18. Kapitel

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Mara hatte irgendwie mehr erwartet. Sie standen vor dem heruntergekommenen Wohnhaus, in dem sich das Studio der Jungs befand.
Maurice biss genüsslich in sein Ciabatta.
"Bist du aufgeregt?", fragte er mit vollem Mund.
"Schluck, du Stück", sagte sie, ohne eine Miene zu verziehen. "Und nein, nicht so richtig. Vor der Party war ich aufgeregter."
Da konnte ich sie auch besser ablenken, weil ich selber nicht aufgeregt war, dachte er.
Maurice schluckte, wie befohlen, fischte den Schlüssel aus seiner Hosentasche und warf ihn Mara zu.
Sie atmete tief ein und wieder aus. Er sah ihr dabei zu, wusste es aber besser als sie auszulachen.
Gerade beugte sie sich vor, um zu öffnen, da trat Sinan nach draußen. "Oh. Hi", sagte er.
"Hey", grüßte Mara.
"Na los, rein da." Sie spürte Maurice' sanften Schubs, der sie ins Innere des Gebäudes katapultierte.
"Wo gehst du hin?" Maxim war stehen geblieben und hatte sich Sinan zugewandt.
"Ich hol kurz Tariks Gras."
"Bist du sein Laufbursche?", fragte Mara spitzfindig.
Sinan lachte: "Könnte man so sagen. Er meinte, er wäre im Flow."
Maurice machte ein Geräusch das abfällig oder spöttisch klang.
Bestimmt beides, dachte Mara.
"Willst du hier Wurzeln schlagen?", neckte Maurice sie und preschte an ihr vorbei die Kellertreppe runter.
Kopfschüttelnd schaute sie zu Sinan. Er zuckte augenzwinkernd die Schultern.
"Bis gleich", winkte sie.
"Jo."
Mara folgte ihrem Freund ins Studio.

"Und?", fragte Maurice, kaum dass sie bei ihnen war.
"Mann, Maurice, lass sie sich doch erstmal in Ruhe umschauen", lachte Niko.
"Erster Eindruck: Abgefuckt. Aber sehr charmant", urteilte sie.
Tarik kritzelte irgendwas auf einen Collegeblock, der offensichtlich schon bessere Tage gesehen hatte. Jetzt sah er kurz auf und grüßte.
"Bier?", bot ihr Niko an. "Ist leider nichts anderes da", entschuldigte er sich.
Mara nickte und musterte die nackten Räume. "Wisst ihr, was euch fehlt? Wandgestaltung. Eindeutig."
"Quatsch", meinte Tarik und verwies auf das getrocknete Blut, das an der Tapete klebte, zu seiner Linken.
Mara schnaufte und ließ ihren Rucksack scheppernd auf den Boden fallen. "Ich biete mich an", sagte sie und griff nach einer der Spraydosen, die jetzt lose über den Boden rollten. Sie hatte immer welche dabei.
Alle drei Kerle wechselten Blicke.
"Ich gebe einfach mal zu, dass ich dich nach der Party letztens auf Instagram gestalkt hab. Verschandeln tust du die ganzen Mauern meiner Meinung nach nicht, im Gegenteil", brach Niko die Stille und überreichte ihr das versprochene Bier. "Also von mir aus gerne, wenn wir auch selber was machen dürfen."
Tarik hatte sein Handy auf dem Schoß und bekam riesige Augen. "Das warst du?", fragte er ungläubig und hielt das Bild hoch, auf dem sie einen Findling in Volkspark Friedrichshain besprühte. Es war Nacht, aber jemand beleuchtete die Fläche, vermutlich mit einer grellen Taschenlampe. Das Motiv zeigte eine graue Masse, aus der einzelne Menschen hervorstachen. Inmitten ihrer, ein zeichnerisch realistisch dargestelltes Kind; es weinte. Die auffälligen Personen hatten die einzigen Gesichter - In denen sich negative Emotionen widerspiegelten: Verdrossenheit, Wut, Gleichgültigkeit, Ekel, Ablehnung ... Nahezu gesellschaftskritisch.
"Such nach Masea oder Graffity Collective", riet ihm Mara. "Da findest du mehr Bilder."
"Graffity mit Y?"
"Jep."
"Das Graffity Collective ist ein Zusammenschluss der Street Artists JeanneCoke, Klient, Marsea und Philian", las Tarik vor.
Maurice betrachtete die Fotos. Er konnte Maras Stil ausmachen; der war verspielt und verzerrt.
"Ist Graffity Graffiti mit Gravity zusammengepackt?", hakte Niko interessiert nach.
"Willkommen in der wunderbaren Welt der Grafitation", erwiderte Mara.
"Grafi- was? Was ist los?" Sinan stand im Eingang und wedelte mit einem Tütchen Weed.
"Wirf her", kommandierte Tarik.
"Wer sind die andern?", fragte Maurice. "Lern ich die noch kennen?"
"Hast du Bock drauf?", fragte Mara zurück. "Die sind klasse, aber alles Unikate."
"Ist JeanneCoke 'ne Frau?", wollte Tarek wissen. Er baute.
"Du bist aber schnell über Kim hinweg", stellte Niko grummelnd fest.
"Ist sie. Sie ist sechsundzwanzig Jahre alt und Single. Interesse?", antwortete Mara.
"Wenn sie so gut im Bett ist, wie sie malen kann auf jeden Fall."
Er scrollte weiter durch den Feed der Seite.
"Kann mir jemand mal erklären, worum es hier eigentlich gerade geht?", fragte Sinan leicht angepisst.
"Ach, Sinan", grinste Maurice.
"Mara will unser Studio verschönern", erläuterte Niko seufzend.
"Nein nein nein", berichtigte Mara. "Euer Studio ist genial, aber eure Wände sind absolut tot. Passt nicht zu eurer Musik, diese Leblosigkeit."
"Und was qualifiziert dich dafür?" Er schielte zu Tariks Handy.
"Das." Tarik zeigte das Bild des Felsens von vorhin.
"Das bist du?"
"Nein, das ist jemand, der sich eine Perücke aufgesetzt hat, meinen Nametag in die Ecke schmiert und zufällig die gleichen Klamotten trägt wie ich", antwortete Mara lakonisch. "Also", wandte sie sich an Niko. "Willst du anfangen oder einsteigen?" Sie hielt ihm die Farbe entgegen.
"Ich steige lieber ein."
"Ich will anfangen." Maurice krallte sich die schwarze Farbe und ließ verlaufende, geometrische Muster entstehen.

Tarek nahm nachdenklich einen zweiten Zug von seinen Spliff, dann reichte er ihn Nico. Kritisch betrachtete er seine Auswahl.
„Bei der Farbzusammenstellung bin ich gerne behilflich", bot Mara ihm an.
„Ich denke, ich weiß, welche Farben zusammenpassen."
„Daran hab ich auch gar nicht gezweifelt. Ich denke nur, ich weiß, welche Farben zu deinen Ideen passen." Mara kramte einen Lumpen hervor, der sich bei genauerem Hinsehen als ein altes T-Shirt von Edda entpuppte, aus dem sie längst rausgewachsen war. Auf gut Glück stellte Mara eine Charta aus den Farben zusammen, die sie selbst am liebsten nutzte. Sie wusste, dass Tarik schon eigene Erfahrung mit dem Sprayen gesammelt hatte und dadurch auch einen gewissen Anspruch an sich stellte. Das Verständnis für farbliche Harmonien verschwindet natürlich nicht, aber es ist schwerer abrufbar, so wie jedes Verständnis, das man lange Zeit auf Eis gelegt hat, weil es nicht gebraucht wurde. Die Töne, die sie für ihn ausgewählt hatte, waren alle ausdrucksstark. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Tarik halbe Sachen machte, wenn es um Graffiti ging. Und sie irrte darin auch nicht.
"Perfekt", bedankte sich Tarik überrascht.
Mara grinste Niko und Sinan auffordernd an. "Macht doch einfach alle irgendwas, scheißegal, und später kümmere ich mich um die Verbindung eurer Kunstwerke", schlug sie vor.
Zögernd nahm Niko das Rot. Etwas ratlos, starrte er die Leere vor sich an, während Sinan sich selbstbewusst das Grün schnappte.
"Am besten geht's mit Musik", ergiff Mara das Wort.
"Mit welcher?"
"Unterschiedlich. Jeanne und Philian aus dem Kollektiv schwärmen für Klassik. Klient bevorzugt Walgesänge, kein Scherz und ich höre - na ja ... eure Musik eben."
Niko musterte Mara. Er konnte Maurice irgendwie nachvollziehen. Was auch immer es war, Etwas machte Mara besonders.
"Fertig", deklamierte Tarik. Infantile Wahlwerbung zierte sein Stück der Wand.
Mara grinste breit. "That's the attitude."

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