16. Schauerlicher Friedhofsbesuch

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"I am a cemetary by the moon unblessed."


Einige Zeit glitt ins holde Land, ehe die drei tapferen Freundinnen den zweiten Part ihrer gemeinsame getroffenen Entscheidung so rasch wie nur möglich in die Tat umzusetzen versuchten.

Währenddessen warf allerdings das eingefallen schimmernde Zwielicht des Spätnachmittags ein durch und durch mysteriös anmutendes Schattenspiel, gebildet aus verschiedenen Dunkelheit- und Helligkeitsfacetten, über das hiesige Landschaftsbild auf. Schon bald war es, als schien die einsam und verlassene Ortschaft vollkommen in den nebelig grauen Flair des ewigen Schlummer eingehüllt.

Victorias Blick schweifte unweigerlich, wie ferngesteuert in Richtung der ungefähr zweieinhalb Meter großen Mauern hinüber, die den überraschend großausgelegten Privatfriedhof der von Lahnsteins in beschützender Manier umzingelt hielten. Gleich unüberwindbar hoch aufragenden Felsen in der Brandung, denen kein noch so mächtiger Gezeitenwechsel etwaigen Schaden anzutun vermochte.

Ständig den wechselnden Launen des Wetters und dem nagenden Zahn der Zeit ausgesetzt, so wies das alte Gestein bereits an so manchen Stellen stark ausgeprägte Verwaschungen, auf. Vielerlei Flächen schienen ebenfalls mit Flechten von feucht glänzenden Moos und in die Höhe rankendem Efeu glasiert

Inmitten all des wuchernden Grün und Graus entdeckte Victorias wandernder Blick sogleich ein gusseisernes Tor, zahlreich kunstvoll geschwungene Verzierungen verliehen der verschlossenen Öffnung sogar einen federleichten Hauch von Romantik. Ein aus Marmor gefertigtes Schild prangte ungefähr auf Schulterhohe auf einem kleinen steinernen Abschnitt, folgende Worte schienen dort bereits vor langer Zeit eingeritzt.

Privatfriedhof der Familie von Lahnstein. Etwaigen Fremden ist das Betreten strengstens verboten. Betreten auf eigene Gefahr.

Charlotte, der das komplette Ambiente ganz und gar nicht ungeheuer ward, drehte sich schon bald leise seufzend gen ihrer zwei Wegbegleiterinnen. Fest beide Hände in demonstrativer Manier vor der Brust verschränkt, so hielt die die Dritte Bunde in Windeseile an Ort und Stelle inne.

"Wenn ihr einen kurzen Blick auf den Gottesacker werfen wollt, bitte gerne. Aber ohne mich. Ich bleibe hier definitiv stehen und werde mich keinen Zentimeter fortbewegen. Gerne könnt ihr tun was ihr wollt, doch ich werde auf keinen Fall eine Ruhestelle aufsuchen, welche vermutlich genauso verflucht wie das verdammte Herrenhaus ist!"

"Hört, hört. Die Abenteuerlustige hat wieder gesprochen", spottete Louisa, dabei der rothaarigen Frau einen wissenden Seitenblick zuwerfend. Doch bevor sich jene in Spe über die spitze Bemerkung gebührend zu entrüsten vermochten, haspelte die Blondine schnell weiter.

"Nun gut, meinetwegen kannst du hier Wurzeln schlagen wie es dir beliebt. Wir werden uns auf dem Friedhof eh nicht lange aufhalten, sondern uns nur über dessen wohl behüteter Ansammlung von dahin vegetierenden Grabseinen einen guten Überblick verschaffen. Also komm, Victoria, der Tag wird nicht jünger!"

Und nur wenige Augenblicke später darauf, schnappte sich die tatkräftig gestimmte Louisa bereits die schweigende Schwarzhaarige und begann sofort mit ihrem eilig ausgeführten Vorhaben, diese wie eine vom Bauernmarkt erworbenen Ziege hinter sich her zu ziehen.

Obgleich sich die Heimgesuchte im Insgeheimen nicht gerade glücklich über die Beobachtung wähnte, so wie ein treudoofer Hund an der Leine geführt zu werden, gab sie doch keinerlei Widerworte preis. Die junge Frau selbst schien höchst neugierig auf die neue Umgebung und glaubte in jenem Moment auch nicht, dass auf diesem stillen Boden vielleicht so manch böse Überraschung rasch Jagd auf beider armer Seele machen würde, so ward noch längst die Nacht oder gar die taktvorgebende Geisterstunde geschlagen.

Schnell an der mit Gitterstäben versehenden Öffnung angekommen, so ließ sich Louisa in ihrem Wagemut keinesfalls lumpen und zückte sogleich aus ihrer Hosentasche den mitgetragenen Schlüsselbund hervor. Flotten Willens probierte die entschlossen dreinblickende Buchautorin einen nach den anderen an dem verrostet umgehängten Schloss aus, bis schließlich das Portal, wie von Geisterhand geführt, unlängst sperrangelweit offen sprang.

"Tretet herein, törichte Sterbliche", grinste die Blondine und deutete sogleich mit der entsprechenden Handgeste an, doch bitte sogleich die Füße in die Hände zu nehmen und umgehend die andere Seite des Leichenhofs aufzusuchen. Mit höchst widersprüchlichen Gefühlen im Bauch, flackernde Unruhe gepaart mit unerklärlichem Interesse, so folgte Victoria der vorangegangenen Geste und betrat mit bedächtig ausgeführten Schritten den Privatfriedhof der Familie von Lahnstein, dabei dich auf den Fersen gefolgt von Louisas eigenem schmal gebauten Körper.

Im Allgemeinen mochte die Schwarzhaarige eigentlich solch düstere Orte recht gerne, doch in jenem verhängnisvollen Augenblick musste sie unbedingt ihre bis dato gültige Meinung revidieren und komplett neu umschreiben. Denn diese eine spezielle Grabesherberge schien unleugbar in einer grauenvollen, geradezu haarsträubenden Atmosphäre gefangen.

Jene angsterfüllende, kaum mit Worten zu benennende Beschaffenheit ward ihr auf jene Art und Weise beileibe noch nicht untergekommen. Warum Victorias unruhiger Geist gerade von diesem besonders undeutbaren Gefühl überflutet schien, verkörperte ein weiteres zu lösendes Rätsel.

Natürlich tat der unentwegt herab sausende Wind sein Übriges und fuhr ihr auch weiterhin durch Mark und Bein. Fröstelnd rieb sich die Schwarzhaarige ihre ausgekühlten Händen, um diesen gepeinigten Gliedmaßen ein bisschen tröstende Wärme zu spenden, doch es ward, als schien all das zirkulierende Blut in Adern und Venen in festgewachsenes Eis verwandelt.

"Also entweder können wir hier so stehen bleiben, bis die Nacht anbricht oder..." sprach Louisa mit leiser Stimme in die bleierne Ruhe hinein, ehe ihr Victoria ausnahmsweise über den Mund fuhr.

"Hab den Wink mit dem Zaunpfahl durchaus verstanden. Dann mal los, was?"

Ehe Victorias wild wuchernde Gedanken kaum mehr Einhalt geboten werden konnte, so fasste jene im Stillen den Entschluss, lieber ihre nervös gestimmte Aufmerksamkeit für das Erste auf die nächstliegende Landschaft auszurichten.

Feuchtes Gras bedeckte den erdigen Untergrund zu ihren Füßen, vermischt mit allerlei aufgewirbelten Steinen jeglicher Größen und komplett vom Regen durchtränkten Matsch. Gleichfalls erschnüffelte ihr aufgeblähte Nase den unverkennbaren Geruch von scharf gestochenem Torf.

Zahlreiche Laubbäume und dornig wirkendes Gestrüpp schienen hier da und da in den erdigen Untergrund gepflanzt, die sich wie die verkrümmen Rücken von alte Greisen über die dustere Friedhofslandschaft beugten.

Knorrige Zweige knacksten immer wieder unter dem ausgeübten Druck des herab fallenden Windes laut auf, begleitet von einem ständigen Raunen und Rauschen, dessen Herkunft primär wohl aus der Fittiche von eingefallenen Pflanzengeflechten entsprang. Zügige Böen trieben herab getriebenes Lauf in tänzelnder Manier durch die Luft, so als gedachte die schwebende Flora die Neuankömmlinge durchaus beeindrucken zu wollen.

Dicht gewebter Nebel spukte unübersehbar durch die finstere Ortschaft, ja glitt sogar mittels liebkosender Bewegungen über die aufgestellten Grabsteine hinweg. Wild wachsendes Unkraut und erstaunlich schöne Blumen, an deren Namen sich Victoria beim besten Willen nicht zu erinnern wussten, unterstrichen derweilen die schauererregende Atmosphäre dieser leblos anmutenden Landschaft um das Zehnfache. Nichtsdestotrotz stach ihr eine besondere Pflanze, die unter anderem auf den klingenden Namen Eisenhut hörte, umgehend ins Auge.

Normalerweise interessierte sich Victoria nicht die Bohne für die hiesig vertretene Flora, aber ihre Mutter hatte ihr einst beim Gärtnern stets wie eine geduldige Lehrerin erklärt, welche Gewächse eine vollkommen harmlose Natur besaßen und welche auf Teufel komm heraus gefälligst nicht angefasst werden durften. Und das Aconitum gehörte definitiv letzterer Kategorie an.

Schließlich machte ihr ständig umher huschender Blick einen schmal ausgelegten, aber begehbaren Weg ausfindig, dessen Ebnung gänzlich aus klein gemahlene Kieselsteinen bestand und der in Form von sich windenden Serpentinen an den meisten Gräbern vorbei zu einer riesigen Gruft führte, deren eigener Auftritt selbst aus der Ferne nicht minder gruseliger als der Friedhof höchstpersönlich wirkte.

Im Nu schlenderten die drei Freundinnen schon bald an den ersten brach daliegenden Ruhestätten vorbei, auf deren zugeschütteten Oberflächen zumeist Unkraut, Gras, und herabgefallenes Laub in Hülle und Fülle gediehen. Einige erdige Aushebungen unterlagen bereits komplett dem biologischen Verfall, manch andere Totenbetten erweckten bei genauerem Hinsehen durchaus noch einen gepflegten Eindruck und andere Senken wiederum schienen lediglich und in hastiger Manier mit reiner Erde überzogen. Auf vielen, vom Wetter gegerbten Grabsteinen glänzten verblichene Inschriften auf, verblasste Erinnerungen oder Mahnschriften aus längst vergangenen Zeiten.

Wie aus dem Nichts erfüllte urplötzlich der widerliche Geruch fauliger Verwesung die Luft, dessen unangenehm anmutende Ausdünstungen beinahe mit den Händen greifbar zu sein erschienen. Nur mit Müh und Not widerstanden Victoria und Louisa dem instinktiven Drang, sich die Nase zuzuhalten um diesem scheußlichen Duft schnellstmöglich zu entkommen.

Pechschwarz gefiederte Krähen zogen währenddessen am Himmelsgestirn weite Kreise über den friedlich dahin schlummernden Friedhof, lautstark in der zwielichtigen Dunkelheit aufkrächzend, so als hegten diese den dringenden Plan, die spaziergehenden Kumpaninnen vor einer finsteren Bedrohung zu warnen. So manche Vögel ließen sich, begleitet von anmutigen Bewegungen, auf den halb im Morast versunkenen Grabsteine nieder und verfolgten regelrecht mit ihren kalten schimmernden Augen jede vorangegangene Bewegungen der beiden Freundinnen.

Hitchcock lässt grüßen, dachte eine ziemlich grimmig verstimmte Victoria, während sich augenscheinlich die feinen Härchen auf Unterarmen und Nacken zu Berge aufstellten. Selbst auf ihrer frei gelegenen Haut bildete sich rasch eine prickelnde Gänsehaut, ein weiteres körperliches Zeichen für ihr innerliches Unwohlsein.

Auf einen Schlag keuchte Louisa auf, so als hätte sie gerade eben einen anstrengenden Marathon absolviert. Wie Espenlaub bebend, stand sie auf einem Fleckchen Erde und zeigte sogleich mit einem zitternden Finger in Richtung des mit Morast bedeckten Untergrunds.

"Ich glaub, mein Schwein pfeift! Victoria, bitte sieh dir das einmal an!

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