#1 - Der Familie fehlte Biss

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AngelBay, Privaträume

Nachdenklich betrachtete Angelique die Umrisse Collinwoods, die immer wieder im Blitzlicht aufflammten. Der Donner grollte beinahe ununterbrochen.
Über die Jahrhunderte hinweg hatte sie die Familie in den Ruin getrieben. Die Fabrik war längst dem traurigen Schicksal des Verfalls überlassen worden und diente Möwen nun als Schutz vor dem Unwetter, das draußen herrschte. Das Einzige, was die Gründer dieser Stadt noch besaßen, war ihre Burg. Aber auch die war stark vernachlässigt worden.
Die Collins hatten aufgegeben. Was waren sie doch alle schwach geworden. Immer schon gewesen. Auch für Liebe, wie man an Barnabas sah. Nur hatte er die Falsche geliebt. Nun zappelte er immer noch in seinem Sarg ein paar Meter unter der Erde. Als Vampir. Das bisschen Biss, was die Familie besaß, würde sie niemals zu Gesicht bekommen.
Es war zum Verzweifeln. Die Collins würden als eine Gruppe Langweiler ihr Ende finden. Elizabeth, die geschiedene Ehefrau. Ihr Bruder, der Untreue. David, das verzweifelte Waisenkind mit seiner Psychiaterin, die Angelique bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Carolyn, die brave Zwölfjährige...
Carolyn. Da ließ sich etwas machen. Das Alter war sowieso schwierig. Aber einen Vampir aus dem Mädchen zu machen, wäre das denkbar Dümmste. Noch jemand Unsterblichen konnte Angelique nicht brauchen. Aber irgendwas Gefährliches musste es sein. Vielleicht würde sich so das Problem, das diese Menschen darstellten, selbst lösen. Und als Einzige bliebe dann Carolyn, die sowieso auswandern wollte, wie Angelique letztens erst mitbekommen hatte.
Jetzt wusste sie, was aus dem Mädchen werden sollte: ein Werwolf.
Dazu musste sie aber erstmal von einem gebissen werden. Das war das kleinste Stück Arbeit. Angelique war beliebt. Der Werwolf aus dem Wald würde nichts dagegen einzuwenden haben, dass er eine Artgenossin in der Nähe hatte. Außer Carolyn wurde zur Konkurrentin und machte ihm seine Wälder streitig.

~*~

Selbe Nacht, Collinwood

Carolyn war immer noch wach. Sie konnte einfach nicht einschlafen wegen des Gewitters. Ein Blitz erhellte für mehrere Sekunden ihr Zimmer. Kurz darauf folgte der Donner. Na großartig, war das Unwetter auch noch direkt über dem Haus.
Seufzend stand sie auf. Sie hatte Durst. Auf dem Weg in die Küche bemühte sie sich, kein Geräusch zu machen, denn falls ihre Mutter sie hörte, würde es Ärger geben. Seit Carolyns Vater verschwunden war, war sie eine ganz andere Person. Viel strenger, kühler.
Plötzlich klopfte es. Carolyn erstarrte. Sollte sie öffnen? Ein Blick zur altmodischen Küchenuhr. Es war mitten in der Nacht. Sie erwarteten keine Besucher. Allerdings konnte es nicht schaden, durch das Fenster zu spähen.
Es war dieser Einsiedler aus dem Wald. Jedes Jahr schoss er der Familie den Weihnachtsbraten. Aber was wollte er hier? Vielleicht hatte es einen Unfall wegen des Gewitters gegeben. Schließlich lebte er von Bäumen umgeben, die vom Blitz getroffen werden und umkippen konnten.
Nach kurzem Zögern öffnete sie und begrüßte ihn artig: „Guten Abend, Sir."
Ehe sie reagieren konnte, war sie hinaus in den Regen gezerrt und zu Boden gestoßen worden. Ihre Finger gruben sich in den Schlamm. Innerhalb weniger Sekunden war sie bis auf die Knochen durchnässt. Erschrocken sah sie zu dem Mann auf, der sich gerade zuckend verwandelte. Seine Haare wurden länger und wilder. Ein dünner, grauer Haarflaum überzog nun sein faltiges Gesicht. Seine Hose platzte aufgrund der neuen Beinform auf und gab übermäßig behaarte Beine frei, die in Klauen endeten. Seine Augen bekamen einen punktierten Blick und das Gebiss wurde zu dem eines Raubtieres.
Erstarrt vor Entsetzen konnte sie nur starren. Aber als er sich über sie beugte, begann sie, heftig um sich zu schlagen, jedoch ohne wirklichen Erfolg. Auf einmal packte er sie fest und verhinderte so jegliche Gegenwehr. Schnell versenkte er seine Fangzähne in Carolyns Hals. Sie schrie, aber das Geräusch ging im Donnergrollen unter und verlor sich schließlich in Krämpfen, die ihren Körper schüttelten.
Ihre Glieder kribbelten und zogen, die Kopfhaut ziepte, die Zähne schmerzten und ihre Augen brannten. Und dann war es vorbei.
Irritiert sah sie sich um und entdeckte den anderen Werwolf, der gerade das Anwesen verließ. Mit einem tief aus der Kehle kommenden Knurren setzte sie ihm nach. Panik kriegen konnte sie auch später noch.

~*~

3 Jahre später, Collinwood

„Hiermit übergebe ich dich der Hölle!", rief Barnabas und schleuderte Angelique nach oben und durch die Decke. Er wusste genau, wessen Zimmer sich dort befand.
Angelique landete auf einem überraschend weichen Bett. Erst fragte sie sich, was ihr ehemaliger Liebhaber damit bezwecken wollte. Dann drang das Knurren an ihre Ohren, das vom Deckenbalken kam. Dort hockte das Werwolfmädchen. Es schien nicht besonders gut aufgelegt zu sein. Kein Wunder, schließlich zerstörte sie hier ihr Haus. Aber anscheinend war etwas anderes das Problem.
„Raus aus meinem Zimmer!", schrie Carolyn aufgebracht, den Kopf mit der wilden Lockenmähne hochreißend. Dabei achtete sie darauf, dass man ihre Reißzähne gut sehen konnte. Sie war nicht dumm. Sie wollte, dass Angelique sah, was sie aus ihr gemacht hatte.
Die Angst ließ sich nur schlecht aus deren Gesicht halten. So nahe hatte sie einem wütenden Monster nie sein wollen. „Wenn ich hier wieder rausgehe, lässt du mich in Frieden?"
„Sie haben keinen Frieden verdient", grollte Carolyn. „Aber gehen Sie. Soll Barnabas Sie erledigen. Er hat mehr Grund dazu als ich."
Ein wenig beruhigt stand Angelique auf und schwebte durch das Loch im Boden nach unten. Ehe sie komplett verschwand, spottete sie: „Du traust dich ja sowieso nicht zu deiner Familie in deiner Werwolfgestalt. Und ohne bist du zu verletzlich."
Hohn. Hohn konnte Carolyn gar nicht ausstehen. Am liebsten wäre sie doch der Hexe hinterhergesprungen und hätte ihr die Kehle durchgebissen. Aber sie hatte recht. So konnte sie ihrer Mutter und ihrem Cousin nicht vor die Augen treten. Einige Zeit rang sie mit sich, dann stürzte sie sich durch das Loch. Sie landete direkt hinter Angelique und fletschte die Zähne.
Sie haben den ersten Schritt zu Ihrem Tod vor drei Jahren gemacht, als Sie den Werwolf beauftragt haben, dachte Carolyn. Sie wusste, sie würde Angelique nicht töten können. Aber sie würde die Mitschuld daran tragen. Und damit konnte sie ganz gut leben.
Man konnte längst nicht mehr behaupten, dass der Familie Biss fehlte, das sah auch Angelique inzwischen ein. Barnabas hatte sich befreit. Dr. Julia Hoffman war inzwischen ebenfalls zum Vampir geworden, wenn auch nur zu einem halben. Außerdem ertrank sie gerade in Dauerschleife im Meer. Elizabeth hatte auf Angelique geschossen. Davids Mutter hatte sie noch gar nicht richtig kennengelernt.
Und Carolyn griff sie in exakt diesem Moment von hinten an. Angeliques Schöpfung hatte sich gegen sie gewandt.

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