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Jede Familie braucht ein Ritual, schätze ich. Was Milch, Kakao und Zimt angeht - sie haben uns schon durch die schlimmsten Zeiten gebracht. Aber leider wirkt kein Wundermittel ewig.

~ Bryan

~~

KALIE

Der süße Geruch von frisch gebackenen Zimtbrötchen umschmeichelt meine Nase verheißungsvoll, doch ich schaffe es einfach nicht, genügend Appetit aufzubringen, um von dem goldbraunen Gebäck auf meinem Teller zu kosten. Die Ereignisse von gestern liegen immer noch schwer in meinem Magen. Und ihre Auswirkungen sorgen weiterhin dafür, dass ich sie nicht allzu schnell verdauen werde.

Seufzend schiebe ich ein paar klebrige Krümmel auf meinem Tellerrand zusammen und hebe den Blick zu den anderen Mitgliedern des McCartney Rudels, die sich zum Frühstück im Versammlungsraum tummeln. Jetzt, wo sie den Schein nicht mehr aufrecht erhalten müssen, bekomme ich den wahren Alltag eines Werwolfrudels zu Gesicht.

Und der startet mit einem kleinen Buffet, neckischen Kabbeleinen um Essen und griesgrämigen Teilverwandlungen. Anscheinend gibt es auch unter Werwölfen Morgenmuffel.

Verstohlen verfolgt mein Blick zwei junge Erwachsene, die sich ein Zimtbrötchen aus einem der Brotkörbe klauen und dann laut quatschend an mir vorbei Richtung Eingangshalle schlendern. Kaum jemand isst in diesem Raum. Die meisten Mitglieder des Rudels verziehen sich dafür in ihre Zimmer, nach draußen oder in den Wald, wo sie direkt die Möglichkeit haben, in zweiter Gestalt einen Nachtisch jagen zu gehen.

So sind die einzigen, die nach dem Ansturm auf das Frühstücksbuffet zurückbleiben, Bryan, Ethan, Elias, Sharon und ich.

Alle fünf einsam am Tisch; alle fünf auf ihre eigene Art und Weise vollkommen fertig.

Innerlich stöhnend lehne ich mich zurück, gebe dem Druck meiner schweren Lider einen Moment lang nach und schließe die Augen, während ich dem hektischen Klappern von Sharons Gabel lausche. Weder ein Wutausbruch, noch Verwünschungen oder Vorwürfe - vor der Verhandlung ist nichts dergleichen aus dem Mund des zierlichen Mädchens gekommen. Und genauso wenig gibt sie auch jetzt von sich, nachdem bekannt geworden ist, dass man sie zu unrecht verdächtigt hat.

Manchmal wirkt das Mädchen mit den lilanen Strähnen als hätte sie kaum Gefühle. An anderen Tagen glaube ich, dass sie ihre Emotionen einfach nur gerne für sich behält.

Das schrille Klirren von Metall auf Porzellan zuckt mit einem Mal durch die Luft, was mich aus meinem dämmerigen Halbschlaf reißt. Erschrocken fliegen meine Augen auf.

Auf der anderen Seite des Tisches hat Sharon ihre Portion Rührei mit Speck in Windeseile verschlungen. Kurz danach springt sie so heftig von ihrem Stuhl, dass man meinen könnte, eine Biene hätte ihr in den Hintern gestochen.

Mit einem letzten, hektischen Blick in die Runde versichert sie sich, dass niemand im Begriff ist sie aufzuhalten, dann wirbelt die junge Werwölfin herum.

„Sharon!" Falls sie sich über die mangelnden Reaktionen unsererseits gefreut haben sollte, war das wohl umsonst. Bryan hebt den müden Blick von seiner vor sich hin dampfenden Kaffeetasse und heftet ihn auf seine Verwandte. „Vergiss den Kakao nicht."

Hinter dem Schleier der Müdigkeit blitzen zweifellos Schemen eines schlechten Gewissens in den dunklen Augen des Betas auf - auch wenn er seine Entschuldigung nicht in Worte fasst.

In seiner Stimme liegt ein merkwürdiger, nahezu verletzlicher Ausdruck, der sich in einem kaum sichtbaren Zug ebenfalls auf seinem Gesicht ausbreitet, als Sharon die Hand nach der süß duftenden Flüssigkeit ausstreckt, ihre Finger jedoch blitzschnell wieder zurückzieht, als hätte sie sich an dem weißen Porzellanhenkel der Tasse verbrannt.

„Keine Lust auf Süßkram, danke", erwidert sie hastig und klingt dabei tatsächlich ein wenig spitzzüngig. Ohne der Tasse weiter Beachtung zu schenken, setzt Ethans kleine Schwester ihren Weg fort, schnappt sich im Vorbeigehen eins der klebrigen Zimtbrötchen von Buffet und verschwindet dann mit wehenden Haaren in den Gängen der Villa.

Zurück bleibt ein gekränkter Beta und ein verlassenes Heißgetränk.

„Okay..." Unter Ethans vielsagendem Blick stößt Bryan ein Räuspern von sich, wobei er erst zu dem großen Topf sieht, der versteckt hinter einem Stapel Teller auf dem langen Tisch steht, seine Aufmerksamkeit dann aber doch fragend auf die Runde richtet. „Will irgendjemand von euch noch selbstgemachten Kakao...?"

Allmählich wird mir klar, was sich in dem geheimnisvollen Gefäß befindet, das der schwarzhaarige Mann heute morgen unter lautem Fluchen aus der Küche hier herein geschleppt hat.

„Ich...probiere gerne mal."

Mit einem unsicheren Lächeln greife ich nach dem gescheiterten Versöhnungsangebot an Sharon und ziehe es vorsichtig zu mir hinüber. Das Schaben der Porzellantasse auf dem polierten Holz dringt unangenehm durch die bleierne Stille, welche das gesamte Frühstück über bereits wie eine schallschluckende Schaumstoffmatte über uns hängt.

„Wo ist Jeffrey?", starte ich einen weiteren Versuch, die verklemmte Situation zu lockern und nehme vorsichtig einen Schluck vom lauwarmen Getränk. Süße Schokolade, cremige Milch und ein Hauch von Zimt füllen meinen Mund mit einem himmlischen Aroma, das mich überrascht die Augen aufreißen lässt. Nie hätte ich erwartet, dass Bryan ein dermaßen guter Koch ist.

„Noch oben", brummt dieser knapp auf meine Frage hin. Nickend genehmige ich mir einen weiteren Schluck des leckeren Getränkes. Abwartend huscht mein Blick zu Elias, der schon seit einer halben Ewigkeit mit leerem Blick Löcher in die Luft starrt und sein Ei nicht einmal angerührt hat. Dann weiter zu Ethan, der sich soeben die dritte Portion kross gebratenen Speck in den Mund schaufelt.

„Er... schläft immer noch bis in den Nachmittag, aber die Wunden heilen gut", ist es unerwarteterweise auf einmal Bryan, der unser Gespräch fortführt. „Laut Loral kann er den Verband in ein paar Tagen sogar ganz ablegen."

Ein Gewicht, dessen Existenz ich kaum noch wahrgenommen hatte, hebt sich von meinem Herzen. „Das sind tolle Neuigkeiten!" Einen Herzschlag lang triff mein Blick auf stumpf gewordene, braune Augen. Vorsichtig, als könne es ihm wehtun, erwidert Bryan mein Lächeln.

Danach herrscht wieder einzig und allein das Klappern des Geschirrs über den Geräuschpegel im Raum.

Angespannt spielen meine Finger an der glatten Oberfläche meiner Tasse herum.

„Und...darüber hinaus, habt ihr heute irgendwas besonderes vor?" Bryan scheint sich hartnäckig dazu entschlossen zu haben, unser betrübtes Schweigen in Smalltalk zu verwandeln.

Beschwingt von dieser Frage drehe ich den Kopf zu Ethan und Elias, doch bevor ich auch nur dazu komme, ihnen einen Blick zuzuwerfen, stößt jemand die schwere Tür des Speisesaals mit einem Ruck auf. Der Knall, mit der die verzierte Holzplatte gegen die Wand kracht, lässt mein Herz einen Satz machen.

Mit einem Mal ist die schläfrige Stimmung verpufft. Selbst Ethan und Elias sitzen schnurgerade auf ihren Stühlen und starren die muskulöse Frau an, die schwer Atmend im Türrahmen steht. Einen Moment lang schweift ihr Blick suchend durch den Raum, dann entdeckt sie Bryan.

„Beta, wir haben ein Problem!", keucht die Werwölfin, einen gehetzten Ausdruck in den Augen. „Sie...sie sind einfach eingedrungen - wir konnten sie nicht aufhalten-"

„Was ist passiert?" Der geschwungene Stuhl kippelt gefährlich, als Bryan von seinem Platz hochfährt. Sein Gesicht wirkt weiterhin abgekämpft, doch seine Augen haben an Schärfe dazugewonnen. Eindringlich mustert er die Frau im Türrahmen, deren Kopf immer wieder unruhig nach hinten zuckt.

„Liam und das Crescent Rudel", schnauft sie mit einem weiteren, hastigen Blick über die Schulter. „Sie sind hier."

Wie eine elektrisierende Welle schwappt die unheilvolle Nachricht in den Raum; lässt Stühle hektisch über den Boden schaben und Menschen alarmiert herumwirbeln. Während ich geistesgegenwärtig an der Seite meiner Freunde in die Eingangshalle stürme, weiß ich kaum, was ich denken soll.

Eine schräge Mischung aus Aufregung und Angst lässt mein Herz gegen meine Rippen hämmern, und als meine Füße auf dem Fliesenboden der Eingangshalle aufkommen, spüre ich, wie Adrenalin meine Fingerspitzen zum Zittern bringt.

Ist das die Antwort auf den Vergeltungsschlag?

Meine Brust zieht sich zusammen, als mir eine Menschenansammlung an der Haustür der McCartney Villa ins Auge fällt. Aufgeregte Stimmen dringen aus nur wenigen Metern Entfernung zu uns hinüber; einzelne Beleidigungen und Drohungen, aber keine Kampfgeräusche. Noch nicht.

Mit zusammengebissenen Zähnen schiebe ich mich hinter Bryan her, der mit langen, zielstrebigen Schritten auf den Trubel am Eingang zuschreitet. Dort, wo die schwere Haustür der Villa von großen Fenstern und hellen Gardinen eingerahmt wird, formen mehrere fremde Werwölfe einen Halbkreis im zarten Lichtkegel der Morgensonne.

Ihre selbstgefälligen Blicke streifen über die Menge an empörten und übermüdeten Villabewohnern, von denen sicherlich die Hälfte noch der Meinung ist, einfach nur einen komischen Traum zu haben.

„Klingeling."

Mein Kopf schnellt herum zu der Gestalt, die mit lässig verschränkten Armen an der verzierten Haustür lehnt. „Da der Metallring an eurer Tür ungefähr so nützlich ist wie eure verschlafenen Wächter da drüben, dachten wir, wir sagen einfach mal so Hallo", säuselt Liam in einem von Spott getränkten Ton.

Sein Blick schweift über seine Wölfe, unter denen ich mittlerweile auch Jennie, sowie den grauhaarigen Gregory wiedererkenne, ehe er sich auf Bryan richtet, der schützend vor sein eigenes Rudel getreten ist. Der linke Mundwinkel des dunkelhaarigen Alphas zuckt zufrieden.

„Tut mir wirklich leid, dass ich euch so früh aus dem Bettchen reiße, aber ich habe Jeffi ein Angebot zu machen, das er nicht ablehnen wird." Liam löst sich vom geschnitzten Holz, vergräbt die Hände entspannt in den Taschen und schreitet im Schutz seines eigenen Rudels in die Eingangshalle hinein.

Seine Augen gehen weiter auf Wanderschaft, brauchen jedoch nur Sekunden, bis sie mich halb hinter Ethans breiter Schulter versteckt ausmachen. Die Intensität des klaren Blau sendet eine kribbelnde Gänsehaut meine Arme hinab.

Für den Bruchteil einer Sekunde straffe ich die Schultern und starre ausdruckslos zurück, dann ist der Moment auch schon vorbei und Liam wendet seinen Kopf, um zu Bryan zu sprechen. Diesmal suche ich vergeblich nach Hohn oder Hass im Klang seiner Worte.

„Es geht um den Werwolfjäger, der seit einigen Tagen in dieser Gegend sein Unwesen treibt", informiert er Alpha des Crescent Rudels den Beta der McCartneys, gefolgt von einem ungläubigen Raunen.

~~

CLARY

Nachts durch dunkle Straßen zu laufen hat schon immer einen beklemmenden Beigeschmack gehabt. Aber noch schlimmer als die Möglichkeit eines Vorfalls zu sehen, ist die Gewissheit. Die Gewissheit dass in den nächsten Minuten etwas passieren wird.

Schwer schluckend fasse ich nach der warmen Hand meines Freundes und blinzele suchend in die pechschwarze Suppe um uns herum, jedoch vergeblich. Kein einziger Sonnenstrahl; kein Schatten und keine schemenhaften Graustufen lassen darauf schließen, was uns erwarten wird.

Mit einem tiefen Atemzug verlagere ich mein Gewicht und wedele mit der Hand vor meinem Brustkorb in der Luft herum, als könnte der winzige Lufthauch nicht nur meinen rasenden Puls beruhigen, sondern auch die eisigen Schauer der Angst vertreiben, die meine Gedanken rasen lassen.

Geräusche dringen durch die schier endlose Schwärze an meine Ohren. Ein Rascheln, ein Schaben, dann lacht in der Ferne irgendjemand hell und abartig. Meine Brust wird eng, als wir uns gegen meinen Willen in Bewegung setzen. Muffige Luft saugt sich in meine Lungen und hinterlässt einen staubigen Geschmack auf meiner Zunge, doch ich habe keine Zeit mehr, nach einem Kaugummi in meiner Handtasche zu kramen.

Denn die scharfen Klauen, welche sich plötzlich wie aus dem Nichts in meine Schulter graben, lassen jegliche Erinnerung an die Realität verblassen. Ein gellender Schrei entweicht meiner Kehle, während spitze Nägel meinen Hals hinabwandern. Ich zappele, versuche zu fliehen, doch mein Oberkörper will sich einfach nicht bewegen. Meine Hüfte ist starr an den harten Untergrund gefesselt; meine Beine zu weit unten.

So bleibt mir nichts weiter übrig, als wimmernd die Augen zu schließen. Die Augen zu schließen und zu warten, dass es vorbei ist.

~~

„Ich glaub, ich sterbe." Die Schreie der Geister und das Stöhnen der Zombies verhallen allmählich, während Eric und ich aus der Geisterbahn stolpern. „Das machen wir nie wieder!", bestimme ich mit einem traumatisierten Augenaufschlag und lehne meinen Kopf erschöpft gegen die Brust meines Freundes. Ein zarter Schweißfilm hinterlässt einen Fleck auf seinem hellblauen Pullover.

„Liegt es nur an mir, oder hast du dasselbe vorhin auch nach dem Riesenrad gesagt?" Meine Kopfablage bebt, als Eric leise lacht und einen Arm um mich legt „Bevor wir zehn weitere Runden gefahren sind?"

Stirnrunzelnd krame ich in meinem Gedächtnis nach der entsprechenden Erinnerung. „...Vielleicht." Mein Kopf schnellt nach oben zum Gesicht meines Freundes, dessen Konturen von den vielen bunten Lichtern des Jahrmarktes um uns herum in verschiedenste Farben getaucht werden. „Aber im Riesenrad gab es ja auch keine abartig geschminkten Zombies, Spinnenroboter und haarige Werwölfe. Ich hatte beinahe einen Herzinfarkt, als dieser Kerl im Ganzköperkostüm hinter einer Ecke hervorgesprungen ist und den Mond angeheult hat!"

Erst legt Eric den Kopf schief, als müsse er meine Aussage abschätzen, ehe ein bestätigendes Nicken seine Zustimmung preisgibt. „Stimmt", murmelt er, „das war echt schräg."

Seine Hand löst sich sanft von meinem Rücken und wandert zu meiner Hüfte, um mich langsam in die Richtung eines majestätisch über dem gesamten Rummel thronenden Fahrgeschäfts zu drehen, von dem aus eine einladendende Musik über den Platz düdelt. „Also lieber wieder Eis und luftige Höhen?"

„Yes, Sir!" Der Gedanke an einen fruchtigen Snack, inklusive malerische Aussicht über meine Heimatstadt lässt auch noch den letzten eisigen Hauch der Frucht aus meiner Brust verschwinden. „Zucker soll auch gut gegen die Spätfolgen eines Herzinfarktes helfen, habe ich gehört...", erkläre ich Eric besserwisserisch, wobei ich ihn an der Hand nehme und über den Platz mit mir ziehe. Hinein in den Trubel aus Menschen, Lichtern, Musik und verlockenden Düften.

„Gegen die Art von Herzinfarkt, die durch unterschätzte Geisterbahnen ausgelöst wird, hilft es mit Sicherheit." Eric folgt mir schief grinsend über den Platz, vorbei an mehreren Verkaufsständen mit Essen. Der süßliche Geruch nach frisch gemachtem Popcorn, der von diesem ausgeht, rüttelt gefährlich an meinen kürzlich beschlossenen Plänen.

Um nicht anzuhalten hefte ich den Blick auf die liebevollen Augen meines Begleiters, deren Farbe nur eine Nuance dunkler ist als die braunen schalen der ungepoppten Maiskörner. Ein zufriedenes Grinsen lässt meine Mundwinkel in die Höhe wandern, als seine Aussage über den wirren Geräuschpegel an meine Ohren dringt.

„Der Medizinstudent hat gesprochen!"

Eric legt sich eine Hand auf die Brust. „Amen."

~~

Die funkelnden Sterne des Nachthimmels verlieren sich am Horizont zwischen den hellen Lichtern der Stadt. Das zarte Rauschen des Windes lässt unsere Gondel leicht quietschend schaukeln und mich ein Stück näher an Eric heranrutschen. Der gefütterte Stoff seiner Jacke schmiegt sich weich an meine Wange, sodass mir der würzige Duft seines Aftershaves, zusammen mit der kaum merklichen Note von Desinfektionsmittel in die Nase steigt.

Glücklich seufzend hebe ich die Eistüte in meiner Hand an die Lippen, um von der eigenartig dunklen Kugel zu probieren.

„Mhh, das ist lecker!", stöhne ich mit einem überraschten Blick auf die schwarze Eismasse, während sich die kremige Masse in meinem Mund ausbreitet. Fragend werfe ich Eric einen Blick zu. „Wie heißt die Sorte?"

„Vogelspinne", erwidert dieser trocken, was beinahe bewirkt, dass ich mich an meiner eigenen Spucke verschlucke. Oder an dem, was ich bis gerade eben noch für eine harmlose Variante von Colaeis gehalten habe.

„Bihe waf?" Verständnislos starre ich den braunhaarigen Jungen neben mir an, dessen Lippen einen schlechten Job dabei machen, sein Lächeln zu verbergen.

„Ich dachte, wir probieren mal was neues aus", gibt er mit heuchlerischer Unschuld von sich und zuckt hilflos mit den Schultern. „Insekten und andere Kriechtiere sind ja schließlich das Nahrungsmittel der Zukunft."

„Eh, und da können sie meinetwegen aber auch gerne bleiben - in der Zukunft." Verstört und unsicher, ob ich die Worte meines Freundes ernstnehmen soll, starre ich auf meine Eiswaffel, von der bereits einzelne Rinnsale wie klebrige, schwarze Fühler auf meine Hand zukriechen.

„Komm schon, Clary..." Aus Erics Ton spricht provozierendes Amüsement. „Ein offener Geist hat noch niemandem geschadet." Er beugt sich an mir vorbei, streckt den Finger aus und rettet einen Tropfen Eis, bevor er in zwischen Waffel und Handfläche versickert.

„Du...", ich sehe ihm empört an, beiße mir jedoch auf die Zunge, ehe ich auf seine kleine Provokation eingehe, „...du verarschst mich doch, oder?"

Eric kneift die Augen in einer nachdenklichen Grimasse zusammen.

„Eventuell ein ganz kleines bisschen."

Ein Geständnis, das mich auflachen lässt. „Spinneneis also", stelle ich mit zuckersüßer Stimme fest und richte mich etwas auf, sodass der lederne Sitz der Gondel knarzt. „Lecker... aus kleinen, achtbeinigen Tierchen zusammengepresst, zerhexelt und durchgepanscht. Wäre doch schade, so ein kulinarisches Meisterwerk nicht zu teilen..."

Schwungvoll schiebt sich das Eis unter Erics Nase. Dieser zuckt zurück, als kalte Masse einen dunklen Fleck auf seiner Nasenspitze zurücklässt. „Ach weißt du..."

„Komm schon, Eric!", kichere ich schadenfroh. „Ein offener Geist..."

Langsam, wie eine Modedesignerin auf der Jagd nach Schnäppchen, nähere ich mich meinem Freund und versuche, ihm meine Kugel auf den Mund zu drücken. Er weicht weiter zurück, will mich festhalten, doch ich winde mich in seinem Griff und lasse unsere Gondel gefährlich schaukeln, sodass wir beide schließlich das Gleichgewicht verlieren und ausgestreckt auf der ausgebleichten Sitzbank landen. Erics Atem kitzelt meine Wange; seine Augen sind dunkler geworden und huschen auf meinem Gesicht auf und ab.

Aber letztendlich ist es das Eis am Rande meines Sichtfeldes, das meine Entscheidung besiegelt. Flink neige ich meinen Kopf, leckte eine große Portion Eis von meiner Kugel, ehe ich meine Lippen auf Erics presse.

Der Kuss ist spielerisch und klebrig, schafft es aber dennoch ein wohliges Gefühl in meinem Bauch zu erzeugen. Aufregend und kribbelnd wie Champagner. Erics Hand fährt mein Gesicht entlang, und als sein Zeigefinger die empfindliche Haut unter meinem Ohrläppchen streicht, löse ich mich sanft von den weichen Lippen des Jungen, der perfekter in meinen Augen nicht sein könnte.

Hilfsbereit, intelligent und auf seine eigene, schüchterne Art lustig.

„Eigentlich lasse ich diesen fiesen Kerl in mir nicht gerne raushängen, aber diesmal war es das irgendwie wert", haucht Eric mir zu, immer noch eine Spur Eis im Mundwinkel. „Soll ich dir ab jetzt regelmäßig ekelhaftes Essen unterschmuggeln? Mögen Mädchen das?" Er macht eine nachdenkliche Pause, in der er das Gesicht zur Seite neigt. „Magst du das?"

Lachend schüttele ich den Kopf und beuge mich hinunter, um ihm einen weiteren Kuss auf die süß schmeckenden Lippen zu hauchen. „Du bist ein Idiot, Eric Kennway", murmele ich, während seine dunklen, warmen Augen mich in ihren Bann ziehen. „Und du brauchst kein Insekteneis, um mich dazu zu bringen, dich zu mögen."

Ein Funkeln, das ich zuvor noch nie gesehen habe, erstrahlt in dem vertrauten Braunton und breitet sich über Ercs ganzes Gesicht aus. Er öffnet den Mund, doch ehe auch nur ein Laut seinen Hals verlassen kann, werden wir von einem durchdringenden Geräusch unterbrochen.

Krrring

Krriiing

Das Klingeln eines Handys schrillt durch die kitschige, nach Zucker und Blumen riechende Blase, die sich um die Gondel des Riesenrads geschlossen hatte. Es zerschlägt die romantische Stimmung, genauso wie den liebevollen Ausdruck auf Erics Gesicht.

Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, während sein Blick nach unten huscht. Ich verstehe und richte mich auf, ein enges Gefühl im Hals.

„Schon okay", bringe ich räuspernd hervor und versuche meine schweren Mundwinkel zu einem Lächeln zu bringen. „Geh ruhig dran. Ist bestimmt wichtig."

Eric wirft mir einen Blick zu, in dem ich eine Mischung aus schlechtem Gewissen und Dankbarkeit lesen kann. Er stößt einen tiefen Seufzer aus, ehe er den Anruf mit einer flinken Daumenbewegung entgegennimmt.

„Dad? ... Was ist passiert? ...hey, ganz langsam-"

Angespannt setze ich mich auf, die Hände fest in die Sitzbank gekrallt.

„..okay...okay...nein, ich-" Der braunhaarige Junge fährt sich mit der Hand übers Gesicht. „Gut, wir kommen."

Kurz nachdem er aufgelegt hat treffen Erics Augen auf meine. Seine Laune scheint mit der Gondel gesunken zu sein, die sich gemächlich wieder Richtung Boden bewegt. Er lässt die Schultern hängen.

„Ich breche diesen wunderschönen Ausflug mit dir wirklich nur ungern ab, aber wir müssen sofort zurück nach New Plymouth", gesteht er mir.

„Irgendwas ist dort passiert."

~~

Ihihihi... auch wenn sie nicht DAS Protagonisten-Pärchen dieses Buches sind... irgendwie ist #Ceric schon knuffig. <3

Ich geb's zu, mister Ekeleis hat mich für den Moment ein bisschen verzaubert. - A...Aber bitte kauf nicht mehr davon, okay Eric? O.o

Was meint ihr, könnte das geheimnisvolle 'irgendwas' sein, dass anscheinend in New Plymouth passiert ist?

LG Loony ♡

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Ps: Ich bin wieder da! Also ich update wieder - 'da' war ich ja im Prinzip schon die ganze Zeit, nur nicht gerade auf Wattpad-

Äh ja.

Auf jeden Fall - Entschuldigung für die Verzögerung und meine nicht-Eistenz hier. Ich gelobe feierlich, von nun an alles zu geben um das Buch möglichst bald zu beenden.

20 Kapitel werden es wahrscheinlich noch so grob. c:

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