✿Aceflux✿

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Für Bianca war der Prozess der Selbstfindung schon in ihrer Jugend mühsam und verwirrend gewesen.

Mit zwölf Jahren hatte sie erstmals bemerkt, dass sie sich für Mädchen interessierte und sich nach einer kurzen Zeit, in der sie sich versichert hatte, dass ihre Gefühle tatsächlich romantischer Natur waren, eine Weile lang für lesbisch gehalten.

Damals hatte sie sich nicht wirklich mit sexuellen Orientierungen ausgekannt und die romantische Anziehung zum gleichen Geschlecht - über sexuelle Anziehung hatte sie sich damals noch nicht wirklich Gedanken gemacht - war für sie automatisch mit Homosexualität verbunden gewesen.

Erst einige Zeit später hatte sie dann begriffen, dass lesbisch von Anfang an das falsche Wort für ihre Gefühle gewesen war, da sie zusätzlich auch Anziehung zu Jungen empfand.

Daraufhin hatte sich Bianca dann als bisexuell bezeichnet und sich mit diesem Begriff auch das erste Mal bei anderen Menschen geoutet.
Einer davon war ihr enger Freund Sascha gewesen, mit dem sie bis zum heutigen Tage gut befreundet war und oft viel Zeit verbrachte.

Er selbst war heterosexuell, doch anders als man es vielleicht von einem damals vierzehnjährigen Jungen erwarten würde, hatte er mehr Verständnis gezeigt als Biancas weibliche Freundinnen.

Diese hatten zwar nicht abweisend reagiert, aber die Sache anschließend möglichst kaum angesprochen, als würden sie Biancas Bisexualität lieber ignorieren und hätten irgendwie Angst vor diesem Thema.

Sascha hingegen war neugierig und aufgeschlossen gewesen, er hatte es cool gefunden, auch mit einer weiblichen Freundin über Mädchen reden zu können.

Seit Biancas erstmaligem Coming Out mit vierzehn Jahren waren nun fünf Jahre vergangen. Mittlerweile war sie neunzehn und hatte vor ungefähr einem Jahr entdeckt, dass auch Bisexualität nicht vollständig zu ihr passte.

Denn Bianca fühlte sich nicht nur zu zwei Geschlechtern hingezogen, nicht nur zu Frauen und Männern, sondern auch zu ein paar anderen Geschlechtsidentitäten, jedoch nicht allen. Aus diesem Grund war das Label Polysexuell das, was sie für sich als am passendsten empfand.

Bianca hatte gedacht, mit Polysexualität nun endlich die richtige Bezeichnung gefunden zu haben - nach drei verschiedenen Labeln wurde es ihrer Meinung nach auch wirklich Zeit - und sich nicht mehr mit ihrer sexuellen Orientierung auseinandersetzen zu müssen.

Doch seit ungefähr ihrem sechzehnten Lebensjahr spielten nun mit und mit auch sexuelle Gefühle zusätzlich zur romantischen Anziehung eine Rolle. Das alles wäre kein Problem gewesen, hätte Bianca dabei nicht ein paar Auffälligkeiten bemerkt, die sie erneut in Verwirrung versetzten.

Es war keineswegs so, dass Bianca sexuellen Handlungen abgeneigt war. Sie verspürte sexuelle Anziehung, das wusste sie. Abgesehen davon war Bianca seit einem halben Jahr in einer festen Beziehung mit Nicole. Tatsächlich hatten die beiden bereits das ein oder andere mal miteinander geschlafen, was ihnen beiden auch sehr gefallen hatte.

Doch während Nicoles sexuelle Bedürfnisse und sexuelle Anziehung zu ihrer Partnerin Biancas Wahrnehmung nach immer gleich intensiv zu sein schienen, war es bei ihr selbst irgendwie anders. Natürlich wusste sie, dass nicht jeder Mensch jederzeit Lust auf Sex haben musste.
Darum ging es ihr auch gar nicht.

Jedoch gab es Phasen, in denen Bianca ihre sexuelle Anziehung zu Nicole plötzlich vollständig zu verlieren schien oder diese zumindest abgeschwächt war.
Natürlich fand sie ihre Partnerin attraktiv, aber ein Bedürfnis nach Sex mit ihr hatte sie in diesen Zeiträumen absolut nicht und zusätzlich konnte die Neunzehnjährige dann auch nicht nachvollziehen, wie sie jemals sexuelle Anziehung hatte verspüren und sich Sex hatte wünschen können.
Es war alles sehr verwirrend und rätselhaft gewesen.

Zudem wirkte Nicole seit einigen Wochen irgendwie gedanklich abwesend und Bianca hatte angefangen, sich Sorgen um ihre Beziehung zu machen. Was, wenn ihrer Partnerin auch aufgefallen war, dass Bianca seltener sexuelle Bedürfnisse hatte, als andere Menschen?

Was, wenn sie mit dem gemeinsamen Sexleben der beiden unzufrieden war, weil Bianca aufgrund ihrer gelegentlich vollkommen abwesenden sexuellen Anziehung einfach seltener Lust auf sexuelle Handlungen hatte?

Konnte eine Beziehung tatsächlich an Dingen wie Uneinigkeiten über Sex kaputt gehen?
Eigentlich traute Bianca ihrer Partnerin nicht zu, dass diese sie deshalb verlassen würde.

Die beiden waren sehr offen miteinander, sie schätzten Ehrlichkeit sehr und wussten, dass sie die andere immer auf alles ansprechen konnten und sollten, was sie eventuell störe. Daher versuchte Bianca darauf zu vertrauen, dass zwischen ihr und Nicole alles in Ordnung war.

Trotzdem hatte sie sich von Anfang an vorgenommen, ihre Partnerin über ihre Gefühle aufzuklären, sobald sie selbst wusste, was eigentlich mit ihr los war.

Das Gute war, dass Bianca am vorherigen Tag nun endlich einen Begriff gefunden hatte, der das alles erklärte: Aceflux. Dabei handelte es sich um eine sexuelle Orientierung auf dem Asexuellen Spektrum, die im Grunde eine Schwankung der sexuellen Anziehung beschrieb - also genau das, was Bianca empfand.

Das Schlechte war jedoch, dass sie nun auch unverzüglich mit Nicole darüber sprechen musste. Denn heute stand für sie und Sascha ein Wettkampf im Paartanzen an. Die beiden waren schon seit Jahren Tanzpartner und nahmen gemeinsam an Wettbewerben teil.

Für das heutige Turnier musste Bianca unbedingt den Kopf frei bekommen, sie würde sich nicht konzentrieren können, wenn sie das Gespräch mit Nicole weiter vor sich her schob.

Gerade waren die beiden auf dem Weg zum Bahnhof, denn der Wettkampf fand in einer anderen Stadt statt und als ihr größter Fan begleitete Nicole ihre Freundin natürlich. Normalerweise fuhr Biancas Mutter ihre Tochter und deren Tanzpartner mit dem Auto zu den Turnieren, doch aktuell waren ihre Eltern im Urlaub.

Und da Bianca es als Rollstuhlfahrerin in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht immer leicht hatte, war sie froh, Nicole an ihrer Seite zu wissen.

Sascha reiste ebenfalls mit der Bahn an, würde jedoch erst an einer späteren Haltestelle in den Zug einsteigen. So war das Paar aktuell noch allein und Bianca wusste, dass sie in den nächsten Minuten das ansprechen musste, was ihr schon seit einer Weile durch den Kopf ging.

Der Aufzug, mit dem die beiden zum Bahnsteig hinauf gefahren waren, hielt an und die Türen öffneten sich. Hinter sich merkte Bianca, auf deren Schoß ihre große Sporttasche lag, wie Nicole die Griffe ihres Rollstuhls ergriff. Keine Sekunde später setzten die beiden sich auch schon in Bewegung. Bianca wurde über den Bahnsteig geschoben und warf dabei einen Blick auf ihr Handy.

,,In welchem Wagon sind unsere Plätze nochmal?", ertönte Nicoles Stimme hinter ihr. ,,Wagon neun.", antwortete Bianca und ließ ihren Blick über den ICE schweifen, der bereits in das Gleis eingefahren war. ,,Also noch ein Stück weiter nach hinten."

Nicole schob ihre Freundin zielstrebig zum richtigen Wagon und half ihr dann in den Zug hinein. Dies war noch einer der Momente, in denen Bianca für die Hilfe ihrer Freundin dankbar war.

Denn zwischen Bahnsteigkante und Zug waren mehrere Zentimeter Platz, eine Distanz, in der die vorderen kleinen Räder ihres Rollstuhls durchaus hängen bleiben konnten. Die deutsche Bahn war in dieser Hinsicht nicht gerade behindertengerecht, dachte sich Bianca.

Das Paar bahnte sich den Weg durch das Abteil hinüber zu den gebuchten Plätzen: ein Rollstuhlstellplatz und ein normaler Sitzplatz direkt gegenüber. Während Nicole sich auf ihrem Sitz niederließ und ihrer Freundin die schwere Sporttasche vom Schoß nahm, parkte diese vorsichtig selbstständig in den abgegrenzten Bereich ein.

Die Zugfahrt würde insgesamt nur anderthalb Stunden dauern, allerdings rechneten sie natürlich mit Verspätungen, selbst wenn zum aktuellen Zeitpunkt noch keine angezeigt wurden.

Tatsächlich setzte sich der Zug dann halbwegs pünktlich mit nur fünf Minuten Verspätung in Bewegung. Bianca warf einen Blick aus dem Fenster. Sie sollte es jetzt einfach ansprechen und sich bei Nicole outen. Mit jeder Sekunde, die sie es länger aufschob, wurde sie nervöser.

Sie sah hinüber zu ihrer Freundin, die sie wie so oft sanft anlächelte. ,,Hör mal, es gibt da etwas, was ich dir noch erzählen wollte.", sagte Bianca vorsichtig.

Zu ihrer Überraschung verschwand daraufhin das Lächeln von Nicoles Gesicht und sie sah zur Seite, als würde sie dem Blick ihrer Freundin ausweichen. ,,Tatsächlich... tatsächlich wollte ich mir dir auch noch über etwas sprechen.", erwiderte diese zögerlich.

Zwar war Bianca etwas nervös, doch ihre Freundin schien um einiges mehr Angst zu haben als sie. ,,Oh...was denn?", fragte sie perplex. Mit so einer Reaktion hatte sie nicht gerechnet.

,,Ähm, nicht so wichtig, fang du an.", lenkte Nicole ab und brachte wieder ein leichtes lächeln hervor, als könnte sie damit den Moment der Angst und Unsicherheit ungeschehen machen.
Um eine unangenehme Stille zu vermeiden ergriff Bianca kurz darauf das Wort:

,,Es gibt da etwas, das du über mich wissen solltest. Ich habe es tatsächlich auch erst vor kurzem so wirklich herausgefunden und wollte es dir auch nicht lange vorenthalten, aber war mir eben eine Zeit lang sehr unsicher und musste das ganze zunächst mit mir selbst ausmachen."

Bianca machte eine kurze Pause. Sie merkte selbst, dass sie wieder nur um die Sache herumredete. Sie hätte jetzt wahrscheinlich noch mehrere Minuten mit Erklärungen und Rechtfertigungen zubringen können, durch die sie sich langsam herantastete, aber eigentlich wusste sie, dass sie es dadurch für sich selbst und auch für Nicole nur unangenehmer und schwieriger machte.
Es war am besten, wenn sie jetzt einfach damit herausrückte.

,,Du weißt ja, dass ich polysexuell bin, aber nun habe ich bemerkt, dass ich zusätzlich auch Aceflux bin.", sagte Bianca nun. Gespannt wartete sie die Reaktion ihrer Partnerin ab.

Eigentlich wusste sie, dass sie bei Nicole keine Angst davor haben musste, aber trotzdem spürte sie ihr Herz ungewöhnlich schnell schlagen. Ein wenig aufgeregt war sie deswegen schon. Und vermutlich spielten auch die Aufregung und Nervosität wegen des anstehenden Tanzturniers noch ein wenig mit hinein.

,,Das ist etwas auf dem asexuellen Spektrum, oder?", antwortete Nicole neugierig. Ihre Stimme war ruhig und Bianca war sich fast sicher auch eine Art Erleichterung herauszuhören. ,,Ja ist es. Krass, dass du das weißt.", entgegnete Bianca ein bisschen beeindruckt.

,,Was soll das denn heißen?", erwiderte ihre Partnerin gespielt beleidigt. ,,Ich kenne mich auch ziemlich gut mit solchen Begriffen aus. So eine Frechheit!" Sie grinste und auch Bianca musste lachen. Sie liebte es, wie Nicole es immer schaffte, zuvor ernste Situationen mit ihrem Humor aufzulockern.

,,Aber weißt du denn auch, was Aceflux bedeutet?", forderte sie ihre Partnerin immer noch grinsend heraus. Darauf antwortete Nicole nicht sofort. Sie fuhr sich mit der Hand durch das krause, rot gefärbte Afro-Haar.

,,Hm, ich meine... Es bedeutet, dass man mal asexuell ist und Mal nicht, oder?", sagte sie schließlich. ,,Nicht schlecht, nicht schlecht.", lobte Bianca sie schmunzelnd.

,,Aceflux bedeutet, dass meine sexuelle Anziehung schwankt. Sie befindet sich sozusagen auf einem Spektrum zwischen asexuell und allosexuell. Dabei kann es tatsächlich vorkommen, dass ich mich auch Mal vollständig asexuell fühle, also keine sexuelle Anziehung und kein Bedürfnis nach Sex verspüre.

Manchmal empfinde ich auch ganz normal sexuelle Anziehung und manchmal befinde ich mich irgendwo dazwischen. Da kann es auch nochmal zu Variationen in der Intensität kommen, aber ich glaube, das bringt es erstmal ganz gut auf den Punkt."

,,Aber du musst zugeben, ich war schon nah dran.", erwiderte Nicole und grinste stolz. Für sie schien Biancas Orientierung keine seltsame Angelegenheit zu sein, mit der sie erst einmal umzugehen lernen musste.

Ihre Partnerin behandelte das Thema mit einer solchen Normalität, als hätte die Rollstuhlfahrerin ihr gerade eröffnet, dass sie eine neue Lieblingsfarbe habe und das gab Bianca unfassbar viel Sicherheit.

Wahrscheinlich hätte sie diese Frage gar nicht stellen müssen, denn zum Glück kannte sie die Antwort eigentlich schon, doch trotzdem war Bianca ein wenig neugierig, also fragte sie:,,Dich stört das ganze also gar nicht? Und dir fehlt in unserem Sexleben auch nichts, weil ich deswegen seltener Lust habe?"

,,Hä, natürlich nicht.", antwortete Nicole etwas überrascht, aber trotzdem bestimmt. ,,Für mich macht das nicht wirklich einen Unterschied. Wenn du als meine Partnerin sagst, dass du gerade nicht mit mir schlafen möchtest, habe ich das zu akzeptieren. Das sollte in jeder Beziehung so sein. Es spielt doch keine Rolle, warum du es nicht möchtest.

Es kann ja genauso auch allosexuelle Menschen geben, die vielleicht nicht so oft Geschlechtsverkehr haben möchten. Ob es jetzt aus diesem Grund ist oder an deiner sexuellen Orientierung liegt, kann mir doch egal sein. Das einzige was in dem Moment zählt ist, dass du nicht möchtest und ich dementsprechend auch nichts mache."

Bianca war überwältigt. Mit so einer Antwort hatte sie nicht gerechnet, Nicoles Sicht auf die Sache war vermutlich noch aufgeschlossener als ihre eigene. Sie löste die Bremse ihres Rollstuhls und rollte ein Stück weiter nach vorne, so dass sie so nah wie möglich an dem Tisch saß, der die beiden trennte.

Dann nahm sie Nicoles Hand, verschränkte ihre Finger miteinander und beugte sich zu einem Kuss zu ihrer Freundin hinüber. In diesem Moment konnte sie einfach nicht anders, als Nicole zu küssen. Sie liebte ihre Partnerin so sehr und mit allem was diese tat, gab sie Bianca nur noch mehr Gründe, das weiterhin zu tun.

Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten strahlte Bianca, immer noch Nicoles Hand haltend, überglücklich. ,,Danke, du bist einfach wundervoll.", sagte sie und auch ihre Freundin grinste zufrieden.
Für einen Moment saßen die beiden einfach nur da, hielten Händchen und sahen aus dem Fenster.

Doch plötzlich fiel Bianca der Beginn des Gesprächs wieder ein. Auch Nicole hatte ihr etwas sagen wollten, dann jedoch einen Rückzieher gemacht. Sie wollte nicht aufdringlich sein, aber dennoch war sie irgendwie neugierig geworden.

Nach kurzem Zögern fragte sie daher schließlich:,,Was wolltest du mir vorhin eigentlich erzählen? Du hast gesagt, du wolltest auch mit mir über etwas reden, aber mir dann den Vortritt gelassen. Möchtest du es jetzt erzählen oder doch lieber nicht?"

Nicole atmete tief ein und dann wieder aus. ,,Erzählen möchte ich es dir eigentlich nicht wirklich.", antwortete sie langsam. Bianca hatte sich eigentlich schon mit dieser Antwort zufrieden gegeben, doch da fügte ihre Partnerin hinzu:

,,Aber gleichzeitig möchte ich einfach, dass du es weißt. Es ist nur schwierig, es zu sagen. Ich mag solche Situationen einfach nicht, ich kann das nicht gut." ,,Hm, okay, dann mach es so, wie es für dich am besten funktioniert.", erwiderte Bianca und strich ihrem Gegenüber sanft über die Hand.

,,Ich weiß nicht, wie es für mich am besten funktioniert, wahrscheinlich muss ich mich einfach überwinden.", überlegte Nicole. Bianca sagte nichts, sondern lächelte nur ermutigend und streichelte weiterhin beruhigend die Hand ihrer Partnerin.

,,Ich bin keine Frau.", platzte es plötzlich aus Nicole heraus. ,,Also irgendwie schon, aber nicht ganz. Ich bin nicht nur eine Frau. Ich bin Genderfluid."

Bianca hatte versucht, sich auf alles gefasst zu machen, aber trotzdem überraschte sie diese Information ein wenig. Sie war polysexuell, stand also nicht nur auf Frauen, daher würde die Geschlechtsidentität Nicoles für sie keinen wirklichen Unterschied machen. Aber trotzdem brauchte sie ein paar Sekunden um diese Information zu verarbeiten.

Doch das Erste, was sie schließlich sagte, war:,,Ich hoffe, du hast nicht gedacht, dass das irgendwas zwischen uns ändert."

,,Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Ich weiß, dass du auf mehrere Geschlechter stehst, aber trotzdem hätte es ja sein können, dass Genderfluidität für dich irgendwie ein No-Go ist. Und ich werde mich eben auch ein bisschen verändern, ich werde mich ab und zu anders anziehen oder anders schminken und andere Pronomen bevorzugen... Und ich würde auch gern einen anderen Namen haben. Also manchmal eben.", erklärte Nicole vorsichtig.

Man merkte ihr an, dass sie in der ganzen Sache noch nicht so selbstbewusst war. Vermutlich war dies das erste Mal, dass sie all das laut aussprach.

,,Welchen Namen möchtest du denn gern haben?", fragte Bianca neugierig, aber ruhig.
,,Oh, ähm, nichts besonderes, also, ich fände es schön, wenn du mich in meinen männlichen oder nichtbinären Phasen einfach 'Nick' nennen könntest.", antwortete ihre Partnerin.
,,Oh, ja, natürlich!", erwiderte Bianca sofort.

In diesem Moment schoss ihr auch wieder die Frage in den Kopf, die sie sich schon die ganze Zeit gestellt hatte: Passten der Name Nicole und das Pronomen "sie" gerade denn überhaupt? Auf keinen Fall wollte sie ihre Partnerin misgendern, nicht Mal wenn es nur in ihren Gedanken war.

,,Jetzt aber die wichtigste Frage von allen: Wie soll ich denn gerade nennen? Wie fühlst du dich aktuell?", fragte sie daher kurz darauf.

,,Jetzt im Moment... Also seit gestern bin ich denke ich nonbinary. Mit dem Pronomen bin ich mir noch nicht ganz sicher, ich glaube du kannst in diesem Zustand erstmal 'sie' weiter benutzen... Aber ich würde gerade lieber Nick genannt werden.", kam die Antwort von ihrer Partnerin. ,,Alles klar, Nick.", antwortete Bianca lächelnd und beobachtete, wie sich auf Nicks Gesicht ein Grinsen ausbreitete.

Unterbrochen wurde der schöne Moment nur durch eine Durchsage im Zug, welche die nächste Haltestelle ansagte. ,,Oh, jetzt gleich steigt Sascha dazu.", fiel es Bianca ein.

,,Möchtest du die Sache eigentlich öffentlich machen? Darf Sascha davon wissen oder willst du lieber noch warten?", fragte sie dann an Nick gerichtet. Diese überlegte kurz. ,,Ich will es glaube ich nicht allen anderen sofort sagen, aber... Ich glaube, er kann es wissen.", antwortete sie dann.

Bianca warf einen Blick aus dem Fenster, der Zug fuhr gerade in den Bahnhof ein.
Schließlich kam er zum stehen und sie selbst löste erneut die Bremse ihres Rollstuhls um diesen in Richtung Gang drehen zu können.

Kurze Zeit später erblickte sie auch schon Sascha, der, ebenfalls mit einer großen Tasche beladen, in das Abteil trat. Dieser entdeckte sie sofort und winkte bereits.

Kaum war er bei ihnen angekommen, bückte er sich ein Stück herunter und schloss Bianca voll Enthusiasmus fest in die Arme. Für ein paar Sekunden hielten sie einander fest, Bianca drückte ihren Freund liebevoll an sich.

,,Hey, ihr zwei!", begrüßte Sascha die beiden dann auch verbal, kaum hatte er Bianca wieder los gelassen. ,,Hey.", sagte Nick freundlich und nahm Biancas Sporttasche von dem Sitz neben sich um für Sascha Platz zu machen.

,,Hi, Sascha.", sagte auch Bianca, sobald ihr Freund sich gesetzt hatte. ,,Ich glaube, ich muss dir nochmal jemanden vorstellen."

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