~ 16.4 ~

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Ohne zu Zögern blieb ich vor ihm stehen und zog ihn in eine tiefe Umarmung.

Ich klammerte mich um seinen Hals und presste unsere Körper aneinander, während ich ihm mit einer Hand sanft über den Rücken streichelte.

Am Rande meiner Aufmerksamkeit vernahm ich einige heiße Tropfen auf meiner Schulter, wie sie durch den dünnen Stoff meines Hemdes drangen, doch das scherte mich nicht.

Ich blendete all den Kummer der letzten Wochen aus, all die Male, die ich den Jüngeren verflucht hatte und all die Gedanken, die ihn immer noch als den Bösen darzustellen versuchten.

Vor mir stand lediglich ein völlig niedergeschmetterter Junge und dieser Anblick schmerzte mich um einiges mehr, als das bisschen Liebeskummer, was ich in der Zeit davor verspürt hatte.

Unbeholfen begann Jeongguk zu schluchzen, woraufhin ich ihn noch fester an mich zog.

Ich verstand die Welt nicht mehr.

Mein Gehirn war wie leergefegt, alles was gerade zählte, war der Schmerz des Jüngeren.

Dieser unbändige Schmerz, den ich schonmal in seinen Augen gesehen hatte.

Jeongguk stand weiterhin wie eingefroren da, seine Arme schlaff herunterhängend, sein Körper wurde immer wieder leicht geschüttelt von seinen kaum hörbaren Schluchzern.

Als ich schließlich Anstalten machte, mich von ihm zu lösen, um ihn endlich wieder ansehen, sein Gesicht in meine Hände nehmen und ihm zuzuflüstern zu können, dass alles wieder gut werden würde, erwiderte er wie aus dem Nichts meine Umarmung.

Blitzschnell schlangen sich seine starken Arme um meinen, im Vergleich winzigen Körper, er beugte sich etwas hinunter und legte den Kopf unsicher in meine Halsbeuge.

Mein Herz machte einen Satz, doch aufgrund der Umstände konnte ich das Kribbeln, welches sich daraufhin in meinem Körper ausbreitete, so schmerzlich ich es auch vermisst hatte, nicht genießen.

Eine gefühlte Ewigkeit standen wir so da, in diese innige Umarmung verwickelt, die mehr Vertrautheit, Liebe und Innigkeit ausstrahlte, als jemals zuvor.

Es war, als würden wir uns unterhalten, nur dass wir dafür keinerlei Worte mehr benötigten.

Mit der Zeit ebbte das Beben, welches den Körper des Jüngeren in unregelmäßigen Abständen durchfuhr, langsam ab, woraufhin ich vorsichtig erneut versuchte, die Umarmung zu lösen, welches Jeongguk jedoch mit einem qualvollen Murren unterband.

»Tae«, murmelte er und abermals erschrak ich aufgrund des Schmerzes, der in seiner Stimme mitzuschwingen schien.

»Ggukie was-«, flüsterte ich sanft, während ich sachte durch sein Haar fuhr.

Wie sehr ich diesen Duft vermisst hatte.

Doch der Jüngere unterbrach mich. »Nicht. Wenn ich dich jetzt loslasse, dann muss ich gehen und kann nie wieder zurückkehren, also bitte«, seine Stimme bebte förmlich, »nicht«, nuschelte er verzweifelt.

Geschockt riss ich die Augen auf. Ich verstand mittlerweile gar nichts mehr.

»Ggukie, was redest du denn da? Du musst nicht gehen. Alles ist gut, ich bin doch da.« Behutsam strich ich ihm über den Kopf; am liebsten hätte ich ihn dabei angesehen, aber abgesehen davon, dass ich eh nicht stark genug war, seine Umarmung aus eigener Kraft zu lösen, wollte ich ihn auch nicht überfordern, egal, was er gerade durchzumachen schien.

»Das ist ja das Problem«, hauchte der Jüngere schmerzerfüllt.

»Ich verspreche es dir, ich werde nicht weggehen und dich werde ich auch nicht gehen lassen, alles klar?«, erwiderte ich mit fester Stimme.

Ich vernahm nur ein leichtes Nicken an meiner Schulter, weshalb ich abermals vorsichtig meine Arme zu lösen begann, welches er mir gleichtat, nur um danach unmittelbar sein Gesicht zwischen meine beiden Hände zu nehmen.

Schmerzvoll musste ich ein leises Aufkeuchen unterdrücken.

Seine Augen waren blutunterlaufen und geschwollen, glitzernde Tränenbahnen führten seine geröteten Wangen hinab, seine Lippen waren spröde und scheinbar blutig gebissen, von der dunkelroten dicken Wunde, welche auf seiner linken Wange prangte, mal ganz zu schweigen.

Was war in der letzten Woche nur geschehen?

Schnell wandte ich meine Augen von seinem entstellten Gesicht ab und verschränkte unsere Blicke miteinander.

»Siehst du, alles ist gut«, hauchte ich sanft gegen seine Lippen.

Mit tränenverschleierten Augen sah mich der Jüngere aus seinen dichten Wimpern heraus einfach an, ohne auch nur ein Wort zu verlieren.

Um dem Gesprochenen etwas Nachdruck zu verleihen, streichelte ich sanft über seine weiche Gesichtshaut, bevor ich ganz langsam einen Arm senkte und unsere Finger miteinander verschränkte.

Jeongguks Blick wurde etwas weicher, abwesend starrte er auf unsere miteinander verbundenen Hände, als könnte er nicht glauben, dass das alles hier gerade wirklich geschah.

Behutsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und zog den, weiterhin stumm vor sich hinstarrenden, Jungen hinter mir her.

Zusammen schritten wir die große Treppe unmittelbar vor dem Eingang des Hauptbahnhofs hinab und ignorierten dabei sämtliche Leute, die uns verwunderte oder auch abschätzige Blicke zuwarfen.

Die breite, steinerne Treppe mündete in einem schmalen Bürgersteig, je näher wir diesem kamen, desto mehr waren bereits die dutzenden Fahrzeuge auf den vielbefahrenen Straßen Seouls zu hören.

Man vernahm durcheinander klingende Hupen und das Geräusch von startenden Motoren, dicht and dicht standen die blechernen Fahrzeuge auf der breit geteerten Fahrbahn, während sie dabei immer mehr schädliche Abgase in die Umwelt bliesen.

Schnell zog ich Jeongguk durch die sich uns entgegenstellenden Menschenmassen, welche in schier gleichem Rhythmus durch die Fußgängerzone mit ihren vielen kleinen Buden und Lädchen trotteten.

Die jungen Eichen, welche in geringem Abstand voneinander am äußeren Rand des Bürgersteigs in dafür angefertigten Beeten eingepflanzt worden waren, wurden zu dieser Uhrzeit hübsch beleuchtet; hell strahlten sie mit den unzähligen Werbetafeln, Neonröhren und Reklameschildern um die Wette und sorgten für einen krassen Kontrast zu dem sternenklaren Himmel über unseren Köpfen.

Nicht häufig waren die Sterne so deutlich zu erkennen wie heute, nicht zuletzt dem Smog und der übrigen Luftverschmutzung geschuldet.

Eifrig beschleunigte ich meinen Schritt, während ich Jeongguk weiterhin ahnungslos hinter mir herzog.

Er hatte mir seinen geheimen Garten gezeigt, nun war ich an der Reihe, ihm meinen zu zeigen.

Immer schneller setzte ich einen Fuß vor den anderen, mein Ziel fest vor Augen, bis wir schließlich vor einer riesigen Grünanlage zu stehen kamen.

Der Gyeongui Line Forest Park¹ oder wie die Einheimischen zu sagen pflegten, der Yeon-tral Park, aufgrund der ähnlichen Stellung, die die Grünanlage hier in Seoul innehatte, wie der originale Central Park in New York.

Bedächtig schritten wir Hand in Hand über die restaurierten, von Ginkgobäumen gesäumten, alten Bahnschienen der stillgelegten Gyeongui Linie.

Mehr als hundert Jahre waren diese Schienen schon alt. Als die Station zum größten Teil in den Untergrund verlegt wurde, beschloss man hier kurzerhand einen Park zu kultivieren und so die chice, urbane Atmosphäre mit weitläufigen Grünflächen und wilder Natur zu verbinden.

Ich liebte diesen Park; nicht nur meine Mutter war früher mit mir immer auf einen der unzähligen Spielplätze gegangen, sondern hatte ich hier auch meine ersten, wackligen Schritte als Fotograph gewagt.

Die Aura, die diesen Ort umgab, war einfach einmalig; im Sommer kamen Viele zum Picknicken her, unzählige kleine Buden und Stände öffneten ihre Tore und man konnte an jeder Ecke street food kaufen.
Straßenkünstler traten auf den weiten Wiesen auf, inmitten der blühenden Ginkobäume und den schmalen Bachläufen, die sich unregelmäßig durch den Park schlängelten.
In flachen Teichen zogen bunte Fischschwärme ihre Bahnen, die Luft war erfüllt von Musik, während man der Sonne dabei zusah, wie sie den Park in ein angenehmes Licht tauchte, bevor die letzten Sonnenstrahlen sich in den kleinen Gewässern reflektierten und schließlich den ersten, aufflackernden Laternen ihre Tätigkeit übertrugen.

Als ein paar bauschige, weiße Flocken meine Nasenspitze berührten und unmittelbar darauf zu kaltem Wasser zerliefen, konnte ich mir ein freudiges Aufquietschen nicht verkneifen.

In Seoul schneite es generell sehr selten und wenn, dann nur kurz und es blieb so gut wie nichts liegen aufgrund der niedrigen Luftfeuchtigkeit. Effektiv bedeutete das für mich, dass man die Atmosphäre, die die wirbelnden Kristalle kreierten, genießen konnte, jedoch ohne die lästigen Nachteile wie etwa die extreme Kälte oder Nässe.

Schnell zog ich den Jüngeren hinter mir her, beinahe tanzend zwischen den alten Bahnschienen, dessen Zwischenräume fast vollständig mit buntem Kies ausgefüllt waren und betrachtete dabei staunend die Umgebung.

Wie lange ich nicht mehr hier gewesen war.

Der Schwarzhaarige blieb weiterhin stumm, als würde auch ihm die atemberaubende Umgebung etwas Ruhe spenden.

Das Gleisbett hinter uns lassend, setzten wir unseren Weg fort, bis ich schließlich, umgeben von hohen Bäumen und Gräsern, zum Stehen kam.

Behände kletterte ich, Jeongguks Hand zu keiner Sekunde loslassend, über eine kahle, graue, niedrige Steinmauer, der Jüngere tat es mir sogleich nach, ehe wir auch schon vom vor uns erstreckenden Wald verschluckt wurden.

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¹경의선숲길공원 (rev. Rom. gyeongui-seon-supgil-gongwon) ist ein Park im Herzen Seouls, in der Nähe von Yeonnam-Dong und Hongdae. Er ist umgeben von vielen netten Cafés, Restaurants und kleinen Geschäften. Der Park entstand, als die Geonygui Linie (경의선) in diesem Bereich der Stadt gänzlich in den Untergrund verlegt wurde. Er ist unter locals bekannt durch seine weitläufigen Grünflächen, die zentrale Lage und seine leichte Zugänglichkeit.

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