Steh zu der Person, die du bist

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

,,Ich habe absolut keine Ahnung, was William Shakespeare uns mit seinem Drama Hamlet sagen möchte. Alle sterben am Ende und so ein random Typ ist der Einzige, der überlebt und sich dazu den ganzen Reichtum und Besitz der Familie unter den Nagel reißt", gab Josh genervt von sich.

,,Vielleicht hat er ja überlebt, weil er als einer der wenigen nicht beim Rachefeldzug mitgemacht hat. Hamlet hat sich bei Claudius für den Mord an seinen Vater gerächt. Claudius hat versucht, Hamlet zu töten, weil er Angst hatte, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Zu guter Letzt will sich Leartes bei Hamlet für den Mord an Pollonius rächen, welcher dazu geführt hat, dass Ophilea verrückt geworden ist", suchte ich nach einer vernünftigen Erklärung.

,,Das ist gut, ich schreibe es mit auf.''

Josh nahm meinen Kugelschreiber, welcher sich in meinen Mäppchen befand, das auf meinem Schreibtisch lag. Josh fing an, meine vorige Aussage in unseren Kommentar mit einzuarbeiten. Aus 2 Seiten wurden auf einmal 4.

,,Vielleicht können wir ja in den letzten beiden Seiten schreiben, wie wir den Roman fanden und bewerten, ob es dem Autor des Romans gelungen ist, das Thema Rache gut in seinem Werk umzusetzen.''

Ich nickte zustimmend.

,,So machen wir das.''

Ich holte mir meine Brille vom Nachtisch und setzte mich zu ihm. Als ich die erste neue Seite durchgelesen hatte, fing ich an mit der zweiten.

,,Warum hast du eigentlich deine Brille so wenig auf?''

,,Weil ich finde, dass sie mir nicht wirklich steht und deshalb viel lieber Kontaktlinsen trage.''

Ich konnte spüren, dass ich nun seine volle Aufmerksamkeit hatte.

,,Genierst du dich dafür, eine tragen zu müssen?''

,,Eine Betty würde niemals so eine große Nummer bei den Jungs sein, wenn sie ne Brille tragen würde, oder?''

,,Das weißt du doch nicht.''

,,Ah komm, du willst mir doch nicht erzählen, dass Jungs Mädchen mit Brille genauso attraktiv finden, wie die, die keine tragen müssen?''

,,Wenn das Mädchen sich dafür schämt eine zu brauchen, macht es sie unattraktiv. Bei jeder Einzigartigkeit ist es theoretisch so. Wie willst du attraktiv auf jemand anderen wirken, wenn du dich selbst unwohl in deiner eigenen Haut fühlst? Du kannst doch nicht allen Ernstes erwarten, dass Typen dir hinterherschauen werden, wenn du von Selbstzweifeln zerfressen mit gesenktem Kopf an ihnen vorbeiläufst. Wenn du dich selbst als zu dick, zu dünn oder als nicht hübsch genug siehst, strahlst du das in die Umwelt aus, welche dich dann auch so wahrnehmen wird.''

,,Ach, ja und was strahl ich dann bitte schön aus?''

,,Willst du es ernsthaft hören?''

Warum sollte ich nicht?

,,Ja und bitte sei ehrlich.''

,,Also schön. Man merkt dir an, dass du dich in deinem Körper nicht unbedingt wohlfühlst und nicht selbstbewusst bist. Du vergleichst dich oft mit anderen Mädchen und gehst davon aus, dass du eh nicht mit ihnen mithalten könnest, aus welchem Grund auch immer. Du machst dir Gedanken darüber, wie die anderen zum Beispiel einen Satz gemeint haben können, selbst wenn keine weitere Bedeutung zuzuschreiben ist. Dass du mich fragst, wie die Umwelt dich sieht, zeigt, dass dir die Meinung über dich von anderen wichtiger ist, als deine eigene. Du beeindruckst damit, wie intelligent du bist, was die eine oder andere Person bestimmt verunsichert und vielleicht auch abschreckt. Diese gehen davon aus, nicht mit dir mithalten zu können. Du hast gerne Dinge unter Kontrolle und fühlst dich unwohl, wenn sie es nicht sind. Im Alltag bist du ziemlich steif und bedacht, doch sobald du in einer Situation Spaß hast, taust du erst richtig auf und bist ein komplett anderer Mensch, völlig locker und waghalsig, was dir übrigens viel besser steht und dich sympathischer macht.''

Ich musste erstmals fest schlucken.

So sah mich die Umwelt also?

Als ein Mädchen, das kein Selbstvertrauen hatte, das zeigte, dass es schlau ist, Kontrolle über jede Situation brauchte, kein Risiko einging und sich mehr darum scherte wie andere es sahen?

,,War ich zu harsch?''

Ich brauche seinen besorgten Blick erst recht nicht.

,,Nein, ich wollte es ja so.''

,,Lass uns weiter mit dem Kommentar machen.''

Ich konnte mich nicht wirklich auf den vor mir liegenden Text konzentrieren. Das Gespräch hatte mich nachdenklich gestimmt. Vielleicht war ja mein mangelndes Selbstbewusstsein für viele Punkte verantwortlich.

Aber wie sollte man sich wohl in seiner Haut fühlen, wenn man nicht in einem Vorzeigekörper steckte, wie er oder Betty?

,,Nicht jeder steckt in so einem Adoniskörper wie du, da kann es schon mal vorkommen, dass man nicht das nötige Selbstbewusstsein hat. ''

Mir war es egal, dass ich sein hohes Ego so noch weiter pushte, indem ich zugab, dass ich ihn gutaussehend fand. Es ging mir darum, ihm meinen Standpunkt zu verdeutlichen.

,,Weißt du was ein Mädchen, zumindest aus der Sicht eines Jungen, wirklich attraktiv macht? Wenn sie weiß, was will, zu sich selbst steht und genügend Humor besitzt, um sich selbst und ihre Umwelt nicht zu ernst zu nehmen. Sich selbst so zu mögen, wie man ist, öffnet einem viele Türen im Leben, Selina. So zu tun, als gäbe es nichts, was einem verunsichern könnte, ist aus meiner Erfahrung nach das größte Geheimrezept, um auf andere Leute attraktiv zu wirken. Obwohl du mir das wahrscheinlich nicht glauben wirst: Selbstbewusstsein entsteht nicht nur allein durch gutaussehen. Ich zum Beispiel wirke auf andere selbstbewusst, weil ich so tue, als wäre es mir egal, wie andere über mich denken und mich so akzeptiere wie ich bin. Und wenn ich mal Selbstzweifel habe oder verunsichert von etwas oder jemanden bin, versuche ich es möglichst niemanden zu zeigen und behalte es für mich. Die Kunst besteht einfach darin, so zu tun, als ob du einen Scheiß darauf gibst, wie andere dich finden und was sie über dich denken.''

War das wirklich Josh Harrison, der da gerade neben mir saß?

Ich hatte so meine Zweifel. Eine Haarsträhne löste sich von meinem Ohr und legte sich vor mein Gesicht. Bevor ich sie wieder an die richtige Stelle bringen konnte, war sie Josh schon längst aufgefallen.

Er steckte sie wieder hinter mein Ohr. Seine Hand in meinem Gesicht zu spüren, ließ mich für einen kurzen Moment erschaudern. Vielleicht lag es daran, weil mir ein Typ noch nie so nahe gekommen war.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro