~Kapitel 5~

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Kerim war in der Tat nicht sonderlich begeistert, als ich ihn fünf Minuten später zufällig am Aus­gang der Schule abfing und von den jüngsten Ereignissen berichtete. Während ich vor Aufregung brannte, hatte sich seine dunklen Augenbrauen zusammengezogen und sein ganzes Gesicht wirkte etwas verkniffen.

„Jetzt zieh nicht so ein Gesicht", tadelte ich ihn. „Nur weil du Casper nicht magst, heißt das nicht, dass er grundsätzlich ein schlechter Kerl ist. Und schließlich gehen wir morgen nur auf ein Date und nicht zum Standesamt, um zu heiraten."

Mein bester Freund sah immer noch nicht sonderlich überzeugt aus, seufzte aber resigniert. „Naja, du wirst es ja morgen sehen", meinte er dann.

„Genau. Was hältst du davon, wenn wir auf dem Weg nach Hause noch ein Eis essen gehen?", schlug ich vor. Auch wenn die Sonne heute durch die Wolken nicht so erbarmungslos auf uns nie­derknallte, stand sie doch hoch am Himmel und wärmte die Erde mit ihren Strahlen, sodass ein Eis zur Abkühlung sehr angenehm wäre.

Doch Kerim schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, Flo, ich muss noch etwas erledigen und muss des­halb direkt nach Hause. Soll ich dich trotzdem mitnehmen?"

Ich nickte, auch wenn ich etwas enttäuscht war, schließlich dauerte es nicht wirklich lange, ein Eis essen zu gehen. Ich hatte eher das Gefühl, dass es Kerim ernsthaft störte, dass ich morgen ein Date mit Casper hatte und dass er deshalb etwas Abstand wollte. „Ja, bitte", antwortete ich dann, ohne mir etwas anmerken zu lassen.

So gingen der große braunhaarige Junge und ich zusammen zu seinem alten Mofa, dass in einer Ecke des Lehrerparkplatzes abgestellt war. Kerim reichte mir seinen Zweithelm und setzte sich sei­nen eigenen auf. Dann stiegen wir auf und Kerim fuhr los. Der warme Sommerwind pfiff mir um die Ohren, während wir mit gemäßigtem Tempo die breiten Straßen der Millionenstadt entlangfuh­ren. Überall um uns herum wuchsen graue Gebäude aus dem Boden hervor. Natürlich gab es in Kreuzberg auch schöne Ecken mit Parks und Gewässern, in denen Menschen wie Casper wohnten, aber in der Richtung, in die Kerim und ich mussten, verdichteten sich die hässlichen Plattenbauten immer mehr. Eine Wüste aus Beton – erbarmungslos wie eintönig. Ich konnte es echt kaum erwar­ten, bis ich hier eines Tages wegzog.

Da ich vollkommen in meinen Gedanken versunken war, bemerkte ich erst als wir standen, dass wir bereits unser Hochhaus erreicht hatten. Ich stieg ab und gab Kerim seinen Helm zurück.

„Danke fürs Mitnehmen. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und wir sehen uns", meinte ich dann und winkte Kerim nochmal zum Abschied zu.

„Wünsche ich dir auch", erwiderte Kerim und ich wollte gerade loslaufen, als ich seine Stimme noch einmal hinter mir vernahm. „Flo?"

Ich drehte mich um und sah Kerim fragend an.

„Pass auf dich auf:"

Am nächsten Tag fieberte ich nur so dem Abend entgegen. Zum ersten Mal in meinem Leben würde ich ein richtiges Date haben, das war etwas ganz besonderes für mich. Casper hatte mich gestern Abend noch auf Whatsapp angeschrieben und angeboten, mich um sechs Uhr abends von zu Hause abzuholen. Im ersten Moment hatte ich gezögert, denn ich war mir nicht sicher, ob ich wollte, dass Casper wusste, wo beziehungsweise unter welchen Umständen ich wohnte. Aber dann hatte ich mich doch dafür entschieden, denn schließlich wollte ich ihm nichts vorspielen, sondern von An­fang an zeigen, wer ich wirklich war.

Kerim hatte sich hingegen gar nicht mehr gemeldet und ich hatte beschlossen, ihm ebenfalls nicht zu schreiben. Es war zwar süß, dass er sich um mich sorgte, aber ich wollte mir durch seine vermut­lich immer noch schlechte Laune nicht das Date mit Casper vermiesen lassen.

Um mich von dem aufgeregten Kribbeln in meinem Bauch abzulenken, das ich allein bei dem Ge­danken an den heutigen Abend verspürte, verbrachte ich die Zeit des Wartens damit, die ganze Woh­nung zu putzen und mit Ophelia zu spielen. Auch wenn unsere Mutter beruflich putzte, schaffte sie es nicht, unsere eigene Wohnung sauber zu halten. So hatte ich schon früh angefangen Aufgaben im Haushalt zu übernehmen, gerade in Bezug auf Ophelia. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich mehr wie eine Mutter für sie war, als unser leiblich Mutter.

So spielten Lia und ich den ganzen Nachmittag Rummy und Monopoly, bis ich anfing, mich fertig­zumachen.

Ich zog ein leichtes Sommerkleid an, das ich bisher nur ein oder zwei Male getragen hatte, da sich sonst nie die Möglichkeit ergeben hatte. Meine braunen Locken ließ ich dazu offen über meine Schultern fallen. Bei meinem Make-Up gab ich mir heute ausnahmsweise mal etwas mehr Mühe, mir gelang es sogar auf beiden Augen einen perfekten Lidstrich zu ziehen. Zufrieden betrachtete ich das Endergebnis im Spiegel.

„Wie sehe ich aus, Lia?", fragte ich meine kleine Schwester, die im Wohnzimmer auf dem Boden saß und mit ihren Schleichpferden spielte.

Der kleine Lockenkopf blickte zu mir hoch und ihre Augen wurden ganz groß bei meinem Anblick. „Du siehst toll aus, Flo! Keri-... ähmm ich meine Casper werden die Augen ausfallen."

Ein glückliches Lächeln schlich sich auf meine Lippen. „Dankeschön."

In diesem Moment klingelte auch schon die Gegensprechanlage und ich drückte den Summer. „Mama, müsste in einer halben Stunde zu Hause sein, wenn etwas sein sollte, kannst du aber auch einfach zu den Arslans gehen", gab ich Ophelia letzte Anweisungen. „Bis später."

„Tschüss und ganz viel Spaß!", wünschte meine kleine Schwester mir, da klopfte es auch schon an der Tür.

Mit schnellen Schritten lief ich hin und griff im Vorbeigehen nach meiner Tasche auf der Kommo­de, bevor ich Casper die Tür öffnete. Der blonde Junge grinste mir strahlend entgegen und in seiner Hand hielt er eine wunderschöne rote Rose.

Bei diesem Anblick begann sich mein Herzschlag augenblicklich zu verdoppeln und glückliches Kribbeln durchströmte meinen Körper und wärmte ihn von innen. Das war einfach so unglaublich romantisch – genauso, wie ich es mir gewünscht hatte!

„Ist die für mich?", fragte ich völlig gerührt mit einem Blick auf die Rose.

„Ne, eigentlich ist es mein Hobby, Rosen in fremden Treppenhäusern zu verteilen", antwortete Cas­per lachend. „Natürlich ist die für dich. Aber hallo erst mal."

Mit diesen Worten zog er mich in eine kurze Umarmung, die ich etwas überrumpelt erwiderte. Es war komisch, einem Jungen, den ich jahrelang für arrogant und unberührbar gehalten hatte, plötz­lich so nahe zu sein.

„Ich stelle die Rose eben in eine Vase, dann können wir los", meinte ich daraufhin und flitzte schnell in die Küche, um die Rose noch einmal neu anzuschneiden und ihr etwas Wasser zu geben. Dann lief ich auch schon wieder zur Haustür, wo Casper geduldig auf mich wartete.

Ich rief noch ein letztes „Tschüss" in den Flur, dann zog ich die Tür hinter mir zu. Casper und ich liefen gemeinsam die Treppen runter nach draußen, wo er mich direkt zu seinem Auto führte – ei­nem schwarz glänzenden Mercedes, der mitten im Halteverbot geparkt war.

„Ist das deiner?", fragte ich ein wenig zu überwältigt, während ich mich in den weichen Ledersitz gleiten ließ. Mit großen Augen blickte ich mich im Innenraum des Autos um – wahrscheinlich hatte ich noch nie in so einem teuren Schlitten gesessen.

„Ja, den habe ich zum achtzehnten Geburtstag bekommen. Ganz schön cool, oder?", kam es von Casper zurück und er strich sanft mit den Händen über das Lenkrad. Dann drehte er den Zündsch­lüssel im Schloss herum und brauste mit laut aufheulendem Motor los, sodass sich sogar einige Pas­santen nach uns umdrehten.

„Ja, ganz schön cool", antwortete ich und wollte gar nicht daran denken, wie viele Jahre meine Mutter für so einen Wagen arbeiten müsste, während Casper ihn einfach so als Geburtstagsgeschenk bekam. Zu seinem zwanzigsten Geburtstag würde er dann wahrscheinlich einen eigenen Privat-Jet kriegen... Zwischen uns lagen in dieser Hinsicht Welten.

„Du sag mal, Casper, seit wann weißt du eigentlich, dass du mich magst? Ich meine, wir hatten nie wirklich viel Kontakt miteinander", sprach ich dann die Frage aus, die mir seitdem ich gestern her­ausgefunden hatte, dass Casper mir die Liebesbriefe geschrieben hatte, im Kopf herumschwirrte. Ich war schließlich nicht auffällig in der Schule, ein Mädchen von vielen, gerade für den Schul-Star Casper.

„Ich finde dich schon länger ziemlich cool", antwortete Casper und beschleunigte, um bei einer Ampel, die gerade auf Orange umgeschlagen, noch mit rüberzukommen. „Mir gefällt es, dass du deine Meinung offen aussprichst. Du bist einfach authentisch und nicht so fake wie die meisten Mädchen in unserem Jahrgang. Ich weiß nur noch zu gut, wie du mich in Politik in Grund und Bo­den diskutiert hast, als ich meinte, dass ich für eine deutlich schärfere Regulierung der Einwande­rung nach Deutschland bin. Das war glaube ich der Moment, in dem ich angefangen habe, auf dich aufmerksam zu werden."

Ich sah ihn verblüfft von der Seite an, ich hatte niemals daran gedacht, dass Casper durch die hitzi­ge Diskussion, die wir vor den Sommerferien im Politikunterricht geführt hatten, positiv auf mich aufmerksam werden würde, höchstens negativ, schließlich war ich ihn auch ziemlich persönlich an­gegangen. Aber scheinbar hatte ich mich ein weiteres Mal in ihm getäuscht.

„Krass, das hätte ich echt nicht gedacht", sagte ich deshalb ein bisschen aus der Fassung gebracht, während Casper in diesem Moment auf den Parkplatz von Peter Pane rollte und sein Auto ge­schmeidig in einer Lücke zum Stehen brachte.

Wir stiegen aus und betraten das gut gefüllte Restaurant, wo eine Kellnerin uns zu einem Zweier­tisch in einer etwas ruhigeren Ecke brachte, was mir gut gefiel, denn dort konnte man sich besser unterhalten, schließlich hatte ich noch so viele Fragen an Casper. Die Kellnerin brachte uns die Speisekarten und Casper und ich beratschlagten gemeinsam, was wir bestellen sollten. Bisher hatte ich echt ein gutes Gefühl bei diesem Date. Natürlich unterschieden wir uns in vielerlei Hinsicht, aber Casper war definitiv nicht nur der doofe und überheblich Streber und Supersportler, für den ich ihn gehalten hatte.

„Jetzt habe ich aber mal eine Frage an dich, Flora", meinte Casper, nachdem wir unser Essen und Trinken bestellt hatten. „Warum hängst du eigentlich immer mit so Leuten wie Kerim und Lena rum?"

Casper stellte diese Frage zwar scheinbar ganz unverfänglich und ohne böse Absicht, aber die Ton­lage, in der er sie stellte und die Wortwahl verrieten etwas anderes. Ich merkte, wie sich ungutes Gefühl in meiner Magengegend bemerkbar machte – ich konnte es auf den Tod nicht leiden, wenn jemand schlecht über Personen sprach, die mir etwas bedeuteten. Ich sah Casper fest in seine blauen Augen und entgegnete dann scharf: „Du willst wissen, warum ich nicht mit den coolen Kids rum­hänge? Vielleicht aus dem Grund, dass die meisten von denen arrogante Vollidioten sind, die alle Leute in Schubladen stecken. Wer würde sich sonst selber schon als cool bezeichnen? Bei Kerim und Lena weiß ich wenigstens, dass unsere Freundschaft echt ist."

Für einen Moment nahm ich wahr, wie Caspers Gesichtszüge etwas entgleisten, doch er fing sich schnell wieder und setzte ein Lächeln auf. „So war das doch gar nicht gemeint, ich wollte dich nicht runtermachen, nur weil du mit denen befreundet bist. Ich hatte auch mal einen Freund, der drogen­abhängig war, das zeichnet dich doch aus, wenn du dich trotzdem mit solchen Menschen abgibst."

Ich starrte Casper fassungslos an, in der Hoffnung ich hätte mich gerade verhört, doch scheinbar hatte ich das nicht. „Willst du mir gerade ernsthaft sagen, dass Kerim drogenabhängig ist?", fragte ich trotzdem noch einmal nach. Ich konnte mich dabei nur noch mit Mühe beherrschen, innerlich war ich bereits kurz vorm Explodieren.

„Naja, für mich zählt Marihuana schon zu Drogen. Ich finde es echt schlimm, dass solche Leute auch noch die deutsche Staatsbürgerschaft kriegen. Nur am kiffen und faulenzen und nichts für die Gesellschaft tun", redete Casper weiter, als würde er gar nicht merken, was gerade in mir vorging.

Das war zu viel für mich! Mit diesen Worten hatte er das Fass zum Überlaufen gebracht. Wutent­brannt sprang ich auf. „Du bist ein verdammtes, rassistisches Arschloch, Casper! Wie kann man nur so etwas sagen? Du hast doch keine Ahnung!", schrie ich ihn an, auch wenn wir uns mitten in einem Restaurant befanden.

Doch in diesem Moment war es mir vollkommen egal, dass sich alle Blicke auf uns richteten, nein eigentlich war es mir sogar Recht – sollte die ganze Welt doch sehen, was für ein mieser, scheinhei­liger Dreckskerl Casper war! Wie hatte ich mich nur so von ihm blenden lassen – nur weil er tolle Briefe schrieb, hieß das noch lange nicht, dass er plötzlich ein ganz anderer Mensch war.

Anscheinend hatten sich alle meine Vorurteile gegenüber ihm als richtig erwiesen und Kerims Skep­sis war mehr als berechtigt gewesen. Ich fühlte mich in diesem Moment so wütend und verarscht, dass ich mein Glas ergriff und es Casper mitten ins Gesicht kippte.

„Fick dich, Casper! Und nur, dass du es weißt, Kerim kifft nicht!"

Mit diesen Worten stürmte ich aus dem Restaurant und ließ den sprachlosen Casper einfach sitzen. Doch noch nicht mal das brachte mir Genugtuung, ich war so unfassbar wütend auf ihn und die gan­ze Welt. Wie konnte man nur so eine verquere Wahrnehmung wie Casper haben, das war doch krank! Gleichzeitig mischte sich aber zu der ganzen Wut, die ich verspürte, die Trauer und Enttäu­schung. Anscheinend hielt mein Leben doch keinerlei Romantik für mich bereit, sondern nur ein Arschloch nach dem nächsten.

Energisch griff ich in meine Tasche, in der ich die beiden Liebesgedichte aufbewahrt hatte und zer­riss sie kurzerhand in Fetzen. Dann setzte ich mich auf den Bordstein und starrte den grauen Beton der Straße an. Die Wut in mir nahm dabei von Minute zu Minute ab und wich dem immer stärker werdenden Gefühl der Einsamkeit. Ich fühlte mich plötzlich so schrecklich einsam und verloren in den belebten Straßen Berlins.

Auch wenn viele Fußgänger an mir vorbeiliefen oder Autofahrer an mir vorbeifuhren, streifte ihr Blick mich nur kurz, ohne dass sie mich wirklich wahrnahmen. Alleine unter Menschenmassen.

Und in diesem Moment merkte ich, dass ich gerade nur nach einer einzigen Person sehnte. Kerim, der Kopf zu meinem Herz.

Ohne nachzudenken, zückte ich mein Handy und rief ihn an. Er nahm direkt beim ersten Klingeln ab.

„Hey, Flo. Ist alles gut bei dir?", fragte er, als würde er ahnen, dass etwas passiert war.

„Nicht so ganz, könntest du mich vielleicht abholen, wenn ich dir meinen Standort bei Whatsapp schicke?", bat ich ihn flehentlich. Ich wollte einfach nur weg von hier und mich am liebsten für den Rest des Abends in Kerims starken Armen vergraben.

„Klar, ich komme so schnell ich kann", versprach mein bester Freund mir sofort, ohne überhaupt wissen zu wollen, was los war.

Wir legten auf und die nächsten Minuten wartete ich ungeduldig, bis ich endlich Kerims rostiges Mofa um die Ecke biegen sah. Er machte neben mir Halt und nahm den Helm ab. Aus seinen gro­ßen braunen Augen sah er mich besorgt an. „Was ist passiert?"

„Casper ist passiert", antwortete ich und fuhr mir frustriert durch die Haare. Der Abend war echt ein totaler Reinfall gewesen. „Er hat so gemeine Sachen über meine Freunde gesagt, dass ich ihn ange­schrien habe und ihm meine Fanta ins Gesicht gekippt habe, um dann aus dem Restaurant zu stür­men. Dieser Typ ist ein verdammter, verwöhnter, völlig realitätsferner Idiot, ach ja außerdem ist er auch noch dezent rechts-gesinnt", berichtete ich, wobei meine Stimme sich beinahe überschlug. Ich war immer noch total aufgebracht.

Kerim schien das ebenfalls zu merken, denn er setzte sich zu mir auf den Boden und legte mir beru­higend eine Hand um die Schulter. „Ganz ruhig, du kannst nichts dafür, dass Menschen so sind, wie sie sind. Manche sind leider mit deutlich weniger Gehirn gesegnet als andere."

Ich merkte, wie ich durch Kerims Berührung und seine vertraute Stimme langsam wieder etwas runterkam und atmete mehrfach tief durch. „Du hast Recht", sagte ich dann. „Aber ich kann einfach nicht glauben, dass ausgerechnet er mir diese Liebesgedichte geschrieben haben soll, das passt ein­fach alles nicht zusammen."

Aus dem Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Kerim verlegen im Nacken kratzte und ich spürte, wie sich sein Körper etwas anspannte. „Da gibt es noch etwas, das ich dir erzählen muss", meinte er zö­gerlich.

„Ich habe ja gesagt, ich weiß, von wem die Briefe stammen und damit meinte ich ganz sicher nicht Casper. Ich habe dir diese Briefe geschrieben, Flora. Weißt du noch, wie du bei uns auf dem Dach gesagt hast, wie sehr du dir etwas Romantik als Ausbruch aus deinem grauen, eintönigen Alltag wünschen würdest? Ich wollte dir diesen Wunsch unbedingt erfüllen und habe angefangen, dir an­onym Liebesgedichte zu schreiben. Als du dann angefangen hast, nachdem Autor zu suchen, bin ich ganz schön in Bedrängnis geraten, denn ich wollte unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Aber nach reichlichem Überlegen habe ich mich doch dazu entschieden gehabt, mich dir zu zeigen und einen Treffensvorschlag gemacht. Leider war Casper am falschen Ort zur falschen Zeit und ist noch dazu auf auf die Brief-Geschichte mit aufgesprungen, sodass du fälschlicherweise davon ausgegan­gen bist, dass er der Autor ist. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht früher gesagt habe, aber ich hatte echt Angst davor, unsere Freundschaft zu gefährden. Ich mag dich ein bisschen zu sehr als für eine ganz normale beste Freundin, Flora."

Der Blick, den Kerim mir nachdem er geendet hatte, zuwarf, war so verletzlich, so nackt. Er hatte mir gerade sein größtes Geheimnis offenbart und bangte nun auf meine Reaktion. Doch ich fühlte mich völlig außer Stande, ihm irgendwie zu antworten oder auch nur die kleinste Regung von mir zu geben.

Wie festgefroren saß ich auf dem Bordstein, während die Gefühle in meinem Inneren tobten. Kerim hatte tatsächlich Gefühle für mich – mein bester Freund war in mich verliebt! Es war, als wäre mei­ne ganze Welt mit einem Mal auf den Kopf gestellt worden, doch zu meinem Erstaunen fühlte sich das noch nicht mal so schlecht an.

Im Gegenteil, es fühlte sich sogar ziemlich gut an, so gut, dass es in meinem ganzen Körper zu krib­beln begann. Und in diesem Moment begann ich zu realisieren, dass ich Kerim vielleicht auch ein bisschen mehr als nur als besten Freund mochte.

„Warum hast du mich denn nie nach einem Date gefragt? Ich hätte Ja gesagt", stieß ich leise aus.

Ich sah, wie sich unweigerlich ein Lächeln auf Kerims Gesicht breit machte. „Dann frage ich dich eben jetzt: Würdest du mir die Ehre erweisen, auf ein Date mit mir zu gehen; Flora Meyer?", fragte er.

„Ja", hauchte ich als Antwort und meine Augen strahlten für einen Moment mit denen von Kerim um die Wette.

Dann legte ich meinen Kopf an seine starke Schulter und schloss die Augen. Es fühlte sich einfach so richtig an.

„Ich habe noch etwas für dich. Den Brief wollte ich dir eigentlich heute Mittag auf dem Schulhof geben, aber da haben wir uns ja verpasst", holte mich Kerim in die Realität zurück. Ich schlug die Augen wieder auf und nahm mit klopfendem Herzen das gefaltete Papier entgegen. Dann faltete ich es auf und las Kerims letzten Brief an mich:

graue Wände, kalte Mauern
hier kann nicht viel überdauern
Blumen gehen täglich ein
denn der Platz ist viel zu klein
beengt, von den Betonmassen
kein Ort ist ihnen gelassen
doch eine hält sich weiterhin
steht im Chaos mittendrin
gibt nicht auf und will noch leben
bringt den Boden zum Erbeben
Steine springen, Beton zerreißt
durch diese sich die Blume beißt
egal wie schwer, sie gibt nicht auf
nimmt jede Herausforderung in Kauf
nur um die Sonnenstrahlen zu sehen
im Licht endlich aufzugehen
frei zu sein, von all dem Teer
denn es gibt noch so viel mehr!

~~~~~~~

Das, meine lieben Freunde, war Blumen im Beton! 🎉

Vielen Dank an alle, die Flora und Kerim auf ihrer Reise begleitet haben, ich habe mich riesig über eure ganzen Votes und Kommentare (auf die ich in den nächsten Tagen auch endlich antworten werde😅) gefreut!💗

Viele haben ja schon geahnt, dass Kerim der geheime Briefeschreiber ist, aber manchmal sieht man das nicht, was einem direkt vor Augen ist.

Wer weiß, vielleicht werde ich nächstes Jahr wieder einen Adventskalender machen, denn es hat mir sehr viel Spaß gemacht!💗

Ansonsten wünsche ich denen, die feiern, ganz frohe Weihnachten und denen, die nicht feiern, schöne freie Tage!😇🎄

Wir lesen uns in meinen anderen Büchern!

Bis dahin, macht's gut

Eure Amy

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