22| Eicheln

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Nie wusste ich sie so zu schätzen wie jetzt - die Zeiten, in denen ich noch wusste, wem ich vertrauen konnte.

~ Kalie

~~

KALIE

Augenblicklich richtet sich meine Aufmerksamkeit wieder auf die drei Jungs im Schatten der Bäume, und ich spüre, wie sich mein Magen nervös zusammenzieht. Besonders als Liam den Kopf hebt, fast als habe er meinen Blick gespürt.

Wieder funkelt mir dieses unwirkliche und gleichzeitig umwerfend schöne Himmelblau entgegen, lässt mich unwillkürlich erstarren und meine Gefühle durcheinanderwirbeln.

Warum?

Warum nur fühle ich mich so eigenartig, wenn diese blauen Augen auf mir liegen?

Mit einem kaum merklichen Kopfschütteln verbanne ich die Frage, deren Antwort mir ohnehin unbekannt ist, aus meinem Gehirn und ignoriere genervt das aufgeregte Pochen meines Herzens. Jetzt ist nicht die Zeit für Gefühlsduseleien.

Je eher wir Dylan seine Handtücher bringen, desto schneller bin ich wieder in sicherer Entfernung bei Elias, um ihm mit seinen Verletzungen beizustehen.

Er ist derjenige, dem ich meine Aufmerksamkeit widmen sollte.

Nicht Liam, oder gar Dylan.

-

„Hey ihr zwei, gut dass ihr da seid!", begrüßt uns Eric mit einem müden Lächeln. Seine braunen Haare sind leicht zerzaust, als wäre er mehrmals mit der Hand durch sie hindurch gefahren und seine mahagonifarbenen Augen wirken müde.

Sobald er sich wieder an Dylan wendet, verstehe ich wieso. „Du müsstest dich jetzt ganz vorsichtig zur Seite neigen, damit ich eines der Handtücher unter deinen mittleren Rücken schieben kann. So können wir deine Wirbelsäule stabilisieren und retten, was zu retten ist", bittet er den Verletzten, der seine Worte jedoch nur mit einem abweisenden Blick bedenkt.

Er schnaubt. „Wenn ich mich bewege, bricht dieses Wirbelteil doch komplett – also nein danke!"

Jamie und ich werfen uns einen vielsagenden Blick zu, wobei ich nicht umhin kann, so etwas wie Mitleid für den übellaunigen Schwarzhaarigen zu empfinden.

Allem Anschein nach, befindet er sich kurz vor einer Querschnittslähmung.

Und das alles, wegen eines dummen Spiels.

„Vielleicht solltest du doch mal ausprobieren, was Kennway sagt", erhebt da Liam, der sich bis jetzt erstaunlicherweise aus dem Gespräch rausgehalten hat, seine Stimme. „Soweit ich weiß, studiert er Medizin. Und ohne dir zu nahe treten zu wollen, ich bin mir sicher, er hat mehr medizinisches Wissen über dein Rückenmark als du."

„Besser als sein Musikgeschmack können seine Kenntnisse ja nur sein", frotzelt Jamie unverfroren von der Seite, was ihm von mir einen empörten Stoß in die Rippen einbringt.

„Lass ihn doch mal, er will nur helfen!", verteidige ich Eric im Flüsterton und hebe meinen Ellenbogen ein weiteres Mal als stille Drohung, sobald Jamie seinen Mund wieder öffnet.

Jedoch hat Dylan den Kommentar bereits aufgeschnappt. „Medizinische Kenntnisse?" Er lacht freudlos auf. „Der Typ studiert Tiermedizin! Sehe ich etwa aus wie ein Hund?"

Liam zieht eine Augenbraue hoch. „Naja, strenggenommen-"

„Schnauze!"

Kurz zuckt der Mundwinkel des Blauäugigen amüsiert, ehe er sich wieder an Eric wendet. „Ignoriere ihn bitte einfach. Dankbarkeit zeigen war noch nie wirklich Dylans Stärke." Er wirft unserem Amateur-Sanitäter ein versöhnliches Lächeln zu, das mich einen Augenblick lang aus der Bahn wirft.

Zwar sehe ich die Falschheit dieses Lächelns, das nicht seine Augen erreicht, aber trotzdem wundere ich mich über die Tatsache, dass der Junge, dessen Mund in meiner Gegenwart bis jetzt nur Drohungen, Beleidigungen und Ähnliches verlassen haben, tatsächlich in der Lage zu sein scheint, normal mit anderen, menschlichen Wesen zu reden.

Eric schüttelt seufzend seinen Kopf, scheint dann aber seinem wohl charakteristisch bedingtem Helfersyndrom nachzugeben und streckt die Hand nach Jamie aus. „Gib mir mal dein Handtuch."

Mit unverkennbar stolzer Miene überreicht der Rotschopf, der nur auf diesen Moment gewartet zu haben scheint, ihm seinen sorgfältig ausgewählten Stofffetzen, wobei er es sich nicht nehmen lässt, diesen dabei zufällig zu entfalten.

„Ein fettes, gehörntes Pferd mit Glubschaugen – sagt mal wollt ihr mich eigentlich alle verarschen?! Das pack ich nicht unter meinen Rücken!"

„Aber es passt doch perfekt zu dir!", erwidert Jamie charmant lächelnd, woraufhin ich den unwiderstehlichen Drang verspüre, meine Augen zu verdrehen.

„Es hat eindeutig deine Ignoranz und deine Neigung auf Dingen – in diesem Fall ein Regenbogen – herumzutrampeln."

Auch wenn ein kleiner Teil sich insgeheim über Dylans Gesicht, welches eine Mischung aus Wut und Entsetzten widerspiegelt, freut, langsam erreichen diese Streitereien wirklich Kindergartenniveau.

Sehnsüchtig werfe ich einen Blick über die Wiese, zu der Stelle wo Clary neben Elias sitzt und sich lachend mit ihm unterhält, während sie seinen Körper notdürftig mit Moos abstützt.

Am liebsten würde ich sofort aufstehen, um Jamie und Dylan, die sich nun eifrig über den Kleidungsstil des Rothaarigen zanken, hinter mir zu lassen und stattdessen etwas zu tun, das unsere recht missliche Lage irgendwie voranbringt.

Auch Eric wirkt dem Streit zusehends überdrüssig, was sich anhand seiner schnellen, fast schon ruppigen Bewegungen, mit denen er versucht die Blutung an Dylans linkem Oberarm zu stoppen, vermuten lässt.

„Jungs!", erhebt der hilfsbereite Junge mit den braunen Locken schließlich das Wort und unterbricht damit Jamies entrüstete Argumentation.

„Es ist doch verdammt nochmal egal, wer was trägt!" Sichtlich bemüht, ruhig zu bleiben, deutet er auf das breite Lederarmband an Jamies Handgelenk, welches der Rothaarige nicht einmal zum Schwimmen abgelegt hat. Offensichtlich ist es ihm sehr wichtig.

„Jamie kann sein Armband tragen, du kannst deine Frisur behalten ich ich kann endlich dieses weiße Baumwollhandtuch um deinen Arm binden, okay?"

~~

Einige quälende Minuten später erklärt Eric die provisorische Erstbehandlung von Dylan endlich für abgeschlossen, sodass wir uns am Waldrand entlang wieder zurück zu Elias und Clary begeben.

Genießerisch schließe ich einen Moment lang die Augen und lasse die betörend nach Blumen und Laub riechende Sommerluft durch meine Lungen strömen. Die zeitlose Harmonie des Augenblicks wirkt wie Balsam auf meine Nerven, die unter dem Anblick des vielen Blutes, der Sorge, Dylans und Jamies Streitereien, und nicht zuletzt unter dem durchdringenden Blick von Liam ziemlich gelitten haben.

Alles wird gut!, verspreche ich mir bestimmt, während ich die Erinnerung an die zwei saphirblauen Diamanten, deren Blick ich immer wieder auf mir gespürt habe, in die hinterste Ecke meines Gedächtnisses verbanne.

Ich muss diesen Jungen verdammt nochmal endlich aus meinem Kopf bekommen!

Denn wenn mich die letzten Stunden etwas über Liam gelehrt haben, dann ist es die Tatsache, dass er Schwierigkeiten bringt.

Und Schwierigkeiten sind das Letzte, was ich aktuell gebrauchen kann.

Gedankenverloren schweift mein Blick über die Wiese, auf der nach all der Aufregung wieder eine eigenartig befremdlich wirkende Realität eingekehrt ist.

Die Jugendlichen baden, reden, lachen und scheinen fast schon wieder vergessen zu haben, dass ein paar von ihnen nur Minuten zuvor zwei schwerverletzte Klippenspringer aus dem Wasser gefischt haben.

Nur ab und zu kann ich erkennen, wie einzelne Neugierige den Kopf wenden, um in Elias oder Dylans Richtung zu spähen.

Gerade als ich in einem Anflug von bitterem Amüsement über die Unterschiedlichkeit zwischen ihnen – die sorglos die letzten Strahlen der Sonne genießen - und mir – die innerlich weiterhin jede Sekunde um das Leben ihres blonden Freundes bangt – mein Mund zu einem traurigen Lächeln verziehe, spüre ich auf einmal einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf, der mich überrascht herumfahren lässt.

Was war das?

Verdattert reibe ich mir die getroffene Stelle und suche den Boden nach dem Verursacher eben jenes Schmerzes ab. Doch als mich gerade bücken will, um mit der Hand tastend durch das weiche Gras zu fahren, zischt ein weiterer, kleiner Gegenstand nur knapp an meinem Gesicht vorbei.

Alarmiert mache ich einen Satz nach hinten, kann jedoch nicht verhindern dass mein Blick dem winzigen Etwas, welches mir beinahe ein blaues Auge verpasst hätte, folgt.

Zögerlich trete ich einen Schritt vor und starre auf den Gegenstand, der meine Verwirrung ins Unermessliche steigert.

Eine Eichel.

Was zum...?, wieder steift ein kleiner, brauner Gegenstand mein Sichtfeld, als er knapp an meinem Kopf vorbeisegelt.

Gereizt wende ich mich dem Wald zu, in dessen Richtung ich den Werfer vermute. „Das kann doch nicht wahr sein!", murmele ich kopfschüttelnd und stapfe kurzerhand durch den Rasen auf das Unterholz zu.

Entweder, ein paar freche Eichhörnchen sind verrückt geworden, oder jemand wird in Kürze Schwierigkeiten mit mir bekommen. Denn während ich auf den Busch, hinter dem ich eine Bewegung erspäht habe, zulaufe, spüre ich meine zum Zerreißen dünnen Nerven und die daraus hervorgehende Verärgerung umso deutlicher.

„Wer auch immer das war, es ist nicht witz...", will ich gerade meine Stimme erheben, um das dreiste, mit Waldfrüchten werfende Lebewesen zurechtzuweisen, werde aber von einer Hand gepackt und ruckartig in den Schatten der Bäume gezogen.

Ein erschrockener Schrei entweicht mir, der jedoch sofort verstummt, als ich in das Gesicht des ominösen Eichelwerfers blicke.

Genervt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. „Was soll das werden, Liam?"

Der gutaussehende Dunkelhaarige lässt seinen Blick prüfend über die Wiese hinter uns schweifen, wie als wolle er sicherstellen, dass mir niemand gefolgt ist. Indessen entziehe ich mich möglichst unauffällig seinem Griff und trete ein paar Schritte zurück.

Diese Bewegung lenkt seine Aufmerksamkeit endlich wieder zurück zu mir. „Ich ähm..." Er räuspert sich, viel verlegener, als ich es von ihm gewohnt bin. „Wir müssen reden."

Sein plötzlich so verändertes Verhalten, gepaart mit der Wut, die ich immer noch wegen seines dummen Kommentars von vorhin empfinde, lässt Skepsis in mir aufkeimen. Misstrauisch trete ich ein paar Schritte zurück und verschränke die Arme vor der Brust.

Eigentlich geht meine Lust auf dieses Gespräch gen Minusbereich, doch ein winziger, widerspenstiger Teil meiner Selbst ist auch neugierig auf das, was er mir zu sagen hat. Denn mein krankhafter Wissensdurst ist ein Charakterzug, den ich nur selten unterdrücken kann.

„Okay, aber mach es kurz bitte", erwidere ich also mit möglichst unbeteiligter Stimme, um so wenig Interesse wie möglich für diese Unterhaltung zu signalisieren. „Ich muss weiter zu Elias."

Bei der Nennung dieses Namens huscht ein verbitterter Ausdruck über Liams Gesicht, den er jedoch bereits in der nächsten Sekunde sofort hinter einem makellosen Pokerface versteckt. „Also gut", lenkt er schließlich ein, „ich wollte mich bei dir für den fiesen Spruch von vorhin entschuldigen. Ich habe mich wohl einfach erschreckt, als du auf einmal da runter gefallen bist und das ganze mit zu viel Gehässigkeit kaschiert. Das war unangebracht. Tut mir leid."

Auf seine Worte folgt verdutztes Schweigen meinerseits.

Beleidigungen, Drohungen, Erpressungen – ich hätte alles erwartet. Alles. Nur nicht das.

„Ich..." Mein Gehirn rattert ratlos, auf der Suche nach einer passenden Antwort. „Danke...schätze ich. Aber warum sagst du das dann nicht einfach, sondern wirfst wie ein wild gewordenes Hörnchen mit Eicheln, um mich hier hin zu locken?" Mit einer ausschweifenden Handbewegung deute ich fragend auf das dichte Blätterwerk um uns herum.

Liams Augenbrauen heben sich einen Zentimeter. „Wie du sicher schon mitbekommen hast, sind deine Freunde nicht wirklich gut auf mich zu sprechen. Außerdem ist eine Entschuldigung nicht alles, was ich loswerden möchte."

Ich zucke mit den Schultern. „Und du hättest mir vorhin bei Dylan nicht sagen können, dass du gerne mit mir reden möchtest? Das hätte mir ne Menge harte Waldfrüchte am Kopf erspart."

Nun ist es an Liam, die Arme vor der Brust zu verschränken und mich forschend anzusehen. „Wärst du denn vorhin einfach so mitgekommen?"

Erwischt wandert mein Blick zu Boden.

Ich habe meine Vorurteile und Meinungen ihm gegenüber noch immer - nicht zu vergessen die Wut, die bis vor wenigen Minuten noch leise in mir gebrodelt hat.

Also nein. Ich hätte mich ganz sicher auf kein Gespräch eingelassen.

Selbst jetzt ist das Einzige, was mich von der sofortigen Unterbrechung jener Unterhaltung abhält, meine ungesund starke Neugierde.

„Jedenfalls bin ich froh, dass meine kleine Idee mit den Eicheln funktioniert hat", nimmt Liam den Gesprächsfaden wieder auf und tritt ein paar Schritte auf mich zu, was dazu führt, dass ich zurückweiche.

Ein trauriges Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, obwohl er meine Reaktion vermutlich erwartet hat. „Hör zu, ich bitte dich nicht, mir zu verzeihen oder mir zu trauen, nach all dem, was passiert ist."

Wie aufs Stichwort erscheinen, gleichzeitig mit seinen Worten, Bilder vor meinem inneren Auge.

Bilder von Liam, der sich mit Elias streitet. Liam, der Jamie Richtung Abgrund drängt, Ethans und Sharons böse Blicke, der krankenhausreife Elias, mit gebrochenen Gliedmaßen.

„...Aber ich möchte dich um eine Sache bitten." Liams Augen funkeln mich eindringlich an, sodass ich mich für einen Herzschlag in dem strahlenden Blau verliere. „Lass dich nicht für dumm verkaufen. Weder von Jeffrey, noch von Elias und seiner Bande. Ich glaube du bist ein schlaues Mädchen, Kalie, also wenn du irgendwann erkennst, dass sie dir alle nur etwas vorspielen..."

Er macht eine Pause, in der er einen Schritt zurücktritt und mich mit einem geheimnisvollen Lächeln bedenkt.

„Dann überlege dir vielleicht nochmal, in wen du dein Vertrauen setzten möchtest.

Wir sehen uns." 

~~

~~

A/N:

Hallo ihr Lieben! :D

Na das war ja mal ein interessantes Statement von Liam, was? xD
Glaubt ihr, an seinen Worten ist etwas dran, oder will er Kalie nur verunsichern?

Und was haltet ihr eigentlich von der Protagonistin dieses Buches?
Mir ist aufgefallen, dass ich euch noch gar nicht gefragt habe, wie ihr Kalie McCartney so findet... o.O

Würdet ihr sie gerne mit Liam sehen? (Also als Paar :3)

Und was denkt ihr mittlerweile über den zuletzt genannten, geheimnisvollen Blauäugigen? >:D

Okay okay, genug gefragt. :)
Ich wünsche euch noch einen tollen Nachmittag - falls ihr Freizeit habt und nicht, so wie ich, gerade in neuen Schulaufgaben zu ertrinken droht. :')

Stay healthy!

LG Loony ♡

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