Die Menschen

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Als winziger, verdichteter Punkt rase ich durch die gewaltige Schwärze, in der nur ab und zu kleine Lichtflecken aufleuchten. Kommt man diesen Flecken näher, lösen sie sich in Tausende und Abertausende leuchtender Sterne auf und in ihrem Mittelpunkt ist man nur noch von vielfarbigem Licht und mannigfaltigen Tönen umgeben. Aber von außen betrachtet ist nur sehr viel Schwärze und sehr wenig Helligkeit zu sehen.

Ich weiß genau, welchen dieser Lichtpunkte ich aufsuchen möchte. Seit meinem fatalen Fehler frequentiere ich diese Welt in regelmäßigen Abständen. Dieses Planetchen ist bei weitem nicht das einzige, auf dem mein Bruder oder einer meiner Gefährten Leben ausgestreut hat. Aber nur hier hat mein Bruder beschlossen, Wesen von unserer Art zu formen. Geschöpfe mit der Kraft, die Welt zu verändern, aber einem zu kurzen Leben, um die Konsequenzen ihres Tuns wahrzunehmen. 

Mein damaliger Versuch, das zu verbessern, hat alles nur noch schlimmer gemacht. Denn nun haben die Menschen die Intelligenz, um willkürlich Veränderungen zu bewirken. Was ihnen jedoch fehlt, ist die Weisheit, zu erkennen, wann es ratsam ist, es so zu belassen, wie es ist. Ich habe ihnen damals nur das Wissen gegeben, nicht aber das Gewissen.

Mein Bruder hat mir damals verboten, mich jemals wieder diesem Planeten, dem Sternsystem oder überhaupt jener Galaxie zu nähern. Aber auch hier widersetze ich mich ihm. Alle paar Energiezyklen des Hauptsterns sehe ich nach, wie sich die Menschen mittlerweile entwickelt haben.

Im Wesentlichen gehen sie den Weg weiter, den sie bereits in Jehovas Garten beschritten haben. Damals hatte er ihnen den Auftrag gegeben, sich um die Pflanzen und Tiere darin zu kümmern. Sie haben ihre Aufgabe vernachlässigt und sich nur Mühe gegeben, wenn er sie in menschlicher Form besucht hat. Zu den Tieren sind sie lediglich freundlich gewesen, um ihr Vertrauen gewinnen und sie dann leichter töten zu können. Die Bäume haben sie ausschließlich dann von Wucherpflanzen befreit, wenn der Bewuchs ihnen die Ernte erschwert hat. Seit ihrer Erschaffung haben sich die Menschen nur um ihre eigenen Begierden gekümmert und nie die Bedürfnisse anderer erkannt.

Ich hatte angenommen, dass es den Menschen dazu an Klugheit gefehlt hätte und zu spät begriffen, dass sie vielmehr Empathie benötigt haben. Jehova hat mir weiteres Eingreifen verboten; er glaubt, dass die Menschen von alleine Verständnis und Mitgefühl entwickeln werden, wenn er ihnen genug Zeit lässt. Nach all den vergangenen Zyklen – ein Sternzyklus entspricht elf oder zwölf Umläufen des Planeten um den Stern oder einem Fünftel bis Sechstel der Lebenszeit eines Menschen – glaube ich nicht mehr daran.

So gut wie jedes Mal, wenn ich sie besuche, haben die Menschen etwas Neues erfunden. Und je mehr sie ersinnen, umso schneller folgt die nächste Entwicklung. Die Vielfalt ihrer Technik erhöht sich immer mehr, während ihre geistige Reifung beinahe stillsteht. Und ich weiß nicht; sieht es mein Bruder nicht oder ignoriert er es bewusst?

Die Menschen konstruieren viele verschiedene Werkzeuge und werden darin immer geschickter. Aber gut die Hälfte dieser Instrumente dient der Zerstörung. Es sind Speere zum Erlegen von größeren Tieren; Fallen, um kleinere Wesen einzufangen; Äxte zum Fällen großer, alter Bäume; Sicheln zum Mähen von Gräsern und Messer, die bei internen Auseinandersetzungen oder bei Machtkämpfen eingesetzt werden.

Sie haben gelernt, Feuer zu entfachen und es mit Holz am Leben zu erhalten; aber statt heruntergefallene Äste und Zweige zu sammeln, legen sie ganze Bäume um und zerhacken sie. Die Stämme, die sie für den Bau von Unterkünften, Booten und Transportschlitten brauchen, suchen sie sich nicht einzeln aus dem dichten Wald, sondern fällen eine ganze Baumgruppe dafür. Von oben sieht es so aus, als würde ein riesiges Tier einen Bissen nach dem anderen aus dem Wald herausbeißen.

Nahrung lagern sie in kühlen Gruben oder machen sie auf andere Weise haltbar, dafür erlegen sie eine ganze Herde Ure oder Rens auf einmal. Auch Früchte sammeln sie von Bäumen oder Sträuchern vollständig ab; es interessiert sie weder, ob neue Bäume aus liegengelassenen Früchten erstehen können noch wovon die Tiere sich ernähren wollen, welche die Menschen später zu jagen gedenken.

Vermehrt haben sich die Menschen auch stark. Und das sehe ich immer wieder an den tiefen Wunden, die sie in die Landschaft um sich herum reißen. Hat eine Menschengruppe dann alle ährentragenden Halme abgemäht, den Großteil des Tierbestands ausgerottet und die schützenden Bäume abgeholzt, zieht sie in eine andere Region. Wenn die Menschen Glück haben, wohnt dort keine andere Gruppe. Treffen sie andere Familienverbände in dem auserwählten Gebiet an, bekriegen sie sich, bis eine der Menschenhorden nicht mehr existiert und die wenigen Überlebenden sich zu den Siegern gesellen müssen.

In einigen Horden kümmern sich die Menschen um alte, kranke oder versehrte Mitglieder. Aber meistens werden Menschen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können, von den Verbänden ausgesetzt. Nicht einmal Tierherden handeln so, nur die Menschen. Wie soll ich dann daran glauben, dass diese hartherzigen, lieblosen Geschöpfe es jemals begreifen werden?

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