegelten Haaren stehe, heißt das noch lange nicht, dass ich meine Leben auf die Reihe kriege.
An manchen Morgen wache ich auf und weiß nicht, wer ich bin.

Ein Bild blitzt in meinem Kopf auf.
Ich und Ben, lachend in seinem Bett, in seinem Zimmer, das schon immer als die Zentrale unserer Träume gedient hat.
Wenn ich auf seiner Brust aufgewacht bin, wusste ich, wer ich bin, schießt es mir durch den Kopf.

Ich stopfe die Krawatte in meine Aktentasche und wuschele durch meine Haare, versuche die verklebten Strähnen voneinander zu lösen.
Ich schenke der Frau, die an mir vorbeiläuft und mir mehr als einen scheuen Blick zuwirft, keine Sekunde meiner Aufmerksamkeit.

Ich mache mich auf den Weg zum Parkplatz, denn anders als mein Dad parke ich nicht in den Tiefgaragen unter dem Glasstower. Kameras zeichnen da unten jeden Schritt auf und ich kann es nicht gebrachen, wie mein Vater Zeuge davon wird, wie ich vor jedem Antreten eines Arbeitstages meine Schultern straffen und mit mir ringen muss.

Während ich die glatten Steine des Bürgersteigs entlang schreite und die Risse und Lücken zwischen den Steinplatten dabei beobachte, wie sie unter mir dahinziehen, kommt mir eine weitere Erinnerung.
Ich und Benny. Ich habe meinen rechten Arm um seine Taille geschlungen, sein ganzes Gewicht lehnt an mir und ich schleife ihn durch die dunklen Straßen von Madison.

Seine Nase blutet noch immer und ab und an tropft schimmerndes Blut auf den Weg unter uns. Ich habe die Risse im Beton damals genauso beim Vorbeiziehen beobachtet, nur dass sich die schwarzen Striche wesentlich langsamer abwechselten.
Ben und ich haben es zu dieser Zeit bereits zu einer Tradition gemacht, an den Wochenenden die Clubs der Gegend unsicher zu machen.

Und wie so oft konnte er seinen Mund nicht halten und musste einen kahlköpfigen Typen mit Oberarm Tattoo so lange provozieren, bis er ihn am Kragen zum Hinterausgang der Bar geschliffen und ihn in eine der Pfützen vor den Müllcontainern gestoßen hat. Ich weiß nicht, wann das angefangen hat, aber irgendwann musste er immer Streit suchen.
Ich fragte mich in diesen Momenten immer, warum Ben das machte, warum er es so weit kommen ließ und die Füße nicht stillhalten konnte.

Nach einer Weile habe ich mich an die Tatsache gewöhnt, dass er mit Blut auf seinem T-Shirt mit nach Hause kommen würde - ob es seines oder das eines anderen sein würde, stand an jedem Abend in den Sternen.
Jeder Schlag in sein Gesicht hat mir Phantomschmerzen bereitet. Wann auch immer eine neue Faust mit seinem Wangenknochen kollidierte, zuckte auch ich zusammen, während Ben hysterisch lachte und zum Gegenangriff ausholte.

Er konnte gut kämpfen. Ich wette, heute würde er es auch noch mit so ziemlich jedem aufnehmen können. In ihm schlummert eine unglaubliche Wut. Und eine Portion Wahnsinn. Das zusammen ist eine gefährliche Mischung, die gleichzeitig ein Erfolgsrezept für Prügeleien zu sein scheint.
Ich habe selten mitgemacht. Ben hat mir mehr als einmal im Nachhinein ein blaues Auge verpasst, weil ich mich eingemischt habe.

Egal, wie viel Fausthiebe und Tritte er abbekam, er spuckte immer nur Blut in den Dreck, wenn er am Boden lag oder seine Nase war eben von Blut verschmiert. Aber nie seine Haut. Aus einem unerklärlichen Grund schaffte er es immer, sich so wegzuducken, dass seine zarte Haut nie aufplatzte. Es blieben nur Blutergüsse zurück, die bis zum nächsten Wochenende fast komplett verschwanden.

Bens Angreifer haben es nie geschafft, seine Haut aufplatzen zu lassen.
Diesen Fakt habe ich immer bewundert. Es war seltsam Ben dabei zu beobachten, wie er sich das Blut der anderen von seinen intakten Fingerknöcheln abwischte, mich danach angrinste und ausspuckte.
Rückblickend glaube ich, dass er diese Prügeleien brauchte. Er brauchte den Schmerz, den Nervenkitzel, dieses Ventil.

Da war dieses verstörende Grinsen, dieses Leuchten in seinen Augen, wenn das Licht der Straßenlampen auf seine Augen traf und er sich über sein Opfer beugte.
Er war einsam. Und ich konnte nicht so für ihn da sein, wie er mich gebraucht hätte.

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Oioiiii, how's it going?
Ein längeres Kapitel für euch, weil ich euch so sehr liebe :)

Ich möchte bitte wieder Sommer haben. Dieses ewig graue Wetter ist doch nicht gesund. Wenn ich irgendwann mal richtig fett Kohle habe, ziehe ich nach Italien oder so. (okay ich geb's zu: oder England.)

Ich habe gestern wieder nach Unis geguckt. Was Kreatives, was Interessantes, was mit Musik oder Schauspiel.
Junge, wieder die Lebenskrise schlechthin bekommen xD
Ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Das ist alles so kompliziert und teuer und unerreichbar und ugh.

Aber ich weiß ja, dass es da vielen (allen) auch so geht. Warum könnten wir uns das Leben nicht ein bisschen einfacher machen? Wenigstens ein bisschen?
Okay, genug davon. Ich hoffe, hier geht es allen gut.
Ein paar meiner Freunde haben sich nämlich schon mit Corona - oder sollte ich lieber sagen, Omikron - angesteckt....

Stay healthy and well.

All my Love,
Lisa xoxo

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