Abschiede

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,,Ihr wisst gar nicht, wie sehr ich euch vermissen werde, Mädels.''

Louise, die sich eine Sonnenbrille aufgesetzt hatte, um nicht gleich der ganzen Welt ihr verheultes Gesicht zeigen zu müssen, hatte die Hand nach uns allen ausgestreckt, um uns in eine große Gruppenumarmung zu ziehen.

,,Wir werden euch auch sehr vermissen, Louise. Ihr hattet ruhig noch ein bisschen känger bei uns bleiben können.''

Selbst Riley, die nicht dazu neigte emotional zu werden, konnte sich nicht davon abhalten die ein oder andere Träne, nachdem der Abschied nun gekommen war, zu vergießen.

,,Ihr seid immer willkommen uns hier in Kalifornien zu besuchen, das wisst ihr.''

Ashley streichelte fast schon liebevoll Kate über die Schulter. Die zwei hatten sich schon seit Beginn des Schüleraustausches gut verstanden. Kein Wunder, dass den beiden nun der Abschied so schwerfiel.

,,Ihr seid auch immer in Birmingham herzlich willkommen. Wir haben vielleicht nicht so viel wie ihr hier in den USA zu bieten, aber wir haben durchaus ein paar schöne Sehenswürdigkeiten.''

Es war eine mehr als nette Geste von Keila, dass sie uns anbot, die Mädels in Birmingham zu besuchen.

,,Wir kommen euch irgendwann bestimmt sehr gerne besuchen.''

Mit ihren Worten hatte Bianca nicht ganz Unrecht. Sie, Ashley, Riley und ich hatten noch vor einigen Tagen darüber gesprochen etwas Geld für einen Trip nach Birmingham zurückzulegen. Es stand zwar noch nicht fest, bis wann wir das Geld auftreiben würden, doch wir hatten es uns als festes Ziel vorgenommen es bis nächstes Jahr zumindest zu versuchen. Doch bis dahin war wohl ein vorläufiger Abschied unvermeidbar. Das Jahr war zu Ende und die Heimkehr stand nun an. Jede von uns verabschiedete sich einzeln noch einmal bei den drei Mädchen. Selbst Luke kam noch einmal zu mir, um mich herzlich in den Arm zu nehmen.

,,Du wirst mir fehlen, Selina. Du hast meinem besten Freund ganz schön den Kopf verdreht, weißt du das?''

Nicht viele Menschen schafften es, dass man sich bei ihnen auf Anhieb wohlfühlte. Doch Luke bildete einer der Ausnahmen. Man musste ihn einfach von Anfang an mögen. Es war, als sei es sein Talent mit seiner Art Leute direkt bei der ersten Begegnung an sich zu binden.

,,Du hattest Recht mit deiner Behauptung, dass du von Mars sein müsstest, wenn es nicht zutrifft, dass ich in Josh verliebt bin. Ich bin es nämlich.''

,,Ich könnte dir jetzt sagen, dass er auch auf dich steht, aber du würdest es mir wahrscheinlich nicht glauben. Es ist sowieso eine Sache, die ihr untereinander ausmachen müsst.''

Vermutlich wäre ich schlauer aus Josh geworden, wenn ich ihm meine Gefühle gestanden hätte, weil ich so wüsste, woran ich bei ihm war. Leider war der Mut, es zu tun, zu groß für mich gewesen und die Alternative ihn einfach gehen zu lassen, deutlich einfacher.

,,Ich fürchte dazu wird es nicht kommen, Luke.''

,,Ich weiß.''

Verständnisvoll sah mich Luke ein allerletztes Mal an, bevor er an mir vorbei ging, um sich bei der nächsten Person zu verabschieden.

,,Selina Maynard, du dachtest doch nicht ernsthaft, dass du drum rumkommen würdest dich bei mir zu verabschieden.''

Mit einem Mal stand ich Ally gegenüber, die sich, ohne zu fragen an meinen Hals warf.

,,Keine Sorge, ich habe schon noch vorgehabt mich bei dir zu verabschieden, Ally'', beruhigte ich sie.

,,Das will ich auch hoffen, das hätte sonst ein ganz übles Nachspiel gehabt, das sag ich dir.''

An sich hatte ich die ganze Liste von Leuten, bei denen ich mich persönlich verabschieden wollte, mit Ally abgearbeitet. Nur eine Person, die zwar aus gewissen Gründen nicht auf der Liste stand, aber mir nicht weniger fehlen würde, hatte ich absichtlich ausgelassen. Mom war natürlich aufgefallen, dass Josh und ich uns anderes gegenüber einander benommen hatten seit unserer Verabredung auf freundschaftlicher Basis, doch sie hatte nicht weiter nachgebohrt. Pascal, der in wenigen Wochen zu uns einziehen sollten, hatte wohl dazu zu viel Zeit von ihr in Anspruch genommen. Es war zwar nicht mein Traum gewesen ihn wohl oder üblich jeden Tag begegnen zu müssen, doch ich nahm es hin, weil mein eigenes Glück daraus bestand, meine Mom glücklich zu sehen.

,,Ich glaube, du solltest dich von einer gewissen Person noch verabschieden, Selina.''

Ich wusste sehr wohl, von wem Ally da sprach. Dennoch entschied ich mich dazu so tun, als wäre ich ahnungslos, wen genau sie meinte.

,,Vom wem sprichst du?''

,,Selbstverständlich von Josh.''

Seinen Namen ausgesprochen zu hören, ließ mich erneut den gewohnten dicken Stich in meinem gebrochenen Herzen spüren.

,,Ich glaube nicht, das ich das sollte, nachdem was zwischen uns vorgefallen ist.''

Bestimmt war sie über alles, was sich zwischen abgespielt hatte, längst und bestens im Bilde. Sonst hätte sie nicht sofort geahnt, dass der Abschied zwischen mir und ihm noch unausgesprochen in der Luft hing.

,,Und ob du das solltest. Na los hopp hopp, geh schon zu ihm. Der schielt schon wie ein Irrer die ganze Zeit zu dir rüber.''

Ängstlich blickte ich zu dem Jungen, dem ich so viel gute Sachen in meinem Leben zu verdanken hatte. Den ich an sich immer noch aufrichtig sogar liebte. Keine fünf Meter weit weg von mir stand er da zusammen mit seinem Rucksack und Koffer. Seine Augen waren tatsächlich nur auf mich gerichtet. Jetzt oder nie. Mir ein Herz fassend lief ich auf wackeligen Beinen zu ihm.

,,Hey, ich bin wahrscheinlich die letzte Person, mit der du momentan sprechen willst. Aber ich hatte gehofft, dass wir uns wenigstens vernünftig voneinander verabschieden könnten.''

Die Autofahrt zum Flughafen war komisch gewesen. Weder er noch ich hatten wirklich Worte füreinander gefunden und hatten stattdessen schweigend nebeneinandergesessen. Diese Stille nun zu brechen, fühlte sich gerade in diesen Augenblick mehr als nötig an.

,,Hör auf, du bist nicht die letzte Person, mit der ich in diesem Augenblick sprechen würde. Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass du den Mut gefunden hast, zu mir zu kommen. Um ehrlich zu sein, stehe ich schon eine ganze Weile hier, ohne wirklich zu wissen, wie ich dich hätte ansprechen sollen.''

Dass er mehr als nervös war, zeigte mir, dass er sich unbeholfen durch die Haare fuhr. Obwohl es mir genauso ging, wollte ich etwas für ihn tun, um ihm die Nervosität zu nehmen. Es sollte kein merkwürdiger Abschied werden, sondern ein richtiger, ohne irgendwelche Hemmungen.

,,Hättest du Lust, mit mir kurz in eine Ecke zu verschwinden, damit wir nur unter uns, uns vernünftig voneinander verabschieden könnten?''

,,Klar.''

Nickend folgte er mir an eine Stelle, die etwas abseits von den anderen waren. Es mussten ja nicht gleich alle mitbekommen, was wir uns noch zu sagen hatten.

,,Auch wenn wir uns die letzten Wochen nicht viel zu sagen hatten, wünsche ich dir viel Glück, Josh. Dass du die nötige Kraft hast für Ellie, während der Scheidung eurer Eltern, da zu sein. Dass du dein Stipendium bekommst und diese innige Freundschaft mit Luke und Ally aufrecht halten kannst. Dass du stets Menschen um dich hast, bei denen du Du selbst sein kannst. Ich wünsche mir für dich, dass du irgendwann unbeschwert glücklich sein kannst und in der Lage bist deine Gefühle, wenn du welche für jemand hast, auszudrücken. Ohne Angst vor Zurückweisung.''

Auch jemand wie er sollte irgendwann kennenlernen, wie sich Liebe anfühlte. Was es hieß, eine Person innig zu lieben.

,,Das wünsche ich dir auch. Auch wenn es dich wahrscheinlich anfangs nerven wird, Pascal nun öfters bei dir zu Hause sehen zu müssen, wünsche ich dir, dass du ihn eines Tages als den neuen Mann an der Seite deiner Mutter akzeptieren kannst. Dass du weiterhin mit Ashley, Bianca und Riley befreundet bleibst und du in Oxford studieren kannst. Dass du deine Weltreise machen kannst. Sogar, dass du deinen tollen Traumprinzen irgendwann findest. Dass du dir deines eigenen Wertes bewusst bist. Ich wünsche dir jedes erdenkliche Glück dieser Welt für dich, Selina.'' Hätte in dieser Sekunde zwischen ihm und einem Traumprinzen die Wahl gehabt, hätte ich mich ohne zu zögern für ihn entschieden. Doch das stand nicht zur Debatte und das war auch okay so. Es würde lange dauern, bis ich über ihn hinwegkommen würde, doch ich würde es schaffen. In diesem Jahr hatte ich schon so viele Momente gehabt, in denen ich befürchtet hatte, zusammenzubrechen und diese hatte ich auch überstanden. Am Ende würde alles gut werden. So wie unsere Versöhnung. Wenn ein gutes Ende nicht in Sicht war, war es noch nicht das Ende. ,,Versprich mir, dass niemand anderes sonst dich Püppchen nennen darf.''

Sowieso hätte keiner anderen Person, außer ihm, erlaubt mich Püppchen zu nennen. Dazu verband ich mit dem Kosenamen zu viele Erinnerungen an ihn, weil er derjenige war, der ihn erfunden hatte.

,,Abgemacht.''

Alles war möglich. Vielleicht würden wir, nachdem etwas Zeit vergangen war, irgendwann zusammen in Birmingham in einem Pub sitzen und ganz normale Freunde sein können, die sich an ein viel zu schnell vergangenes Austauschjahr zurückerinnerten. Vielleicht würden wir uns auch ganz woanders wiedersehen. Das Leben hatte bekanntlich ja viele unberechenbare Asse im Ärmel. Und wenn es wollte, dass sich unsere Wege, egal in welcher Form, erneut kreuzten, würde es so sein.

,,Dürfte ich dich vielleicht noch in den Arm nehmen?'' fragte er mich und ich nickte sofort.

,,Dagegen habe ich nichts einzuwenden.''

Als bei unserer innigen Umarmung aufblickte, fanden sich meinen Augen verloren in dem altbekannten dunklen Braun seiner Augen wieder. Ich versuchte mir ihre Beschaffenheit und deren einmalige Farbe einzuprägen für den Fall, dass es das letzte Mal war, dass ich sie sehen würde.

Ich fixierte seine Lippen, die mich schon so viele Male geküsst hatten, dass ich schon längst den Überblick über die Anzahl unserer Küsse verloren hatte. Ich hätte nicht lieber getan, als sie mit meinen eigenen zu berühren, doch ich verkniff es mir. Aus Anstand löste ich mich wieder von ihm und ließ meinen Blick über seine verwuschelten Haare schweifen, die er bei seiner Ankunft noch mit sehr viel Gel zurechtgestylt hatte. Ich nahm mir die Zeit seine ganze Statur, die ich auch ohne irgendwelche Kleider nur allzu gut kannte, noch einmal genauestens zu betrachten.

Wer hätte gedacht, dass so viel mehr in einen Jungen steckte, den ich beim ersten Aufeinandertreffen als eigebildeten Macho betitelt hatte. Eine Durchsage, dass der Flug FM 980 nach Birmingham bereit zum Boarding war, erinnerte uns daran, dass wir nicht alle Zeit der Welt hatten. Alle aus Joshs Klasse hatten bereits ihr Handgepäck geschultert und waren dabei ihre Bordkanten zu holen und sich auf in den Gang ins Flugzeug zu begeben. Wir waren uns beide im Klaren, dass wir uns nun voneinander trennen mussten, jedoch wollte dies keiner von uns beiden so wirklich.

,,Du sollest zurück zu den anderen, oder willst du deinen Flug verpassen?''

Nicht, dass es hieß, dass die Klasse es nicht rechtzeitig ins Flugzeug geschafft hatte, bloß weil Selina Maynard und Josh Harrison es nicht fertig brachten, sich voneinander zu verabschieden.

,,Du hast wohl recht. Vermutlich solltest ich das.''

,,Mach's  gut, Macho. Stell keinen Blödsinn an, ja?''

,,Versprochen. Mach's gut, Püppchen.''

Mit der rechten Hand winkend, sah ich dabei zu, wie Josh sich zu seiner Gruppe gesellte und mit den anderen im großen Gang zum Flugzeug aus meinem Sichtfeld verschwand. Mit Tränen in den Augen stand ich da und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Weinen, weil Abschiede so weh taten. Lachen, weil ich Menschen treffen durfte, die mein Leben durch ihre Anwesenheit unglaublich bereichert hatten. Ein Satz meiner Oma, den sie stets zu sagen pflegte, wenn es um das Thema Abschiede ging, kam mir in beim Nachdenken über die gemeinsame Zeit, die wir erlebt hatten, in den Sinn.

,,Wächst ein Stück Gemeinsamkeit, ist man verbunden für eine gewisse Zeit. Man lernt sich besser kennen, bis sich die Wege irgendwann erneut trennen. Und hatte man sich viel zu geben, trifft man sich ganz bestimmt nochmal im Leben wieder.''

***

Nichts in meinem Zimmer deutete mehr darauf hin, dass ein Junge namens Josh Harrison ein Jahr lang in meinem Zimmer gelebt hatte. Beim Umschauen in meinem eigenen Zimmer, fühlte ich mich fast schon wie eine Fremde. Es war viel zu groß, weil nun die Matratze, die wir extra für ihn auf den Boden gelegt hatten, wieder an ihren ursprünglichen Platz stand.

Im Kleiderschrank herrschte auf der rechten Seite gähnende Leere, weil es nun keine Anziehsachen mehr von ihm gab. Der Schreibtisch wirkte mit einem Stuhl so riesig, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie er nur für eine Person gedacht sein konnte. Etwas müde von den heutigen Strapazen, wollte ich mich aufs Bett legen und einfach schlafen.

Allerdings kam es nicht dazu. Ein Gegenstand machte diesen Plan zu Nichte. Es handelte sich dabei um einen an mich adressierten Brief, der auf meinem Kissen gelegt worden war. Da vorne kein Absender stand, öffnete ich das Couvert und entnahm ihm vorsichtig den in ihm beigefügten Zettel. Ein Blick auf die Handschrift reichte aus, um meine Adern gefrieren lassen. Es war ein Brief von Josh für mich.

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