KAPITEL 4

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Cassiopeia

„Cassie, Diego ist da!", vernahm ich die Stimme meiner kleinen Schwester Adhara und im nächsten Moment sah ich auch schon, wie sie ihren kleinen, dunklen Lockenkopf aus dem Fenster herausstreckte und zu mir nach oben blickte. Sie wusste immer genau, wo ich war, wenn ich mich nicht in meinem Zimmer befand.

Ich saß gerne hier auf dem schrägen Dach unseres kleinen Einfamilienhauses, gerade abends, denn von hier hatte ich einen wunderbaren Blick auf die Sterne am Himmelszelt. Wenn ich das Gefühl hatte, dass mir alles viel zu viel wurde, was in letzter Zeit immer öfter vorkam, war das der Ort, an dem ich endlich wieder frei atmen konnte. Unter den unendlichen Weiten des Universums mit den hell leuchtenden Sternen fühlte ich mich mehr zu Hause, als irgendwo sonst in dieser verfluchten Stadt. Hier gab es keinen Lärm, keinen Stress, keine Angst und keine Gewalt – hier gab es einfach nur mich und meinen Vater.

Es war schon fünf Jahre her, dass mein Vater an Krebs gestorben war, aber ich vermisste ihn immer noch so schrecklich wie am ersten Tag. Er war immer für mich da gewesen, sei es bei einem aufgeschürften Knie, Liebeskummer oder Hausaufgaben, die ich nicht verstand. Er hatte mir immer zugehört und mich verstanden wie kein anderer Mensch auf dieser Welt. Von ihm hatte ich auch alles gelernt, was ich über die Sterne und Himmelskörper wusste. Wenn ich hier draußen unter dem freien Himmel saß, hatte ich das Gefühl meinem Vater endlich wieder nahe zu sein und verspürte eine tröstende Ruhe.

Doch diese sollte jetzt durch meinen Freund Diego gestört werden. Er verstand meine Liebe und Faszination zu den Sternen nicht, sondern tat sie als albernen Kinderquatsch ab, deshalb kletterte ich schnell über den Fenstersims zurück in mein Zimmer. Dort standen Diego und Adhara und warteten offensichtlich auf mich. 

Sobald er mich erblickte, kam Diego auf mich zu und zog mich an meiner Hüfte zu sich heran.

„Hey, Baby", murmelte er zur Begrüßung gegen meine Lippen, dann lagen die seinen auch schon auf meinen. Ich erwiderte den Kuss und schmiegte meinen Körper leidenschaftlich an ihn. Dabei fuhr ich mit meinen Finger durch seine Haare, denn ich wusste, dass er das liebte.

„Ich lass euch dann mal alleine", hörte ich Adhara neben uns sagen.

Ich löste mich vorsichtig von Diego und blickte zu ihr – ich hatte ganz vergessen, dass sie noch im Raum war. „Alles klar. Danke, Addy."

Sobald Adhara den Raum verlassen hatte, ließ ich mich auf mein Bett fallen und Diego tat es mir nach.

„Wie geht es dir? Ich habe dich doch nicht etwa bei etwas gestört?", fragte Diego und drehte sich auf die Seite, um mich besser angucken zu können.

„Nein, Quatsch. Ich freue mich über deinen Überraschungsbesuch", antwortete ich mit einem Lächeln auch wenn das nur der halben Wahrheit entsprach. Auf der einen Seite freute ich mich wirklich, wenn Diego einfach so vorbeikam, vor allem wenn er gute Laune hatte. Wir hatten uns in den Ferien echt nicht oft gesehen, doch das würde sich wieder ändern, wenn die Schule übermorgen begann. Auf der anderen Seite besuchte ich Diego aber lieber bei sich zu Hause, weil ich dann selber entscheiden konnte, wann ich ging. Außerdem war ich immer noch ein kleines  bisschen sauer, dass er mich einfach im Café sitzen gelassen hatte.

Heute schien Diego aber gute Laune zu haben, denn ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Dann ist ja gut, denn ich habe dir etwas mitgebracht."

Diego begann in der Tasche seiner zerrissenen schwarzen Jeans zu wühlen und nestelte ein kleines Plastiktütchen hervor, in dem sich eine Kette befand. „Alles Gute nachträglich zum Jahrestag", meinte er leise und zog die Kette aus ihrem Tütchen hervor, um sie mir um den Hals zu legen.

Ich hielt mit einer Hand meine langen, dunklen Locken hoch, während Diego unter sanften Küssen das Schmuckstück um meinem Hals befestigte. Dabei spürte ich ein leichtes Kribbeln in meinem Bauch, wie ich schon seit Langem nicht mehr gespürt hatte.

Es hatte mich echt verletzt, dass Diego mich letzte Woche an unserem Jahrestag einfach versetzt hatte, deshalb freute es mich wirklich, dass er sich jetzt Mühe gab, das wieder gut zu machen. Zwischen Diego und mir war es zwar noch nie einfach gewesen, aber in letzter Zeit lief es noch schlechter als sonst. Teilweise meldete er sich tagelang nicht, um dann wieder plötzlich vor meiner Tür aufzutauchen und seine Finger kaum von mir lassen zu können. Das verwirrte und verletzte mich, denn ich hatte keine Ahnung, woran ich bei meinem Freund war.

Ich würde ihn wirklich gerne fragen, was mit ihm los war und wieso er von Tag zu Tag gestresster wirkte, aber ich hatte schnell gelernt, keine Fragen zu stellen. Nur zu gut erinnerte ich mich daran, wie mein Freund ausgerastet war, als ich ihn einmal nach seinem blauen Auge gefragt hatte. Bei diesem Streit war nicht nur eine Sache zu Bruch gegangen, aber körperlich wehgetan hatte Diego mir noch nie. Trotzdem hatte ich seitdem gelernt, all meine Fragen einfach herunterzuschlucken, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.

So fragte ich auch nicht, woher Diego die Kette hatte, sondern bedankte mich einfach brav: „Danke, sie ist wunderschön."

Und das war sie wirklich – ich glaube, Diego hatte mir noch nie so ein schönes Geschenk gemacht. Das grazile Metall unter meinen Fingern schmiegte sich perfekt um meinen Hals und besaß einen kleinen, silbernen Sternanhänger. Offensichtlich kannte Diego mich doch besser, als ich manchmal dachte.

„Sie steht dir ausgezeichnet, Baby. Es freut mich, dass sie dir gefällt." Diego griff nach meiner Hand und verschränkt seine Finger mit meinen. „Und fühlst du dich schon bereit für das letzte Schuljahr?"

Er sah mich fragend an und ich nickte.

„Ich glaube, wenn wir schon elf Jahre Schule überstanden haben, wird das letzte ein Kinderspiel", antwortete ich mit einem Lächeln.

„Das glaube ich auch." Diego nickte bestätigend und drückte meine Hand. „Und danach werden wir beide endlich zusammen an der University of Chicago studieren."

In Diegos Stimme klang die Vorfreude deutlich heraus, doch ich musste hart schlucken und brachte nur mit Mühe ein gequältes Lächeln zustande. Es war schon lange nicht mehr mein Plan, zusammen mit ihm in Chicago zu studieren, aber ich hatte mich bisher noch nicht dazu getraut, ihm davon zu erzählen. Ich hatte echt Angst vor seiner Reaktion, denn ich wusste, dass er das gar nicht gut heißen würde. Während er sich das Recht herausnahm, sich nur dann zu melden, wann er Lust dazu hatte, konnte er es nämlich gar nicht leiden, wenn ich Dinge im Alleingang machte. Ich würde sogar fast schon soweit gehen, zu sagen, dass er ein ernstzunehmendes Kontrollproblem hatte, was unter anderem ein Grund dafür war, weshalb wir immer wieder aneinandergerieten.

„Hast du Lust, einen Film zu schauen?", lenkte ich deshalb vom Thema ab.

„Eigentlich hatte ich eher an etwas anderes gedacht", entgegnete Diego mit rauer Stimme und schob seine warme Hand und mein T-Shirt. Er begann sanfte Kreise mit seinem Daumen auf meiner Haut entlangzufahren und beugte sich über mich, um mich zu küssen.

Ein prickelndes Gefühl breitete sich in meinem Körper aus und schlang meine Beine um seine Hüfte, um ihn näher an mich heranzuziehen. Heute war definitiv einer von Diegos guten Tagen, so entspannt und gutgelaunt hatte ich ihn schon länger nicht mehr erlebt. In Momenten wie diesem fühlte es sich wieder so an wie damals, als wir uns frisch verliebt hatten und die Schmetterlinge, von ich denen ich manchmal befürchtete, dass sie abhanden gekommen waren, kehrten zurück.

Ich griff mit meinen Fingern in Diegos Haare und intensivierte das Spiel von unseren Zungen, als ich plötzlich gedämpft vernahm, wie ein Glas am Boden zerschellte. „Du verdammter Junkie, noch nicht mal ein verdammtes Abendessen bekommst du geschissen! Da arbeite ich den ganzen Tag, um dafür zu sorgen, dass ihr ein Dach über dem Kopf habt und du bekommst es noch nicht mal auf Reihe, dass abends mein Essen auf dem Tisch steht!", hörte ich im nächsten Moment meinen Stiefvater von unten schreien, in einer Lautstärke und mit einer Wut, die mir durch Mark und Bein ging.

Ein Zittern nahm Ergriff von meinem Körper und ich blickte hilfesuchend zu Diego, der jedoch bereits mit einem Satz mit einem Satz war Diego von mir aufgesprungen war. „Warte hier, ich regle das", befahl er mir, dann stürmte er auch schon aus dem Raum, während noch einen Moment vom Schock gelähmt einfach nur da saß.

Man sollte meinen, dass ich mich in den letzten Jahren an diese Szenen gewöhnt hätte, schließlich war es früher fast täglich vorgekommen, dass mein Stiefvater Owen meine Mutter verbal attackierte oder körperlich auf sie losging, doch seit ich mit Diego zusammen war, hatte sich das geändert. Seitdem standen meine Mutter, Adhara und ich unter dem Schutz der Devils of Detroit und nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit Diego, die mit einer gebrochenen Nase geendet hatte, hatte Owen das auch endgültig kapiert. Wahrscheinlich hatte er heute zu viel gesoffen, sodass er doch auf meine Mutter losgegangen war. Ein Glück, dass Diego gerade da war. Mein Freund hasste Owen wie die Pest und würde ihm wahrscheinlich einen Einlauf geben, der sich gewaschen hatte.

So langsam wurde ich wieder Herr über meinen Körper und schüttelte meine angespannten Glieder aus. Auch wenn Diego mir befohlen hatte, oben zu bleiben, lief ich vorsichtig die Treppe nach unten und lugte um die Ecke, nur um zu sehen, wie er meinen Stiefvater am Kragen gepackt gegen die Wand presste. Das Gesicht meines Freundes war dabei wutverzerrt und ich konnte sehen, wie dunkles Blut aus Owens Nase rann.

„Wenn ich noch einmal höre oder sehe, dass du deine Hand gegen eine der Frauen in diesem Haushalt erhebst, dann wirst du dir wünschen, du wärst niemals geboren, du mieses Schwein! Das verspreche ich dir", knurrte Diego. Dann ließ er von Owen ab, der daraufhin mühsam nach Luft rang.

Ich stürzte derweil zu meiner Mutter, die hinter dem Küchentisch zusammengekauert saß und ihr tränenüberströmtes Gesicht hinter ihren zitternden Händen verbarg. „Mom, Mommy, alles ist gut. Ich bin da, Diego ist da, dir kann nichts passieren", flüsterte ich ihr beruhigend ins Ohr und schloss meine Arme fest um ihren dünnen Körper. Dann begann sie auch schon unter ihren heftigen Schluchzern zu erbeben.

Ich hielt sie einfach fest und strich ihr über den Rücken, bis sie sich langsam wieder beruhigte. Ich wollte gar nicht zählen, wie oft wir nach dem Tod meines Vaters so dagesessen hatten und es brach mir jedes Mal ein kleines bisschen mehr das Herz, meine Mutter so am Boden zerstört zu sehen.

Früher war sie ein ganz anderer Mensch gewesen – lebensfroh, selbstbewusst und voller Liebe für ihre Familie. Doch dann war mein Vater gestorben und darüber war sie nie hinweggekommen. Und so hatte es angefangen, dass sie abends immer länger ausgegangen war, um dann am frühen Morgen völlig blau angetorkelt zu kommen. Kein Wunder, dass sie bald darauf ihren Job verloren hatte. Daraufhin war ihr Leben endgültig den Bach runtergegangen.

Die falschen Leute, die richtigen Drogen und dann kam Owen. Wahrscheinlich hatte sie ihn bei ihren abendlichen Kneipentouren kennengelernt, denn selbst für Detroits Verhältnisse gehörte er zu den dreckigsten und schmierigsten Kerlen, die es hier gab. Er betrieb ein Bordell in der Innenstadt und mir war schnell klargeworden, dass er meine Mutter nicht besser behandeln würde als die Prostituierten, die für ihn arbeiteten. Von der ersten Sekunde an, hatte ich ihn abgrundtief abstoßend gefunden und versucht, meiner Mutter ins Gewissen zu reden, sich so schnell wie möglich wieder von ihm zu trennen. Stattdessen war jedoch das Gegenteil eingetroffen, denn kurz darauf hatte unser Vermieter uns die Wohnung gekündigt und wir waren bei Owen eingezogen.

Seitdem lebte ich jeden Tag meinen persönlichen Albtraum – eine drogenabhängige Mutter, ein gewalttätiger Trinker als Stiefvater und eine kleine Schwester, die all dies miterleben musste. Ich versuchte Adhara zwar so gut es ging von all dem abzuschirmen und zu beschützen, aber das würde mir erst völlig gelingen, wenn ich von hier auszog und sie zu mir holte. Kein Kind der Welt hatte es verdient, all diese Scheiße zu ertragen.

„Kannst du bitte kurz nach Addy schauen", bat ich Diego, der in der Zwischenzeit die Scherben vom Boden aufgekehrt hatte. Ich hoffte inständig, dass meine kleine Schwester nichts von diesem Vorfall mitbekommen hatte, doch ich konnte nicht selber nach ihr schauen, weil ich bei meiner Mutter bleiben wollte.

Diego warf mir einen besorgten Blick zu, doch dann nickte er. „Du kommst mit", befahl er Owen, der sofort gehorchte. Er hatte echt Schiss vor Diego, aber das hatten die meisten, die meinen Freund kannten. Ich wusste, dass er zu Sachen fähig war, die ich mir noch nicht mal vorstellen wollte.

„Danke", hauchte ich noch kraftlos, dann waren die beiden Männer auch schon aus der Küche verschwunden und ich blieb alleine mit meiner Mutter in den Trümmern unserer kaputten Familie zurück...

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Ein etwas verspätetes Hallo an alle😂❤

ich bin leider komplett verplant und habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass ich mittwochs jetzt wieder wöchentlich Kapitel hochlade😅😂 ich hoffe, dass ich es beim nächsten Mal wieder normal hinkriege.

So, jetzt habt ihr Diego endlich mal persönlich kennengelernt. Was sagt ihr zu ihm?

Ansonsten wünsche ich euch ein schönes Wochenende und bis nächsten Mittwoch! 😂🤗

Gotta go, buffalo!

Eure Amy


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