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„Tu das nicht", schluchze ich, während Max mich den Flur entlang zerrt. Wir kommen dem Zimmer mit dem Bett immer näher. Seit Max' Satz, der alles in mir gefrieren ließ, hat er kein Wort mit mir gesprochen. Ich hingegen habe ihn in einem Schwall angefleht und geweint und mich versucht aus seinem Griff zu winden. Als ich mich geweigert habe, die Treppe hoch zu gehen, hat er mir mit solch einer Kraft eine gescheuert, dass ich sicher hingefallen wäre, wenn er mein Handgelenk nicht festgehalten hätte.

Mein Gesicht ist tränennass, jetzt, da wir nur noch ein paar Meter davon entfernt sind, dass er mich wieder einsperrt und seine Ankündigung wahr macht.

Etwas in mir sagt mir, dass er vielleicht lügt. Dass er nur blufft und mich damit gefügig machen will. Dass er mich mit meiner eigenen Angst zu steuern versucht.

Aber was ist, wenn es keine Lüge ist?

„Bitte, Max", heule ich, als er die Tür zu dem kleinen Zimmer aufzieht und mich schweigend ansieht. „Bitte tu ihnen nicht weh."

Er ist vollkommen ruhig, strahlt eine tiefe Gelassenheit aus und lässt sich kein bisschen von meiner Hysterie beeindrucken, während ich tausend Tode sterbe.

„Weißt du, Lilly", beginnt er plötzlich leise. „Es war ein Test. Ich hab die Tür mit Absicht aufgelassen und ich hab das Fenster mit Absicht nicht verschlossen. Abgesehen davon, dass jede verdammte Fluchtmöglichkeit hier von mir persönlich mit Bewegungsmeldern ausgestattet wurde. Du wusstest, was du riskierst und du bist trotzdem aus diesem Fenster gesprungen." Langsam geht er rückwärts, zieht mich mit sich in das Zimmer, während ich kaum noch Luft bekomme, so sehr muss ich weinen. „Ist irgendwie deine eigene Schuld, oder?"

Ich will ihm wiedersprechen. Will ihn anschreien, dass es nicht meine Schuld ist, weil er das Arschloch war, dass mich entführt hat. Dass ich absolut nicht dafür verantwortlich bin. Dass er ganz allein das Problem ist.

Ich male mir aus, dass ich so laut kreische, bis ich explodiere.

Aber ich halte den Mund, weil ich Angst habe und weil er am längeren Hebel sitzt und weil womöglich meine Schwester und mein bester Freund die Konsequenzen eines weiteren Wutausbruchs meinerseits tragen würden.

Sie werden leiden, weil ich zu langsam war.

Ich bereue es nicht, es versucht zu haben. Ich bedaure, dass ich gescheitert bin.

„Pass auf, Lilly-Schatz", sagt Max sanft wie flüssiger, klebriger Sirup. „Du legst dich jetzt hin, schläfst ein bisschen und ich kümmere mich um den Rest. Morgen ist ein neuer Tag und ich bin mir sicher, dass du mich nicht nochmal enttäuschen wirst."

Er kümmert sich um den Rest.

Ein Piepen dringt durch mein Ohr, wird lauter und lauter. „Was hast du vor?", frage ich. Meine Stimme ist so dünn, dass ich erstaunt bin, überhaupt noch einen Ton raus zu bekommen.

Max lächelt. Er lächelt dieses schiefe, unschuldige, grausame Lächeln mit seinen hellen, finsteren, unmenschlichen Augen.

Und dann explodiert tatsächlich etwas in mir. In einem Anfall purer Panik stürzt mein Körper Richtung Tür, will an Max vorbei schießen und los rennen, einfach raus aus diesem Zimmer, das mich vollkommen machtlos zurück lassen würde. Einen ganz kurzen Moment lang wirkt es fast so, als würde Max es zulassen, doch als ich die offene Tür fast erreicht habe, spüre ich seine Hand in meinem Rücken. Er verpasst mir einen Schubser nach vorne, ich kann mich nicht halten und stoße mit der Stirn gegen etwas Hartes, vermutlich den Türrahmen.

Die Lichter in meinem Kopf erlischen so schnell, als hätte jemand die Sonne ausgeknipst.


Ein pochender, drückender Schmerz empfängt mich mit offenen Armen, als ich zu mir komme. Ich liege nicht mehr auf dem nackten, kalten Boden sondern im Bett, zugedeckt bis zum Kinn. Als würde demjenigen, der mich auf die Kissen gebettet hat, wirklich etwas an mir liegen.

Aber ich bin Max egal.

Nein, das stimmt nicht. Wenn ich ihm egal wäre, würde er nicht so viel Aufwand nur meinetwegen betreiben. Er hasst mich und das ist noch viel schlimmer als Gleichgültigkeit.

Mein Bewusstsein wackelt gewaltig, als ich mich etwas zu hastig aufsetze. Kurz kneife ich die Augen zusammen und fahre mit der Hand vorsichtig an die Stelle, mit der ich auf einen viel zu harten Widerstand gestoßen bin.

Erst ertaste ich eine Beule, gefühlt so groß wie ein Hühnerei, doch als ich dann meine Finger prüfend vor das Gesicht halte, klebt schmieriges, dunkles Blut an meinen Fingerkuppen. Trotzdem kämpfe ich mich hoch, wanke ein paar Schritte vorwärts, muss mich aber an der Wand abstützen, weil mir furchtbar schwindelig ist. Die Zähne zusammenbeißend setze ich einen Fuß vor den anderen, bis ich an der Tür angelangt bin.

„Max!", versuche ich zu rufen, doch meine eigene Stimme verstärkt den Schmerz hinter meiner Stirn so sehr, dass ich es nicht nochmal versuche. Stattdessen klopfe ich immer wieder gegen das Holz.

Iimmer und immer wieder bis ich endlich ein Geräusch auf der anderen Seite höre. Doch statt eines Klickens im Schloss, zieht Max die Tür einfach auf, was mich dermaßen überrascht, dass ich nach vorne stolpere, weil ich mich an der Tür abgestützt habe.

„War doch offen, wieso bist du nicht raus gekommen?", fragt Max und hält mich, bevor ich auf die harten Dielen stürze, weil ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Vorhin hat er mich nicht gehalten, sondern mir einen finalen Stoß verpasst.

„Du blutest 'n bisschen", stellt er nüchtern fest. „Das sollten wir desinfizieren und verbinden."

Entschieden winde ich mich aus seinen Händen und sehe ihn fest an. „Was hast du mit ihnen gemacht?"

Sein Gesicht verschwimmt vor meinen Augen.

„Ich habe gar nichts gemacht", behauptet er und greift nach meinem Arm, weil nur mühevoll gerade stehen kann.

Verdammt, das war eine Spur zu viel. Das kann ich nicht so einfach wegstecken wie die Schnittwunden oder den Treppensturz.

„Du hast gesagt, du tust ihnen weh", sage ich leise mit zitternder Stimme.

Er legt den Kopf schief. „Jaaaah, aber doch noch nicht jetzt. Ich muss mir doch erst überlegen, wie ich das mache. Und außerdem wollte ich dich fragen, was du für die beste Bestrafung hältst."

Fassungslos schüttele ich seine Hand von mir und gehe einige Schritte rückwärts. Einerseits bin ich erleichtert, dass er noch nichts gemacht hat, andererseits ist mir bei seinem letzten Satz noch eine Spur schlechter geworden.

„Warum tust du das?", frage ich, in meinem Nacken prickelt es.

Max runzelt die Stirn. „Sie bestrafen? Na, weil du aus dem Fenster gesprungen bist."

Ich schüttele den Kopf. „Das meine ich nicht. Warum bist du so? Warum tust du das alles hier? Was genau habe ich dir getan?"

Er verdreht übertrieben die Augen. „Also, jetzt bist du zwar wirklich mit dem Kopf gegen etwas Hartes gestoßen, aber dass du deswegen alles vergisst, worüber wir bereits geredet haben, hätte ich trotzdem nicht gedacht."

„Hör auf damit!", werde ich plötzlich laut. Und es ist mir egal, wie schwer mir das fällt und wie stark mein Kopf dröhnt, denn ich bin so, so unfassbar wütend auf Max.

Er verändert seine Haltung fließend. Tonlos strafft er die Schultern und schafft es irgendwie, noch ein bisschen größer als ohnehin zu erscheinen. „Sonst was?"

Schnaubend beiße ich mir auf die Lippe, um ihn nicht aus Versehen zu beleidigen. Wobei aus Versehen mit voller Absicht gewesen wäre. Aber so weit darf ich es nicht kommen lassen. Genau da will er mich nämlich haben.

„Sag mir einfach, wie es sein kann, dass eine Abfuhr, die fünf Jahre zurück liegt und nicht das geringste bisschen mit dir zu tun hatte, einen absoluten Psycho aus dir gemacht hat."

Jetzt habe ich ihn doch beleidigt. Blöd gelaufen.

Innerlich mache ich mich darauf gefasst, dass er mich erneut ins Gesicht schlagen wird, weiche aber kein Stück zurück oder mache mich klein. Stattdessen halte ich seinem Blick starr stand und verziehe keine Miene. Überraschenderweise ist er es, in dessen Blick ich als erstes so etwas wie eine Regung erkenne. Fast bilde ich mir sogar ein, einen winzigen Moment lang eine Spur Unsicherheit in seinen Zügen identifizieren zu können. Er weicht meinem Blick aus, räuspert sich und fixiert mich dann umso stärker und – ich kann mir nicht helfen – irgendwie weicher. Keine Ahnung, wie das möglich ist.

„Vielleicht war ich ja schon immer ein Psycho und du hattest einfach Pech, dass ich ausgerechnet dir verfallen bin."

Scheinbar hat er vor, das so stehen zu lassen, denn er wendet sich von mir ab und will Richtung Treppe gehen, doch diesmal bin ich diejenige, die ihn zurückhält.

„Wenn...wenn es so ist", setze ich an, als er sich stirnrunzelnd zu mir dreht, weil ich nach seinem Unterarm gegriffen habe und ihn auch jetzt nicht los lasse, da ich spontan beschlossen habe, meine Strategie zu ändern. „Dann musst du doch wollen, dass es mir gut geht."

Kurz denkt er nach, sein Blick wandert zwischen meinen Augen hin und her. Dann zuckt er mit den Schultern. „Das wäre vielleicht normal und nett. Aber ich bin weder das eine noch das andere. Und du hast mir sehr weh getan, Lilly, auch wenn es Jahre her ist und möglicherweise nicht deine Absicht war. Nein, ich weiß ganz sicher, dass es nicht deine Absicht war, mir weh zu tun, weil du im Gegensatz zu mir ein guter Mensch bist, aber ich kann mir nicht helfen: seit ich dich kenne und du nicht mir sondern diesem Vollidioten alles von dir geschenkt hast, will ich nur eine Sache. Und zwar, dass du es bereust und genau den gleichen Schmerz empfindest wie ich und ich will, dass es dich genau so zerstört wie mich. Und es ist mir egal, für wie krank du mich hältst und dass du mich dafür hasst. Für mich gibt es kein Zurück mehr."

Mit diesen Worten löst er sich von mir und ich lasse es wortlos zu, weil das, was er gesagt hat, plötzlich viel präsenter und viel betäubender ist, als es der Schmerz in meinem Kopf je sein könnte.

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