Der Moderator

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Blaue Haare auf bläulich schimmernder Haut. Vanitas fragte sich langsam, ob er dieses Cafe nicht doch lieber hätte meiden sollen. Es sah nicht so aus als wäre hier das Publikum vertreten, unter dem er sich am wohlsten fühlte. Als Antwort gab es also nur ein knappes Nicken. Sie begann sofort zu lächeln und entblößte spitz gefeilte Zähne. Er ertappte sich bei dem Gedanken, wie es wohl wäre sie zu küssen. Ob sie ihm irgendwie mit den Zähnen in die Lippen schneiden würde?

Sie drehte sich zu ihrer Freundin, die ein Netzmuster auf dem Gesicht hatte. Als Vanitas sie betrachtete, während sie näher kam, sah er, dass es Narben waren. Jedoch gewollt zugefügte Narben. Er sog scharf die Luft ein.

Die Spinnennetzfrau war eindeutig nervös, nestelte mit schlanken Fingern an den rauen Handflächen herum. An manchen Stellen ihrer Hände waren Teile der Haut abgeschabt, es sah aus, als wären die Wunden seit Jahren nicht zum Verheilen gekommen. Sie war dünn und stand sehr eng neben der blauhaarigen. Diese strahlte ihn an, dunkle, viel zu große Pupillen umrahmt von einem lila Ring schienen ihn starr zu durchbohren. Ihre Augen lächelten nicht mit.

„Ich bin Grace, das ist Holly. Wir sind von einem Magazin für Modifikation, vielleicht schonmal etwas davon gehört...", begann die Blauhaarige, aber der Moderator unterbrach sie.

„Wahrscheinlich nicht."

Sie lachte und zeigte wieder die spitzen Zähne. Er ahnte schon, wo es hin ging. „Es heißt Body Art. Vor ein paar Jahren haben Sie mal einen sehr unangebrachten Kommentar dazu gemacht. Ich wollte gern wissen, ob sich diese negative Haltung mittlerweile geändert hat?"

Er atmete tief ein und zwang sich zu einem Lächeln. „Kunst hat viele Facetten und Formen. Meine Ästhetik ist vielleicht nicht eure Ästhetik und andersherum, aber beides ist nunmal existent, beide Ideale stehen nun hier im Raum."

„Also gefällt es Ihnen immer noch nicht, ja?", fragte die dünne Holly leise und drehte ihr Gesicht zur Seite.

„Das habe ich nicht gesagt. Aber gut, lasst mich eine Gegenfrage stellen: Würdet ihr gern einen Anzug tragen, oder ein Abendkleid, und eure Gesichter anpassen lassen?"

„Anpassen, woran denn?"

„An die ausgerechnete und ausgemessene Norm dessen, was für das menschliche Auge am Attraktivsten ist." Er merkte, dass sein Hals enger wurde und er schluckte. Dass sie das Gespräch aufzeichneten stand außer Frage, sie waren schlechte Journalistinnen ohne Erfahrung, ohne Werte und ohne klares Vorangehen.

„Nein", antwortete Grace. Sie verschränkte die Arme. „Und wissen Sie auch, wieso nicht?"

„Nein, aber ich werde es vermutlich gleich erfahren."

Holly zuckte zusammen als sie die leichte Veränderung im Tonfall hörte. Er sah sie aufmerksam an, und ließ dann den Blick wieder zurück zu Grace wandern. Er verzog seine Lippen zu einem dünnen Strich mit den Mundwinkeln nach oben zeigend. Es sah furchtbar aus. Aries brachte den Kaffee und den Pudding, er hatte für Vanitas Geschmack viel zu lange gebraucht für eine so simple Aufgabe. Er nickte nicht, sondern nahm nur die Tasse entgegen. Aries und Holly tauschten einen Blick, das nahm er aus den Augenwinkeln wahr. Aber Grace hielt seinem Blick stand. Etwas in ihm sagte ihm, dass sie gerade dachte, sie würde triumphieren.

„Wir nehmen Unterschiede wahr und akzeptieren sie."

Er zog die Augenbrauen hoch. „Ich habe doch auch gerade eingeräumt, dass es unterschiedliche Positionen gibt. Unterschiedliche Ansichten."

Holly lächelte. Es sah seltsam aus wenn ihre Lippen sich auseinander zogen, sie waren irritierend gespalten durch das Spinnennetz darauf. „Aber eine Anpassung an eine errechnete Norm negiert doch Unterschiede."

Beide begannen zu lächeln, und nickten während ihre Augen sich etwas verklärten. Vanitas nahm einen Schluck Kaffee und merkte, wie ihm kurz das Gesicht entglitt. Er schnaubte halb belustigt, halb genervt.

„Ihr wisst aber schon, dass es nicht nur ein Gesicht gibt was sich jeder machen lässt, oder?", jetzt lächelte er süffisant und merkte es, konnte es aber nicht kontrollieren. „Obwohl, ich muss zugeben dass es eine äußerst lustige Vorstellung ist. Jeder mit dem Selben Gesicht, vielleicht dann auch noch mit dem Selben Körper? Dann könnten wir eigentlich gleich Masken tragen. Es gibt doch auch eine Gruppe, die das macht, oder irre ich mich jetzt...."

Grace fuhr ihm dazwischen: „Mit einer Anpassung wird aber eine Vereinheitlichung erreicht, das ist doch klar."

„Und eine Vereinheitlichung negiert Unterschiede. Wo wir dann wieder an diesem Punkt wären", fügte Holly hinzu, die mittlerweile nicht mehr ganz so schüchtern wirkte.

Vanitas lehnte sich zurück und schaute genervt. Er verschränkte die Hände hinter seinem Kopf, starrte den Blumen in die Gesichter und nach einem Moment der Ruhe lehnte er sich wieder vor. Die Frauen hatten sich mittlerweile an den Tisch gesetzt, ohne ihn vorher gefragt zu haben.

„Nun gut", setzte er erneut an, diesmal etwas milder. „Vielleicht habe ich mich einfach sehr unglücklich ausgedrückt. Es wird im Volksmund eben Anpassung genannt, wobei das die Praktik nur zu Teilen beschreibt, also ein unzulänglicher Begriff ist. Was tatsächlich gemacht wird ist, dass individuell bei jedem Gesicht bestimmte Facetten hervorgehoben und andere etwas in den Hintergrund gestellt werden. Je nach dem, was man möchte, ist der Eingriff größer oder auch geringer. Das sind Praktiken, die die Menschheit schon seit Jahrhunderten vollzieht."

„Es ist aber nicht natürlich und gleicht uns einander an."

Holly hatte den Satz ausgespuckt, als wäre er giftig gewesen. Vanitas biss sich auf die Zunge, um nicht ausfallend zu werden. Er erinnerte sich nicht daran, nach einem solchen Gespräch gefragt zu haben oder darum gebeten zu haben. Er wollte doch nur ein wenig Zeit totschlagen. Letztlich tat er das auch, er schlug Zeit tot, aber nicht mit angenehmen Dingen. Langsam löffelte er ein wenig Blutpudding in den Mund und kaute. Er schmeckte nicht schlecht, aber auch nicht gut. Wenn er die Frauen ignorierte, würden sie dann gehen? Einen Versuch war es wert, und Vanitas widmete dem Pudding eine immense Aufmerksamkeit, wie noch selten ein Gericht sie erfahren hatte. Der Pudding zerschmolz auf seiner Zunge und rann ihm den Rachen hinab.

„Wir gehen nicht weg, nur weil du uns ignorierst."

Vanitas schluckte hart.

Grace beugte sich vor, sah ihm ins Gesicht. „Es werden Anpassungen schon bei Kindern durchgeführt, bevor diese überhaupt anfangen ausgewachsen zu sein oder wissen, was das bedeuten kann."

„Ja, aber viele der Fälle sehen auch eine medizinische und psychologische Notwendigkeit. Ein Kind mit Ohren, so groß wie Teller, wird einfach in der Schule ausgelacht. Das kann doch nicht sein, dass ihr das wollt."

Holly lachte leise. „Es entscheiden die Eltern und die Ärzte, was gemacht wird. Und schon bei den geringsten Kleinigkeiten eingegriffen, und das dann in vollem Maße. Gesichter werden nicht mehr nur angepasst, sondern völlig umgekehrt!"

„Das finde ich wirklich nicht passend, wirklich nicht. Außerdem habt ihr eure Gesichter auch extrem entstellt, ich meine, vom Original abgewandelt.", brummte er.

Graces Augen wuchsen gefühlt auf die doppelte Größe heran, sie schlug die Hand vor den Mund und auch Holly begann wieder, an ihren Fingern herum zu pulen. Jetzt hatte er es aber wirklich gewagt. Wäre ihm das bloß nicht so heraus gerutscht.

„Entstellt?!", keifte Grace, und er sah, dass sie übertrieb. Absichtlich.

Holly rieb sich die Augen.

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