4. Kapitel

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Was für ein verrückter Traum.

Das ist der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schießt, als ich langsam wach werde. Ich muss wirklich sehr übermüdet gewesen sein, wenn sich mein Unterbewusstsein so einen Schwachsinn ausgedacht hat. Mal ganz ehrlich, eine ungewollte Zeitreise aufgrund einer Explosion? Das ist ja mal mehr als bescheuert.

Seufzend drehe ich mich auf dem kratzigen Bett zur Seite. Ein Strohhalm kitzelt mich in der Nase und ich wische ihn brummend weg. Neben mir auf dem kleinen Tisch liegt mein Telefon. Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, weil das Ding kein einziges Mal geklingelt hat, seit ich mich hier im Bereitschaftsraum hingelegt habe. Wunderbar.

Ich habe so tief geschlafen wie lange nicht mehr. Zufrieden drehe ich mich wieder auf den Rücken und spüre, wie mich ein weiterer dieser Halme in den Rücken pickst. Kurz verziehe ich das Gesicht und sehe weiter hinauf in die Sonnenstrahlen, die durch das löchrig wirkende Dach direkt bis auf mein Gesicht fallen. Es sieht wie ein friedlicher Morgen aus, draußen zwitschern die Vögel und der frische Duft nach gebackenem Brot zieht in meine Nase.

Es dauert noch einige weitere Sekunden, bis ich realisiere, dass ich auf das Dach einer Scheune schaue. Eigentlich müsste ich direkt in die grellen Neonröhren des Krankenhauses blicken.

Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken und ich sehe erneut zu meinem Telefon. Es liegt ordentlich neben mir, genauso wie alle anderen Gegenstände, die ich in meiner Kitteltasche trug. Die Schere liegt direkt neben dem Telefon, dann folgt der Stauschlauch, mein Schlüssel und der Dienstausweis. Das Stethoskop liegt ausgebreitet dahinter und wirkt völlig fehl am Platz neben dem alten Windlicht, was sich daneben befindet.

Mir wird bewusst, wieso mein Telefon nicht geklingelt hat. Es kann ja gar nicht klingeln, denn hier im Mittelalter hat es keinen Empfang.

„Verdammte Scheiße!" Fluchend raufe ich mir die Haare. Es war kein Traum, sondern es ist wirklich die Realität. Ich stecke im Mittelalter fest! Das kann doch einfach nicht wahr sein.

Frustriert setze ich mich auf und sehe direkt auf meinen weiß leuchtenden Arztkittel, der achtlos auf einen Strohhaufen geworfen wurde. Fröstelnd blicke ich an mir herunter. Ich trage nur noch mein T-Shirt und die enge Lederhose. Wer auch immer mich in der letzten Nacht in dieser Gasse gefunden und hierhergetragen hatte, hat mir wohl den Kittel ausgezogen und ist dabei auf meine Sachen gestoßen. Und wahrscheinlich wird er mich spätestens jetzt für eine Hexe halten.

Mein Herz beginnt in meiner Brust schneller zu klopfen, als ich an den heißen Typen denke, den ich in der Kneipe getroffen hatte. War er es wirklich gewesen, der mich gefunden hatte? Das wäre doch zu kitschig. Und so viel Glück habe ich in meinem Leben noch nie mit Kerlen gehabt. Warum sollte mich also mein absoluter Traumtyp vor der erbarmungslosen Kälte gerettet und mich sogar noch getragen haben?

Mir steigt vor Scham das Blut ins Gesicht, sodass meine Haut anfängt zu glühen. Mir ist es auf einmal sehr unangenehm, in was für einem Zustand er mich gestern gesehen hat. So kenne ich mich gar nicht. Ich war immer sehr kontrolliert gewesen, habe jede Situation analysiert und mit Bedacht gehandelt. Mir war es stets unangenehm gewesen, irgendwie in der Masse aufzufallen. Am liebsten bin ich unsichtbar gewesen.

Ich würde mich trotzdem nicht als introvertiert bezeichnen. Denn ich habe einen starken Charakter und vertrete nach außen auch meine Meinung. Ich lasse nicht alles mit mir machen und kann durchaus selbstbewusst auftreten. Ich ziehe nur nicht gerne die Aufmerksamkeit auf mich. Und genau das habe ich in der letzten Nacht garantiert getan. Verheult, durchgefroren und wahrscheinlich noch mit Rotze an der Nase hat mich dieser Traumkerl gefunden. Wunderbar Elaine, wunderbar gemacht.

Eine knarzende Treppenstufe reißt mich aus meinen Gedanken. Erschrocken drehe ich mich in Richtung Tür und versuche, meine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Alles in mir betet, dass durch diese Tür der Kerl aus der Bar kommt.
Ein anderer Teil wünscht sich, er ist es nicht, damit mir das Geschehene nicht so unangenehm sein muss. Aber insgesamt hoffe ich, dass er es ist. Ich möchte nämlich nicht bei einem völligen Fremden übernachtet haben.

Außerdem erinnere ich mich an dieses geborgene Gefühl, was ich in seiner Nähe hatte. Sofort wird mir noch wärmer.

Hastig greife ich nach der Schere, die neben mir liegt und halte sie wie ein Schutzschild direkt vor mich. Man weiß ja nie, wer genau jetzt durch die Tür kommt.

Die Schritte hören sich nun ganz nah an und automatisch halte ich die Luft an, während ich die Tür mit den Augen fixiert habe. Sie quietscht leise, als sie langsam geöffnet wird.

Als erstes sehe ich dunkelbraune, dicke Lederschuhe. Darüber eine dunkle Hose und das gleiche helle Leinenoberteil wie gestern Abend. Auch heute sitzt es viel zu niedrig, sodass mein Blick an seiner durchtrainiert wirkenden Brust kleben bleibt.

Die Schere in meiner Hand fängt leicht an zu zittern, so angespannt halte ich sie fest.

„Wie ich sehe, bist du wa-" Der Rest des Satzes bleibt ihm im Hals stecken, da er nun ebenfalls die Schere erblickt hat, die ich wie eine Waffe gegen ihn gerichtet habe.

Er beißt angespannt seinen Kiefer zusammen, sodass die Muskeln sichtbar an seiner Wange spielen. Heilige Scheiße, ist das heiß.

Seine dunklen Augen zucken zwischen der Schere und meinem Gesicht hin und her. Abschätzend, wie gefährlich ich ihm wirklich damit werden könnte, schließt er leise die Tür hinter sich. „Was hast du vor?" Seine Stimme klingt fest und ich komme mir selbst lächerlich vor.

Er trägt doch ein anderes Oberteil als gestern, da es an den Armen enger geschnitten ist. Ich kann erkennen, wie muskulös er gebaut ist. Gegen ihn würde ich beim besten Willen nicht mit dieser kleinen Verbandschere ankommen, die auch noch auf einer Seite abgestumpft ist. Aber sie ist gerade mein einziger Halt, also lasse ich sie weiter fest umklammert.

Der Kerl streckt seinen Finger aus und zeigt auf meine Sachen, die direkt neben mir auf dem kleinen Tisch liegen. „Ich habe dich nicht ausgeraubt, es ist alles noch da von diesen... seltsamen Sachen. Es gibt keinen Grund für dieses... bunte Ding da." Grob zeigt er auf die Schere und mir wird klar, dass er solch ein Exemplar in seinem Leben noch nie gesehen hat. Er scheint aber schlau genug zu sein, um zu merken, dass diese Schere gefährlich werden könnte, auch wenn sie mit einem bunten Blumenmuster bedruckt ist.

Aus zusammengekniffenen Augen sehe ich ihn an und stehe langsam von dem Bett auf. Dabei ignoriere ich, dass ich mich fast mit dem Fuß in dem Laken verheddere, dass über einen Haufen Strohballen gelegt wurde. Stattdessen konzentriere ich mich darauf, selbstbewusst zu wirken und ihn mit durchgedrückten Schultern anzusehen. Ich habe das Gefühl, den schlechten Eindruck von gestern wieder gut machen zu müssen. Ob meine Drohung mit einer Schere dabei der beste Weg ist, finde ich selbst fraglich.

Aber sie verleiht mir eine gewisse Stärke. Langsam gehe ich einen Schritt auf ihn zu und unterdrücke das Bedürfnis, mich einfach heulend in seinen Arm zu schmeißen, weil ich mit der ganzen Situation überfordert bin.

„Es gibt keinen Grund dafür?", wiederhole ich seine Frage und bin sehr stolz auf mich, weil meine Stimme nicht zittert, sondern einen kalten Unterton besitzt. Verdutzt blickt mein Gegenüber mich an und runzelt leicht seine Stirn.
„Du hast mich ohne mein Einverständnis hierhergebracht. Du hast mir den Kittel ausgezogen und dich einfach durch meine Sachen gewühlt! Dabei hast du gesagt, du würdest mir nicht helfen! Du kennst jetzt alles von mir und ich weiß nicht einmal, wer du bist. Wie du heißt oder wie alt du bist. Ich weiß nicht, wo ich bin. Also habe ich sehr wohl einen Grund dafür!"

Ich merke selbst, wie ich mich in Rage rede und die Dinge überhaupt keinen Sinn mehr ergeben. Ich mache ihm Vorwürfe über Dinge, für die er absolut nichts kann. Es tut aber gut, meiner Wut einfach mal Luft zu machen. Daher öffne ich erneut den Mund, um ihn weiter anzuschimpfen, als er mir grob dazwischenfährt.

„Adam." Mit neutralem Gesichtsausdruck sieht er mich an und bringt mich völlig aus dem Konzept. Dämlich blinzle ich ihn an, da mein Gehirn plötzlich leer ist und ich den Faden verloren habe, was ich ihm noch sagen wollte.

„Was?", platzt es irritiert aus mir heraus und er fängt wegen meinem Gesichtsausdruck an zu grinsen.

„Ich heiße Adam. Du wolltest doch meinen Namen wissen." Blinzelnd sehe ich ihn an und kann nicht anders, als perplex zu nicken. Er hat mich so auf dem falschen Fuß erwischt, dass ich keinen Widerstand leiste, als er mit seiner Hand meine eigene umfasst.

Mir stockt der Atem, da seine Berührung so vertraut wirkt. Seine Handfläche fühlt sich rau an, es sind richtige Männerhände, die von harter körperlicher Arbeit gezeichnet sind. Sie strahlen eine unglaubliche Wärme aus.

Geschickt entwendet er mir die Schere und ich blicke verblüfft auf meine leere Hand. Meine Haut fühlt sich direkt kalt an, als er mich loslässt.

Langsam hebe ich meinen Blick und versinke in seinen dunklen Augen. Sie haben ein warmes Braun, mit kleineren fast schwarz wirkenden Sprenkeln. So wunderschöne Augen habe ich noch nie gesehen.

Mir bleibt die Luft weg und ich kann nicht anders, als ihn anzustarren. Meine Situation verbessert sich nicht, als er noch näher an mich herantritt. Seine Stimme klingt sanft und rau, als er beruhigend auf mich einredet. „Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass dir die Sachen so viel bedeuteten..."

Bevor er sich noch weiter für Dinge entschuldigen kann, für die ich ihm in Wirklichkeit total dankbar bin, schüttle ich mit dem Kopf und bringe ihn direkt zum Verstummen.

„Die Sachen sind scheiß egal."

Jetzt ist er es, der mich verwirrt anblinzelt. Seine gerunzelte Stirn zeigt mir deutlich, dass er entweder von meiner Ausdrucksweise überrascht oder mit dem spontanen Wechsel meiner Meinung überfordert ist.

Vermutlich ist es eine Mischung aus beidem und er tut mir deswegen irgendwie etwas leid.

Durch mein plötzliches Erscheinen im Mittelalter habe ich nicht nur meine eigene Welt völlig auf den Kopf gestellt, sondern auch seine.

Denn er war die glückliche Person, der ich zufällig über den Weg gelaufen bin.

Und nun hat er das Problem direkt vor sich stehen. 

Mich.

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