37. Grabraub (Teil 1)

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There are times when my heart forgets I buried us in the past and the restof the night my mind is just robbing graves"

"Fall sich bald ins Graß beiße, so möchte ich dennoch folgende Worte in meinem ungeschriebenen Testament festhalten: Charlotte hat bei dem Versuch, die dümmste Idee aller Zeiten in die Tat umzusetzen, ihr Leben lassen müssen. Seht ihr bitte diese fatale Flause nach!", bedurfte sich ein grimmig lächelnder  Rotschopf  eines sarkastischen Tonfalles, während ihre zusammen gekniffenen Iriden das direkt zur aller Füßen liegende Grab zu keinem Zeitpunkt außer Acht ließen.

Louisa, deren leicht zitternde Hand ein metallenes Laternengehäuse in die Luft hielt, konnte sich daraufhin eines belustigen Schnaubens nicht zu erwehren. 

"Dito, Schatz. Trotzdem kann ich nicht ohnehin zu sagen, dass ich den Kern unserer Unternehmung durchaus spannend finde. Und meine Geschichte, die übrigens zur Hälfte bereits nieder geschrieben worden ist, wird weiterhin mit allerlei Ideengefüttert werden. Eine klassische Win-Win-Situation, nicht wahr?"

Strahlend hell glänzt der wabernde Kerzenschein und bildete dabei stets ein aufregend anmutendes Theaterspiel zwischen Licht und Schatten auf den verschwommenen Zügen der aufgestiegenen Düsternis ab. Krumme Schatten, die am frohen Tage zumeist einer recht unscheinbareren Natur entstammten, verwandelten sich stattdessen bei Anbruch der Dunkelheit in hämisch grinsende Fratzen, die scheinbar nichts Gutes für die unbescholtenen drei Frauen versprachen.

In solch einem makabren Zustand gefangen, erwachten alte Instinkte meist zu neuem Leben, ständig auf der Suche nach möglich auflauernden Gefahren.

"Tja, in vielerlei Hinsicht hast du sicherlich recht.  Wie heißt das alte Sprichwort doch so schön: Der Pfad zur Hölle ist mit guten Absichten gemeißelt. Allerdings bleibt uns kaum eine andere Wahl, wenn wir diesem jahrhundertealten Spuk endlich ein Ende setzten wollen!", versuchte sich eine nicht minder düster dreinblickende Victoria an einer gezwungen heiter erklingenden Stimme, um die hier vorherrschende Aura der Finsternis keinesfalls näherunter ihre blasse Haut kriechen zu lassen.

Gedankenlose Panik verkörperte im Allgemeinen einen recht schlecht bewertenden Ratgeber, daher hatten Louisa, Charlotte und sie selbst in unmittelbarer Zukunft unbedingt einen kühlen Kopf zu bewahren. Insbesondere im Hinblick darauf, dass das Spiel um die übernatürlichen Schemen durchaus einer lichterlohzüngelnden Feuerprobe glich, an deren leckenden Flammen sich eine zu unvorsichtig verhaltende Person durchaus die Finger verbrennen konnte,  bis im Endeffekt nicht als staubige Asche übrig bleiben würde.

Längst lag bereits das knisternde Zwielicht des frühen Abends in seinen letzten sterbenden Zügen, der Anbruch der vollkommenen Finsternis stand bereits auf der Schwelle zur direkten Übernahme. Binnen weniger Minuten würde sich unzweifelhaften Willens der Schleier der pechschwarzen Nacht über die versammelten Häupter und über die hiergedeihende Landschaft niederlegen und sämtlich existierendes Leben in eine gruselig schimmernde Undurchschaubarkeit eintunken.

Victoria, deren rasend schnell schlagendes Herzständig wie ein gefangener Vogel im Käfig gegen ihr Rippengefängnis zu krachte,  ließ ihren Blick unweigerlich von der letzten Ruhestätte des ursprünglichen Grafen von Lahnstein abschweifen und richtete  stattdessen jene umherwandernde Aussicht auf die nächstliegende Umgebung aus.

Flackernde Nebelwellen brandeten im Sekundentakt gegen den angrenzenden Steg aus kahlen Bäumen und dornigen Büschen, überschwappten in Form von hauchfein gekrümmten Biegungen dessen knorrige Beschaffenheit und verschlangen letztendlich die unheimliche Szenerie mit Haut und Haar. Sogar die dürren Zweige der laublosen Gewächse, kaum merklichen Willens aus dem brodelnden Dunstsumpf heraus ragend, glichen nun mehr den gräulichen Konturen von ausgestreckten Fingern. 

Unwillkürlich wirbelte der nieder brausende und zugleich lautstark heulende Wind nicht nur das herabgefallene Laub in die Luft auf, sondern fegte derweilen auch über die verschmutzten Oberflächen der hier anrainenden Grabsteine hinweg, sodass das ein oder andere Mahnmal durchaus in leichtes Wanken verfiel. 

Nebst dem feucht glänzenden Gras tauchte an so manchen Stellen die wundersame Eisenhutpflanze auf, deren toxisches Wesen dem hilflosen Erscheinungsbild durchaus tödliche Lügen strafte und schon so mancher menschlicher Kreatur ein unangenehmes Ende kredenzt hatte. Gräber, die hier regelrecht wie Pilze aus einem Waldboden empor wucherten, verbreiteten zu dieser fortgeschrittenen Stunde bereits einen unleugbaren Flair des Horrors. 

Mit zunehmender Geschwindigkeit erfüllte der widerlich süßliche Geruch von fauligen Verwesung das Volumen ihrer beiden Lungenflügel, haftete sich dort wie eine unabschüttelbare Klette fest. 

Schließlich richtete Victoria nach Beendigung der visuellen Erkundungstour ihre Aufmerksamkeit wieder auf das vor ihr aufgebahrte Grab aus, dessen verdorbener Zustand weiterhin einen Anflug von Mitleid in ihrem Seelengemüt erweckte. Angesichts der jüngsten Ereignisse erschien ihr der letzte unternommene Friedhofsbesuch in weite Ferne gerückt.

Bei genauerer Betrachtung des zugeschütteten Totenbettes überkam der taufrischen Erwachsenen eine merkwürdig anmutende Empfindung, so als läge just ein zentnerschweres Geröll in ihrem Magen, dessen schwerwiegendes Gewicht nicht nur ihrem körperlichen Gefühl so manches Unbehagen bereitete, sondern auch ihr angespanntes Nervenkostüm auf eine harte Zerreißprobe stellte. 

Möglicherweise antworte ihre in Alarmbereitschaft gesetzte Seele auch nur ein unsichtbar flimmernden Einfluss, der mit seinen hauchzarten Kuppen die feinen Saiten ihrer Denkgitarre malträtierte und jene Fasern auf Biegen und Brechen entzweien wollte.

Ein plötzlich durchdringend erklingendes Grollen, so als stürzte in jenem Moment gerade eine Lawine von einem Berg herunter, ließ Victoria sofort den Kopf gen Himmel recken. Mit sorgenvoller Miene betrachtete die junge Frau eine pechschwarz funkelnde Wolkenwand, die in ihrer durchdrungenen Gesamtheit keinen einzigen Blick mehr auf das dahinter verborgene Gestirn gestatte. Sogar die herab brausende Brise gewann ebenfalls an Auffahrt, so als hätte ihr das Schicksal die Aufgabe aufgelastet, jede lebendige Faser in die Ferne zu tragen. 

Nichts durfte am Erdboden verweilen.

"Mädels, wir müssen unbedingt einen Zahn zulegen. Lasst uns gleich mit dem Ausbuddeln anfangen, in Ordnung?", befahl nun Charlotte,  die ebenfalls ihr besorgt dreinblickendes Augenmerk auf das herangezogene Unwetter ausgerichtet hatte. "Ichschwöre, falls hier alles aus dem Ruder laufen sollten...dann komm ich selbst als Geist zurück und gehe euch bis in alle Ewigkeiten auf den Senkel!"

Victorias unbeeindruckter Blick glitt unweigerlich über ihre eigene rechte Hand hinweg, die mit eiserner Faust einen metallenen Spaten umklammert hielt.

"Pass lieber mit deinen Wünschen auf, sie können sich schneller als dir lieb ist als wahr erweisen. Das habe ich während unserer Zeit hier wahrlich gelernt", antwortete die duster gestimmte  Heimgesuchte, sich in Gedanken bereits auf ihre nächste Aufgabe  vorbereitend. 

Währenddes letzten Tagesablaufes hatten sich die drei Freundinnen allesamt in den Vorbereitungen für das heutige Vorhaben verloren. Während sich Victoria um die Organisation von benötigten Schaufel hatte kümmern müssen,  so blieb an den beiden anderen die Aufgabe hängen, jede einzelne Person mit ausreichend Salzstreuer und Objekte aus reinem Eisen auszustatten. Zum Glück ließ sich die benötigte Ausrüstung leichter als gedacht auf die Beine stellen.

Und hier stand das Trio nun, bis zu den Zähnen mit verschiedenen Geisterabwehrmitteln und drei kräftig wirkenden Schippen bewaffnet. Bereit in freundschaftlicher Gesamtheit dem schauderhaften Schicksal baldigst ins drohende Auge zu sehen.

Unweigerlich straffte Victoria die Schultern an und probierte sich in dem Vorhaben, die schauderhaften Geräusche der Nacht gänzlich aus ihrem Fokus auszublenden. Das sanfte Rascheln der letzten schwingenden Blätter, das Gurren eines im Verborgenen verweilenden Uhus und allerlei andere Klänge zerfetzten ab und zu das dünne Gewand der Stille, deren ausgebreiteter Stoff beinahe in zu schwerer Manier auf der hiesigen Landschaft lastete. 

"In Ordnung, Kapitän. Ran an den Speck, Mädels!", bestätigte die von Ohr zu Ohr grinsende Louisa das Gesagte und setzte sogleich die voran gegangenen Worte in die Tat um.  Auch die Schwarzhaare ließ sich nicht lumpen und schon bald schaufelte das Trio in einer Schnelligkeit, so als wäre der Leibhaftige hinter ihren armen Seelen her.

Aufgewühlte nasse Erde flog zu allen Seiten, der feuchte Untergrund erinnerte bereits nach wenigen Minuten an ein abstraktes Gemälde, dessen blütenweiße Oberfläche mit stetig unterschiedlich großen Farbkleckser bemalt wurde. An manchen Stellen bildeten sich sogar kleine Hügelanhäufungen, die unter anderem dem Werk eines aktiven Maulwurfs glichen.

Trotz der nächtlichen Kühle, die Victoria buchstäblich durch Mark und  Bein ging, sammelten sich bereits die ersten Schweißtropfen auf ihrer blassen Stirn, während die stetig zunehmende Feuchtigkeit ihrem restlichen Gewand ein unangenehm klamme Geschmeidigkeit verlieh. Dennoch ließ die junge Frau nicht von ihrem Plan ab, der ungeteilte Fokus kannte nur ein Ziel.

"Menschenskinder, tun mir bereits die Muskeln weh", beschwerte sich Louisa in einer Tour, der ausgestoßene Atem rang lauthals um Luft, so als würde sie gerade einen anstrengenden Marathon laufe und nicht inmitten auf dem Friedhof stehen um einen jahrhundertealten Fluch auf die Spur zu kommen. Die gehaltene Laterne hatte die Buchautorin in der Zwischenzeit auf dem Boden abgestellt, um nicht nur die Händefreizuhaben, sondern auch die schnell anwachsende Ausgrabung bestens auszuleuchten.

"Oh, auf den morgigen Kater werde ich mich keinesfalls freuen...wenn wir denn den nächsten Tagesanbruch überhaupt noch erleben und bisweilen von keinem Geist in die ewigen Jagdgrüne geschickt worden sind", klagte Charlotte mit einer hohen Stimme, die durchaus dem klagenden Klang einer zeternden Banshee gute Konkurrenz hätte machen können. 

Allmählich verbanden sich die ausgerufenen Sätze in leise Gespräche, die natürlich gute Ablenkung gegenüber der Gefahren der Nacht boten. 

Zwei Stunden waren bereits ins Land gezogen, bevor die Blondine wie aus heiteren Nichts mit ihrem arbeitenden Spaten auf eine hölzerne Oberfläche stieß, die noch zuhauf unter Bergen von Matsch begraben lag. 

Das ertönende Kratzen, so als würde Fingernägel über eine blanke Tafel gezogen, ging unweigerlich unter jederfraus Haut. 

In dem bangen Wissen, endlich den gesuchten Schatz ans Nachtlichtbefördert zu haben, wechselten die drei Freundinnen einen gemeinsam gehaltenen Blick. Victoria war die Erste, die in die metertiefe Aushöhlung sprang, dabei dicht gefolgt von Louisas und Charlottes eigenen Gestalten.

Jetzthieß die Devise: Ruhe bewahren und Fatum freien Lauf zu lassen.

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