8. Kapitel

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"Ich begebe mich nur ungern nach Prenzlberg, aber wenn dort deine zukünftige Wohnung steht, will ich sie auch sehen", versuchte Maurice sie abzulenken.
"Wem sagst du das", seufzte Mara.
Er legte einen Arm um ihre Schultern.
"Weißt du, ich wäre in Neukölln geblieben, aber die Wohnungen, die ich mir dort angesehen habe waren kaum bezahlbar und für 35 Quadratmeter sollte ich jeden Monat 750 Euro hinblättern.
"Happig", bekannte er. "Also zeigst du mir, wo du vom unfairen berliner Immobilienmarkt hinverbannt wurdest?"
"Logisch", lachte Mara.
In der Bahn wurde Maurice einmal angesprochen, aber nicht auf Mara, die so tat als kenne sie ihn nicht. Er war ihr dankbar dafür. Gerüchte konnten ihm gestohlen bleiben.
Als er ihren Flur betrat war er überwältigt. An den dunkel gestrichenen Wänden waren kleine Dioden angebracht, die in warmem Licht glühten, sodass man den Eindruck hatte durch den Sternenhaufen einer anderen Galaxie zu laufen.
"Wow", machte er ehrfürchtig.
Mara lächelte. "Meine Mutter findet es fürchterlich. Sie sagt, es macht sie kirre. Das hier ist das Wohnzimmer."
Maurice folgte ihr.
Der Kontrast war krass. Hier zierten Graffiti die Wände.
"Selbst gestaltet?", fragte er und Mara nickte.
Die Motive konnte Maurice nicht speziell zuordnen. Es sah aus als hätte sie drauf losgesprüht und abgewartet. Einiges erinnerte an Blumen, anderes an Tiere und wieder anderes ließ Maurice an seine ersten Erfahrungen mit LSD zurückdenken.
"Gefällt's dir?", fragte Mara schüchtern.
"Klar, Vandalismus in der eigenen Wohnung ist noch imponierender als auf der Straße, grinste er und lauschte ihrem Lachen.
Maurice' Blick schweifte über den unspektakulären Holzesstisch, die schlichten, schmucklosen Bücherregale, die vollgestopft waren, ohne erkennbares System der Ordnung, das eine weiße Bücherregal, das als Raumtrenner diente, die kleine taubenblaue Couch und den dazu passenden Sessel, dann wechselte er in die winzige Einbauküche nebenan. Alles war in Anthrazit gehalten und sehr eng.
Generell war die Wohnung lichtdurchflutet. Der Eindruck setzte sich auch im Schlafzimmer fort; lediglich das Bad hatte ein verschwindendes Fenster, mehr eine Luke und war im Stil der DDR bahamabeige gefließt.
"Wellness Oase Badezimmer ist was anderes", murmelte er.
"Nörgler", sagte Mara gespielt beleidigt.
"Dein Bett fehlt. Übernimmst du das, in dem wir gestern übernachtet haben?", fragte Maurice.
"Nein, das Neue wird nächste Woche geliefert und aufgebaut."
Maurice grinste wieder.
"Ja, du darfst gerne vorbeikommen, wenn du bis nächste Woche noch was mit mir zu tun haben möchtest", lachte sie.
Er beugte sich zu ihr runter und küsste sie. Es war anders, irgendwie ganz sanft und ... liebevoll?
"Ich glaube, ich wäre ein schlimmer fester Freund", sagte er.
"Mir egal", erwiderte Mara.
"Du hast den besten festen Freund verdient und du wirst mich gleich hassen, weil ich das gesagt habe, aber du bist so jung, ich will dich nicht verletzen oder enttäuschen."
"Dann lass es einfach." Sie küsste ihn. "Es muss nichts Ernstes sein, aber bitte geh nicht wieder weg. Ich hab dich gerade erst gefunden."
"Okay."
Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Brust und er hielt sie fest.
Verdammtes Dilemma, dachte er. Es würde nicht funktionieren, wie sollte es? Sie war Maurice ans Herz gewachsen. Und er musste an den Mann auf den Bildern heute Morgen denken.
"Was ist eigentlich mit deinem Vater?", fragte er.
Sie verkrampfte sich. "Ein andermal", stieß sie hervor.
Es muss schlimm gewesen sein, dachte er.
Und bevor Mara genau wusste, wie ihr geschah, weinte sie auch schon. Sie tat es stumm aber er bemerkte es trotzdem und statt sie loszulassen, sie von sich wegzuschieben und zu versuchen, sie zu trösten, strich er ihr besänftigend über den Rücken und schwieg. Papa, ich vermisse dich, dachte sie bedrückt.
Mara hatte das Gefühl, Maurice teile ihr Leid und verstünde sie. Nach einigen Minuten wischte sie sich die Tränen von den Wangen und lächelte ihn an.
Selbst so verheult fand er sie atemberaubend schön.
"Setzen wir uns ins Wohnzimmer?", fragte sie noch immer bebend.
"Klar." Maurice hob sie hoch und hörte sie lachen, was ihn halbwegs milde stimmte.
Er setzte sie auf die Couch und sich selbst in den Sessel.
"Willst du was trinken? Ich habe jede Menge Bier im Kühlschrank."
"Gerne. Aber du rührst dich nicht von der Stelle." Er stand auf und lief in die Küche, wo er sich zu ihrer Minibar herunterbeugte und zwei Flaschen Bier herausnahm.
Mara schaute auf ein Foto, das im sonst so überfüllten Bücherregal fehl am Platz wirkte. Es zeigte ihre Familie. Maras Mutter, den Mann, von dem sich Maurice mittlerweile hundertprozentig sicher war, dass er ihr Vater war, Edda mit einer knuffigen Zahnlücke und Leon, der nicht zu wissen schien, was überhaupt los war. Er blickte verblüfft in die Kamera und klammerte sich an Edda fest.
Maurice stellte das Bier vor ihr ab.
Reiß dich zusammen, Mara, dachte sie.
"Carol hatte mich nach deiner Nummer gefragt. Ich hoffe, es ist nicht schlimm, dass sie sie weiß."
"Kein Ding, wir sind cool miteinander", sagte Mara. "Warum passieren schlechte Dinge, Maurice?"
"Was meinst du mit schlecht?"
"Verletzende Dinge. Die Art von Dingen, die einen taub und mit allumfassendem Schmerz zurücklassen."
Maurice sah Mara an. "Ich weiß es nicht, aber diese Dinge sind meistens die Dinge, die man nicht verhindern kann."
Mara nickte. "Mit vierzehn habe ich ein Haus angezündet", gestand sie. "Es waren keine Leute drin, aber der Sachschaden lag bei 100.000 Euro."
Maurice lächelte und erzählte: "Als ich jünger war bin ich häufig irgendwo eingebrochen. Wir haben nichts geklaut, wir wollten das Adrenalin. Was ich sagen will ist: Deine kriminelle Ader ist wahnsinnig sexy."
Mara grinste. Sie stand auf, ging zum Sessel hinüber und rutschte auf Maurice Schoß. "Zwei Schwerverbrecher, ein Gedanke."
Ihre Finger tasteten über seine Wangen und fuhren die Linien seines Gesichts nach. Diese Augen, dachte sie. Blau war ihre Lieblingsfarbe, schon seit sie klein war. Sie mochte alle Schattierungen, aber seine Augenfarbe war ihr mit Abstand die liebste. Wie der Himmel am ersten sonnigen Frühlingsmorgen, wie das Wasser der Lagune an verregneten Tagen ... Wie Pokerchips, dachte Mara und kicherte.
Mara küsste ihn und er bemerkte, dass sich seine Herzfrequenz erhöhte. Was sollte nur werden, wenn er sie zurücklassen musste?

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