Ich habe Angst

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Ein Jahr zuvor:

Wir saßen beim Abendessen und das Einzige, woran ich denken konnte, waren die Tests, die noch im Badezimmer lagen. Ich begann an dem Stück Hähnchenfleisch auf meiner Gabel zu kauen, doch kriegte es nicht runter.

,,Josh?'', fragte ich kleinlaut, als ich die Gabel wieder auf meinem Teller zurücklegte.

Ich musste es ihm sagen. Ganz egal, wie er darauf reagieren würde. Es gab keine andere Möglichkeit.

,,Ja, ist irgendetwas? Du siehst mich so seltsam an.''

Anscheinend kannte mein Freund mich gut genug, um an meinem Gesichtsausdruck lesen zu können, dass etwas nicht stimmte. Das war aber auch irgendwie klar. Er war der Mensch, der mich am besten kannte, daher sollte es mich nicht sonderlich überraschen.

,,Es gibt etwas, das ich dir zeigen muss. Könntest du kurz mit ins Bad kommen?''

Die Schritte zum Bad waren die Längsten meines gesamten Lebens. Ich dachte daran, ihm zu sagen, dass wir doch lieber ins Wohnzimmer zurückkehren sollten.

Ich könnte doch einfach so tun, als ob nichts wäre und die Tests verschwinden lassen. Doch das würde am Ende nichts bringen. Es war wichtig, ehrlich zueinander zu sein und da durfte ich ihm solche Sachen nicht vorenthalten.

,,Ich ... ich habe vorhin einen Schwangerschaftstest gemacht. Und dieser war positiv.'' Es war Erleichterung und Angst zugleich, als ich es aussprach. Meine Hände zitterten, als ich nach einem der Tests griff und ihm hinhielt. Joshs Augen wurden groß, er sah mich ungläubig an. ,,Ich hatte in der letzten Zeit einige Essattacken und habe meine Periode nicht bekommen. Als ich Tessa von meinen Symptomen erzählt hatte, meinte sie, ich solle einen Schwangerschaftstest kaufen.''

Ich war ihr dankbar, dass sie mir das geraten hatte. Ansonsten wäre ich genauso schlau wie davor und hätte mir eingeredet, dass ich mir all diese seltsamen Symptome nur einbilden würde und es keine Erklärung für diese gäbe.

,,Warum hast du mit mir nicht darüber geredet?''

Josh versuchte gelassen zu wirken, doch seine angespannten Hände, mit denen er sich am Waschbecken festhielt, verrieten ihn. Mit einem Mal hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich lieber mit einer Freundin von mir geredet hatte als mit ihm.

Aber das konnte ich nun nicht mehr rückgängig machen. Außerdem hatte ich mir nichts dabei gedacht, also war mir nicht in Erwägung gekommen, daraus ein Gesprächsthema für uns zu machen.

,,Ich wusste, um ehrlich zu sein, nicht so ganz, wie ich das dir gegenüber ansprechen sollte. Ich weiß nicht mal, wieso es passiert ist. Ich muss es entweder versäumt haben, die Pille zu nehmen oder wir haben vergessen, ein Kondom zu benutzen. Das ist im Endeffekt jetzt auch egal. Ich weiß nicht, wie du das Ganze siehst, aber ich kann mir zumindest momentan nicht vorstellen, Mama zu werden. Ich habe genügend mit meinem Studium zu tun und dann gibt es da noch Ellie, um die wir uns kümmern müssen.''

Er musste meinen Standpunkt kennen. Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich wahnsinnig freute, schwanger zu sein und das musste er einfach wissen.

Es war schließlich mein Körper, um den es da ging und auf den Veränderung zukommen würde, wenn ich mich für die Schwangerschaft entscheiden würde.

,,Du möchtest also abtreiben?'', schlussfolgerte er und es war verständlich, dass er genauso wie ich das Ganze erst einmal vernünftig verarbeiten musste.

,,Ich sehe gerade einfach keine andere Option. Ich habe diesbezüglich am Freitag ein Beratungsgespräch. Es wäre gut, wenn du mitkommen würdest'', brachte ich leise heraus. Und dann herrschte eine Weile Stille zwischen uns. In Josh schien es zu arbeiten, doch er sagte mir nicht, was für Gedanken ihm gerade durch den Kopf gingen. Und das machte mich irgendwann fertig. ,,Bitte sag doch etwas dazu.'' Ich sah ihn flehend an und war mehr als angespannt.

,,Ich ... ich muss das gerade alles erst noch verarbeiten. Bitte gebe mir ein paar Minuten für mich selbst, okay? Lass mich eine Runde um den Block laufen und nachdenken. Dann können wir gerne darüber miteinander reden.''

***

Ich hatte schon Angst, dass er nicht mehr zurück nach Hause kommen würde. Doch Josh kam nach 15 Minuten, wie er es mir versprochen hatte, wieder und wir setzten uns aufs Sofa. Er setzte sich dicht neben mich und griff nach meinen Händen, um sie mit seinen zu vereinen.

,,Okay. Zuerst einmal möchte ich, dass du weißt, dass ich jede Entscheidung von dir akzeptieren werde. Ich bin für dich da, falls du das Kind behalten wirst. Aber ich werde ebenso deine Hand halten und dir beistehen, wenn du wirklich eine Abtreibung machen möchtest. Es ist dein Körper, du allein entscheidest.''

,,Wärst du gerne Papa?'', fragte ich ihn, weil ich mich schlecht dabei fühlte, wenn es nur davon abhängen würde, was ich wollte.

Ich wusste, dass mein Freund Kinder gern hatte und wahrscheinlich nichts dagegen hätte, sich um sein eigenes zu kümmern. Er hatte mir gegenüber ja erwähnt, als wir Kates und Lukes Zwillinge besucht hatten, dass er selbst irgendwann Kinder haben wollte.

,,Du weißt, dass ich Kinder gern und nichts dagegen habe, mich um sie kümmern. Wenn du das aber nicht willst, dann ist das vollkommen okay für mich. Vielleicht ist gerade sowieso wirklich der falsche Zeitpunkt. In dem Gespräch, welches du da vorhin erwähnt hattest, können sie uns ganz bestimmt Argumente geben, die dafür und dagegen sprechen. Danach können wir ja in aller Ruhe nochmals darüber reden. Komm her.''

Josh zog mich in eine Umarmung und ich brach in Tränen aus. Es war furchtbar, wenn man nicht wusste, was man tun sollte.

,,Was ist, wenn wir genauso sein werden wie unsere Eltern? Was ist, wenn wir ihre Fehler begehen werden und unsere Beziehung kaputt geht?''

Wenn das passieren würde, wäre mein schlimmster Albtraum in Erfüllung gegangen. Ich liebte ihn und ich wollte nicht, dass wir genauso wie sie scheitern würden. Ich wollte mich nicht mit ihm streiten.

Jedoch hatte ich das Gefühl, dass der positive Schwangerschaftstest einiges ins Rollen zwischen uns gebracht hatte. Und wenn das hier ernsthaft funktionieren sollte, mussten wir beide daran arbeiten.

,,Ich kann dir nicht versprechen, dass das nicht passieren könnte. Man kann niemanden das Versprechen geben, dass man für immer glücklich miteinander sein wird. Aber ich kann dir versprechen, dass wir jeden Tag gemeinsam an unserer Beziehung arbeiten werden.''

Mein Freund trocknete mir mein nass gewordenes Gesicht und drückte mich ganz fest an seine Brust.

,,Ich habe Angst'', flüsterte ich und schlang meine Arme um ihn, um die Wärme seines Körpers noch mehr in mich aufnehmen zu können.

,,Die habe ich auch. Aber wir stehen das gemeinsam durch.''


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