53 Efeu und Vitamine

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Die nächste Aufgabe bestand darin, einen geeigneten Platz für ein Lager, irgendwo zwischen der Blockhütte und den Wild Falls, zu finden. Samiya hätte nie gedacht, dass es so schwer sein könnte, sich für eine passende Stelle zu entscheiden. Zumindest mit Carag und Jeffrey schien es nahezu unmöglich. Sie waren nun schon fast eine Stunde unterwegs und immer passte irgendetwas nicht. Wenn Carag eine Stelle vorschlug, hatte auf jeden Fall Jeffrey etwas auszusetzen und umgekehrt war es genauso. Wenn das so weiterging, würde zumindest sie einfach auf einem Baum schlafen, obwohl das in Menschengestalt wohl etwas unbequem war, denn verwandeln sollten sie sich ja nicht. An die vielen Stechmücken hier in der Nähe des Sees wollte sie gar nicht erst denken...

„Weißt du was Samiya? Entscheide du einfach, wo wir das Lager aufbauen. Ich bin mit allem zufrieden. Jeffrey und ich werden uns heute sowieso nicht mehr einig. Bist du einverstanden, Jeffrey?" Carag schaute seine Teammitglieder abwartend an. Jeffrey zuckte die Schultern.

„Von mir aus. Ich hab eh langsam genug von der Lauferei. Außerdem hab ich Hunger..."

„Oh Wunder. Und ihr seid sicher, dass ihr nicht gleich wieder was zu meckern findet? Vorhin hattet ihr an meinem Vorschlag ja auch allerlei auszusetzen." Samiya sah die beiden skeptisch an. Carag lächelte sie etwas müde an.

„Nein, nein, leg los, ich sag nichts mehr..." Er verstand selbst nicht, warum sie beide vorhin Samiyas Vorschlag nicht einfach zugestimmt hatten. Irgendwie wollten sie wohl selbst die beste Stelle finden, nur hätte ihm ja eigentlich längst klar sein können, dass er und Jeffrey es mit der Einigkeit nicht so leicht hatten...

Jeffrey hatte schon seinen Rucksack abgestellt und zog ein Sandwich aus der Provianttüte heraus.

„Also gut. Dann bleiben wir doch einfach hier. Es ist eine ebene Stelle, wir haben Bäume als Schutz ringsum und zu weit entfernt sind wir auch nicht. Samiya stellte ebenfalls ihren Rucksack ab und holte etwas von ihrem Vesper heraus.

„Snacktime würde ich sagen!"

Die nächste Aufgabe war klar, das Zelt musste aufgebaut und alles für eine Übernachtung bereit gemacht werden. Doch die nächsten Probleme ließen auch hier nicht lange auf sich warten.

„Sagt mal, habt ihr in euren Rucksäcken noch irgendwo so dünne Schnüre? Die sind hier beim Zelt nicht dabei und ohne die kann man es nicht aufbauen..." Samiya hatte das ganze Zelt vor sich am Boden ausgebreitet, die langen Stäbe waren schon in den Schlaufen, Haken lagen ringsum aber Schnüre waren keine in Sicht.

„In meinem Rucksack sind keine Schnüre, die müssten doch beim Zelt dabei sein, oder? Carag, du hattest doch das Zelt, ist in deinem Rucksack nichts mehr?" Jeffrey deutete auf Carags Rucksack.

Carag überprüfte noch mal sein Gepäck und schüttelte dann den Kopf.

„Bei mir ist nichts..."

„Dann hast du die Schnüre wohl bei der Hütte liegen lassen. Wenn man dich etwas machen lässt – war ja klar, dass jetzt was fehlt..." Jeffrey schenkte Carag ein provozierendes Grinsen. Carag schüttelte nur den Kopf. Er würde sich jetzt nicht aufregen. Leichter gesagt als getan...

„So ein Quatsch, da lag nichts mehr, ich hab genau geschaut bevor wir los sind!"

„Das sagst du! Bestimmt hast du sie übersehen!"

„Und warum hast du dann nichts bemerkt wenn du ach so schlau bist?"

„Weil ich mit den Schlafsäcken und Isomatten beschäftigt war! Außerdem war das Zelt dein Part!"

„Eben. Und ich sag ja, ich hab alles eingepackt was da war!"

„Dann müssten sie ja hier sein!"

„Jeffrey..." Carag schüttelte frustriert den Kopf, schaute aber trotzdem nochmal in allen Fächern und Taschen nach. Nichts. So ein Mist!

„Hey ihr zwei! Habt ihr schon mal dran gedacht, dass das vielleicht Absicht ist? Vielleicht gehört das dazu? Wir müssen das Problem eben gemeinsam lösen." Samiya dachte schon nach, wie man die fehlenden Schnüre ersetzen könnte. Sie hatte zwar ein langes Seil, aber das war zu dick und vielleicht brauchten sie das ja für was anderes...

„Ja also Carag, dann streng dich mal an!" Jeffrey nahm sich einen handgroßen Stein und fing an, die Haken rings um das Zelt mit den Bodenschlaufen in die Erde zu schlagen.

„Vielen Dank Jeffrey. Teamwork ist echt eine Freude mit dir!"

„Ich hab die Schnüre ja nicht vergessen..."

„Ich auch nicht, das sag ich doch schon die ganze Zeit!"

„Könnt ihr vielleicht mal aufhören?! Also wirklich, ich hab so langsam echt genug von euch!"

Samiya packte ihren Rucksack und stapfte einige Meter weiter in den Wald. Diese beiden waren ja nicht auszuhalten! Auf keinen Fall würde sie mit denen in einem Zelt schlafen. Dann schon lieber ein paar Stechmücken! Außerdem gab es hier im Wald dieses Kraut. Der Name fiel ihr grade nicht ein... Wenn man sich damit einrieb, blieben einem die Mücken vom Hals. Na also. Sie dachte kurz nach und begann dann mit dem Seil und einer Decke eine Hängematte zwischen zwei Bäumen zu bauen. Sie hatte das mit Raja schon öfter so gemacht, also war sie recht schnell fertig. Perfekt. Samiya legte sich in ihr frisch konstruiertes Werk und warf einen Blick zu der Stelle wo das Zelt lag. Nanu? Keine Streiterei mehr? Carag und Jeffrey saßen tatsächlich nebeneinander und unterhielten sich leise. Vielleicht sollte sie die beiden öfter mal allein lassen?

„Hör zu Carag, ich find's zwar echt ätzend, dass wir beide nun zusammen in dieser Gruppe stecken, aber lass uns ab jetzt irgendwie halbwegs friedlich miteinander auskommen, ja? Ich versuch auch meine Klappe zu halten, zumindest wenn du dich nicht all zu bescheuert anstellst..." Mit einem schiefen Grinsen sah Jeffrey Carag an. Na das waren ja ganz neue Töne. Woher kam plötzlich dieser Sinneswandel? Carag musterte sein Gegenüber mit skeptischem Blick. Wollte Jeffrey ihn auf den Arm nehmen? Jeffrey bemerkte wohl, dass Carag ihm die Friedensnummer nicht ganz abnahm, er schüttelte einmal den Kopf und stieß dann deutlich hörbar die Luft aus.

„Ich will einfach nicht, dass Samiya wegen uns der ganze Spaß an der Sache verdorben wird. Sie kommt bestimmt auch ohne uns klar, aber besonders schön ist das dann nicht gerade. Außerdem will ich nicht mit dir allein in einem Zelt schlafen..."

„Pfff, gleichfalls ..." Carag dachte kurz nach. Es war offensichtlich, dass Samiya von ihnen beiden schon mehr als genervt war. „In Ordnung. Ich bin einverstanden. Bist du sicher, dass du mit der Tatsache klar kommst, dass ich diese Schnüre nicht vergessen hab?" Carag grinste Jeffrey nun ebenfalls an.

„Nun hör schön auf! Komm, lass uns Samiya holen und endlich dieses bescheuerte Zelt aufbauen." Jeffrey verdrehte zwar die Augen, aber um seinen Mund spielte doch ein kleines Lächeln.

***

Auch Hollys Gruppe hatte inzwischen einen Lagerplatz gefunden. Da es Cliff und Henry ziemlich egal war, wo sie das Zelt aufbauten, hatte Holly den schönsten Platz unter einer großen, wunderbar zum Klettern geeigneten Kiefer ausgewählt. Jetzt waren sie alle hungrig und packten die Tüten mit dem Proviant vor sich aus.

„Sag mal, Holly, das sieht mir nach verdammt viel Nusscreme und Nussmix aus... hast du auch irgendwas anderes eingepackt?" Henry schaute zweifelnd auf die vielen Päckchen, die jetzt ausgebreitet vor ihnen lagen.

„Äh, ja, da müsste noch eine Tüte mit Bananen und Karotten und so sein... lauter gesunde Sachen!"

Bei ihren Worten ließ Cliff sich mit einem lauten Stöhnen nach hinten fallen.

„Ich glaub für mich wird das dann ein Fastentag..."

„Hast du keine Sandwiches, Räucherwürstchen oder so eingepackt?" Henry sah Holly ungläubig an? Er kam zur Not zwar schon mit Nussmix und Banane klar, aber Cliff?

„Öhm... hab ich irgendwie gar nicht dran gedacht... naja, wir können ja auch nochmal zurück und Nachschub holen..."

„Besser früher als später!" Cliff setzte sich auf und drehte skeptisch ein Glas Nusscreme in der Hand hin und her. „Das Zeug ess ich auf jeden Fall nicht!"

***

„Also, irgendjemand 'ne Idee, wie wir jetzt das Zelt ohne diese Schnüre aufstellen?" Jeffrey blickte fragend von Samiya zu Carag.

„Ich hab schon die ganze Zeit überlegt, außer Efeuranken fällt mir nichts ein, aber an den Bäumen da drüben wächst genug." Samiya deutete mit dem Kopf auf die hohen Eichen ganz in der Nähe. Carag folgte ihrem Blick mit zweifelnder Miene.

„Meinst du das hält?"

„Müsste eigentlich. Solange kein Sturm kommt. Obwohl, vielleicht würde es sogar dann noch halten..."

„Tarzan haben sie ja auch ausgehalten..." Jeffrey zuckte mit den Schultern und lachte kurz. Carag sah ihn etwas verständnislos an.

„Wer ist Tarzan?"

„Ach Jeffrey meint den Dschungelheld aus einem Buch. Der hatte aber Lianen, Jeffrey!" Samiya schaute den Wolfswandler an, als hätte er das Wichtigste im ganzen Buch verpasst.

„Ach, kommt doch auf's Gleiche raus... Lianen oder Efeu, Hauptsache, es hält."

Eine ganze Weile waren sie damit beschäftigt, genug Efeuranken von den Bäumen zu reißen. Es stellte sich als schwieriger heraus als gedacht, der Efeu war nämlich ein sturer Geselle, der nicht vorhatte, die Rinde der Bäume so einfach aufzugeben.

Als sie endlich genug hatten und das Zelt damit gesichert und gespannt war, waren alle drei erstmal ziemlich erledigt.

„Und all der Aufwand weil wir uns nicht verwandeln sollen. Überleben in der Wildnis, als Mensch. Wozu? Sollte ich je allein weit weg in der Wildnis sein, würde ich mich als Allererstes verwandeln, ist doch ganz klar!" Carag beäugte das kleine Zelt, das sie mehr schief als gerade zusammengebastelt hatten mit misstrauischem Blick. So als erwarte er, dass es jeden Moment wieder in sich zusammenfallen würde.

„Vielleicht kannst du dich aus irgendeinem Grund einmal nicht verwandeln? Oder es sind andere Leute dabei, keine Woodwalker." Samiya kannte diese Argumente von ihrem Opa. Sie waren oft als Menschen unterwegs bei den White Falls gewesen, hatten im Wald übernachtet, oft sogar ohne Zelt, weil ihr Opa befunden hatte, dass es wichtig sei, in beiden Gestalten zurecht zu kommen.

„Ist doch egal Leute, jetzt steht das verflixte Zelt jedenfalls, Zeit zum Chillen würde ich sagen!" Jeffrey ließ sich nach hinten fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Für sein Verhältnis war das erstmal genug Anstrengung gewesen.

„Du bist ja lustig. Wir haben noch mehr Aufgaben zu erledigen, schon vergessen?" Samiya griff sich den Plan aus ihrem Rucksack und faltete ihn auseinander. Kurz blieb es still, während sie den Text studierte.

„Und, was steht da?" Carag schielte ebenfalls auf die bedruckten Seiten.

„Da geht's um unser Abendessen. Habt ihr schon mal geangelt?" Samiya ließ den Plan sinken und schaute fragend auf ihre beiden Kollegen. Carag schüttelte den Kopf.

„Also ich nicht..."

„Natürlich müssen wir die Angeln erstmal bauen, nehm' ich an?" Jeffrey hatte sich aufgesetzt und nahm Samiya gerade den Plan aus der Hand.

„Erraten." Samiya lachte leise.

„Was auch sonst..." Seufzend stand Jeffrey auf.

„Einen Rest Proviant haben wir ja noch." Samiya griff nach ihrem Rucksack und zog eine mittelgroße Tüte mit recht buntem Inhalt hervor. Auf Jeffreys Gesicht erschien ein leicht leidender Ausdruck.

„Meinst du etwa die Äpfel und Karotten, die du so großzügig eingepackt hast?"

„Ja, wieso? Äpfel sind doch lecker! Und seeeeeehr gesund!" Auf Samiyas Gesicht erschien ein unschuldiges Grinsen.

„Ach, so hungrig bin ich grade nicht..." Jeffrey warf noch einen letzten Blick auf die seeeeehr leckeren Äpfel und – igitt – noch gesünderen Karotten, bevor er seinen Rucksack schnappte.

„Na dann - lasst uns ein paar von diesen Fischen fangen gehen, bevor ich aus lauter Verzweiflung noch von dem Vitaminzeugs essen muss..."

Lachend und mit erstaunlich guter Laune machten die drei Abenteurer sich auf den Weg zum großen See. Carag schnappte sich noch einen Apfel aus Samiyas Vitamintüte. Eigentlich waren Äpfel gar nicht mal so schlecht. Zumindest in Menschengestalt schmeckten sie sogar ziemlich gut ...

***


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