[𝟏𝟏] 𝐕𝐞𝐫𝐫𝐮̈𝐜𝐤𝐭𝐞 𝐂𝐨𝐮𝐬𝐢𝐧𝐞, 𝐋𝐮𝐬𝐭𝐢𝐠𝐞 𝐙𝐞𝐢𝐭

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☀︎ SAPHIRA ☀︎

»Sag mir nicht, Saphira schläft noch!«, schrie eine aufgeregte Stimme, ehe irgendetwas in meinem Gesicht landete. Romeas Lachen ertönte und als ich meine Augen schlagartig aufschlug, brauchte ich nicht mal eine Sekunde um zu verstehen, wer mir das Kissen gegen den Kopf gedonnert hatte.

»Jetzt nicht mehr!«, antwortete Romea und ich brauchte einen Moment, um mich an die Sonnenstrahlen und Zoeas viel zu hyperaktives Gesicht zu gewöhnen. Sie schmiss sich mit ihrem ganzen Körpergewicht auf mich und ich rang nach Luft, während ich ebenfalls meine Arme um sie schlang und ihre feste Umarmung erwiderte. Es war komisch, sie wieder hier zu haben, nachdem ich sie jetzt ein Jahr nicht gesehen, aber meine gesamte Kindheit mit ihr verbracht hatte.

Sie stellte sich wieder hin und zog mir die Decke weg. Romea machte sofort mit, indem sie die Rollos endgültig hochfahren ließ und das Fenster öffnete, damit ich nicht mehr die Wahl zwischen weiterschlafen oder gezwungenermaßen aufstehen hatte. Ich stöhnte.

»Hopp, Hopp. Das beste Wochenende aller Zeiten gestaltet sich ja nicht von selbst. Romea und ich haben auch schon was geplant!«, sagte nun mein Cousine und ich blickte beide nur abwechselnd an. Sie sahen aufgeregt aus und schienen Lust zu haben. Ich hingegen brauchte erst einmal eine kalte Dusche, einen heißen Kaffe und eine Kopfschmerztablette, um das, was meine Cousine mit ihrer schrillen Stimme am frühen Morgen anrichtete, auszugleichen.

Ich stand also etwas langsam auf und suchte nach frischer Unterwäsche und einem Outfit für heute. Währenddessen veranstaltete Zoe ein Chaos in meinem Zimmer und fragte Romea, welches der hundert Oberteile, welche sie mitgenommen hatte, sie heute anziehen sollte. Romea setzte sich neben sie und schien Spaß daran zu haben, sich mit ihr zu unterhalten. Einerseits musste ich lächeln, weil Romea lächelte und Zoe da war. Denn auch wenn Zoe absolut hyperaktiv und manchmal sehr anstrengend gewesen ist, würde sie mich voll und ganz von all dem Stress, den ich gerade erlebte, ablenken. Andererseits dachte ich daran, dass ich gleich meiner Tante begegnen würde - die eins zu eins aussah wie ihre Zwillingsschwester. Also meiner Mutter.

Und auf diese Begegnung war ich überhaupt nicht vorbereitet.

Mamá, wenn ich Tante Hestia gleich sehe, werde ich merken, wie sehr du mir fehlst. Ich habe Angst, meine Gefühle nicht kontrollieren zu können. Ich habe große Angst davor, zu weinen. Zusammenzubrechen. Schwach zu werden und das auch noch vor allen Anderen. Ich will nicht, dass sich irgendwer um mich sorgen muss, wenn ich doch eigentlich für Romea da sein will. Sie glücklicher machen will. Sie aufmuntern will.

Aber wie soll ich es aushalten, in dein bildschönes Ebenbild starren zu müssen, mit dem Gewissen, dass das nicht du bist, Mamá?

»Ich gehe duschen, was ist der Plan für heute?«, fragte ich die beiden. Zoe lächelte mich mit einem stolzen Lächeln an.

»Wir haben gleich um elf einen Tisch bei Bubby reserviert, zum Frühstücken. Um eins haben wir einen Termin für Mani- und Pediküre. Außerdem wollte Romea sich ihre Haare färben, heller, oder?«, Romea nickte entschlossen und ich zog eine Augenbraue in die Höhe.

»Deswegen haben wir einen Termin bei Haven gemacht, weil Oma meinte, dass wir dahin sollen. Die Besitzer kennen uns, meinte sie. Danach gehen wir Mittagessen. Wir schauen spontan wo. Nach dem Essen gehen wir shoppen und danach ins Kino, um Scream zu schauen!!! Ahhh, ist das nicht aufregend?«, sprudelte es aus ihr und ich blickte sie nur mit einem verlorenen Blick an.

Geld spielte keine Rolle. Auch der Plan war in Ordnung. Aber hätte sie mich nicht etwas länger schlafen lassen können? Das klang nach einem schönen, aber anstrengend Tag.

»Geh dich fertig machen, es ist schon neun. Um halb elf müssen wir spätestens aus dem Haus. Und geh meinen Eltern noch kurz hallo sagen. Die haben dich sehr vermisst!«, erklärte Zoe und widmete sich, zusammen mit Romea, wieder ihren Klamotten. Ich schluckte meine Traurigkeit herunter und nickte nur geistesabwesend, während ich mir meine eigene Kleidung zurechtlegte. Romea rief meinen Namen, ehe ich den Raum verließ.

»Alessandro wollte deine Handynummer, also habe ich ihm die gegeben, wenn das okay ist. Er will geupdated werden, weil er denkt, ich könnte ihn nicht auf den Laufenden halten«, erklärte sie und Zoe wackelte nur komisch mit ihren Augenbrauen. Sie fingen an zu lachen. »Oder er wollte einfach nur deine Nummer«, grinste Zoe. Ich verließ schmunzelnd den Raum. Doch das Schmunzeln wich mir regelrecht aus meinem Gesicht, als meine Tante Hestia unerwartet vor mir stand und mir vollkommen die Sprache verschlug.

Braune Augen, schwarzes Haar. Sie sah so aus wie meine Mutter und das Lächeln, welches ihr Gesicht zierte, nachdem sie mich entdeckt hatte, glich eins zu eins dem meiner Mutter. Es war, als hätte ich sie vor mir. Meine Mutter.

Umso schmerzhafter ist es gewesen, als sie meinen Namen sagte und mich mit der Erkenntnis, dass das hier meine Tante und nicht meine Mutter gewesen ist, wieder wachrüttelte.

Jedes einzelne Härchen auf meinem Körper stellte sich auf. »Guten Morgen, meine wunderschöne Saphira. Ich kann nicht fassen, wie groß du schon geworden bist«, hauchte sie fast schon, nachdem sie mich in eine intensive Umarmung zog. Im ersten Moment fühlten sich meine Körperteile gelähmt an und ich schaffte es nicht, die Umarmung vernünftig zu erwidern. Doch dann gab ich mir, mit Tränen in den Augen, einen innerlichen Ruck und erwiderte die Umarmung so fest, wie ich konnte. Ich schluckte meinen aufkommenden Schmerz herunter und die Tränen verschwanden. Ich wollte vor ihr nicht weinen.

Das wäre nicht fair.

»Hey Tante, schön, dass ihr da seid. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen«, murmelte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Sie schien es mir abzukaufen und ich war froh darüber, dass ich vor ihr nicht unkontrolliert in Tränen ausbrach, auch, wenn sich ein riesiger Klos in meinem Hals bildete und es von Sekunde zu Sekunde schwerer wurde, diesen herunter zu schlucken.

»Wir möchten hier sein und helfen. Mama hat mir gesagt, dass Nael verschwunden ist und über deinen Vater brauchen wir gar nicht anzufangen, dem muss geholfen werden. Deswegen ist Kosta mitgekommen«, erklärte sie und lächelte mich aufmunternd an. Kosta war Tante Hestias Mann und Zoes Vater. Er war mir wichtig, weil er schon immer einen sehr ausgefallenen Sinn für Humor hatte und uns schon als wir klein waren ständig zum Lachen brachte.

»Danke, Tante. Ich weiß das zu schätzen. Ich komme später runter, gehe nur eben duschen und mich anziehen, weil deine Tochter mich sonst höchstpersönlich an den Haaren packt und mit sich zieht, wenn ich in einer Stunde nicht fertig bin«, sagte ich und kicherte leicht, als sie verstehend nickte und mir einen Kuss auf den Kopf drückte.

Das hattest du auch immer gemacht, Mamá. Du weißt schon, mir einen Kuss gegeben. Und ich würde jetzt normalerweise anfangen zu weinen. Trotzdem hielt ich es mir zurück und redete mir ein, dass du mir diesen Kuss absichtlich zugeschickt hast. Dass dieser Kuss von dir kam.

Als ich im Badezimmer verschwand, konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich schloss die Tür schnell ab und lehnte mich gegen diese, um meinem Frust freien Lauf zu lassen. es fühlte sich an, als würden tausend Messer meinen geschwächten Körper angreifen, als würde mir jemand die Luft, die ich zum atmen brauchte, einfach nehmen. Ich konnte dieses erstickende Gefühl gar nicht beschreiben, denn es war schmerzhafter als alles andere auf dieser Welt.

Jedes Mal aufs neue zu realisieren, dass die Personen, die man am meisten geliebt und am längsten gekannt hat, gestorben sind, fühlt sich an, als würde man selbst sterben.

Ich fing an, schwerer zu atmen und versuchte mich daran zu erinnern, was man bei einer Panikattacke tun musste. Ich versuchte mich am stabilen Marmor des Waschbeckens festzuhalten und tief ein und aus zu atmen, doch es funktionierte nicht. Ich zitterte ungewollt am ganzen Körper.

Das Klingeln meines iPhones riss mich im nächsten Moment aus meiner Bedrückung und ehe ich überhaupt verstehen konnte, wer mich um diese Uhrzeit anrief, hatte ich das Telefonat schon längst entgegengenommen. Ich sah alles etwas verschwommener und wusste nicht, wie ich es schaffte, mein Handy überhaupt an mein Ohr zu halten, doch es funktionierte.

»Guten Morgen, Saphira«, erklang die raue Stimme von Alessandro in meinem Ohr und ließ mich für einen Moment komplett vergessen, weshalb ich überhaupt weinte. Es war ein komischer Moment. Ein Moment, den ich wahrscheinlich niemals vergessen würde. Den in der Sekunde, als seine ruhige, tiefe Stimme sich einen Weg in mein Herz bannte, hatte ich mich beruhigt. Meine Atmung verlangsamte sich und ich zitterte nicht mehr.

»Guten Morgen, Alessandro«, antwortete ich schwach, denn meine Stimme schien vor lauter Schmerz zu versagen, doch räusperte mich im nächsten Moment, um mir die Panikattacke, die Alessandro mit drei bloßen, normalen Worten aufgehalten hatte, nicht anmerken zu lassen.

»Ist alles gut bei dir?«, fragte er mich ernst und ich atmete tief ein und aus, um zu realisieren, dass er es wirklich unbewusst geschafft hatte, mich zu beruhigen. »Ja, ich bin nur gerade wach geworden und schlafe noch halb. Was gibt es?«, fragte ich ihn zurück und betrachtete mich in der nächsten Minute im Spiegel.

Müde Augen, blasse Haut und eine nicht wiederzuerkennende Saphira.

Früher lächelte ich ständig. Jetzt hatte ich es verleent, zu lächeln.

Oder Mamá? Hatte ich mein zauberhaftes Lächeln, für welches mich alle in Kindheitsjahren beneideten, wirklich verloren? Für immer?

»Ich wollte dich nur fragen, wie euer Plan für heute aussieht. Ich denke, es ist besser, wenn ich Romea für dieses Wochenende etwas in Ruhe lasse und ist deine verrückte Cousine schon angekommen?«

»Ja, und sie und deine Schwester haben einen Mega-Plan für heute aufgestellt. Frühstücken, Nägel machen, Haare färben, Shoppen, Kino. Irgendwie sowas, ich habe ehrlich gesagt nicht richtig zugehört, weil ich noch am schlafen war. Wird wohl eine lustige Zeit«, murmelte ich vor mich hin und ließ mich selbst keine Sekunde aus den Augen.

Heute musste ich etwas gegen meine traurige Erscheinung tun. Und zwar dringend. Ich würde mich hübsch machen. Das schwor ich meinem eigenen Spiegelbild in diesem Moment.

»Klingt nach einem Plan. Hältst du mich auf dem Laufenden und schickst mir bitte immer deinen Standort? Ich will nicht wie ein Psycho klingen, aber es ändert sich nichts daran, dass ich Alessandro de Luca bin und viele meiner Familie schaden möchten«

Ich nickte verständnisvoll, auch, wenn ich wusste, dass er mich nicht sah. »Das kann ich machen«, erwiderte ich. Alessandro bedanke sich. Ich hörte sein Lächeln, was etwas komisch war, denn auch ich konnte ihn nicht sehen. Aber ich war mir ziemlich sicher, das er es tat. Dass er in diesem Moment in den Hörer lächelte.

»Ich könnte auch dafür sorgen, dass Francesco euch begleitet und auf euch aufpasst, aber ich glaube spätestens dann würde Romea mich eigenhändig umbringen. Sie hasst es, wenn ich sie beschützen will, auch wenn sie verstehen sollte, warum ich das tun muss«, erklärte er, doch wenn er nur wüsste, dass es noch einem viel erheblicheren Grund gab, weshalb Romea das niemals wollen würde, wäre er noch verwirrter. Und noch wütender. Und er würde seinen besten Freund beziehungsweise seine Rechte Hand eigenhändig erwürgen.

»Mach das besser nicht«, sagte ich kichernd. Es war mir noch immer ein Rätsel, wie gut er mich in dieser Zeit hatte beruhigen können. Ohne, dass er es überhaupt wusste. »Sie soll ein normales Wochenende verbringen, so wie sie es will. Ich werde mich schon gut um sie kümmern. Und dich natürlich auf dem Laufenden halten«, fügte ich hinzu und es ertönte ein raues Lachen seinerseits.

»Danke. Ruf mich heute Abend an und sag mir, wie viel der spaßige Tag gekostet hat«, merkte er an und gerade, als ich auflegen wollte, lachte ich ungläubig ins Telefon. »Sicher nicht. Mach dir darum bitte keine Sorgen, das werde ich alles übernehmen«, antwortete ich. Ich erkannte, dass er damit gar nicht einverstanden gewesen ist, obwohl ich ihn nicht sehen konnte. Ich konnte mir sein Gesicht förmlich vorstellen.

»Nein. Du brauchst gar nicht versuchen, mir zu widersprechen«, befahl er ernst und ich hob eine Augenbraue in die Höhe. »Ich werde nicht zulassen, dass du mir irgendetwas gibst. Ich muss jetzt duschen. Mach es gut, Vollidiot«, erwiderte ich nur und drückte so schnell, wie ich konnte, auf den roten Knopf, um aufzulegen. Ich hörte, wie er dazu ansetzte, etwas zu sagen, aber es interessierte mich nicht.

Ich wollte Romea und Zoe schöne Tage bereiten.

Ich würde den gesamten, heutigen Tag bezahlen.

Ich machte mir keine weiteren Gedanken mehr um die Traurigkeit, die meine Tante in mir hervorrief oder die Tatsache, dass Alessandro drohte, alles zu zahlen und ging endlich duschen. Ich ließ mir ordentlich viel Zeit und kostete die Stunde, die ich hatte, voll aus, um mich etwas zu schminken und definierte Locken in meine Haare zaubern zu können.

Als ich mich nach etwas mehr als einer Stunde im großen Spiegel unseres Badezimmers begutachtete, musste ich ganz leicht lächeln. Ich sah seit dem Unfall das erste Mal wieder aus wie ein Mensch. Seit dem Unfall hatte ich mich das erste Mal wieder zurechtgemacht.

Mamá, heute würde ich es wirklich versuchen. Du würdest nicht wollen, dass ich hier im Bad sitze und eine Panikattacke erleide, du würdest wollen, dass ich nach so langer Zeit endlich wieder lebe. Lache. Spaß habe.

Auch wenn mich die Traurigkeit deines und Ajax Verlustes immer begleiten wird - egal wo ich hingehe - würde ich heute lächeln. Ich würde Positives zulassen.

Während ich die Treppe herunterging, fiel mir eine Sache auf.

Die De Luca Familie hatte einen unfassbar beruhigenden Einfluss auf mich.

Sie rettete mir irgendwie das Leben.


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Nächstes Kapitel wird Lachkick. Lieb'euch!

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