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[Hinweis: Dieses Kapitel enthält zum Teil Inhalte, auf die manche Leser sensibel reagieren könnten]

Jeongguk PoV

Ich hatte die Disziplin der Fotographie noch nie ausstehen können. Es entzog sich meinem Verständnis, weshalb man Momente, die man doch gerade erlebte, zwanghaft festhalten wollte, wenn der Großteil unserer Existenz ohnehin nur von Schmerzen dominiert war. Um uns daran zu erinnern, dass es in diesem Augenblick erträglicher war?

Ich war natürlich nicht in der Lage, Anderen ihre Meinung abzusprechen oder zu verbieten, gleichwohl es für mich wohl eher einen sadistischen Beigeschmack hatte.

Unbezweifelbar musste ich jedoch auch meine Befangenheit und sträfliche Subjektivität dem Thema gegenüber einsehen.

Ich hatte meine Gefühle schon vor langer Zeit aufs Abstellgleis befördert, da sie über mich nichts anderes gebracht hatten außer Kummer, Leid und unvorstellbarer Schmerzen.

Einzig körperliche Nähe ließ ich zu, da ich, obwohl emotional verkrüppelt, keinesfalls ein geistig eingeschränkter Mensch war und unsere Entität als Menschen durchaus respektierte und einsah, dass wir ohne jeglichen sozialen Kontakt, sei es emotional oder körperlich, unweigerlich eingingen und vertrockneten wie eine zarte Pflanze, welche über die sonnigen Mittagsstunden auf der Fensterbank vergessen wurde.

Infolge dessen begab ich mich wann immer mir der Sinn stand und ich die Stimmen in meinem Kopf nicht länger ertrug in die passenden Gefilde und lies meinen Trieben freien Lauf. Ob Mann, Frau oder beides spielte in dem Fall für mich keine Rolle, solange ich die Oberhand hatte.

So wie auch jetzt gerade. Seit Wochen fuhr ich das erste Mal wieder in die nächstgrößere Stadt, um meine innere Unruhe zu beseitigen und die Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Eigentlich hatte ich mir diese spontanen Treffen über einschlägige Portale abgewöhnen wollen, nicht zuletzt auch wegen des Krankheitsrisikos, aber nachdem was gestern im Wald alles geschehen war, hatte ich sowieso die Kontrolle über mich verloren und versuchte nun krampfhaft, die spärlichen Überreste noch irgendwie halbwegs zusammenzuhalten.

Es war mir absolut unklar, was dort geschehen war, allerdings war ich mir vollkommen darüber im Klaren, dass wenn ich nicht sehr bald meinen Kopf zum Schweigen bringen würde, etwas ausgesprochen Dummes und Verantwortungsloses tun würde und ich hatte mir geschworen, so etwas niemals zu wiederholen, eher würde ich mich eigenhändig hinrichten.

Gestresst aufseufzend fuhr ich mir durch die dunklen Haare und blickte ohne eine weitere Miene zu verziehen aus dem Zugfenster.

Mein Blick glitt abwesend über die an mir mit hoher Geschwindigkeit vorbeiziehenden Landschaft, welche zu einem großen bunten Fleck verwaschener Farben verschmolz.

Es war ein sonniger Tag; viele Leute waren heute auf dem Weg in die Stadt. Ich wandte den Blick ab. In meinem Abteil herrschte reges Treiben, viele Familien tummelten sich, Kinder liefen umher, lachten und brabbelten vor sich hin, ein Pärchen hatte sich auf die letzte Bank in der hinteren Ecke verzogen und war wild am Knutschen, welches einige Elternpaare nur mit einem strafenden Blick quittierten.

Wie gern ich das alles auch hätte. Diese Unbeschwertheit, diese Gelassenheit, das Leben genießen zu können, ohne dass mein beinahe beißend zynischer Pessimismus wie ein körperloses Monster alles um mich herum in Besitz nahm und mir jegliches Glück verwehrte.

Andererseits hatte ich es vielleicht auch verdient, so bestraft zu werden. Von Kindesbeinen an hatte ich gelernt, dass ich wertlos war.

Ein Körper, der Befehlen folge zu leisten hatte. Eine leblose Puppe, ein Gefäß, welches lediglich dazu diente, den Willen Dritter in sich aufzunehmen.

Wie konnte ich es mir also anmaßen, mich mit diesen Menschen hier auf eine Stufe zu stellen, wohingegen ich doch nichts im Vergleich zu ihnen war.

Das Flüstern in meinem Kopf schwoll an, doch ich hatte gelernt, dies weitestgehend auszublenden, sodass ich es eher noch als leises Hintergrundrauschen wahrnahm ähnlich wie bei einem alten Röhrenfernseher, wenn kein Kanal eingestellt war.

Ich verspürte einen schwachen Windhauch, der mir über die Wange strich und durch meine Haare fuhr. Unmittelbar waren die Bilder von letzter Nacht wieder in meinem Kopf, glasklar und gestochen scharf hatten sie sich in mein Gedächtnis eingebrannt.

Seine Finger, die bei jeder unserer Berührungen ein Kribbeln auslösten, als hätten sich tausende Feuerameisen unter meiner Haut eingenistet. Seine Haare, die im Mondschein silbrig glänzten und ihm leicht gewellt immer wieder in die Augen fielen. Diese Augen, die mir bis auf die nackte Seele hatten blicken können.

Zumindest hatte ich mich so gefühlt, als unsere Blicke sich trafen. Scham, Schmerz, Leid; es war als läge alles vor ihm ausgebreitet, wie auf dem Silbertablett serviert.

Der Wind blies immer stärker und riss mich schließlich aus meinen Gedanken.
Wie konnte hier drinnen so ein Zug herrschen, immerhin saß ich gerade in einer fahrenden Bahn?

Da hörte ich leises Tropfen, es klang beinahe wie ein Wasserhahn, der nicht richtig zugedreht war und sonst hörte ich – nichts. Urplötzlich war ohrenbetäubende Stille eingekehrt.

Ich richtete meinen Blick erneut auf das Innere des Waggons und zuckte kaum merklich zusammen, als ich merkte, dass ich völlig allein war. Außer mir befand sich keine lebendige Seele mehr in diesem Abteil.

Augenblicklich spürte ich, wie ich mich verkrampfte. Jeder Muskel meines Körpers spannte sich an, ich klammerte mich in das speckige Polster der Bank, auf der ich Platz genommen hatte, und nahm meine altbekannte Abwehrhaltung ein.

Doch bei dem, was ich als Nächstes wahrnahm, stockte selbst mir der Atem.

Das Abteil, in dem ich mich gerade so mutterseelenallein befand, fing an zu zerfallen.
Die Farbe begann, sich langsam von den Wänden zu schälen, es platzten unregelmäßige Rostlöcher durch die Lackierung, bevor ein schrilles Quietschen, ähnlich einem Kreischen, durch den ganzen Waggon fuhr und mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Mit einem lauten Knall zerbarsten nacheinander die Scheiben, indes lösten sich einige große Holzstreben, die sich längs an der Decke durch das Abteil zogen, knarrten und knackten, bis sie schließlich auseinander fuhren und geräuschvoll zu Boden fielen.

Die Bänke fingen an wie im Zeitraffer ihre Farbe zu ändern, von einem hellen beige wurden sie immer dunkler, bis sie verbrannten Kohlen ähnelten.
Die Nähte platzen auf, einige der Bänke gaben unter dem scheinbar imaginärem Gewicht, das auf ihnen lastete, nach und ließen dabei Geräusche von sich, die einem langgezogenen Stöhnen glichen.

Ich wagte nicht zu atmen.

Das Tropfen, welches ich zu Beginn wahrgenommen hatte, trat mehr und mehr in den Vordergrund und schien sich zu nähern.

Mein Herz stolperte, nur um daraufhin in doppeltem Tempo weiter zuschlagen.

Ich spürte meine Hände, die sich schwitzig in das glatte Leder der Bank krallten, als würden sie verzweifelt versuchen, mich in der Realität festzuhalten. Ein mehr als kläglicher Versuch; zum Scheitern verurteilt.

Ich fokussierte mich auf die Holztür, hinter der ich die Quelle des Tropfens vermutete.

Irgendwas an diesem Ton berührte mein tiefstes Inneres und führte dazu, dass sämtliche meiner Überlebensinstinkte in mir schrien, ich solle verdammt nochmal meinen Arsch hier wegbewegen.

Nichtsdestotrotz blieb ich wie verankert sitzen. Ein Trick, der mir nur all zu bekannt war.

Ich wollte weinen, schreien und um mich schlagen, doch keines der Aktionen sprach das Kontrollzentrum meines Gehirns offenbar genug an, um die Befehle, die ich gab, wirklich auszuführen. Einmal mehr war ich wieder nur das Gefäß.
Und ich hatte die böse Vorahnung, dass wer oder was auch immer hinter dieser Tür auf mich lauerte, versuchen würde, dieses Gefäß zu füllen.

Da nahm ich auf einmal sich nähernde Schritte wahr, dumpf und schwer klangen sie, als sie durch den sterbenden Zug hallten.

Auf meiner Hand spürte ich plötzlich etwas Feuchtes, Nasses.
Meinen Blick auf die Ursache zwingend, erschrak ich, als ich kleine Tropfen auf meinem Handrücken entdeckte. War der Feind schon näher, als ich angenommen hatte?

Ruckartig richtete ich den Kopf wieder nach vorn, da sah ich es.

Von meiner Nasenspitze perlte gerade ebenfalls einer dieser Tropfen ab und ich realisierte, dass dies kein Monster war.

Dies hier ging von mir selbst aus.

Wie eine Welle übermannten mich meine so sorgfältig zurückgedrängten Gefühle und weitere Tränen flossen stumm mein Gesicht hinab.

Mein Inneres tobte, aber ich hatte keine Zeit, eine neue Mauer für meine ungewollten Dämonen zu errichten, denn ich sah, wie sich die Türklinke am anderen Ende des Raumes langsam senkte.

An den Wänden tanzten grausame Schattengestalten entlang, ich nahm plötzlich altbekannte Gerüche wahr.

Gerüche, die ich gefühlt seit Ewigkeiten nicht mehr gerochen hatte. Wie oft hatte ich innerlich bereits gebetet, dass ich mit diesen Gerüchen nie wieder konfrontiert werden würde, aber insgeheim hatte ich gewusst, dass mir so eine Gnade nicht zuteil werden würde.

Das hatte ich schlichtweg nicht verdient.

Dieser metallische Geruch. Schwer und süßlich hing er in der Luft und brachte mich schier um den Verstand.

Viele sagen, wenn man ihn einmal gerochen hat, vergisst man ihn nie wieder; Den Geruch des Todes.

Mit letzter Kraft versuchte ich erneut, mich aus meiner Schockstarre zu befreien.
Angespornt durch die Bilder in meinem Kopf, die durch die neuen Gerüche hervorgerufen wurden, kämpfte ich mit allen Mitteln gegen die Trägheit meiner Glieder an, jedoch ohne Erfolg.

Das Krachen der Tür gegen die metallische Wand des Abteils dröhnte durch den ganzen Zug, der Boden vibrierte leicht, als die Tür schließlich liegenblieb.

Im Türrahmen stand eine großgewachsene Gestalt, dunkel gekleidet und blutüberströmt, einen Gegenstand in der Hand fest umklammert, an dessen Verwendung mir jegliche Erinnerungen fehlten.

Mein Körper hatte diesen Gegenstand offenkundig noch nicht vergessen, unmittelbar bekam ich eine Gänsehaut und mein, ohnehin schon zu schnell schlagendes, Herz beschleunigte sein Tempo nochmal.

Ein leises Wimmern kam mir über die Lippen. Nicht schon wieder! Es war nicht das erste Mal, dass manche Gegenstände, Sachen des alltäglichen Gebrauchs, Gerüche oder Orte, mit denen ich konfrontiert wurde, eine solche Reaktion in mir auslösten.

Ein Grund mehr, weshalb ich meine Gefühle an einen Ort gesperrt hatte, an dem sie keinen Schaden mehr anrichten konnten.

Mein Blick war weiterhin starr auf die Sense gerichtet, welche die Gestalt umklammerte, sodass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.

Bitte nicht, flehte etwas stumm in mir und ich vernahm ein Ziehen in meiner Brust, dem ich jedoch keine weitere Beachtung schenkte.

Mit schweren, aber keinesfalls langsamen Schritten bewegte die Gestalt sich auf mich zu, eine unregelmäßige Spur aus dunkelroten Blutstropfen hinterlassend.

Ich spürte wie mein Körper anfing zu zittern, meine Starre schaffte ich trotz alledem nicht zu durchbrechen.
Ich kniff die Augen zusammen, während mir weitere Tränen über die Wangen liefen.

Die Person blieb unmittelbar vor mir stehen, holte einmal aus und rammte mir die gebogene Klinge tief in den Bauch. Augenblicklich sackte ich zusammen, den Schmerz kaum ertragend.

Ich spürte das warme pulsierende Blut, wie es meine Kleidung durchtränkte, sich auf dem Sitz verteilte und auf den Boden tropfte.

Der Mann stieß ein furchteinflößendes Lachen aus und mit einem Ruck drehte er die Klinge einmal, ich keuchte, flackernde Lichter begannen am Rande meines Blickfelds zu tanzen. Ich spuckte etwas Blut.

Als ich indes merkte, dass meine Kräfte mich verließen, sackte ich etwas weiter zusammen, mein Kopf auf die Brust fallend, versuchte ich noch etwas zu sagen, mein Mund formte stumm die Worte, doch es rann zu viel Blut heraus, um auch nur einen Ton herauszubekommen.

»Tae«, mimte ich tonlos und ein weiterer Blutschwall verließ meinen Mund.

Schlagartig griff der Mann mir ins Haar und zog meinen Kopf schmerzhaft zurück, sodass ich keine andere Wahl hatte, als ihm direkt ins Gesicht zu sehen – etwas, das ich bis dato vermieden hatte.

Meine Augen schon halb geschlossen war ich nun gezwungen, direkt in seine Fratze zu blicken – und war nicht überrascht, als es mein Gesicht war, was mir hämisch entgegen grinste.

__

Nassgeschwitzt schlug ich die Augen auf. Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, wo ich mich befand.

Allem Anschein nach lag ich in meinem Bett, ich konnte die schemenhaften Umrisse meiner Möbel erkennen, die durch spärlich einfallendes Mondlicht beschienen wurden. Mein Fenster, durch welches kalte Nachtluft strömte, stand offen; die leichten, hellen Vorhänge blähten sich schwach bei jedem neuen Windhauch.

Ich versuchte mich aufzurichten, was mir jedoch nicht gelang.

Unmittelbar beschleunigte sich mein Herzschlag erneut und ich fühlte kalte Panik in mir aufsteigen.

Nichtmal einen Finger konnte ich rühren.

Verzweifelt versuchte ich mit aller Kraft mich von meinem Bett zu lösen, meine Gliedmaßen jedoch fühlten sich betonschwer an und ließen sich keinen Millimeter bewegen.

Sobald ich den Schatten am äußeren Rand meines Blickfelds wahrnahm, versuchte ich krampfhaft, meine Augen nicht in die Richtung zu bewegen und mich aus meiner Versteinerung zu lösen.

Mein Albtraum hatte – wie in den meisten Nächten – gerade erst begonnen.

Ich wollte schreien, weinen oder überhaupt mich nur irgendwie bemerkbar machen, aber das alles brachte mich nur noch mehr zum Verzweifeln, als mein Körper weiterhin wie mit Gewichten beschwert am selben Fleck blieb und sich keinen Millimeter rührte.

Meine Atmung ging gepresst und ich stöhnte leicht auf, sobald ich den bekannten Druck auf meiner Brust spürte, als würde mich jemand tiefer und tiefer in die Matratze drücken.

Jetzt nicht nach oben sehen, Jeongguk. Konzentrier dich auf einen Finger, versuchte ich mir ins Gewissen zu rufen.
Es fühlte sich an, als würden mir meine Gedanken immer wieder entgleiten, ich dachte etwas und kurz darauf war ich mir schon nicht mehr sicher, ob ich das gerade wirklich gedacht hatte.

Ich wusste genau, was gerade mit mir passierte.

Mehrmals schoss das Gesicht des silberhaarigen Jungen durch meinen Kopf. Tae, wimmerte ich stumm.

Aber ich konnte den Gedanken einfach nicht festhalten, er war da, genau in meinem Kopf, aber sobald ich ihn weiterdenken wollte, wand er sich und entglitt mir schließlich. So musste sich Demenz anfühlen..

Immer und immer wieder spielte sich dieses Szenario ab, meine Empfindungen spielten verrückt, ich spürte, wie etwas Heißes, Nasses meine Wange herunterlief, konnte aber weiterhin nichts anderes tun, als an die Decke zu starren und zu hoffen, dass ich nicht endgültig wahnsinnig wurde.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit verstrich.

Mit letzter Kraft sammelte ich nochmal meine gesamte Hirnaktivität und konzentrierte mich nur auf den kleinen Finger meiner rechten Hand.

Schweratmend schaffte ich es schließlich ihn leicht anzuheben und auf meine schweißnasse Bettdecke zu tippen.

Ich atmete erleichtert aus.

Nach und nach gehorchten auch die weiteren Gliedmaßen wieder mir, ruckartig setzte ich mich auf, ein unbändiger Schwindel überkam mich. Diesen komplett ignorierend, sprang ich auf und hastete zum Fenster.

Hilflos klammerte ich mich an den kühlen Rahmen und sog keuchend die kalte Luft ein.
Das Mondlicht traf auf meine Haut, ich sah wie die vielen Schweißperlen auf meiner Brust matt leuchteten.

Mit einer Hand fuhr ich mir durch die völlig schweißgetränkten Haare und versuchte indes, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Wie gern ich ihn jetzt wieder berühren wollte, schoss es mir plötzlich zusammenhangslos durch den Kopf. Sanft würde ich durch seine silbrig glänzenden Haare streicheln, würde mit meinen Fingerkuppen behutsam über sein Gesicht fahren, über das kleine Muttermal an seinem rechten Nasenflügel streichen, ihm tief in die Augen sehen, sodass ich mit diesem unbändigen, mir den Atem raubenden Schmerz nicht alleine war- STOPP!, rief da eine andere Stimme in mir. Egoistisch wie eh und je sind wir heute wieder oder was?

Egal, was dieser Junge mit mir gemacht hatte, um meine sorgfältig hochgezogene Mauer, hinter denen ich meine Emotionen verbarrikadiert hatte, zum Einsturz zu bringen, ich durfte ihm in jedem Fall nicht noch mehr Macht über mich gewähren. Das war für uns beide besser.

Ich brachte es nicht übers Herz, das Leben eines so perfekten Jungen auch noch zu ruinieren und ihn mit in meine Welt zu drängen. Das konnte ich mir überhaupt nicht anmaßen, das hatte ich überhaupt nicht verdient.

Weder Glück noch Liebe noch Freundschaft – das alles waren Dinge, die richtigen Menschen vorbehalten waren und nicht so einem willenlosen, niederen Geschöpf wie mir.

Eher würde ich sterben, als ihn erneut wegen mir in Gefahr zu sehen, ich musste diesen Jungen einfach beschützen, komme was wolle.

Mein Leben war sowieso bereits verwirkt worden.

Mechanisch stand ich auf und bewegte mich in die Ecke des Raumes, die ich normalerweise unter allen Umständen mied.

Ich baute mich vor dem großen Rahmen auf und mit einem Ruck riss ich das dünne Leinentuch hinunter. Ohne Umwege blickte ich mein Spiegelbild an und es blickte zurück.

Ausdruckslos betrachtete ich mein eingefallenes Gesicht, die tiefen Ringe unter meinen gerade tiefschwarzen Augen, die trockenen Lippen blutig gebissen;

»Wie sehr ich dich hasse«, flüsterte ich der Gestalt im Spiegel zu, kurz bevor ich ausholte und mit voller Wucht meine Faust in das Spiegelbild mir gegenüber rammte.

Ohne eine Miene zu verziehen, setzte ich mich wieder auf mein Bett, öffnete meine unterste Nachttischschublade und holte alles heraus, um meine Hand zu versorgen.

Eine Weile betrachtete ich das frische hellrote Blut, wie es mehr und mehr aus den vielen kleinen Schnittwunden meiner Faust quoll. Ich hieß den Schmerz willkommen, so wie ich es immer getan hatte.

Wie ich es gelernt hatte.

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