Ich möchte keinen Engel

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Joshs Sicht:

,,Ich entschuldige mich jetzt schon mal, wenn meine Tante Sue zu viel fragt, oder für die obszönen Bemerkungen meiner Oma. Sie weiß manchmal einfach nicht, wo Grenzen liegen'', warnte Selina mich vor, als wir uns auf den Weg zum Wohnzimmer begaben, wo ich gleich noch mehr Familienmitglieder der Maynards kennenlernen würde.

,,Ach, was das kann doch bestimmt amüsant sein. Ich habe auch eine Tante, die nicht aufhören kann einen wahrlich zu durchlöchern'', versuchte ich sie zu beruhigen und dachte dabei an Tante Stella.

Wegen Menschen wie ihr war ich nicht der größte Fan von Familientreffen. Es war ja okay, dass man nachfragte und wissen wollte, wie es der anderen Person so ging. Aber wenn Fragen kamen, die eindeutig zu weit gingen, war ich raus. Immerhin musste man nicht alles über sich selbst erzählen.

,,Dann stelle ich dich mal vor. Sag am Ende nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.''

Mit einer Schüssel voll mit Backkartoffeln, dem sehr gut riechenden Truthahn und mit einer mit frischen Preiselbeeren zubereiteten Soße näherten wir uns dem Wohnzimmer.

Alle Blicke waren auf mich gerichtet und ich lächelte einfach freundlich, um meine eigene Nervosität überspielen zu können.

,,Das ist Josh. Er ist mein Austauschschüler. Er wird dieses Jahr bei uns wohnen'', stellte Selina mich vor.

,,Du bist aber ein gutaussehender Mann. Wäre ich in Selinas oder Ambers Alter hätte es mich garantiert erwischt'', meldete Selinas Oma sich als Erste zu Wort.

Jetzt wusste ich, bei Selina gelernt hatte, manchmal viel zu ehrlich zu sein. Und irgendwie fühlte ich mich auch von ihren Worten geschmeichelt.

,,Vielen Dank. Ähm, Sie sehen wirklich sehr gut aus für ihr Alter, Mrs. Maynard.''

Sie sah unglaublich jung aus für ihr Alter. Sie besaß kaum Falten und war durchaus schick gekleidet. Ihr war es wohl sehr wichtig, ein gutes äußeres Erscheinungsbild abzugeben. Wenn ich sie mit meiner Oma verglich, waren das Welten ...

,,Du musst mich nicht Siezten, nenn mich doch bitte beim Vornahmen, Stacy'', bot sie mir großzügig an.

Ich suchte mir einfach einen freien Sitzplatz und setzte mich zu den anderen an den Tisch.

,,Ich bin Amber'', sprach mich ein Mädchen an, das aussah wie ein verdammter Engel.

Ihre Stimme war glockensüß und sie hatte blonde Locken, die ihr über die Schultern fielen. Ihre Augen waren so blau wie die von einem Ozean. Sie hatte perfekte Wangenknochen, die sie durch ihr Makeup super in Szene gesetzt hatte.

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass sie nicht attraktiv war. Aber sie war aus meiner Sicht auf keinen Fall auf dem gleichen Level wie Selina. Irgendwie fehlte ihr etwas in der Ausstrahlung, die Selina hatte.

Amber hatte nicht diese herausfordernd blickende dunkle Augen und dieses Feuer, bei dem ich Angst hatte, dass ich mich eines Tages verbrennen könnte.

,,Freut mich, dich kennenzulernen, Amber.''

Wir gaben uns die Hand und zumindest von meiner Seite aus, waren da keine weiteren Absichten für irgendwas.

,,Und wie gefällt es dir bis jetzt in Kalifornien?'', wollte sie von mir wissen.

,,Ganz gut. Der Strand hier ist echt toll. Die Küstengegend ist echt einmalig'', schwärmte ich.

Ich hatte, um ehrlich zu sein, noch nie einen Ort kennengelernt, der so schöne Strände hatte. Ich hätte am liebsten stundenlang am Strand gesessen, aufs Meer geblickt und mich vom Meeresrauschen berieseln lassen.

Es hieß nicht umsonst, dass die Seele am Strand baumeln und zur Ruhe kommen konnte. Nach all dem Stress meiner Heimatstadt Birmingham war Kalifornien eine willkommene Abwechslung.

,,Das ist er wirklich. Ich habe an noch keinem anderen Ort einen schöneren Strand gesehen."

,,Wo kommst du her, du hast einen leichten englischen Akzent. Du bist aus England nicht wahr?'', mutmaßte sie.

,,Ertappt, ich komme aus Birmingham'', gab ich ihr gegenüber Preis.

,,Ich wollte schon immer mal nach England. Ich würde gerne Mal nach London, den Buckingham Palace sehen, auf dem London Eye fahren und Original englischen Tee trinken'', berichtete sie mir, wobei sie sich in die Haare griff und ihren Oberkörper weiter in meine Richtung neigte.

Und ja, ich verstand die Andeutung, die sie mir damit indirekt machte. Ich hatte schon sehr viel Erfahrung damit, wie Frauen mir zeigten, dass sie Interesse an mir hatten.

,,Ich kenne London so gut wie meine Westentasche. Von Birmingham ist es nur eine zwei Stundenfahrt. Gib Bescheid, wenn du vorhast nach England zu kommen. Dann könnten wir gerne dort verabreden'', meinte ich zu ihr, obwohl ich kein Wort davon ernst meinte.

Ich würde ihr nicht meine Nummer geben und ich würde garantiert nicht den Guide spielen und ihr London zeigen.

Ich sagte das, weil ich wollte, dass sie Ruhe gab, da ich keine Lust darauf hatte, weiter von ihr angebaggert zu werden. Vermutlich würden wir uns nie mehr im Leben erneut begegnen und das war auch gut so.

,,Das würde mich sehr freuen.'' Amber lachte und präsentierte mir ihr fast zu perfekt aussehenden schneeweißen Zähne. Mir wurde klar, dass ich gerade an Selina mochte, dass sie alles andere als perfekt war. Sie war ein Mensch wie ich, der Gefühle und auch Macken hatte. Dieses unglaublich Perfekte an Amber war so künstlich und ich konnte mir unter keinen Umständen vorstellen, jemals etwas mit ihr zu haben. ,,Selina hat Glück, dich als Austauschpartner zu haben'', fügte sie hinzu.

Während des Essens unterhielten wir uns immer noch, aber ich hörte ihr nicht wirklich zu. Sie redete und redete und ich blickte verstohlen zu Selina hinüber, die uns gegenübersaß und mit einer ihrer Tanten sprach, von der ich vergessen hatte, wie diese hieß.

Wenn es einen freien Platz neben ihr gegeben hätte, hätte ich mich auf keinen Fall zu Amber gesetzt. Ich vermisste die ganze Zeit über meinen klugen Gesprächspartner, der mich herausforderte, mit dem ich mich schon einige Male gestritten hatte und mit dem ich ebenso ganz viel gelacht hatte. Bei niemandem sonst war ich so sehr ich selbst.

Mir fiel auf, dass Selina hin und wieder zu uns rüber blickte und ich fragte mich, was ihr durch den Kopf ging. Ich musste es nicht mal mit eigenen Augen sehen. Ich spürte ihren Blick in meinem Nacken mehr als deutlich.

Sie glaubte doch nicht etwa, dass ich etwas von ihrer Cousine wollen würde?

,,Selina, wir haben soeben beschlossen, dass wir in die Stadt aufbrechen und shoppen gehen. Könntest du zusammen mit Josh auf die drei Kleinen aufpassen?'', hörte ich Selinas Mutter zu ihr sagen.

,,Kann ich auch hier bleiben?'', meldete sich Amber hoffnungsvoll und ich hoffe so sehr, dass sie es nicht tun würde.

,,Du kommst mit. Ich will dir einen hübschen neuen Wintermantel kaufen'', sagte eine der Tanten, die ihre Mutter zu sein schien.

Gott sei Dank.

***

,,Uno Uno'', rief Selinas kleinere Cousine Beth triumphierend aus und warf mit Wucht ihre letzte Karte auf dem Tisch.

,,Und wir haben eine Gewinnerin'', beglückwünschte ich sie und klatschte.

,,Das hast du toll gemacht'', lobte Selina sie.

,,Was haltet ihr davon, wenn wir uns jetzt eine heiße Schokolade und dazu köstliche Kekse gönnen?'', schlug sie vor und alle Kinder jubelten begeistert auf.

,,Ich gehe dann mal in die Küche'', teilte sie uns mit.

,,Ich helfe dir dabei'', verkündete ich und lief mit ihr in den besagten Raum.

,,Deine Oma ist etwas schräg, aber ich mag sie.''

Ich beobachtete Selina dabei, wie sie Milch in eine Heckelkanne goss und sie in die Mikrowelle stelle, um diese aufzuwärmen.

,,Sie ist jung im Herzen geblieben.''

Da hatte sie recht. Das war sie definitiv.

,,Und Amber ist hübsch, gleicht fast schon einem Engel'', äußerte ich mich.

Sie mag vielleicht wie ein Engel aussehen, aber du bist so viel mehr. Du bist so viel mehr für mich!

,,Das ist sie'', gab sie mir recht.

,,Und sie scheint Interesse an dir gehabt zu haben.''

Aber das heißt nicht, dass ich Interesse an ihr habe ...

Du denkst ernsthaft, dass ich von ihr etwas wollen würde, obwohl wir vor nicht allzu langer Zeit darüber gesprochen haben, wie es wäre, wenn wir beide miteinander schlafen?

,,Mag sein, dass sie Interesse an mir hat, aber ich will nichts von ihr'', stelle ich mit fester Stimme klar. Selina sollte zu keinem Zeitpunkt denken, dass ich mich für ihre Cousine entschieden würde, wenn ich die Wahl hätte. ,,Starr mich nicht so an, als wäre ich irgendwie geisteskrank, Püppchen'', beschwerte ich mich, wobei ich sie angrinste.

,,Habe ich gar nicht'', rechtfertigte sie sich und ein leichtes Lächeln stahl sich um ihre Mundwinkel, als sie mich ansah.

Mag sein, dass wir nicht zusammen waren. Aber für mich fühlte es sich trotzdem nach so viel mehr an. Noch nie hatte mir etwas und ein anderer Mensch so viel bedeutet.

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