Ich - eine Versagerin

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Wieso fühlt sich zu leben so verdammt schwer an?

Warum haben alle anderen Menschen um mich herum einen Lebenssinn und ich nicht?

Und warum verdammt sind meine Gedanken so erdrückend und schwer?

Wieso ist da diese große Leere und diese Befürchtung, bei allem zu versagen?

Warum freue ich mich nicht, wenn ein neuer Tag beginnt, sondern bin allein bei diesem Gedanken so verzweifelt?

Als ich diese Fragen bei Google in die Suchleiste eingab, war mit eines der ersten Worte, das auftauche ,,Depressiv''.

Ich wusste selbst zu gut, dass man keine Selbstdiagnosen erstellen sollte, aber so, wie Depressionen im Internet beschrieben wurden, so fühlte ich mich. Ich verstand, was mit tiefer Traurigkeit gemeint war, weil ich sie jedem Abend fühlte, wenn ich allein war und zu Bett ging. Die Vorwürfe, weil ich gerade so meinen Alltag gemeistert hatte, waren riesengroß.

Die Angst zu versagen, war mächtig, besonders wenn es um Klausuren ging. Schließlich hing von meinem Schulabschluss ab, ob ich eines Tages einen guten Job und damit auch eine gute Zukunft haben würde. Dabei wusste ich selbst nicht einmal, was ich vom Leben eigentlich wollte.

Ashley Cooper hatte keine großen Träume wie ihre beste Freundin Riley, die mit ihrer Kunst etwas schaffte, dass andere inspirierte. Ich war nicht so organisiert wie Selina, die immer einen Plan hatte, den sie versuchte umzusetzen.

Dazu kam noch, dass ich längst nicht so schlau war wie sie. Ich war längst nicht so selbstbewusst wie Bianca, die praktisch so gut wie jeden einfach ansprechen konnte. Allein, dass ich mich mit meinen Freunden verglich, zeigte bereits, wie wenig ich von mir selbst hielt.

Meine Mutter hatte stets gemeint, dass man mit der Zeit einen Platz im Leben finden würde, wo man hingehörte. Doch ich fühlte mich verloren und drohte, zu ertrinken, weil ich mir so wertlos und klein vorkam. Und dennoch dachte jeder von mir, dass ich glücklich war. Schließlich hatte ich jeden Tag ein breites Lächeln um die Lippen und für jeden ein gutes Wort übrig, da mir meine Mitmenschen unglaublich am Herzen lagen.

Wenn es um mich ging, sah das Ganze schon ganz anders aus. Ich wollte niemanden mit meinen Problemen belasten. Keiner sollte sich um mich sorgen. Denn ich hatte doch alles, was man sich nur wünschen konnte.

Gerne hätte ich jemanden, der mir zeigen würde, wie man leichter lebte. Ohne diese schreckliche Angst nichts auf die Reihe zu bekommen.

Gerne hätte ich gewusst, wie ich den ganzen Erwartungen, die an mich gestellt wurden, gerecht werden konnte. Beides konnte ich vergessen. Niemand half mir, weil ich mich eben niemandem anvertraute. Das sorgte dafür, dass ich mich umso schlechter fühlte.

Alle um mich herum schienen diese Gefühle nicht zu kennen. Als ich meiner Mutter vor einiger Zeit erzählt hatte, dass ich mich gerade sehr traurig fühlte, hatte sie nur gemeint, dass jeder mal einen schlechten Tag hatte. Morgen würde die Welt wieder ganz anders aussehen. Wahrscheinlich hatte sie nicht die Tragweite meiner Worte begriffen.

Bei ihr wirkte alles immer so überraschend leicht. Sie und mein Vater hatten die gleiche Universität besucht und sich über Freunde kennengelernt. Zwischen ihnen war direkt eine große Chemie gewesen und sie hatten sich für ein Date am Strand verabredet. Gerade mal eine Woche hatte es gedauert, bis die beiden zusammengekommen waren. Angeblich sei es zwischen ihnen Liebe auf den ersten Blick gewesen.

Mit Mitte 20 hatten sie sich die erste gemeinsame Wohnung gesucht und nach drei Jahren Beziehung geheiratet. Ich hatte Bilder von ihrer Hochzeit gesehen. Sie muss traumhaft schön gewesen sein. Alles war passend schneeweiß und mit wundervollen roten Rosen verziert worden. Die große dreistöckige Torte bildete das absolute Highlight. Sie war mit so vielen Details wie Schleifen und Blumen verziert worden. Auch das tolle Feuerwerk am Ende musste ein echter Hingucker gewesen sein.

Da meine Mutter der Meinung war, dass man stets seine Träume verfolgen sollte, hatte sie sich als Innenarchitektin selbstständig gemacht und dekorierte nun die Häuser ihrer Kunden. Es kam durchaus vor, dass sie uns beim Abendessen Entwürfe von ihrer Arbeit zeigte und uns fragte, wie wir diese fanden. Ihr zufriedener Gesichtsausdruck und ihr Enthusiasmus sprach für sich und machte deutlich, dass das, was sie tat, ihr so viel Spaß machte. Mein Vater war in dieser Hinsicht nicht viel anders. Er war Ingenieur und ein unglaublich begabter Mann. Auf all die Fragen, die man ihm stellte, hatte er meistens eine sehr gute Antwort.

Weil beide so liebevolle Eltern waren und wollten, dass es ihrer Tochter an nichts fehlte, hatten sie viele Tiere bei uns aufgenommen. Ich hatte drei Golden Retriever, die sehr spielsüchtig waren und mich an Tagen aufheiterten, wenn ich dachte, dass ich zusammenbrechen würde. Zwei schwarze Katzen, die mit mir auf dem Sofa kuschelten, wenn ich mir eine gute Serie oder Film anschaute. Auch eine Schildkröte würde bald dazustoßen. Tieren musste man niemals erklären, wie man sich fühlte. Sie spürten die Schwingungen, die man sendete und reagierten dementsprechend. Aber sie konnten mir nicht aus meinem Tief hinaushelfen.

***

Wie jedes Mal am Morgen stand ich lustlos auf und zog mich um. Da ich meine Hausaufgaben nicht erledigt hatte, beschloss ich, das in der Pause nachzuholen. Selina würde mich diese bestimmt abschreiben lassen. Meine Augen waren ganz verquollen, weil ich mich gestern Abend in den Schlaf geweint hatte. Ich schmierte etwas Foundation drüber, damit es niemandem auffiel. Obwohl ich mich gar nicht danach fühlte, machte ich mich zurecht, damit ich aus dem Haus gehen konnte. Es war ein Tag wie jeder andere. Wir würden in der Schule rumhocken und uns anhören müssen, was wir angeblich alles zu lernen haben. Doch die Fragen, auf die ich so gerne eine Antwort gehabt hätte, blieben von den Lehrern unbeantwortet. Vielleicht war es auch besser so, dass wir nicht ehrlich beantworten mussten, wie es uns gerade so ging.

Dann hätte Ashley Cooper zugeben müssen, dass sie depressionsähnliche Gedanken hatte. Wahrscheinlich würden mich die anderen mehr als komisch angucken, wenn sie es wüssten, und würden es nicht verstehen. Kein normaler Mensch dachte so. Das machte mir noch so viel mehr Angst.

Keinem um mich herum schien es so wie mir schwerzufallen, einfach zu leben. Warum das so war, konnte ich nicht wirklich beantworten. Ich wusste nur, dass ich mich überfordert fühlte und nicht richtig atmen konnte, weil etwas in meiner Brust so überdeutlich schwer drückte. Ich wollte nicht ständig weinen, wenn ich allein war, aber ich kam mir so oft einfach nur hilflos vor. Ich befürchtete, dass ich niemals für auch nur irgendwas gut genug sein würde. Da war diese innere Stimme in mir, die mir das ständig einredete.

Du bist schwach.

Du bist erbärmlich.

Du wirst das nicht schaffen.

Du bist zu viel.

Deine Gedanken sind zu viel.

Niemand wird das, was du denkst, jemals verstehen können.

Ich hielt die Luft an, als sich wie jeden Morgen diese Stimme bei mir meldete, nachdem ich das Haus verlassen hatte und zur Schule lief.

Ich ermahnte mich selbst, dass ich mich zusammenzureißen musste, weil ich nicht wollte, dass neue Tränen meine Foundation verschmieren würden.

Andere kriegen es hin, zu leben.

Andere haben keine Versagensängste und machen ihre Eltern stolz.

Andere haben Träume und wissen, was sie von der Zukunft wollen.

Anderen fällt nichts schwer.

Andere fühlen sich nicht so verloren wie du.

Andere erfüllen die Erwartungen, die man an sie stellt.

Ashley Cooper, du bist einfach nur die größte Versagerin schlechthin.

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