Jimin

Ohne mein zutun wanderte mein Blick doch wieder zu ihm hin. Er hatte sich kaum verändert. Er war nervtötend gutaussehend, charismatisch und hatte ein ansteckendes Grinsen, dass er nur zu gern zu schau trug. Er trug seine Haare etwas kürzer als im letzten Jahr. Sie waren nicht mehr schwarz gefärbt, sondern hatten ein dunkles Braun, dass fast aussah, als sei es seine Naturhaarfarbe. Doch was wusste ich schon? 

Wieder nahm ich mein Handy vor, in der Hoffnung beschäftigt auszusehen.

Er trug eine Lederjacke und ich fragte mich, wie er so in der Witterung draußen überlebte. Es war saukalt. Wo er wohl unter gekommen war? Die Bungalows, so wie der von meinen Eltern zum Beispiel, gehörten eigentlich Privatpersonen, aber das bedeutete nicht, dass diese Personen sie nicht vermieten würden, oder?

Gerade als ich darüber nachdachte, schob sich der Stuhl mir gegenüber zurück. Oh fuck, oh fuck, oh fuck. Ich ließ den Kopf gesenkt, aber meinen Blick nach oben wandern. Dreist wie er war, hatte er sich ohne zu fragen zu mir gesetzt, stützte jetzt den Kopf auf der Hand ab und sah mich einfach nur an.

"Hey Jimin", grüßte er und ich zog nur eine Augenbraue hoch. Ich senkte den Blick wieder zu meinem Telefon. Was würde Yoonji tun? Ich würde Yoonji sein, so mindestens die nächste halbe Stunde.

"Mit wem schreibst du?", fragte er. Das... war doch nicht sein Ernst? "Mit dir nicht", antwortete ich schnippisch, "denn schließlich bekomme ich deine Nummer ja erst, wenn du nichts anderes mehr zum vögeln hast." Er lehnte sich etwas zurück. "Darüber muss ich noch mit dir reden", ging er gleich darauf ein, doch ich blockte ab. "Nein, danke. Kein Bedarf. Tut mir Leid, dass du gerade niemand anderen hast, aber ich will deine Handynummer echt nicht mehr haben."

Er lachte leise.

Was war daran bitte zum Lachen? Er schürte nur meine Wut damit. Ich warf ihm einen angepissten Blick zu und legte mein Telefon zur Seite, denn Jinhae kam, um mir mein Essen hin zustellen. Ich zog mir den Teller ran und versuchte den jungen Mann mir gegenüber zu ignorieren.

"Was wenn ich dir sagte, dass ich nur wegen dir hier bin?", drang seine tiefe, warme Stimme an mein Ohr und mein pathetischer Arsch wollte schmelzen. Was war nur los mit mir? Wie wenig Selbstachtung musste man haben, wenn man darauf hereinfiel?

"Dann sage ich dir, dass du dann ja gleich wieder fahren kannst", antwortete ich und begann zu essen. "Ich muss mich bei dir entschuldigen", begann er doch ich viel ihm ins Wort. "Ja genau, dafür, dass du deine Hackfresse in mein Gesichtsfeld geschoben hast und auch für den furchtbaren Haarschnitt. Oder was meinst du? Ich mein, sonst fällt mir gar nichts ein, dir?" Ich tat als müsste ich scharf nachdenken.

Uhhhhhhh, burn baby, burn. Yoonji wäre stolz auf mich.

"Ich weiß was du machst", sagte er mir einem Grinsen. "Du  machst diese was-würde-Yoonji-sagen-Taktik." Ich wurde augenblicklich rot, denn ich fühlte mich ertappt. "Deine Schwester ist eine gemeine Frau." Ich biss die Zähne zusammen. "Was willst du? Bist du gekommen, um meine Schwester zu beleidigen?"

"Nein.... natürlich nicht... tut mir Leid", er sah auf und warf mir einen  filmreifen Welpenblick zu. Ich lehnte mich zurück. Was zum... Wie sollte man da... ? "Hör auf damit!", zischte ich und konzentrierte mich wieder auf mein Essen, das ich ihm am liebsten ins Gesicht geworfen hätte. "Kann ich dich zu deiner Hütte begleiten?", fragte er. "Nein", antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. "Dann anders: Ich begleite dich zu deiner Hütte."

Ich sah wieder nur auf. Wie konnte man nur so dreist sein? "Ich sagte nein." "Jimin, es ist wichtig." "Mein Seelenheil ist wichtig und das hab ich sicher nicht, wenn ich dich Arschgeige noch mal an mich ran lasse und jetzt lass mich in Ruhe." Er stand auf und ich atmete erleichtert auf. Es war unnormal, was er für eine Wirkung auf mich hatte.

Es war, als würde mein Körper sich genau an ihn erinnern und er war auch ein verdammter Verräter, allein schon, wenn ich seine Stimme hörte. Wieso nur hatte ich ihn so vermisst? Er hatte ja unmissverständlich klar gemacht, dass ich nichts weiter gewesen war, als ein Zeitvertreib. Doch die paar Tage davor waren wohl einfach zu schön gewesen, um sie zu vergessen. Ich war zu glücklich gewesen.

Er ging zurück zu seinem Tisch und ich folgte ihm mit den Augen. Unglücklich biss ich mir auf die Zunge. Dann aß ich auf und bezahlte, ehe ich mich wieder anzog und hinaustrat in die dunkle Kälte. Erneut krackselte ich den Berg hoch zu unserer Hütte und gerade als ich losging, hörte ich Schritte hinter mir. Fast panisch drehte ich mich um, doch es war nur Hoseok, der seine Drohung wahr machte und mir in eine dicke Jacke eingemummelt folgte.

Ich war ihm einen bösen Blick zu, doch er lachte nur. "Jiminie, mach das nicht, das ist zu süß." "Fick dich." Er schloss zu mir auf und stapfte neben mir durch den Schnee. "Spar' es dir", fuhr ich ihn an. Er sagte dazu nichts, sondern lief einfach weiter neben mir her. Was ist denn los mit ihm? Warum folgte er mir? Warum war er so hartnäckig?!

Ich kam an der Hütte an und wollte meinen Schlüssel möglichst schnell hervor kramen, um ihn los zu werden, doch beim kramen stellte ich fest, dass ich den Schlüssel nicht mal mitgenommen hatte. Scheiße. Panisch kramte ich noch etwas weiter und Hoseok sah mir dabei zu. Dann fasste er mir auf die Schulter und schob mich sanft etwas zur Seite.

"Keine Panik Jiminie. Ich mach das schon", sagte er und kniete sich vor das Schloss, ehe er Dietriche hervorzog. "Was machst du da?!", entfuhr es mir. Er seufzte nur und knackte das Schloss innerhalb von Sekunden, als würde er das jeden Tag machen und hielt mir dann die Tür auf. "Das ist eine der Sachen über die ich mit dir sprechen wollte..."

Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Ich schlüpfte wortlos durch die Tür und schmiss sie mit einem: "Äh, danke?!" hinter mir zu. Dann lehnte ich mit dem Rücken an die Tür und schloss die Augen.

Er wollte mit mir reden? Warum? Wieder und wieder gingen mir seine letzten Worte durch den Kopf. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass ich ihn wieder sehen würde. Was wenn ich dir sage, dass ich nur wegen dir hier bin?

Was wenn ich dir nicht glaube?

ErinTempel Creativity_Square

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AN/
Und damit starten wir heute wieder :)
Schönen ersten Weihnachtsfeiertag und lasst ein bisschen Liebe für unsere Dongsaengs da ^^
Erin :3