Die Insel

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Du bleibst hier, fragte ich. Ein Teil von mir, der Teil, der Angst davor hatte in ein seltsames U-Boot voller Menschen einzudringen um die gefangenen Meermenschen zu befreien, wollte das Aiden mitkam. Gleichzeitig viel mir ein Stein vom Herzen. Einer weniger um den ich Gedanken machen musste, denn so wäre er zumindest sicher von den Menschen und besonders ihren Schusswaffen, die sie zweifelsfrei hatten.

Natürlich nicht, sagte er, als sei das völlig absurd, Orest hat mir nicht gesagt, dass ich dabei bin, aber er hat mir ja auch nicht ausdrücklich verboten mitzukommen und selbst dann hätte ich es wahrscheinlich noch getan. Ich lasse dich doch nicht alleine dahin gehen. In die Höhle des Löwen.

Ich musste zugeben, dass es süß war, aber auch verdammt idiotisch. Es war doch fast so, als würde er alleine zur Insel schwimmen, wenn er es heimlich mit uns zusammen tat. Während ich drin wäre, wüsste niemand, dass er da ist und keiner würde bemerken, wenn er verschwände. Wie gesagt, süß, aber idiotisch.

Du gehst nicht rein, sagte ich, weil ich wusste, dass ich ihn ohnehin nicht einfach zu Hause lassen konnte. Er war einfach nicht der Typ dafür Däumchen zu drehen, während seine Freundin in Gefahr war und gefährlich würde schließlich definitiv werden.

Ich lass dich doch nicht allein, Lou, beteuerte er.

Doch genau das wirst du, aber ich werde im Handumdrehen wieder da sein, versprochen. Sie würden es sofort bemerken, dich zurückschicken und dann fliegen wir vielleicht auf.

Okay, du hast ja Recht, aber mir ist einfach nicht wohl dabei dich alleine da rein zu lassen.

Wir waren mittlerweile vor Aidens Haus angekommen und waren jetzt vor der Tür, aber keiner von uns machte Anstalten hineinzugehen.

Er beugte sich vor und küsste mich. Ich legte die Arme um ihn und erwiderte seinen Kuss.

Was macht ihr Turteltäubchen denn hier, unterbrach uns irgendwann eine Frauenstimme. Ich hatte mich so in unserem Kuss verloren, dass ich beim besten Willen nicht hätte sagen können wie viel Zeit verstrichen war.

Es war Serena, Aidens Schwester, die uns jetzt ein wenig belustigt musterte.

Wollt ihr nicht lieber in ins Haus gehen, sonst seit ihr bald der Klatsch der ganzen Nachbarschaft, fragte sie und öffnete die Tür.

Und was habt ihr heute noch so vor, fragte sie, als wir das Haus betraten.

Och, nichts, setzte ich an, aber Aiden unterbrach mich.

Wir besuchen die bunten Höhlen, sagte er, vielleicht übernachten wir dort auch.

Romantisch, sagte Serena und kicherte. Ich wurde ein bisschen rot, obwohl ich ja wusste, dass wir nicht zu diesen Höhlen schwimmen würden.

Wir schwimmen jetzt mal in mein Zimmer, sagte Aiden und zog mich mit sich.

Wieso hast du sie angelogen, fragte ich, als wir auf seinem Bett saßen.

Wir brauchten doch ein Alibi, besonders, weil wir noch nicht wissen, wie lange es dauern wird.

Stimmt, das heißt wir gehen nicht zu den bunten Inseln, fragte ich und tat als schmollte ich. Natürlich wusste ich, dass es heute nicht gehen würde.

Ein andermal, sagte er lächelnd und strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn, ich würde sehr gerne mit dir zu den bunten Inseln schwimmen, wenn diese ganze Sache mit der Insel vorbei ist.

Mein Herz klopfte ein bisschen schneller und ich lächelte jetzt auch.

Sehr gerne.

Einen Moment saßen wir ruhig nebeneinander.

Erzähl mir von den bunten Inseln, warst du schon mal da, bat ich und verschränkte meine Finger mit seinen.

Wir redeten lange über die bunten Höhlen, sein Leben in Antigua und meines bei mir Zuhause, nur zwei Thema mieden wir konsequent: unsere Familien und die Insel. Ich wollte weder über meinen Vater, der Zuhause wahrscheinlich gerade Zustände bekam, reden, noch über meine Mutter, die auf der Insel war.

Wir müssen bald los, damit wir rechtzeitig an den Felsen sind um die anderen zu treffen, sagte Aiden und ich bemerkte überrascht, wie flach der Winkel, indem die Sonne auf die Meeresoberfläche viel schon geworden war. Alles hatte mystische, lange Schatten bekommen und das Wasser schien zu glitzern, weil sich das Licht darin brach.

Du kommst direkt mit? Was, wenn sie dich zurückschicken, fragte ich besorgt und nahm seine Hand.

Ich bleibe in der Nähe und folge euch. Orest und die anderen werden auf dich aufpassen. Mach dir keine Sorgen.

Ich mache mir keine Sorgen um mich, sondern um dich, sagte ich nachdrücklich.

Komm wir müssen los, sagte mein Freund und wir standen von seinem Bett auf.

Müssen wir irgendwas mitnehmen, überlegte ich laut und sah mich in seinem Zimmer um.

Eigentlich nicht, glaube ich, aber du solltest dir wahrscheinlich was Wärmeres anziehen. Wir wissen ja nicht, wie lange wir schwimmen müssen.

Erst jetzt viel mir auf, dass ich immer noch mein altes, langärmliges Neoprenshirt trug, dass ich gestern in meinem Zimmer angezogen hatte. War es wirklich erst gestern gewesen? Es kam mir länger vor, weil so viel passiert war, dass es unmöglich in einen einzigen Tag zu passen schien.

Warte, ich hole dir kurz etwas von Serena. Sie hat sicher nichts dagegen.

Er schwamm aus dem Zimmer und kam kurze Zeit später mit einer schwarzen Jacke aus einem fließenden Stoff zurück.

Hier, Aiden half mir ganz Gentlemen like in die Jacke. Sie passte perfekt und schmiegte sich weich an meinen Körper.

Du siehst wunderschön aus, sagte er und sah mich mit seinen meergrünen Augen an, die richtig zu funkeln schienen. Ich wurde rot und musste lächeln.

Wegen der Jacke, witzelte ich.

Immer, sagte ich und küsste mich. Ich wurde noch röter, sofern es tatsächlich noch eine Steigerung von tomatenrot gab.

Die Jacke tat wirklich Wunder, denn mir war überhaupt nicht kalt, als wir wenig später zusammen durch die Straßen von Antigua schwammen. Langsam wurden die Straßen mir immer vertrauter und hätte die Stadt furchtbar gerne weiter erkundet, aber dazu blieb uns jetzt keine Zeit. Wir mussten schnell zu dem Treffpunkt gelangen.

Ein paar Kilometer vor den Südfelsen trennten wir uns. Aiden würde in einem Bogen zu den Felsen schwimmen, damit er nicht entdeckt würde und uns dann möglichst unauffällig folgen. Wenn er nah genug bei mir blieb, könnte wir sogar noch per Telepathie Kontakt halten.

Mit kräftigen Schlägen meines hellblauen Fischschwanzes schwamm ich zum Treffpunkt für unsere Mission. Das klang wirklich wie in einem Bond-Film. Meine Flosse fühlte sich inzwischen so natürlich an, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte, wie es ohne ihn möglich war im Wasser voranzukommen.

Schon nach kurzer Zeit kamen die zerklüfteten Felsen in Sicht bei denen ich Nalina und Etienne kennengelernt und das erste Mal von Antigua gehört hatte. Es war der Anfang meiner Geschichte gewesen. Hier hatte es begonnen, aber würde hier nicht enden. Dies war nur ein neuer Abschnitt, ein neues Kapitel.

Orest und viele anderen Warteten bereits in einer der größeren Höhlen, die der Stadt abgewandt war, sodass sie nicht einsehbar war. Alle wirkten ein bisschen nervös. Sie schwammen in kleinen Gruppen zusammen und es schien, als versuchten sie unauffällig zu bleiben.

Louisa, wir haben dich erwartet, begrüßte mich Orest, kaum, dass ich in die Höhle kam und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter.

Hallo, sagte ich ein bisschen schüchtern.

Bist du bereit, fragte er, gleich geht es los.

Das letzte schien er laut und für alle hörbar gesagt zu haben, denn sie sahen auf und versammelten sich nach einer scheinbar festgelegten Formation. Mir kam das erste Mal in den Sinn, dass ich einen großen Teil des Planes nicht zu kennen schien, den alle anderen offenbar kannten. Was enthielten sie mir vor?

Ich vergaß meine düsternden Gedanken schnell wieder, weil sich alle an den Aufbruch machten. In Gruppen von drei bis fünf Meermenschen verließen wir im Abstand von etwa einer Minute die Höhle, damit es nicht so auffällig war. Schließlich waren wir auf einer geheimen und nicht genehmigten Mission. Wenn nur ein Passant auf uns aufmerksam wurde und die Information irgendwie zu den Behörden durchdran konnten wir alle echt Probleme bekommen. Soweit zumindest laut Tack.

Tack war einer der beiden Meermenschen, die in meiner Gruppe waren. Tack und Nathanial, wie der andere hieß, waren zufällig genau die zwei, die Aiden und mich vor der Schule abgefangen und zum Treffen der „Operation Insel“ gebracht hatten. Ich wusste nicht, ob es wirklich Zufall war, oder ob mehr dahinter stand. Besonders viel in die Pläne wurde ich schließlich nicht eingeweiht.

Wie sich herausgestellt hatte waren die zwei Zwillinge, was erklärte, dass die zwei sich so ähnlich sahen, dass es mir schwer viel sie zu unterscheiden.

Wir schwammen etwa in der Mitte der Gruppe. Nach einer Weile überlegte ich, wie wir überhaupt zur Insel finden sollten. Niemand hatte mir gesagt, dass ich auf die Stimmen hören und ihnen folgen sollte. Wo ich recht überlegte hatte ich gar nicht angesprochen, dass ich sie überhaupt hören konnte. Es war nie zur Sprache gekommen, weshalb ich gar nicht daran gedacht hatte.

Wie kommen wir zu der Insel, fragte ich Tack und Nathanial, die wie zwei Leibwächter neben mir herschwammen.

Orest hat jemanden in der Gruppe, der sie orten kann, sagte Nathanial wage. Zumindest glaubte ich, dass er es war, obwohl ich mir da nicht ganz sicher war.

Jemanden, fragte ich. Die ganze Gruppe schien sehr wenig voneinander zu wissen. Mir wurde klar, dass die Telepathie viele Möglichkeiten für Geheimnisse bot. Man schien mitten drin zu sein, war aber von den wirklich wichtigen Dingen vollkommen ausgeschlossen ohne sich dessen überhaupt Bewusst zu sein.

Ich weiß nicht wer es ist, meinte Nathanial/Tack gleichgültig, so funktioniert unser System. Wenn jeder nur seinen Teil des Plans kennt und über den Rest im Dunklen gelassen wird, sind Spionen die Hände gebunden. Wenn ein Stück rauskommen sollte ist es oft nicht so tragisch, wenn aber alle, alles wissen, dann haben wir keine Chance.

Ich verstand die Argumente der Zwillinge, konnte aber nicht recht nachvollziehen, wieso sie sich so einfach damit zufrieden gaben. Bemerkten sie nicht, wie einfach sie auf diese Weise manipuliert werden könnten. Himmel! Wurde ich vielleicht auch schon manipuliert?

Folge uns und führe deinen Teil des Plans aus, wenn wir in der Insel sind, sagte einer der beiden und ich fühlte mich plötzlich wie beim Militär. Befehle ausführen, nicht hinterfragen. Das war wohl das Motto hier und ich musste sagen, dass ich mich von Minute zu Minute unwohler mit dem sogenannten „Plan“ fühlte.  

Wieso hatte ich mich auf das ganze überhaupt eingelassen? Ja klar, weil es unsere einzige Chance war. War es das wirklich, oder hätten Aiden und ich einen anderen Weg finden können? Egal, jetzt war es zu spät für Zweifel ich war drin und so leicht schien ich aus der ganzen Sache auch nicht wieder raus zu kommen.

Was ist eigentlich genau mein Auftrag, wenn wir drin sind, fragte ich.

Die Gefangenen finden, befreien und sich nicht erwischen lassen, war die Antwort meiner Bodyguards und das nun wirklich nicht beruhigend.

Nicht besonders ausgereift, was, sagte ich zynisch.

Es wird sich finden. Im richtigen Moment wirst du wissen, was zu tun ist.

Woher nahm er nur diesen Das-Glas-ist-immer-halb-voll-Optimismus her?

Im Notfall sind wir alle da und können über Gedankensprache helfen, fügte sein Bruder hinzu.

Worauf hatte ich mich hier nur eingelassen. Die Koordination war nicht viel besser, als in einer Pfadfindergruppe mitten im Wald und ich war definitiv kein Fan von sowas.

Wo Aiden jetzt wohl steckte? Hatten sie ihn vielleicht schon entdeckt, war er sofort nach Hause geschickt worden, oder folgte er uns immer noch unbemerkt, wie ein Schatten? Ich traute mich nicht nach ihm zu rufen, weil ich Angst hatte, dass Tack und Nathanial, oder ein anderes Mitglied der „Operation Insel“ es bemerken könnte. Ich war mir noch nicht ganz sicher, ob ich das mit der privaten Telepathie so richtig drauf hatte, zumal Aiden wahrscheinlich etliche Kilometer von mir entfernt und damit außerhalb meines Senderadius war.

Wir schwammen etwa eineinhalb Stunden in zügigem Tempo durch den Ozean. Es war dunkel geworden und ich staunte wieder einmal darüber, wie gut meine Meerjungfrauensicht an diese Verhältnisse angepasst war. Viele Pflanzen und teilweise sogar Fische schienen zu fluoreszieren und eigentlich schien ich das Licht auch gar nicht zu brauchen. Vielleicht hatte ich ja auch diese Orientierung anhand der Erdmagnetfelder, wie die normalen Meermenschen, denn ich fand mich Instinktiv zurecht und wusste, dass ich immer nicht genau zwischen Tack und Nathanial herschwamm, obwohl sie schon seit einer Weile nichts mehr gesagt hatten und ich bei der Beleuchtung nur recht wenig sehen konnte.

Meint ihr eigentlich, dass es schlau ist im Dunkeln anzugreifen, fragte ich die Beiden, als die Stille mir zu beengend wurde, sind wir dann nicht eigentlich im Nachteil?

Sie sehen uns nicht kommen, meinten sie, die Menschen sind bei Dunkelheit richtig blind und sie kennen sich weder so gut aus im Meer, wie wir, noch könne sie sich anhand der Magnetfelder orientieren.

Nein, aber sie haben Unterwasserscheinwerfer, GPS und Nachtsichtgeräte, dachte ich, ganz zu schweigen von ihren kleinen, ach so harmlosen, Schusswaffen. Ich hatte das Gefühl, dass die Meermenschen ganz schön arrogant sein konnten und die Menschen und ihre Technik gnadenlos unterschätzten, aber ich sagte nichts, weil ich wusste, dass meine Einwände auf taube Ohren stoßen würden, schließlich wichen sie vom Plan ab.

Wir sind gleich da, sagten die Zwillinge auf einmal und wir wurden langsamer, mir wie schließlich hielten. Jetzt, wo ich mich mit dem Schwimmen bei absoluter Dunkelheit ein wenig vertraut gemacht hatte schienen sich meine Sinne zu erweitern. Hier waren keine Pflanzen und Fische mehr, die fluoreszierten. Insgesamt schien es sehr still und leer hier zu sein. Zu still. Ich glaubte die anderen Meermenschen um mich herum zu spüren, die sich ein einem Ringe von mehreren Kilometern Radius um etwas großen aufgebaut hatten. Das musste die Insel sein. Von ihre ging nicht der Hauch von einem Lichtschein aus. Kein Warnlämpchen, kein Notausgangsschild, oder so. Es schien vollkommen hermetisch abgeriegelt zu sein.

Mir lief ein kalter Schauer den Rücken runter und plötzlich fühlte ich mich beobachtet, obwohl das bei dieser Dunkelheit eigentlich unmöglich war.

Ich horchte und konzentrierte mich. Sofort hörte ich die Stimmen der Insel und wusste zu einhundert Prozent, dass wir am richtigen Ort waren. Ich musste nicht sehen können um das wiederzuerkennen. Schnell baute ich eine mentale Wand auf um die Schreie auszublenden.

Es geht los, Louisa, sagte plötzlich eine Stimme in meinem Kopf und ich zuckte zusammen, aber es war nur Orest.

Ja, antwortete ich.

Mach dich bereit. Es gibt einen Eingang, den wir öffnen können. Du wirst mit Nathanial und Tack reinschwimmen und dann deinen Auftrag ausführen. Halte mit uns Kontakt.

Wie soll ich denn da hin finden, fragte ich verwundert. Ich konnte definitiv keine Metalltür oder sowas erspüren, nur weil meine Sinne ein bisschen besser geworden waren.

Tack und Nathanial werden dich hinbringen, sagte Orest, als wäre das völlig klar gewesen. Ich hatte wieder das Gefühl, als hätte ich irgendwas Wichtiges verpasst. Gab es vielleicht ein Handbuch „Nachrichtenübermittlung bei der „Operation Insel“, dass ich verpasst hatte zu lesen? Und wieso wusste die Beiden überhaupt plötzlich Bescheid, sie hatten nichts davon erzählt und vorhin beim Treffen hatte es so geklungen, als ob alles noch nicht richtig feststand und jetzt ging auf einmal alles super schnell. Ich fühlte mich ziemlich überrumpelt und wünschte mir etwas mehr Erklärungen, aber nein ich wurde immer übergangen, wenn es um wichtige Informationen ging.

Los komm, sagte einer der Zwillinge etwas ungeduldig und ich folge ihn auf die große schwarze Insel zu. Ich weiß nicht, wie sie uns Eintritt verschafften, aber plötzlich war der Weg frei und ein kleiner Schein gedimmten Lichts fiel aus einer Öffnung. Ich blinzelte, weil das bisschen Helligkeit mir auf einmal vorkam, als hätte ich direkt in die Sonne geguckt.

Los rein, befahl Tack, oder war es Nathanial, und schob mich mit sanfter Gewalt über die Schwelle in die Insel hinein. Kaum dass ich drinnen war spürte ich etwas und es fühlte sich an, als würden unsichtbare Strahler mich abtasten. Nach einem Moment war das Gefühl verschwunden. Die anderen beiden Mitglieder meiner kleinen Gruppe waren mir gefolgt und die Öffnung begann sich hinter uns zu schließen.

Gefangen, schoss es mir durch den Kopf und ich wirbelte herum. Draußen wurde es urplötzlich unerträglich hell und ich schaltete schnell. Die Menschen mussten Scheinwerfer angeschaltet haben. Das bedeutete, dass die Meermenschen jetzt völlig geblendet und sicherlich in Panik waren. Es hieß noch etwas: Wir waren aufgeflogen.

Hab ich es mir doch gedacht, konnte ich mich nicht unterdrücken zu denken. Die Menschen waren halt doch nicht so dumm, wie die Meeresbewohner ihnen unterstellt hatten. Leider brachte mir diese Erkenntnis im Moment herzlich wenig, außer, dass unser Plan ziemlicher Bockmist war. Wieso hatte ich mich nochmal darauf eingelassen? Hoffentlich ging es Aiden gut. Vielleicht war er ja etwas weiter weg gewesen und konnte jetzt fliehen.

Die Öffnung schloss sich hinter uns und es wurde schlagartig wieder dunkel. Während Tack und Nathanial total aus dem Konzept gebracht waren (tja ist es war halt doch gut den Plan etwas besser zu kennen, genau für eine Fall wie diesen) behielt ich untypischerweise einen kühlen Kopf und überlegte, was nun zu tun war. Normalerweise war ich in Stresssituationen immer diejenige, die zuerst aufgab, aber das konnte ich mir jetzt nicht leisten. Es ging um Leben und Tod. Das Adrenalin pulsierte durch meinen Körper und ich hatte auf einmal eine Idee.

Sie wissen, dass wir hier sind, sagte ich zu meinen sogenannten „Leibwächtern“, die jetzt ziemlich Muffensausen hatten, das bedeutet, dass wir uns im Wasser nicht vor ihnen verstecken können. Wir müssen raus aus dem Wasser und zwar sofort. Hier sind wie ein viel zu leichtes Ziel. Mit diesen Worten stob ich nach oben und durchbrach das erste Mal seit ganz schön langer Zeit die Wasseroberfläche. Ich holte tief Luft und musste prompt husten, weil es sich so seltsam anfühlte, als Luft in meine Lungen strömte.

Als ich mich von meinem kleinen Hustenanfall erholt hatte sah ich mich neugierig im Raum um. Über Wasser wirkte das Licht heller und ich konnte alles gut erkennen. Wir befanden uns in einer Art Becken in dem mehrere kleine U-Boote vor Anker lagen. Sie sahen genauso aus, wie das Boot, das Aiden und mich verfolgt hatte. Erleichtert stellte ich fest, dass außer Tack, Nathanial und mir keiner im Raum war. Prustend und keuchend tauchten sie hinter mir auf. Offensichtlich waren auch sie es nicht richtig gewohnt Luft zu atmen.

„Wir müssen raus aus dem Wasser.“, sagte ich und erschrak, als ich meine Stimme hörte, die ein bisschen kratzig klang. Mit wenigen Schwimmzügen gelangte ich zum Rand des Beckens und zog mich hoch. Kaum das ich aus dem Wasser war spürte ich das vertraute Kribbeln in meiner Schwanzflosse und wusste, dass sie sich in meine Beine zurückverwandelt hatten. Die Luft fühlte sich kalt an auf meinen nackten Beinen. Moment, nackt. Scheiße, ich hatte tatsächlich nichts an. Zumindest untenrum. Ich hatte überhaupt nicht daran gedacht. Diese ganzen Pläne waren einfach nur für den Arsch. Hoch lebe die Improvisation. Ich hörte, wie Nathanial und Tack hinter mir an lang kamen, aber ich drehte mich nicht um, weil es nicht gerade mein Ziel war sie nackt zu sehen. Stattdessen lief ich los um den Raum zu erkunden. Bei den ersten Schritten stolperte ich und konnte mich gerade noch abfangen, sodass ich nicht stürzte. Meine Beine waren mir völlig fremd geworden.

Ich bemerkte Kleidung, die an ein paar Haken an der Wand hing. Hosen und Jacken, die wahrscheinlich für die Leute gemacht waren, die in die U-Boote mussten. Eigentlich war mir das aber auch herzlich egal. Wir hatten wirklich mehr Glück als Verstand. Naja, Glück im Unglück, angesichts der Tatsache, dass wir in einer Forschungsstation festsaßen und ein Haufen meermenschenjagender Menschen hinter uns her war.

Ich hechtete zu der Kleidung rüber, riss mir die Hose vom Haken, die am kleinsten aussah und schlüpfte hinein. Ich schnappte mit zwei weitere, größere Hosen und warf sie über meine Schulter in die Richtung, wo ich Nathanial und Tack vermutete.

„Anziehen“, befahl ich und schnürte das Band am Hosenbund, damit die Hose, die mir etwas zu groß war, nicht herunterrutschte.

„Fertig?“, fragte ich und drehte mich zu den Beiden um. Sie hatten tatsächlich ihre Hosen an, die ihnen eine Handbreit zu kurz waren, aber lieber zu kurz, als zu lang. Jetzt standen sie schwankend auf ihren Füßen und sahen mich etwas perplex an.

„Wir müssen die Elektronik hier drin lahmlegen und die Gefangenen finden, das der Stromausfall hat erstmal oberste Priorität. Sie haben sicherlich Kameras und alle möglichen anderen Scans hier und vielleicht ist das Flutlicht draußen immer noch an. In jedem Fall ist es erstmal am wichtigsten den Kontrollraum zu finden und die Computer zu zerstören. Von dort aus wird wahrscheinlich alles gelenkt und ohne ihn stehen die Menschen ziemlich doof da.“, ordnete ich an. Bis eben hatte ich diesen Plan noch nicht gehabt, aber jetzt wo och es aussprach wusste ich, dass es stimmte.

„Wo lang müssen wir“, fragte einer der beiden und ich musste sagen, dass es mir gefiel, dass sie plötzlich meine Befehle befolgten und nicht mir Anordnungen machten, nur um mich dann doch wieder über die Hälfte im Unklaren zu lassen.

„Da lang“, sagte ich und deutete auf den breiten Flur, der neben den Haken lag, von denen ich die Kleidung geholt hatte. Natürlich wusste ich nicht, ob das stimmte, aber es war auf jeden Fall besser, als hier weiter rumzustehen und darauf zu warten, dass uns jemand fand.

Ich ging los und nahm mich kurz bevor wir den Raum verließen noch drei Jacken vom Haken.

„Hier“, sagte ich, „zieht die an. Mit etwas Glück bemerken sie dann nicht sofort, dass wir nicht dazugehören.“

Ich gab den beiden ihre Jacken und schlüpfte in meine eigene. Möglichst selbstbewusst ging ich dann den Gang entlang. Tack und Nathanial folgten mir auf dem Fuß, wie treue Begleiter. Ich lugte in jeden Gang und jede Tür hinein, an der wir vorbeikamen, aber wir begegneten keiner Menschenseele. Die Gänge waren alle nur dämmrig beleuchtet und wie ausgestorben. Ich bog mal hier mal dort ab, in der Hoffnung irgendwo die Kommandozentrale zu finden. Das hier war doch ein Forschungszentrum (zumindest ging ich davon aus) das bedeutete, das hier irgendwas ausgeschildert sein musste. Nicht, dass ich schon besonders viele Meermenschen-Forschungszentren besuchte hätte, aber ich kannte zumindest ähnlich Orte aus Filmen und da wussten die Helden seltsamerweise immer genau den Weg.

Wir irrten ein paar Minuten durch die schummrigen Gänge und dich hielt immer wieder an um zu lauschen, doch es regte sich nichts. Nein, doch. Da war doch was. Ein leises Summen und ein Piepen wie von…ja, elektronischen Geräten, vielleicht sogar Computern? Konnte es sein, dass wir den Kontrollraum gefunden hatten? Ich zeigte den anderen mit einer Handbewegung stehen zu bleiben und schlich vorsichtig um die Ecke. Eine Tür im Gang war offen und ein flackerndes Licht und leise Stimmen drangen heraus. Vorsichtig schob ich mich näher heran und versuchte kein Geräusch zu machen. Die anderen folgten mir, wie Schatten.

Vor der Tür blieb ich stehen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich dachte, dass die anderen sicher gleich auf uns aufmerksam würden, wenn es weiterhin so raste, als wollte es gleich aus meinem Brustkorb springen.

In dem Raum saßen nur drei Leute vor einer Wand voller Monitore und hakten wie besessen auf ihre Tastaturen ein. Die Bildschirme zeigten größtenteils Gänge und Räume innerhalb der Insel, aber auch den Bereich davor, der tatsächlich immer noch von Flutlicht erhellt wurde. Ich sah zu meinem Schrecken, wie Meermenschen orientierungslos umherschwammen und versuchten aus dem hellen Lichtschein zu fliehen. Ich versuchte intuitiv telepathisch Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Es dauerte eine Weile bis ich bemerkte, dass ich das in meiner Menschengestalt ja gar nicht konnte.

Ich sah mich weiter im Kontrollraum um, was musste ich wohl zerstören um alles lahmzulegen? Es würde sicherlich nichts helfen eine Flüssigkeit über die Tastatur zu kippen, denn das klappte wirklich nur in Filmen. Sowas verstand sogar ich mir meinem doch eher geringen Verständnis für Technik. Vielleicht dieser große Kasten an der Seite, aber was wenn da doch nur Akten drin waren? Ich musste irgendwie den Hauptschalter finden und die Sicherung rausdrehen. Ging sowas überhaupt? Oh Gott, ich hatte wahrscheinlich noch nie in meinem Leben eine Sicherung gesehen. Plötzlich zog mich einer der Zwillinge am Arm zurück und ich schrak zusammen. Ich funkelte ihn an um ihm zu verstehen zu geben, dass er mich gerade zu Tode erschreckt hatte, aber er ließ sich nicht davon beeindrucken, sondern zeigte nur stumm auf die Aufschrift auf der Tür, die schräg gegenüber vom Kontrollraum lag.

„Sicherungsraum“ stand auf dem Schild und mein Herz machte einen Satz. Tack, oder Nathanial, wer auch immer es war, jedenfalls war er genial.

Ich ging so leise wie möglich zu der Tür rüber und drückte auf die Klinke, wie durch ein Wunder war sie unverschlossen.

Ich bedeutete einem von ihnen sich in die Tür zu stellen, damit sie nicht zufiel und er sehen konnte, ob jemand kam. Der andere folge mir in den Raum. Ich hätte nie gedachte, dass es so viele Kabel und Schalter in einem Raum geben konnte. Welcher war nun der richtige? Ich hatte nun wirklich nicht die Zeit alle auszuprobieren. Ich sah meinen Begleiter fragend an und zuckte mit den Schultern um ihm zu verstehen zu geben, dass ich keine Ahnung von Technik hatte. Er sah sich alles kurz an und ging dann näher an einen Kasten heran.

„Mach dich bereit“, flüsterte er mir zu, „wenn ich den Strom abstelle geht garantiert irgendein Generator an und die schlagen Alarm. Dann sind alle hinter uns her.“

„Aber es wird doch was helfen, oder?“, fragte ich.

„Ja. Sie können dann viel weniger Geräte betreiben, weil die Generatoren die ganze Insel nicht lange am Laufen halten könnten, wir gewinnen definitiv Zeit. Achtung gleich wird es dunkel. Wir rennen dann sofort raus und links den Gang entlang.“

Ich nickte und biss die Zähne zusammen. Er machte sich an den Kabel und Schaltern zu schaffen. Einen Moment später wurde alles pechschwarz.

„Lauft“, rief einer der Zwillinge und wir rannte los, als wäre der Leibhaftige hinter und her. Nur wenige Sekunden nachdem wir den Raum verlassen hatten hörte ich hinter uns Fußgetrampel und es kam immer näher.

Wir waren in einem Forschungslabor und hatten gerade einen Stromausfall ausgelöst und somit Anschlagsziel Nummer eins für all diese verrückten Menschen geworden. Ja, die Welt könnte wirklich rosiger aussehen.

Jetzt habe ich auch mal ein bisschen früher wieder geschrieben und das Kapitel ist auch etwas länger als sonst. Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und viel Spaß mit dem neuen Chap.

Wie immer freue ich mich über Votes und Feedback.

Lg Anni

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