JustMeMiep

Der Duft der Räucherstäbchen erfüllt den Meditationsraum. Dies ist sein Rückzugsort, wenn Jungkook Ruhe und Entspannung braucht. Dort übt er auch seine Onlinekurse in Yoga und Meditation aus. Viele Menschen nehmen daran teil und mittlerweile kann er davon leben. Die Entspannungsmusik lässt ihn den vorherigen Streit mit seinem Freund Chan vergessen. Ein paar tiefe Atemzüge und er spürt, wie seine Emotionen herunterfahren. Leise beginnt er zu summen. Seine Muskeln und sein Geist werden ruhiger. Leicht bewegt er sich von rechts nach links. Seine Finger spielen an den Holzperlen seiner Kette. Diese ist ihm heilig.

Seit Wochen streiten sie sich über das Thema Hochzeit. Jungkook möchte sich endlich das Ja-Wort geben, bei einer spirituellen Hochzeit. Jedoch möchte Chan noch nicht heiraten und wenn, dann nur standardmäßig traditionell. Kookie versteht nicht, warum er noch nicht bereit ist. Seit einigen Jahren sind sie ein glückliches Paar. Sie haben sich auf einem Holi Festival kennengelernt. Nach ein paar Dates haben sie beschlossen, es zu versuchen. Und nach ein paar Monaten sind sie zusammengezogen.

Jungkook ist ein sehr eigensinniger Mensch und fast komplett das Gegenteil von Chan. Angefangen mit der Kleidung. Während Chan nur Markensachen trägt, trägt Jungkook weite Stoffhosen, selbstgemachte Batik Shirts und Schmuck komplett aus Holz. Seine Haare trägt er immer zu einem Dutt. Aber am allerwichtigsten ... keine Schuhe! Beziehungsweise, er trägt diese nur in Notfällen. Zum Beispiel bei schlechtem Wetter. Das Gefühl von schwitzigen Füßen mag er einfach nicht und diese beklemmende Enge. Nein, danke. Seine Füße sollen so frei sein, wie sein Geist. Er mag es, die Natur zu spüren und barfuß geht das am besten. Außerdem ist ohne Schuhe zu laufen sehr gesund. Oft schauen ihn andere Personen wirklich sehr schräg an. Jungkook hat sich aber daran gewöhnt. Bei seinem ersten Date mit Chan, kam er ebenfalls ohne Schuhe. Sein Freund jedoch fand das gut. Diese individuelle Art gefiel ihm von Anfang an.

Seine Meditation wird unterbrochen, als jemand gegen die Tür hämmert. Dumpf hört er die Stimme seines Freundes. Als Konter dreht er die Musik lauter und versucht, sich wieder zu konzentrieren. Jungkook möchte ihm gerade noch nicht unter die Augen treten. Denn er weiß, dass dann wieder die Fetzen fliegen würden. Also versucht er noch weiter zu meditieren, aber das Geklopfe geht ihm dann doch ziemlich auf den Zeiger. So kann er definitiv nicht abschalten. Wutentbrannt steht er auf und öffnet die Tür. Der ganze Duft der Jasmin-Stäbchen strömt in die Wohnung.

„Warum störst du mich? Du weißt, dass ich nach einer Auseinandersetzung Zeit für mich brauche!" Leicht angesäuert schaut Jungkook zu seinem Freund. Vielleicht sollte er einfach gleich ein Lavendelbad nehmen, dabei schön einen Baldriantee trinken. Am besten davor noch Yoga, damit er später ausgepowert ist und gut schlafen kann. Nun ist er so in seinen Gedanken versunken, dass er Chan nicht zugehört hat. Dieser schaut Kookie leicht panisch an. Diesen Blick kennt Jungkook nur allzu gut.

„Was hast du denn jetzt wieder verlegt? Sag mir nicht, es ist wieder dein Geldbeutel. Wir haben erst vor zwei Monaten deine Karten alle neu beantragt", seufzt er sehr genervt.

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„Wieso hörst du mir denn nicht zu?", wimmert Chan kindisch und verzieht dabei das Gesicht zu einem niedlichen Schmollmund, der Jungkook direkt weich werden lässt. Es ist schwer ihm nur einen Wunsch auszuschlagen, wenn er einen mit diesen großen, treudoofen Augen ansieht und die Lippe vorzieht. „Komm schon ..." Und dann auch noch so kindlich spricht. Er weiß ganz genau, wie er Jungkook besänftigt bekommt.

„Ich höre dir zu, versprochen", versichert Jungkook ihm und lehnt sich gegen den Türrahmen. In sein Zimmer lässt er Chan nicht. Zumindest nicht seitdem er das letzte Mal versucht hat hier sauberzumachen und dabei das Chi völlig durcheinandergebracht hat.

„Ich kann die guten Manschettenknöpfe nicht finden. Wir sind doch am Wochenende auf dieses Event von deiner Gruppe eingeladen ... du weißt schon. Was war das noch gleich – ach richtig. Die Spendengala und da wollte ich schon einmal mein Outfit zusammenstellen", plappert Chan ohne Punkt und Komma. Jungkook verzieht das Gesicht, greift sich an die Stirn und seufzt. Ist das sein verdammter Ernst? Darüber macht er sich jetzt Gedanken, nachdem was zwischen ihnen passiert ist? Klar. Jungkook weiß, dass sein Freund sich für solche Events immer viel Vorbereitung einräumt, weil er so nervös und unkoordiniert ist. Und auch, dass er sich mit solchen Dingen ablenkt, aber muss er deswegen jetzt so panisch sein?

„Du solltest es mal mit Atemübungen versuchen, Wölfchen. Du bist so unausgeglichen und schiebst für so einen Blödsinn voll die Welle. Das hat doch noch Zeit und außerdem würde ich es bevorzugen, wenn du nicht im Anzug dort erscheinen würdest. Ich werde dir helfen bei der Kleiderauswahl", sagt Jungkook und legt dabei seine Hände auf seine Schultern, „Tief einatmen ... und langsam wieder ausatmen." Macht er ihm vor und als er ihm endlich nachmacht, lächelt er, beugt sich vor und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn. Sein Freund ist wirklich sehr unausgeglichen, aber bisher hat er sich nicht zu einer seiner Stunden überreden lassen. Chan akzeptiert, was Jungkook tut, was er ist, aber er selbst ist kein großer Verfechter von diesen Praktiken.

„Also keinen Anzug?", fragt Chan, nachdem sich Jungkook gerade abwenden will, um weiter zu meditieren und seine innere Mitte wiederzufinden.

„Nein, Wölfchen. Keinen Anzug. Überlass das mir", bestätigt Jungkook ihm und schenkt ihm ein kleines Lächeln, ehe Chan zustimmend nickt und von dannen trottet. In diesen Momenten kann sich Jungkook immer wieder in diesen Mann verlieben. Dieser Schmollmund und der eingezogene Kopf. Am liebsten will er ihn sofort in eine schützende Umarmung ziehen, doch er tut es nicht. Stattdessen schließt er die Tür wieder und versucht erneut seine innere Mitte zu finden, was verdammt leicht ist, wenn man seine Ruhe hat.

Deutlich entspannter sorgt er noch für Ordnung, macht die Räucherstäbchen aus und verlässt schließlich sein Lieblingszimmer. Er weiß, dass Chan den Geruch nicht sonderlich mag, aber es ihm zuliebe zulässt. Chan schränkt sich selbst viel ein, was Jungkook nicht unbedingt als gut erachtet, weil es immer wieder zu Streitigkeiten führt. Den Gedanken schüttelt er schnell von sich ab und begibt sich ins Esszimmer, wo es wundervoll nach Essen duftet.

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Mit einem knurrenden Magen betritt Kookie die Küche. Dort sieht er schon, wie sein Freund am Herd steht und fleißig am Kochen ist. Selber kocht Jungkook nicht, denn er hat dafür einfach kein Talent. Schnell verlässt er die Küche und geht in den Essbereich, um Chan nicht weiter zu stören. Er setzt sich im Schneidersitz auf seinen Stuhl. Gedanklich stellt er schon das Outfit für seinen Freund zusammen. Ihm ist es bewusst, dass Chan sich in seiner Kleidung nicht wohlfühlen wird, aber er kommt mit und da muss er durch. Jungkook schätzt es sehr, dass sein Freund ihn da so sehr unterstützt. Wenn er darüber nachdenkt, lässt Chan eigentlich sehr viel zu. Jungkook ist sich bewusst, dass er manchmal etwas anstrengend und eigenartig ist. Dennoch hat er niemals versucht, irgendetwas Kookie auszureden.

Seine Gedanken werden unterbrochen, als Chan ihm den Teller mit Jaepchae hinstellt. Dabei lächelt sein Freund ihn zuckersüß an. Das schlechte Gewissen breitet sich langsam in Jungkook aus.

„Tut mir leid, Wölfchen wegen vorhin. Ich gehe dir mit dem Thema Hochzeit oft auf den Geist", entschuldigt sich Kookie bei ihm. Daraufhin kichert Chan nur.

„Es ist doch ok", sagt er nur und fängt an zu essen. Auch Jungkook beginnt zu essen und sein Gesicht ziert ein breites Grinsen.

„Das schmeckt wie immer sehr gut", lobt er seinen Freund. Stolz, wie Bolle, schaut Chan zu Jungkook.

Nach dem Essen gehen die beiden ins Schlafzimmer. Jungkook wühlt in seinem Schrank herum und findet ein blau/grünes Batik Gewand und sagt: „Schau Chan. Das kannst du anziehen. Ich weiß, du magst sowas nicht, aber alle laufen auf der Veranstaltung so herum." Kookie gibt Chan das Kleidungsstück. Erst schaut sein Freund skeptisch, aber dann probiert er das Gewand an. Für Jungkook sieht er nun so ungewohnt aus. Normal trägt Chan nur teure Markensachen.

„Das steht dir wirklich gut", sagt Kookie begeistert und Chan zupft an dem Gewand herum. Er scheint sich nicht ganz wohl darin zu fühlen, dennoch fügt er sich. Dann kramt Jungkook noch ein Paar Schuhe raus, die perfekt zu dem Outfit passen.

Die Tage vergehen im Flug und das Wochenende steht an. Es ist sechs Uhr in der Früh und Jungkook macht sich gerade im Bad fertig.

„Ich bin fertig, mein Häschen", sagt Chan vor der Badezimmertür. Kookie verlässt das Bad und schnappt sich seine handgeflochtene Tasche aus Pitrusgras. Dort verstaut er alles, was er benötigt.

„Hast du alles dabei? Handy? Geldbeutel?", fragt Jungkook sicherheitshalber nach. Chan nickt daraufhin und beide verlassen die Wohnung. Sie laufen Richtung Auto, da die Veranstaltung etwas weiter weg ist.

„Ich habe die Autoschlüssel vergessen. Warte du hier!", bemerkt Chan plötzlich und sprintet schnell zurück. Verwirrt schaut Kookie seinem Freund hinterher und schüttelt leicht seinen Kopf. Wenn sie nicht bald losfahren, kommen sie zu spät. Kookie mag es nicht zu spät zu der Veranstaltung zu kommen. Um neun Uhr beginnt seine erste gemeinsame Meditationsrunde mit seiner Gruppe. Mittlerweile ist es dreiviertel sieben und die Fahrzeit beträgt zwei Stunden. Langsam steigt der Stress und die Panik in ihm auf.

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Verfluchter Dreckmist. Warum muss ihm das ständig passieren? Wenigstens ist der Autoschlüssel nicht an seinem Schlüsselbund, sonst stünde er jetzt vor verschlossener Tür und Jungkook würde noch unruhiger sein. Hastig kramt er den Schlüssel aus seiner Jackentasche, muss aber auch in mehreren danach suchen, ehe er endlich in das Haus kann. Eilig jagt er durch den Flur und sieht auf der Ablage nach. Da, wo er eigentlich liegen soll, aber er kann ihn dort nicht finden. Er sucht alles ab, doch selbst hinter der Holzkommode ist der verdammte Schlüssel nicht.

Fahrig rauft er sich das schön gestylte Haar und jault auf. Er sinkt sogar auf seine Knie und will am liebsten anfangen zu heulen. Jungkook bringt ihn um und genau in dem Moment klingelt sein Handy.

Panisch sucht er danach und hebt ab, als er es endlich sicher in den Händen hält. Sofort schlägt ihm die aufgebrachte Stimme seines Freundes entgegen, der ihn ordentlich rund macht. Er hasst diese Momente. Das schlechte Gewissen erdrückt ihn.

„Es tut mir leid, Hässchen ... ich kann ihn nicht finden", jammert er gequält und lässt sich gegen die Wand sinken. Er fühlt sich erledigt und überhaupt nicht mehr in der Lage überhaupt zu diesem Event zu fahren.

„Wölfchen ... hey. Hör zu. Wir haben einen Ersatzschlüssel. Er ist im Schlafzimmer in meinem Nachtschränkchen in der Schatulle. Wir suchen ihn später. Irgendwo muss er ja sein. Okay?", versucht Jungkook ihn mit ruhiger Stimme zu beruhigen.

Chan nickt, rappelt sich auf und sucht nach der Schatulle in Jungkooks Schränkchen. Als er den Schlüssel findet, eilt er zurück zum Auto und hält dabei den Schlüssel hoch.

„Sehr gut, Wölfchen. Hast du dein Handy, Schlüssel und Portemonnaie?", fragt er und er checkt alles, ehe er nickt und einsteigt, „hast du auch abgeschlossen?" Überrascht hebt er den Kopf und sieht seinen Freund aus großen Augen an, während ihm ganz fürchterlich warm wird.

„Ist schon gut. Du atmest tief ein und aus, und ich schaue nochmal nach." Und da ist Jungkook wieder ausgestiegen und läuft zurück, während Chan zurück in den Sitz sinkt, seine Augen schließt und versucht, sich auf seine Atmung zu konzentrieren.

Viel zu oft fühlt sich Chan als wäre er ein kleines Kind, das nicht eigenständig leben kann. Jungkook versucht diese Eigenart von ihm gelassen zu nehmen, aber Chan weiß genau, dass es ihn ärgert. Genauso wie die Tatsache, dass er noch nicht bereit ist zu heiraten. Er mag den Gedanken ja irgendwie, aber es fühlt sich nicht richtig an. Es ist in ihrer Heimat nicht gestattet und Chan möchte nicht, dass sie nur in manchen Ländern als Eheleute gelten, deswegen wehrt er sich so vehement dagegen. Auch, weil er glaubt, dass Jungkook es nicht mehr lange mit ihm aushalten wird und das, obwohl er versucht, so viel Rücksicht auf ihn zu nehmen. Ihm Raum gibt und sich ausleben lässt, während er das Geld nach Hause bringt. Als Produzent nicht allzu schwer, aber manchmal wünscht er sich mehr Initiative von Jungkook.

Seine Gedanken brechen ab, als Jungkook sich auf den Beifahrersitz fallen lässt und sich anschnallt.

„Na los. Jetzt wird es höchste Eisenbahn, Wölfchen. Gib Gas!", fordert er und Chan folgt, auch wenn er Rasen so gar nicht mag. Er tut es für ihn – für seine große Liebe Jungkook.