39. Mehr Schein als Sein

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"Allthings fade. All things. Flesh, stone, even the stars themselves.Time takes all things. It's the way of the world. The past recedes,memories fade, and so, true, does the spirit. Everything yields totime, even the soul"

What could you possibly hope to find in a cemetary?" The women said. "The dead tell no secrets and the living seldom come to visit them.

"


Während sich eine dunstige Nebelwelle nach der anderen die ruhelos anmutendenGräber in ihrer Gesamtheit einverleibte,  konnte Victoriahingegen nur mit größter Kraftanstrengung einen klaren Kopf bewahren.

Ihr war es als würde im Hier und Jetzt fröstelndes Eiswasser anstattdes rubinrot schimmernden Lebenssaftes durch ihre Adern rinnen.  Alle fünf existierenden Sinne schienen in diesemverhängnisvollen Moment  so scharf wie ein gewetztes Messer geschliffen. In  Lauerstellung darauf wartend, schon baldeinen Kampf auf Leben und Tod ausfechten oder unmittelbaren Willensdie Flucht ergreifen zu müssen.

Zähanmutende Sekunden verstrichen ins dunkle Nichts der Nacht, bevorsich unterhalb des weißen Naturatems und aus einiger MeterEntfernung die ersten sichtbaren Konturen abzeichneten. VerschwommeneLinien und Strichen fügten sich sogleich wie schwebendePuzzleteile zu einer unverkennbaren Einheit zusammen. 

Letzten endlich bildete sich ein durchsichtiges Gesicht auf dem blank gehaltenen Leinwand der Dunkelheit ab, auf dessen Gesicht ein sehr grimmig dreinblickendes Mienenspiel vorherrschte. 

Ein Antlitz, das der Schwarzhaarigen auf fürchterliche Art und Weise sehr vertraut vorkam. 

Thomas von Lahnstein, der ursprüngliche Herr vonDunkelmoor, betritt nun wie ein axtschwingender Henker das morscheHolz des Galgen, an dessen aufgeknüpfte Schnüre sich all unsereHäupter wiederfinden, prophezeite Victoria im Insgeheimen, die aber zu keinem Zeitpunkt ihr wachsamschimmerndes Augenmerk von den der rasch heran eilenden Gestaltnehmen wollte

Obgleich sich die vom Unglück verfolgte Erwachsene eigentlich von derUnschuldsvermutung des spukenden Aristokraten überzeugt wähnte, so ließen die klammernden Finger des Zweifels einfach nicht von ihrem verstimmten Gemüt ab. 

"WelcherUnhold wagt den törichten Versuch, meine Grabesruhe zu stören?", brüllte das schnell annähernde Gespenst über die trostlose Friedhofsfläche hinweg. Unwillkürlich fühle sich Victoria bei seinem Anblick an einen bellenden Wachhund erinnert, dersein zu beschützendes Territorium bis aufs blutige Versterbenverteidigen würde. 

All Cards in. Jetzt heißt die Devise,den Jackpot abzuräumen oder bis auf den letzten Pfennig ausgeraubtzu werden. Die Karten des Schicksals liegen nun in ausgebreiteter Formauf dem Tisch.

Nach eingehender Betrachtung  deckte sich die an den Tag gelegte Haltung des verblichenen Adligen durchaus mit dem wahrgenommen Eindruck seines darstellenden Porträts aus der Bibliothek.  Ein eherner Patriarch, derkeinerlei Widerspruch oder Aufmüpfigkeit duldete und stets dieKontrolle über aller Leben in beider Händen zu halten hatte.

Ergrautes Haar umrahmte wie ein kaum fassbarer Vorhang das durch und durch verhärtet anmutende Gesicht. Nicht nur zahlreiche Falten zierten dabei die knittrige Oberfläche, auch eine aufrechte Bitterkeit trübte regelrecht die erhabenen Züge. Von Kopf bis Fuß hüllte einst teurer Stoff sein Dasein ein. Und am Ende thronte sogar ein dunkler Zylinder wie eine finstere Krone auf dem eigenen Haupt, der ihm zusätzlich Größe verlieh. 

Aus seinen dunkel glimmenden Iriden sprach leider nicht der leiseste Hauch von Höflichkeit. Standesdünkel und Hochmut befleckten wie zwei unsichtbar schimmernde Schandmale dieaufgesetzte Miene des unheimlichen Herrenhauserbauers, hingen ihmsogar gleich makabere Schatten bei jeder fließender Bewegung nach.

Innerhalbeines ausgestoßenen Atemzugs hatte der friedhofsansässige Geist dieDistanz zwischen ihm und den scheinbaren Störenfrieden rasch überbrückt.Wie ein aufgebrachter Drache, der Sekunden davor stand, mächtigesFeuer auf seine Feinde nieder zu speien, so baute er seinen luziden Leibin bedrohlicher Manier unlängst vor den drei Freundinnen auf. Instinktiv sprangen die Drei ein paar Schritte zur Seite, so gut es ihnen im nassen Grab überhaupt möglich schien. 

Vergessenwähnte sich nun der prasselnde Regen, alle menschliche Aufmerksamkeit galt nun einzig und allein dem spukenden Gast, der seinerseits die hellwachen Freundinnen mit einem ganz und gar  verkniffenen Adlerblick genauer unter die Lupe nahm.

Auf der Stelle hielt die Schwarzhaarige ihren Atem an, kein unnötiger Mucks entfuhr nunmehr ihrem zusammen gepressten Munde. Blanke Angst kroch wie eisig kaltes Feuers durch ihr Gedärm und labte sich dabei an dem vorhandenen Fleisch. Sogar die Konsistenz ihrer  zugeschnürten Kehle glich nun dem Naturell einer sterbenden Wüste, äußerst heiser und vollkommen trocken.

Nach und nach ließ der ehrfürchtige Vater von Fabian und Konstanze seine stechenden Augen von Charlotte auf Louisa weiter wandern. Keine Regung zeigtesich auf seinem angespannten Antlitz, kein Wort verließ den leicht bebenden Mund. 

Aber als Victorias Blick auf den seinen traf, so taumelte der untote Grafdaraufhin gute zwei Meter zurück.

Überraschenderweise stand ihm nun schierer Unglaube ins Gesicht geschrieben.

 "Rosmarie?", würgte der Regent vonDunkelmoor mit einiger Kraftanstrengung hervor, eher nur Sekunden später bereits auf die junge Frau in Frage zu rauschte.

Gerade noch zur rechten Zeit senkte Victoria ihre zitternden Augenlider herab, bevor die Heimsuchung die eigene unmittelbare Gesellschaft aufsuchte. Und obwohl sich dasdunkle Gewand der Finsternis augenblicklich wie ein hauchfeinaufgestrichener Ölfilm auf ihren getrübten Sehsinn legte, so ließenihre anderen vier Wahrnehmungen das wankende Selbstbewusstsein keinesfalls im Stich.

Unverkennbar lag jetzt der Geruch von süßlichem Moder in der Luft. Wahrhaftig schien der personifizierte Wucherer Tod mit beiden Händen zum Greifen nahe.

Victoria bedurfte nun all ihrer seelischen Willensanstrengung um nicht an Ort und Stelle wie lebendig gewordenes Espenlauf auf zwei Beinen zu erbeben. Weiterhin schnürte ihr das klamme Gefühl der Unruhe wie ein übergeworfener Strick den eigenen Hals zu und ließ sie um jeden Luftzug bangen. 

Kühle Regentropfen, die in ihrer unbeherrschten Gesamtheitscheinbar nimmer enden wollten, hatten in der Zwischenzeit ihrÜbriges getan und sich derweilen wie die Motten im Speck durch all ihre Kleidungsstücke gefressen. 

In Gedanken zählte die Urlauberin bis Drei, ehe sie sich wieder raschen Mutes indie bedrohlichen Fänge der fröstelnden Realität zurück begab. Wievom Hafer gestochen, so riss die junge Frau ihre Iriden unwillkürlich weitauf und blickte daraufhin ihrem neuem Gegenüber direkt in dasbleiche und durchsichtig schimmernde Gesicht.

Blanker Ingrimm und verworrene Verwirrung blinkten sogleich im Sekundentaktwie überdimensional große Fragezeichen in dem ehern anmutendenAntlitz auf, so als konnte er sich im Insgeheimen nicht auf eine einzelne Gefühlsregung festlegen.

"Welch närrische Spiel wird hier auf die Kosten meines Verstandsausgetragen?", brüllte der wandelnde Untote in die trügerischeNacht hinein, die fahlen Seelentore huschten dabei ständig zwischen allen dreiFrauen hin und her. Seine zu Fäusten geballte Hände hielt er nun hoch in die Luft gereckt.  "Teufels Werk.... hinfort mit euch, Dämonen der Nacht! Ihr könnt mir keinen weiteren Pein ein einbringen, denn meine Seele ist bereits auf alle Zeit verdammt!"

Unweigerlich prallte  der Hall seiner kräftigen Stimme den umliegendenFriedhofsmauern ab, wurde auf der Stelle von einem heulenden Winderfasst und schließlich von jener Naturkraft weit hinfort getragen,ohne jegliche Aussicht auf Wiederkehr. 

"Entschuldigen Sie bitte, aber wir sind hier nicht um Ihnen Schaden zuzufügen", sprach Louisa erstaunlich mutig vor, dabei sichtbar all ihre Tapferkeit bündeln. So als würde es sich bei dieser leblosen Hülle eher um ein nettes Schlossgespenst als um eine vermeintliche Mörderseele handeln. 

 Victoria, die bereits in derVergangenheit so manches Mal ihre großenKlappe verflucht hatte, wusste in diesem entscheidenden Augenblicknicht, ob sie diese wegen ihrem unverfrorenen Mut bewundern oder im Nachhinein eher maßregeln sollte.

"Schweig, Weib! Ich habe dich nicht um deine Meinung gebeten. Wenn du an deinem Leben hängst, dann übe dich gefälligst in femininer  Zurückhaltung!", blaffte der ehemalige Besitzer des Herrenhauses als Antwort zurück. Obwohl in seinem nebulösen Antlitz  keine fleischlichen Sehnen und Muskeln mehrexistierten, so war es der Schwarzhaarigen doch in jenem Moment als zuckte sein Kinn auf gefährliche Art und Weise. 

Louisa, die vor erlittenem Schreck umgehend zusammen zuckte,  folgte natürlich dem unmissverständlichen Befehl auf der Stelle. 

Rasch wieder die Aufmerksamkeit auf Victoria richtend,  so bildeten  sichsogleich seine heftige Wellen desZweifels auf seiner schimmernden Stirn.

"Kaum fassbar, aber die Ähnlichkeit ist unverkennbar", äußerteder Geist, seine Stimme nun heiser geschliffen. "Sprich, Weib! Wie ist dieser Umstand nur möglich? DiesesAussehen muss zweifelsohne in der Familie liegen...!" 

Sein zugeworfener Blick,so voller Misstrauen und Antipathie, ließ nicht nur ihr fließendesBlut zu Eis erstarren, sondern veranlasste auch das eigene Herz so rasch wieeine musizierende Trommel zu schlagen. 

"Ehrlich gesagt hab ich nicht den leisesten Schimmer, aber ja. Die Möglichkeit besteht durchaus. Glauben Sie mir wenn ich Ihnen sage, dass ich selbst einen gehörigen Schreck erlitten habe als ich das Porträt von Rosmarie das erste Mal mit eigenen Augen gesehen habe, beantwortete die Doppelgängerin wahrheitsgemäß die gestellte Frage. 

Nein, wenn ich Antworten von ihm erhalten will, dann muss ich sein Vertrauen gewinnen. Abgesehen hiervon würde er bestimmt eine Lüge meilenweit riechen können...

"Gemälde?Hausen Sie etwa inmeinem trauten Heim?", begehrte Thomas von Lahnstein sogleich mitblitzenden Augen auf, ähnlich einem aufgescheuchten Tier, welches schonbald das gehisste rote Tuch angreifen würde. "Ich habe michwohl beim besten Willen verhört..."

Louisa,Charlotte und Victoria bedachten sich mit abschätzenden Blicken, alle mit der unausgesprochenen Frage ringen ob eswirklich klug schien mit dem Geist reinen Tisch zu machen. Letztere,die im Insgeheimen beschlossen hatte, dem bloßen Versuch eine Chancezu geben, seufzte aus tiefstem Herzen auf und setzte abermals zu einem erklärenden  Monolog an. 

"Lassen Sie mich bitte von Beginn an mit unserer Geschichteanfangen..."

Sobald das letzte erzählende Wort erklang, setzte auf einen Schlag eine ganz und gar unheimliche Stille ein, schwer auf allen Schultern lastend.

Unsicher verschränkte Victoria schließlich beide Hände hinter dem kerzengerade gehaltenen Rücken, während zur gleichen Zeit unzählige Gedankenfetzen ihren aufgewirbelten Verstand heimsuchten. Formlos, kaum mit bloßen Fingern greifbar und in ihrer Gesamtheit höchst verwirrend.

Blank verspürte Nervosität, die mit jeder verstrichener Sekunde stetig mehr an Fahrt gewann, fraß sich schon bald wie flüssiges Gift durch ihre Adern und machte ihr dabei das Denken immer schwerer. Ein paar Mal schüttelte die Schwarzhaarige das gesenkte Haupt hin und her, so als könnte die bloße Geste wieder Ordnung in das geistige Chaos bringen. Gerade jetzt schien es von größter Bedeutung, Ruhe walten zu lassen und nicht in kopflose Sorge auszubrechen.

Auf dem durchsichtigen Antlitz von Thomas von Lahnstein spiegelte sich stattdessen ein Vielfalt von empfundener Emotionen wieder. Scheinbar erlitt das Gespenst ein sichtbares Wechselbad der Gefühle, konnte das Gehörte wohl in der Schnelle kaum verdauen. Unglaube, Zorn und Trauer vermischten sich rasch zu einem finsteren Ausdruck der puren Qual. Begleitet von einem ganz körperlichen Zittern, das ihn mit Haut und Haar verzehrte.

Im Geheimen bereits auf das Schlimmste gewappnet, so sah sich eine unleugbar angespannte Victoria nun von Angesicht zu Angesicht der aufgeklärten Spukgestalt gegenüber.

Obgleich das Herz in ihrer Brust so schnell schlug, so als wollte es ihrer Brusthöhle entfliehen, gab sich die gebeutelte Erwachsene nichtsdestotrotz redlich Mühe, sich ihre Angst nicht ansehen zu lassen. Blut rauschte lautstark durch beider Gehörgänge, doch ihr Fokus lag einzig und allein auf dem verfluchten Wesen, von dem sie nicht wusste ob dieses tatsächlich einen Meuchler oder einen unschuldigen Verdammten darstellte.

Entgegen allem gehegten Bangen brach der ehemalige Gutsbesitzer überraschenderweise nicht in einen wütenden Rundumschlag aus, sondern präsentierte stattdessen eine höchst unerwartete Reaktionen. Silbern glänzende Tränen sprudelten im Nu aus seinen gleichfarbigen Augen hervor, gleich einer nimmer enden wollenden sprudelnden Bergwelle.

Hochmut und Standesdünkel verblassten zusehends ins Leere, rasch von den überschwemmenden Zähren verdrängt. Nur wenige Momente später gab das stolze Gebare einer kümmerlichen Haltung nach. Offenbarte sich in Form schluchzender Laute, die mehr an die Klänge eines verwundeten Tieres erinnerten. Fort schien der einst streng anmutende Hausherr, zurück blieb lediglich ein trauernder Familienvater.

Derweilen bedachten sich Victoria, Louisa und Charlotte mit unschlüssigen Blicken. Alle Drei wähnten sich nicht sicher, ob gespendeter Trost erwünscht wäre oder wohl eher die aufgeladene Resonanz verschlimmverbessern würde. Keinesfalls wollten die Verbündeten einen spukenden Zorn herauf beschwören, der ihnen am Ende gut und gerne allen Kopf und Kragen kosten könnte.

Wir haben ja bereits live und in Farbe miterlebet wie Edeltrauts verlorene Seele in der Gruft gewütet oder wie Fabian die ultimative Kontrolle verloren hat. Nein, mein Bedarf an übernatürlichen Wutanfällen ist für das Erste gedeckt, dachte sich Victoria, dabei zur keinen Zeit ihre wachsam glänzenden Iriden von der jammernden Kreatur nehmend.

Inzwischen kam es ihr so vor, als hätte der peitschende Regen selbst die gut verhüllten Knochen vollständig durchnässt. Feuchte Haarsträhnen ringelten sich in wenig schicklicher Manier auf ihrem Kopf, während die triefende Regenkleidung mittlerweile wie eine zweite Haut auf den darunter beschützten Klamotten klebte. Eisige Kälte beschlagnahmte schon bald den keuchenden Atem, gestaltete das Luft zunehmend schwerer

Dustere Schatten krochen in zartgesponnenen Konturen über den Friedhof hinweg und verhüllten nun jeden Grabstein und jede verkümmerte Grasfläche in eine pechschwarz glänzende Finsternis.

Victoria, voller zögerlicher Gedanken erfüllt, versuchte in zaghafter Manier eine Hand in Richtung von Thomas von Lahnsteinauszustrecken, doch sein schwebender Leib wich sogleich einen guten Meter zurück.

"Ich kann gar nicht den Gedanken fassen, dass auch der Rest meiner Familien och auf der irdischen Welt verweilt. Stets bin ich davon ausgegangen, diese vermaledeite Ewigkeit hier alleine verbringen zu müssen...Ohne meine Lieben an meiner Seite!", sprach Geist mehr mit sich selbst, sich ständig mit den Händen über das fahle Antlitz wischend.

"Klingt nicht gerade nach einem skrupellosen Meuchler, der all seine Vertrauten auf dem Gewissen hat", flüsterte Louisa unweigerlich in Richtung ihrer besten Freundinnen, Erstaunen machte sich zur gleichen Zeit auf ihrem Gesicht breit.

"Dem kann ich nur beipflichten", murmelte zur Antwort eine nachdenklich gestimmte Victoria. Denn der Saat des Zweifels, ob er einst wirklich der Täter gewesen war, keimte, ja blühte regelrecht weiterhin in ihrem Seelengemüt auf.

"Wenn ich einmal aus freiem Willen sprechen darf. Können Sie Sich denn zumindest an deinen eigenen Tod zu erinnern?", richtete die Schwarzhaarige nun das Wort direkt an den untoten Mann, wohl in banger Erwartung, endlich eine klärende Antwort auf dem Silbertablett serviert zu bekommen.

"Leider, nein. Da war diese verhüllende Schwärze, eine gähnende Leere und dann habe ich mich hier des Nächstens auf dem Friedhof wiedergefunden!"

"Verdammt, da erscheint mir ja langsam Mäuse melken als die leichter Option. Warums können sich die Geister nicht an den vermutlich prägnantesten Punkt ihres sterblichen Lebens erinnern?", stöhnte Louisa verzweifelt laut auf, Genervtheit und Ungeduld drückten der gewählten Tonlage einen zusätzlich bitter anmutenden Stempel auf. Ihre Hände nun fest auf die Hüften gestemmt, so glich die erzürnte Blondine jetzt eher einem übergroß gewachsenen Rumpelstilzchen, welches kurz davor stand, sich vor verspürtem Ingrimm in zwei Teile zu reißen.

"Ne verdammt gute Frage. Aber sei es wie es sei, dann müssen wir eben eine andere Wissensquelle finden", beschwichtigte Charlotte nun die Weggefährtin und warf dieser dabei einen strengen Blick zu, der keinerlei Widerrede erdulden würde. Louisa, die nun mehr einer beleidigten Leberwurst auf zwei Beinen ähnelte, schnaubte zwar leise auf, riss sich aber gleich darauf wieder am Riemen.

Victoria, die dem Darstellungsspiel nur mit halben Ohr zugehört hatte, verkniff auf einmal beide Augenbrauen fest zusammen. Flüsternde Worte kletterten wie rankender Efeu an der Mauer ihres Verstandes empor, bis sie diesen schließlich wertvolle Aufmerksamkeit schenkte.

Was wäre wenn...

Im Handumdrehen fiel eine erstaunliche Erkenntnis wie eine herabgelöste Schuppe von den eigenen Iriden ab.

"Vielleicht ist genau das der Schlüssel, um die vergrabenen Erinnerungen wieder ins übernatürliche Leben zurückzuholen", rief die Heimgesuchte aus heiserer Kehle aus, ihre Fingernägel bohrten sich währenddessen wie rasiermesserscharf geschliffene Widerhaken tief in das eigene Fleisch.

"Was, wie...hä?", stammelten Louisa und Charlotte sogleich wie aus einem Munde. Beider verwirrter Blick sprach Bände, so als wäre dieser soeben ein zweiter Kopf auf den Schultern gewachsen.

"Tja, wir müssen die Familie irgendwie zusammenbringen. Und zwar an dem Ort, an dem jede Person ihr Ende gefunden hat. Sie alle sind bereits seit langer Zeit getrennt, die Erinnerungen getrübt. Möglicherweise kann ja hier ein Treffen aller Seelen nicht schaden."


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