✿Aromantik✿

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Purnit wusste, dass er Mist gebaut hatte. Er wusste, dass es alles seine Schuld war. Niemals hätte er gedacht, dass es überhaupt dazu kommen würde, doch er hatte es unter vollem Bewusstsein getan.

Er fühlte sich schuldig und gleichzeitig hatte er große Angst. Womöglich hatte er durch seine eigene Dummheit nun den wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren.

Es war genau eine Woche her, seit er seine beste Freundin Ezra geküsst hatte. Und das, obwohl er es eigentlich selbst nicht wirklich gewollt hatte.

Während des Kusses und danach war Purnit sofort bewusst geworden, dass es sich nicht gut und nicht richtig anfühlte. Es war einfach ein großer Fehler gewesen.

Und auch Ezra schien der Kuss nicht gefallen zu haben, doch Purnit hatte keine Zeit gehabt, die Situation zu erklären. Kaum war der Kuss beendet gewesen, hatte seine beste Freundin sich verabschiedet und eilig das Haus verlassen, ohne ein weiteres Wort mit ihm zu sprechen.

Am Abend hatte Purnit nur eine Nachricht von ihr erhalten, in der sie ihn darum bat, sie die nächsten Tage nicht zu kontaktieren, da sie Ruhe und Zeit zum Nachdenken brauche. Und Purnit hatte es das Herz gebrochen.

Er wollte nicht, dass seine beste Freundin sich von ihm distanzierte, weil er eine Grenze überschritten hatte. Vielleicht hatte er es verdient, doch gleichzeitig tat es unfassbar weh.

Abgesehen von dem Schmerz und den Schuldgefühlen empfand Purnit auch eine ziemliche Wut. Sowohl auf sich selbst als auch auf seine Mutter. Sie war es gewesen, die ihn überhaupt auf die Idee gebracht hatte, Ezra zu küssen.

Zwar hatte sie es nicht direkt vorgeschlagen, doch Andeutungen hatte es schon immer gegeben. Purnit wusste, dass seine Mutter seiner Freundschaft mit einem Mädchen schon immer skeptisch gegenüber gestanden hatte.

Sie mochte Ezra und war immer freundlich zu ihr gewesen, doch schien nicht verstehen zu wollen, dass es sich dabei einfach um eine Freundschaft handelte. Von Anfang an hatte sie angedeutet, von der angeblichen romantischen Beziehung der beiden zu wissen.

Doch zwischen Purnit und Ezra hatte es noch nie etwas romantisches oder sexuelles gegeben. Zumindest nicht bis zu dem Kuss.

Eigentlich hatte Purnit zuvor geglaubt, seine Mutter hätte ihre Vermutungen schon vor einer Weile endlich hinter sich gelassen und die Freundschaft der beiden als solche akzeptiert. Doch wie sich herausgestellt hatte, war das nicht der Fall gewesen.

Vermutlich hatte es auch nicht gerade geholfen, dass Purnits Mutter ein paar Wochen zuvor zufällig ins Zimmer gekommen war und gesehen hatte, wie er und Erza gemeinsam in seinem Bett lagen und sie ihren Kopf auf seiner Brust abgelegt hatte.

Weder für Purnit, noch für Ezra hatte diese Geste etwas romantisches an sich gehabt. Sie beide mochten einfach die Nähe des anderen. Doch Purnits Mutter hatte das wohl ganz anders gesehen.

Seit diesem Ereignis hatte sie keine Ruhe mehr gegeben und ständig darüber gesprochen, dass Purnit seiner Freundin seine vermeintlichen romantischen Gefühle doch einfach gestehen solle.

Obwohl er sich seiner rein platonischen Anziehung zu Ezra eigentlich vollkommen sicher gewesen war, hatte seine Mutter es durch ihre ständigen Überzeugungsversuche doch irgendwie geschafft, Zweifel bei ihrem Sohn zu säen.

Irgendwann hatte sich Purnit gefragt, ob seine Mutter nicht vielleicht doch Recht hatte. Was, wenn er in Wahrheit doch in Ezra verliebt war und es einfach nicht wahrhaben wollte?

Seine Mutter hatte es ihm so lange eingeredet, dass er ihr irgendwann geglaubt hatte. Und das war es, was ihn so unbeschreiblich wütend machte.

Er wusste, dass seine Mutter nicht allein die Schuld an ihrem Verhalten trug und nie beabsichtigt hatte, ihm damit zu schaden. Sie kam ursprünglich aus Indien und dort war ihr vermutlich einfach genau dieser Umgang mit Freundschaft und Romantik beigebracht worden.

Sie konnte eine rein platonische Beziehung zwischen Jungen und Mädchen nicht verstehen, einfach weil sie es nicht kannte und weil die Vorstellung, jegliches Interesse am anderen Geschlecht müsse romantischer oder sexueller Natur sein, tief in ihren Gedanken und traditionellen Werten verankert war.

Trotzdem war Purnit unfassbar wütend auf sie, weil dieses Verhalten ihrerseits und seine eigene Naivität ihn nun womöglich seine beste Freundin kosteten.

Er hatte nun eine ganze Woche lang nicht mit Ezra gesprochen oder über Textnachrichten kommuniziert. Es herrschte eine vollständige Funkstille zwischen den beiden und das war für Purnit schmerzhafter, als er sich je vorgestellt hatte.

Auch dies war ein Aspekt, der in ihm wieder leichte Zweifel aufkommen ließ. Konnte es wirklich platonische Anziehung sein, wenn er sie nach ein paar Tagen schon so sehr vermisste?

Aber wenn er ehrlich mit sich war, kannte Purnit die Antwort. Er war definitiv nicht verliebt in Ezra und er versuchte, mit dem bisschen Selbstsicherheit, das er hatte, gegen die von seiner Mutter gesäten Zweifel anzukämpfen. Nie wieder wollte er sich von jemandem so stark beeinflussen und womöglich sein Leben zerstören lassen.

Bei seinem inneren Kampf mit sich selbst klammerte Purnit sich an einen einzigen Gedanken. Eine Sache, die er erst in der vergangenen Woche über sich selbst herausgefunden hatte.

Eigentlich war Purnit noch nie verliebt gewesen. Romantik war nichts, über das er sich je große Gedanken gemacht hatte. Er hatte nie den ganzen Wirbel um dieses Thema verstanden und auch wenn er sich für Menschen in glücklichen Beziehungen freute, konnte er selbst nicht ganz nachvollziehen, was daran eigentlich so unfassbar toll sein sollte.

Einige Aspekte einer traditionellen Liebesbeziehung erschienen ihm erstrebenswert, andere hingegen lösten Unwohlsein in ihm aus.

Purnit mochte körperliche Nähe, er liebte Umarmungen und als er vor gar nicht all zu langer Zeit eng neben Ezra gelegen hatte, die ihren Kopf auf seiner Brust platziert und einen Arm um ihn geschlungen hatte, war ihm dies erneut klar geworden.

Genauso erschien ihm auch der Gedanke, mit einer bestimmten Person sein Leben zu teilen und so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen, an sich sehr schön. Doch all die Erwartungen, die eine solche Beziehung mit sich brachte, überforderten ihn.

Er fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, jemanden auf den Mund zu küssen. Wenn er daran dachte, ein Mädchen als seine feste Freundin zu bezeichnen, oder von einem Mädchen als fester Freund bezeichnet zu werden, fühlte er sich ebenfalls nicht gut.

Kurz hatte er sogar in Erwägung gezogen, vielleicht schwul zu sein, doch beim Gedanken an eine Beziehung mit einem Jungen änderte sich an seinem Unwohlsein nichts.

Purnit wusste, dass er sich in einer romantischen Beziehung oder auf einem Date in keinster Weise wohl fühlen würde, doch enge emotionale Bindungen mit Menschen reizten ihn dennoch und er sehnte sich nach platonischer körperlicher Nähe.

All diese Gefühle hatten ihn lange Zeit in große Verwirrung versetzt und diese war womöglich auch der Grund dafür, dass er sich durch seine Mutter so leicht hatte verunsichern lassen.

Die meiste Zeit hatte Purnit einfach nur gehofft, dass die Verwirrung verschwinden würde und seine Gefühle sich endlich klar in die ihm bekannten Kategorien einordnen ließen. Bis er begriffen hatte, dass sein Empfinden vielleicht gar nicht in eine der Schubladen passte, die seine Mutter - und im Grunde auch die gesamte Gesellschaft - ihm seit seiner Geburt präsentierte hatte.

In der vergangenen Woche, in der er keinen Kontakt zu Ezra gehabt hatte, war Purnit dieser Tatsache genauer auf den Grund gegangen.

Erstens, weil er einfach viel Zeit gehabt hatte und sich von den Gedanken an seine beste Freundin hatte ablenken wollen. Und zweitens, weil es ihn unbeschreiblich gestört hatte, seine eigenen Gefühle so wenig zu verstehen, dass er sich von Menschen wie seiner Mutter hatte beeinflussen lassen.

Und mit dem, worauf Purnit dabei gestoßen war, hätte er selbst niemals gerechnet.

Natürlich war ihm auch vorher bewusst gewesen, dass es mehr als nur Heterosexualität gab. Manche Menschen fühlten sich eben stattdessen zum gleichen Geschlecht hingezogen, andere sogar zu mehr als nur einem Geschlecht.

Auch wenn seine indische Mutter das womöglich anders sehen könnte, war Purnit auch nie der Meinung gewesen, dass an diesen Menschen etwas falsch oder unnormal war.

Was ihm allerdings im Traum nicht eingefallen wäre, war die Tatsache, dass es auch Menschen geben konnte, die sich zu niemandem hingezogen fühlten und erst recht nicht, dass er selbst dazu gehörte.

Man hätte meinen können, dass der Prozess des Entdeckens der eigenen Orientierung viel Zeit in Anspruch nehmen würde und das traf sicherlich bei vielen Menschen auch zu, doch bei Purnit war es recht schnell gegangen.

Kaum war er auf den Begriff der Aromantik gestoßen und nach ein bisschen Recherche auch in der Lage gewesen, ihn zu verstehen, war ihm klar geworden, dass vermutlich noch nie ein Wort ihn so gut beschrieben hatte, wie dieses.

Er hatte sich über einiges informieren müssen. Dabei hatte Purnit auch gelernt, dass es einen Unterschied zwischen romantischer und sexueller Orientierung gab und dass das Bedürfnis nach emotionaler Verbundenheit oder körperlicher Nähe nicht zwingend romantisch oder sexuell bedingt sein mussten.

All diese Informationen waren neu und nicht ganz einfach zu verarbeiten für ihn gewesen, doch gleichzeitig hatte Purnit das Gefühl überkommen, in jedem Satz, den er mehr darüber las, eine weitere Bestätigung für seine Vermutung zu finden.
Er war tatsächlich aromantisch.

Dies zu wissen, erklärte so viel und half ihm, gegen die von seiner Mutter ausgelöste Unsicherheit anzukämpfen. Er war sich nun wirklich ganz sicher, dass seine Gefühle für Ezra rein platonisch waren.

Nur musste er dies nun auch seiner besten Freundin erklären. Die ganze Woche lang hatte er auf ein Lebenszeichen von ihr gewartet. Er hatte sie aus Respekt vor ihrer Bitte und Verwirrung über seine eigenen Emotionen selbst nicht kontaktiert, sondern gehofft, dass sie sich melden würde, wenn sie soweit war.

Am Freitag Abend war dann ganz überraschend tatsächlich eine Nachricht von Ezra erschienen. Darin bat sie ihn um ein Treffen am nächsten Tag, um über die Situation zu sprechen.

Wieder von ihr zu hören, hatte in Purnit sowohl Glücksgefühle als auch wortwörtlich Bauchschmerzen ausgelöst. Er wusste einfach nicht, was er von dem Treffen erwarten sollte. Er war erfüllt von großer Angst, gleichzeitig schmerzte das alles auch noch sehr.

Natürlich hoffte er auf das Beste, doch er konnte sich nicht von dem beängstigenden Gedanken losreißen, was er tun würde, wenn er nun tatsächlich die Freundschaft zerstört hatte und seine beste Freundin verlieren würde.

Die letzten Minuten vor Ezras Ankunft waren nicht weniger qualvoll. Sie hatten sich für 13 Uhr verabredet und ein Blick auf die Uhr zeigte Purnit, dass er sich noch mindestens drei Minuten gedulden musste.

Zumindest, wenn Ezra pünktlich war. Er wusste, dass sie mit dem Bus fahren musste und öffentliche Verkehrsmittel waren nach Purnits eigener Erfahrung nicht immer besonders zuverlässig.

Erst in dem Moment, in dem es an der Tür klingelte, fiel Purnit ein, dass er sich nicht genau genug überlegt hatte, was er zu Ezra sagen wollte und wie er das alles erklären sollte. Das ärgerte ihn ungemein, denn er wollte alles richtig machen und hatte eine riesige Angst davor, noch mehr Schaden in ihrer Freundschaft anzurichten.

Er hatte einfach nicht daran gedacht, da es bei Ezra normalerweise nie nötig gewesen war, sich Worte bereit zu legen.

Purnits Herz schlug wie wild. In seinem Magen breitete sich ein Gefühl von Unwohlsein und Übelkeit aus.

Doch gleichzeitig konnte er sich ein automatisches, breites Lächeln nicht verkneifen, als er schließlich die Haustür öffnete und Ezra endlich wieder in die Augen sehen konnte. Er hatte das Gefühl, dass allein schon jetzt alles zumindest wieder irgendwie in Ordnung war.

Dieser Gedanke beruhigte ihn, aber gleichzeitig erinnerte er sich selbst daran, dass er noch ein wichtiges Gespräch vor sich hatte.

,,Hi, schön, dass du da bist.", sagte Purnit ruhig." Ezra lächelte leicht, aber etwas unsicher und trat dann ein.
,,Wollen...Wollen wir direkt hoch gehen?", fragte Purnit, verunsichert durch das untypische Verhalten seiner Freundin.

Ezra nickte. ,,Ja, sicher. Warum nicht?"
Dann folgte sie ihm die Treppe hinauf in sein Zimmer. Es herrschte eine ungewohnte, leicht unangenehme Atmosphäre zwischen den beiden.

Normalerweise konnten sie auch problemlos stundenlang in vollkommener Stille nebeneinander sitzen und einfach die Anwesenheit des anderen genießen, doch an diesem Tag erschienen Purnit bereits die wenigen Sekunden, in denen sie schweigend die Treppe hinauf stiegen als unschön und erdrückend.

Doch immerhin konnte er diesen kurzen Zeitraum nutzen, um zu überlegen, was er als erstes zu Ezra sagen wollte.

Als sie dann in seinem Zimmer angekommen waren, nahm Purnit wie gewöhnlich auf seiner Bettkante Platz, doch seine beste Freundin setze sich etwas entfernt von ihm auf seinen Schreibtischstuhl.

Diese Geste, so unbedeutend sie eigentlich war, fiel Purnit sofort auf und ihm kamen fast die Tränen. Was, wenn Ezra ihn gar nicht mehr nah an sich heran lassen, geschweige denn, ihn berühren wollte?

,,Es tut mir so unfassbar leid, was passiert ist. Ich wollte das alles nicht, wirklich nicht. Ich weiß, es war übergriffig und absolut nicht in Ordnung.

Ich hatte eigentlich nie vor, dich zu küssen. Es ist einfach passiert, weil ich gedacht habe, es sei das, was ich tun müsse. Vielleicht klingt es so, als würde ich die Schuld von mir abweisen, aber das tue ich nicht. Ich weiß, dass es meine Schuld ist und ich bereue meinen Fehler sehr.

Ich war einfach nicht stark genug, um das zu tun, was ich selbst für richtig hielt und habe mich davon beeinflussen lassen, was andere mir eingeredet haben.

Es tut mir einfach so so leid, ich möchte dich nicht verlieren, Ezra. Bitte, bitte, können wir das alles einfach vergessen?", sagte Purnit und bemerkte erst danach, wie schnell er gesprochen hatte.

Obwohl er sich bemüht hatte, dagegen anzukämpfen, kamen ihm jetzt die Tränen. Die ganze Last, die ganzen Sorgen und Ängste, die er in der vergangenen Woche mit sich herumgetragen hatte, sprudelten aus ihm hervor. Es tat alles so unglaublich weh.

Purnit vergrub das Gesicht in den Händen. Er wollte Ezra in diesem Moment nicht ansehen und gleichzeitig rechnete er auch nicht damit, dass sie ihn trösten würde. Wahrscheinlich hasste sie ihn sowieso.

Plötzlich vernahm er ein Knarzen seines Schreibtischstuhls und spürte kurz darauf, wie sich Arme um ihn legten. Er brauchte keine Sekunde, um zu begreifen, dass Ezra aufgestanden war und ihn in den Arm genommen hatte.

Purnit verspürte einerseits das Bedürfnis, weiter zu sprechen und sich zu erklären, doch andererseits wollte er gerade einfach nur weinen. Er wollte nur in Ezras Armen weinen.

Diese sagte kein Wort, aber drückte ihn fest an sich. Da Purnit auf seinem Bett saß und sie vor ihm stand, war sie ein gutes Stück größer als er, sodass er seinen Kopf an ihrer Brust anlehnen konnte.

Zuerst zögerte Purnit. Er war sich unsicher, ob er damit eine weitere Grenze überschreiten könnte, zumal er sich der Tatsache bewusst war, dass das Berühren eines weiblichen Oberkörpers an dieser Stelle schnell als übergriffig aufgefasst werden konnte.

Auch wenn er selbst keinerlei Interesse an Ezras Oberweite hatte und diese Geste nicht als romantisch oder sexuell empfand.

Bevor er jedoch länger darüber nachdenken konnte, spürte er die Hand seiner besten Freundin an seinem Hinterkopf, den sie sanft in ihre Richtung drückte, als wolle sie sagen "es ist okay".

Daraufhin klammerte Purnit sich fester an sie und lehnte seinen Kopf gegen ihre Brust. Dann begann er wieder stärker zu schluchtzen und zu weinen.

Und es tat so gut, das alles herauslassen zu können, während Ezra ihn festhielt und ihm zeigte, dass er nicht allein war.

Nach einer Weile beruhigte sich seine Atmung und sein Schluchtzen wurde weniger. Ezra streichelte ihm sanft über den Hinterkopf und fragte dann leise:,,Geht es dir etwas besser?"

,,Danke.", war das Erste, was Purnit daraufhin herausbrachte. ,,Ja, danke. Danke, danke, danke." Er drückte sie fest und Ezra fuhr ihm mit einer Hand durch die Haare.
Zwar lief noch die ein oder andere Träne über sein Gesicht, doch für den Moment war Purnit glücklich.

,,Ich kann es nicht oft genug sagen, es tut mir so unendlich leid. Ich wollte das wirklich nicht. Ich empfinde nicht so für dich. Also, ich würde schon sagen...", meinte Purnit und hielt einen Moment Inne. ,,Ich würde schon sagen, dass ich dich liebe. Ich liebe dich wirklich sehr. Aber ich bin nicht verliebt in dich und war es auch nie, das musst du mir bitte glauben."

Ezra nickte. Sie sah zu ihm herab und Purnit konnte sein Glück nicht fassen, als sie ihn endlich wieder anlächelte.

,,Ich glaube dir. Liebe ist ein starkes Wort, aber jetzt wo du es so sagst... Ich glaube, ich liebe dich auch. Es klingt so absurd, das zu sagen, weil es normalerweise immer nur in einem romantischen Kontext verwendet wird.

Und in der letzten Woche habe ich mich wirklich viel damit beschäftigt. Ich war mir so unsicher, was ich fühle. Weil du mir unbeschreiblich wichtig bist und ich es liebe, dich in meiner Nähe zu haben.

Eigentlich war ich mir immer sicher, dass es alles rein platonisch ist, aber seit des Kusses war ich mir vorallem unsicher über meine eigenen Gefühle. Weil ich dachte, dass ich es eigentlich mögen könnte oder mögen sollte - wie in den ganzen Filmen, in denen am Ende aus besten Freunden ein Paar wird.

Weil es wirklich süß wäre, eine solche Liebesgeschichte zu haben. Aber es ist nicht das, was ich empfinde und nicht das, was ich mit dir will. Da ist sehr viel Liebe für dich, aber mit Romantik hat das nichts zu tun.", erklärte Ezra.

Vielleicht war es unpassend, doch Purnit konnte nicht anders, als zu lachen. Er hätte sogar schreien können vor Freude. Freudig drückte er Ezra, die immer noch vor ihm stand, ganz fest.

,,Das ist...Ich kann es nicht glauben.", brachte er dann heraus, während seine beste Freundin ihn immer noch etwas verdutzt ansah. ,,Was kannst du nicht glauben?", fragte sie.

,,Dass du tatsächlich echt bist. Dass du so toll bist. Dass du Teil meines Lebens bist und ich dich nicht verloren habe.", antwortete Purnit.

,,Mich verloren?", fragte Ezra. ,,Du dachtest doch nicht im Ernst, du wirst mich los." Darauf mussten sie beide lachen und erneut drückte Purnit seine beste Freundin. Diesmal fiel sie dabei jedoch fast um, so dass er sie zu sich aufs Bett zog. Dort lagen sie dann lachend, halb nebeneinander und halb aufeinander.

So schön der Moment auch war, Purnit konnte nicht umhin, mehrmals Blicke zur Tür zu werfen. Dass seine Mutter in diesem Moment hereinkommen und später erneut versuchen könnte, ihm Dinge einzureden, konnte er wirklich nicht gebrauchen.

Ezra bemerkte seine Unruhe und wollte schließlich wissen:,,Was ist los? Ist da irgendwas?"
Purnit seufzte. Er überlegte einen Moment, dann erzählte er ihr die ganze Geschichte.

Von dem scheinbar unwichtigen Betreten des Zimmers durch seine Mutter vor ein paar Wochen, das ihre Vermutungen bestärkt hatte, über ihre ständigen Versuche, ihren Sohn davon zu überzeugen, dass er in Ezra verliebt sei, bis hin zu dem Kuss, den Purnit niemals initiiert hätte, wenn seine Mutter ihm nicht angebliche romantische Gefühle eingeredet hätte.

Purnit dachte sogar darüber nach, seiner besten Freundin von seiner neu entdeckten romantischen Orientierung zu erzählen.

Doch irgendetwas sagte ihm, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war. Gerade ging es um ihre Freundschaft, er würde es ein andermal ansprechen.

Abgesehen davon hatte er bei Ezra nicht das Gefühl, dass er es überhaupt sagen musste. Es war weniger, dass er es nicht wollte, sondern viel mehr, dass er wusste, dass es absolut keine Rolle spielte.

Er musste ihr nicht erzählen, dass er aromantisch war, um sie davon zu überzeugen, dass er nicht romantisch an ihr interessiert war oder um ihre Freundschaft zu retten. Ezra mochte ihn so, wie er war und glaubte ihm.

Und es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass seine romantische Orientierung in keinster Weise relevant und das Thema Romantik einfach nicht präsent war.

,,Also deine Mutter glaubt einfach nicht, dass wir nicht aufeinander stehen?", hakte Ezra nach. ,,Ja, egal was ich tue, sie wollte mir nicht glauben, dass wir nur Freunde sind. Sie hat es ja sogar geschafft, mir ihre Ansichten einzureden.", erwiderte Purnit.

,,Weißt du, wenn du es gerade sagst, dieses 'nur Freunde' ist eigentlich ein ziemlich bescheuerter Ausdruck. Ich finde, er wertet Freundschaften ab, als wären sie weniger wert oder unwichtiger als romantische Beziehungen. Dabei sind sie das nicht, sie können sogar wichtiger sein. Ich würde unsere Freundschaft für keine Liebesbeziehung der Welt eintauschen wollen.", meinte Ezra.

Purnit musste lächeln. Es tat gut, zu wissen, dass Ezra ihre Freundschaft genau so wertschätzte, wie er.

,,Hm", sagte er. ,,Eigentlich hast du Recht. Zu sagen, dass du "nur" meine beste Freundin bist - auch wenn du genau das bist - , nimmt dem ganzen irgendwie den Wert. Dabei ist unsere Freundschaft so wertvoll."

Mittlerweile lagen die beiden auf Purnits Bett auf der Seite und hatten die Gesichter einander zugedreht. Erzas Kopf lag auf Purnits ausgestrecktem Arm und sie hatte ihren Arm um seinen Rücken geschlungen.
Sie lächelte und sagte:,,Ja, definitiv."

Ein paar Sekunden schwiegen sie und in diesem Zeitraum wurde sich Purnit der ganzen Situation erst so wirklich bewusst. Er war so unglaublich glücklich.

Doch da fiel ihm etwas auf:,,Ezra, warte mal, heute ist Samstag. Geht deine Familie Samstags um diese Uhrzeit nicht immer in die Synagoge?"

,,Ja, tut sie auch. Aber du bist wichtiger, vorallem heute war es wichtiger.", erwiderte seine beste Freundin.

,,Oh, wow...", brachte Purnit heraus. Er wusste, dass seiner jüdischen Freundin viel an ihrer Religion lag und auch ihre Eltern viel Wert auf den regelmäßigen Besuch der Synagoge legten.

,,Und deine Eltern hatten kein Problem damit, dass du nicht mitgekommen bist?"

,,Naja, mein Vater war nicht begeistert, aber ich habe ihm erklärt, dass es wirklich wichtig ist. Es hat ein paar Minuten gedauert, ihn zu überzeugen, aber als er verstanden hat, dass es tatsächlich um etwas bedeutendes geht und mir viel daran liegt, hat er gesagt, dass es ausnahmsweise in Ordnung ist. Ich konnte einfach nicht länger warten, ich musste mit dir sprechen und das klären. Und abgesehen davon habe ich dich wirklich vermisst.", berichtete Ezra.

,,Im Ernst?", fragte Purnit ungläubig. ,,Was? Ist das komisch?", hakte sie nach. ,,Nein, nein, ich habe dich auch sehr vermisst. Es war nur eine Woche, aber es tat zwischendurch echt weh.", antwortete ihr bester Freund.

,,Es tut mir wirklich leid. Mir tat es auch weh, aber ich brauchte ein bisschen Abstand, um mir meiner Gefühle klar zu werden.", meinte Ezra und kuschelte sich näher an Purnit. So nah waren sie einander noch nie gewesen, doch Purnit genoss den Körperkontakt.

,,'tschuldigung, ist das... Ist das okay? Also dass wir kuscheln?", fragte Ezra kurz danach etwas zögerlich. ,,Also ich finde es schön.", antwortete Purnit und lächelte.

,,Gut, ich wollte nur sichergehen, dass es dir nicht zu viel ist oder du es als etwas romantisches siehst.", erklärte sich Ezra. ,,Nein, keine Sorge. Viel Körperkontakt muss doch nicht automatisch immer romantisch sein.", erwiderte Purnit.

Seine beste Freundin nickte. ,,Sehe ich auch so." sagte sie. ,,Und ich finde es auch sehr schön."

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