Immer, wenn wir eine Geschichte vor uns haben, benötigen wir etwas, ohne das sie gar nicht existieren könnte: jemanden, der sie erzählt.

Hier steht man als Autor/Autorin vor einer wichtigen Entscheidung, denn es gibt
verschiedene Perspektiven und Arten zu erzählen. Welche ist aber die Beste?
Im Folgenden werde ich die verschiedenen Möglichkeiten vorstellen und ein paar Empfehlungen abgeben, wann sie sich jeweils am besten eigenen.

Normalerweise kennen wir zwei Erzählperspektiven: die erste und die dritte Person Singular. Auch "Er-Erzähler" und "Ich-Erzähler" genannt.

Der Ich-Erzähler ist eine sehr persönliche Art zu erzählen, da wir uns auf nur eine Perspektive beschränken. Man steckt quasi im Kopf dieser Person und nimmt alles aus ihrer Sicht wahr. Das bezieht sich auf körperliches Empfinden, Gefühle, aber auch moralische Überzeugungen, Werte und Vorurteile. Unsere Wahrnehmung ist sehr unterschiedlich, auch deshalb, weil wir Dinge unterschiedlich gewichten. Der Eine mag ein bestimmtes Auto kaum bemerken, während es einem Anderen sofort auffällt, weil es das Modell ist, das er aus der Kindheit kennt.

Warum ist das aber so wichtig? Wenn wir einen Ich-Erzähler wählen, so sollten wir uns auch darüber Gedanken machen, wie er erzählt. Denn die Erzählweise muss zum Charakter der Figur passen. Und noch viel wichtiger wird das, wenn aus mehreren Perspektiven berichtet wird und für beide der Ich-Erzähler gewählt wurde. Wird das gemacht, müssen sich die Erzählstile unbedingt voneinander unterscheiden, da es sich ja um unterschiedliche Personen handelt. Das zu erreichen ist sehr schwer, weshalb ich normalerweise davon abrate, zwei Ich-Erzähler zu haben.

Was ist aber die Alternative? Die andere Möglichkeit, die auch deutlich mehr Spielraum bezogen auf die Perspektiven zulässt, ist der Er-Erzähler. Hier haben wir zwei Möglichkeiten ihn anzuwenden. Das Eine ist, der personale Er-Erzähler. Er berichtet aus der Perspektive einer einzigen Figur und weiß immer nur so viel wie sie. Theoretisch kann man hier auch weitere Sichten hinzunehmen, wobei der Erzähler aber immer nur das Wissen der Figur hat, die er gerade verfolgt. Die zweite Möglichkeit ist der auktoriale Erzähler. Er ist gelöst vom Geschehen und kann es kommentieren, da er mehr weiß als die Charaktere. Hier ist es auch nicht so wichtig, dass der Erzähler die gleichen Merkmale der Figur hat, da es ja auch eine Person sein kann, die gar nicht an der Handlung teilnimmt.

Wenn man sich aber für Perspektivwechsel entscheidet, egal in welcher Erzählweise, wie kann man die Figuren voneinander abgrenzen? Zuerst einmal sollte man sich Kategorien überlegen, in denen Menschen sich unterscheiden können. Dann sucht man sich in dieser Kategorie verschiedene Merkmale heraus.

Sprachlich wären das zum Beispiel:
- gewisse Worte und Ausdrücke, die oft verwendet werden
- bestimmte Metaphern und Redewendungen, die oft eingesetzt werden
- Satzlänge (kürzer, länger, verschachtelt)
- Einsatz vieler Fachbegriffe oder Umgangssprache
- sehr bildhafte oder eher nüchterne Sprache
- Einsatz bestimmter Stilmittel (z.B. Metaphern, Sarkasmus, Übertreibungen, Aufzählungen)

Bezogen auf die Wahrnehmung währen das zum Beispiel:
- ein bestimmter Sinn wird bevorzugt (z.B. Sehsinn, Gerüche,...)
- Wahrgenommenes wird unterschiedlich bewertet
- abhängig von Hobbys und Interessen werden gewisse Dinge ausführlicher beschrieben oder führen zu einer Erinnerung oder einem Vergleich mit eigenen Erfahrungen

Bezogen auf Moralische Vorstellungen und Werte wären das zum Beispiel:
- Religiöse Überzeugungen
- Neigung zum schnellen Verurteilen
- Fixierung auf die eigene Person oder Blick auf andere
- Priorisierung eigener Bedürfnisse oder der anderer

Das sind nur ein paar mögliche Punkte, die Personen voneinander abgrenzen können. Wem noch mehr einfällt, kann es gerne in die Kommentare schreiben.

Ich hoffe, dass dieses Kapitel dem Ein- oder Anderen helfen kann die Erzählperspektive zu wählen, die am besten zur eigenen Geschichte passt.