42. Kapitel

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"Ich hab mir was überlegt. Also: Für dann, wenn du wieder da bist und dich fit fühlst", grinste Mara breit in sich hinein. "Aber du musst einen ganzen Tag Zeit mitbringen", mahnte sie ihn noch.
"Davon hab ich nach der Tour immer jede Menge", erwiderte Maurice.
Er griff nach ihrer Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. Sie war zu fröhlich. Gestern hatte sie ihre Schwester verloren, aber heute strahlte sie ihn an. Das war unnormal. Es gefiel ihm nicht, denn er hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten würde, wenn er gleich wieder in den Zug stieg.
Mara wusste, dass sie für ihre Situation viel zu entspannt war. Sie konnte nichts für den positiven Effekt, den Maurice auf sie hatte. Aber sie fürchtete seine eintretende Abwesenheit und den negativen Effekt, den diese auf sie hätte.
"Marsea!"
"Hey Jeanne."
"Maurice." Jeanne nickte ihm höflich zu. Sie hatte Angst, dass er denken würde, dass sie Sinan ausnutzte, was sie nicht tat. Sie liebte ihn. Einen guten ersten beziehungsweise zweiten Eindruck zu hinterlassen wäre zumindest ein Anfang, um Maurice für sich zu gewinnen. Sie wollte von Sinans Freunden akzeptiert werden.
"Hast du ein ruhigeres Plätzchen für uns?", fragte Mara.
"Klar." Sie führte sie in die Ecke, direkt neben der Raucherlounge. Für keinen von ihnen ein großes Problem.
"Müsli mit Joghurt, richtig?", hakte Jeanne nochmal bei ihrer Freundin nach.
"Exakt."
"Und du?"
Maurice zögerte. "Was ist denn die Empfehlung des Tages?", fragte er und grinste schief, sich wohl darüber im Klaren, dass sie sich in einem Café, keinem Restaurant, befanden.
"Ich pack dir einfach ein bisschen von allem auf den Teller?"
"Klingt gut."
"Bin sofort mit eurem Essen zurück, nur Geduld", lächelte Jeanne.
"Ich wünsch ihr und Sinan Glück", sagte Mara.
"Ja, hoffentlich hält sich das."
Er schmunzelte beim Gedanken an Tariks geäußerte Zweifel, was ihn und Mara betraf. Spätestens nach diesen sieben Monaten, sollte er bewiesen haben, wie unbegründet sie schon damals waren.
"Apropos Glück: Ich konnte das noch nicht so richtig aus ihr herauskitzeln, aber ich glaube Carol steht auf Leo", berichtete sie Maurice.
"Das ist doch mal 'ne gute Nachricht", grinste er breit.
Die Zwei, die er aus Maras/seinem Freundeskreis am wenigsten leiden konnte, verschworen sich. Das ergab zwei Probleme weniger für ihn.
"Hast du dir wirklich Sorgen gemacht wegen Leo?", wollte sie wissen und wickelte sich unschuldig eine blonde Haarsträhne um den Finger.
"Ich tu's noch immer. Und ich werde nicht ruhen, bevor der Kerl nicht endlich seine eigene Freundin hat, die er angraben kann."
"Maurice, der Verkuppler." Sie zeichnete ein imaginäres Banner in die Luft.
"Ohne Mist, ich übernehme das sogar freiwillig, wenn die mir dann beide in Zukunft vom Leib bleiben. Und vor allem Leo dir."
"Da war nix, er ist korrekt, ehrlich. Ich glaube, du würdest ihn mögen, wenn ihr je normal miteinander geredet hättet oder reden würdet."
Beide bemerkten sie nicht, wie sich ein Typ mit dunkler Sonnenbrille an einen der Tische mit Blick auf den ihren setzte.
"Du verdirbst mir den Appetit; Leo kann mir gestohlen bleiben."
"Schon gut", murmelte Mara leichthin und küsste Maurice auf die Wange.
Nick bestellte sich unerkannt einen Espresso ...
"Komm gesund wieder", hauchte sie zum Abschied.
"Bleib du gesund, solange ich weg bin", erwiderte er und stieg ein.
Wenn ich wiederkomme, sieht sie hoffentlich noch so aus, wie ich sie jetzt vor mir habe, dachte Maurice.
Der Zug fuhr los und urplötzlich hielt jemand Mara ein Handy vor die Nase. Darauf war ein Foto von Leon in einem dunklen Keller zu sehen, die Hände mit Kabelbinder gefesselt, die Augen vom vielen Weinen rot und angeschwollen.
Mara erkannte das Handy. Sie erkannte die dazugehörige Hand. Ihr Atem beschleunigte sich unkontrolliert.
"Du bleibst ganz ruhig, Mara. Den Weg zur Polizei kannst du dir sparen, sofern du Wert darauf legst, dass ich deinen kleinen Bruder am Leben lasse", sagte Nick leise in ihr Ohr.
"Bitte nicht", brachte sie erstickt hervor.
"Na dann. Ich bin kein Vergewaltiger, aber ich will, dass du ihn verlässt. Für immer. Und dass du dir dann nochmal Gedanken machst. Über uns."
"Ich kann nicht, er ist weg."
"Doch, du kannst. Wozu gibt es Handys? Servier ihn ab. Du darfst dich natürlich immer über Leons Gesundheitszustand informieren, jederzeit. Ruf mich an, besuch mich."
Wäre nur eine Menschenseele auf dem Gleis gewesen, Mara hätte geschrien wie am Spieß.
"Wo ist er?", krächzte sie.
"Ja, genau", gab er ironisch zurück. "Ich werde dir die Suche erleichtern, indem ich dir das verrate, ganz bestimmt. Für wie dumm hältst du mich?"
Jetzt für verdammt dumm, dachte Mara. Der Teil von ihr, der nicht lähmend verängstigt war.
"Heute Morgen auf dem Schulweg hab ich ihn überrascht", fuhr er fort. "Der kleine, unschuldige Leon. Seine Mami hat ihn nicht zur Schule gefahren, dabei ist doch gestern erst seine Schwester gestorben. Warum ist er überhaupt zur Schule gegangen?"
Sie hätte ihm so gerne eine sinnvolle Antwort entgegen geschleudert, aber sie kannte keine. Warum hatte Evelyn ihn gehen lassen?! Hätte sie ihn daheim behalten, wäre er jetzt in Sicherheit!
"Bitte, tu ihm nicht weh", flehte sie.
"Dann musst du wohl oder übel deinem Liebhaber wehtun."
"Nick, warum machst du das?", fragte sie und bemühte sich sanft zu klingen. "Du bist doch gar nicht so."
"Du bist auch nicht die, für die du dich ausgibst, Mara. Du bist meine Freundin, nicht das Betthäschen dieses Idioten."
"Ich bin nicht deine Freundin."
"Nicht mehr, noch nicht. Halt es, wie du willst."
Er zog sich von ihr zurück. "Du weißt Bescheid, Mara."
"Warte!", rief sie ihm panisch hinterher. "Ich hab deine Nummer nicht mehr", teilte sie ihm mit.
"Ich hab deine", lächelte er. Aber Mara lief es eiskalt den Rücken herunter bei diesem Lächeln.
Sie realisierte die tiefere Bedeutung seiner Worte erst, als er schon wieder die Rolltreppe nach oben nahm und sie einsam und verlassen ihren Mantel enger um sich zog, weil sich die Kälte der Angst in ihr einnistete und ihr das Blut in Adern gefrieren ließ.
Nick hatte Leon. Nick. Der, den sie kaum mehr kannte, seit sie sich von ihm getrennt hatte. Der, von dem sie am Ende ihrer Beziehung überzeugt gewesen war, dass er eines Tages weiter gehen würde; mehr zerstören würde als nur ihre Sachen.
Der hatte ihren kleinen, neunjährigen Bruder in seiner Gewalt ...

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