Konferenz mit Werwölfen

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Jolanta flitzte durch das Schloss, als wäre sie dort zu Hause und die anderen konnten nichts weiter tun, als ihr zu folgen und zu hoffen, dass sie nicht von Wachen aufgehalten wurden. Aber die immer wieder mal auftauchenden Soldaten wurden von dem blonden Mädchen gleich mit „Hei, ich bin wieder da!", begrüßt, schmunzelten und zogen sich wieder zurück. Das Patenkind der Fürstin schien im Schloss sehr bekannt zu sein und ganz offensichtlich war es nicht das erste Mal, dass sie durch die langen Gänge und über die gewundenen Treppen wetzte.

Als sie schließlich auf eine Doppeltür im obersten Stock zusteuerte und die Klinke betätigen wollte, wurde die Tür von innen geöffnet und sie prallte gegen den jungen Mann, der nun heraustrat. „Maciej, Entschuldigung", rief sie gleich.

„Keine Ursache", der Mann schob sie etwas von sich weg, um zu sehen, wer ihm da so unverhofft in die Arme gefallen war und riss die Augen auf. „Jolanta? Das gibt's doch nicht!" Er ging sofort ins Zimmer zurück, das Mädchen hinter sich herziehend. „Mama, schau mal, wer wieder da ist!"

Jolanta hatte gerade noch Zeit, die anderen hinter sich her zu winken, da stand bereits die Fürstin vor ihr und umarmte sie herzlich. „Ich dachte schon, ich hätte mein liebstes Patenkind verloren!"

„Nee, so schnell gehe ich nicht verloren", Jolanta lachte und drehte sich zu den Gefährten um. „Jetzt kommt endlich! Patin, ich muss sofort mit dir reden! So geht das nicht weiter!"

„Da bist du auch im richtigen Raum", bemerkte Maciej trocken. „Aber vielleicht lässt du uns erstmal Atem holen und uns einander begrüßen. Wen hast du denn da alles mitgebracht?"

Jolanta hatte inzwischen die Personen bemerkt, die mit der Fürstin an einem Ende des großen, ovalen Tisches gesessen hatten. „Wer sind die? Ylvigur, sind das deine Leute?"

„Ja", mehr brachte der junge Werwolf nicht heraus, dann ging er bereits in Umarmungen, Küssen, Wangenleckern und Begrüßungen unter. Malvina nutzte die Gelegenheit, ihrerseits ihre Tochter endlich in die Arme zu nehmen, die sich das auch gerne gefallen ließ. Einige Minuten lang war kein geordnetes Gespräch mehr möglich.

Dann aber klatschte die Fürstin energisch in die Hände. „Ich denke, nun hat jeder jeden begrüßt und ich glaube, wir sollten uns jetzt erstmal einander vorstellen und uns dann besprechen. Jolanta scheint es ja sehr eilig zu haben."

„Allerdings", bestätigte diese, während Ylvigur erstmal Piroska an der Hand nahm und sie seinen Eltern vorstellte. „Das ist Piroska, ihr wisst schon, wie das Mädchen im Märchen. Und wie dieses ist sie dem Wolf begegnet und wurde von ihm verschlungen. Ich werde sie nicht mehr fortlassen!"

„Und sie?" forschte Raifa als erstes, während Amarok dem Mädchen freundlich zunickte.

Piroska konnte auch in so lockerem Ton sprechen wie ihr Auserwählter. „Wenn er doch mal abhauen will, werde ich ihn an die Leine legen!" verkündete sie. Raifa lächelte. „Eine seltsame Art habt ihr, mir so etwas mitzuteilen. Aber wenn ihr euch so sicher seid, dann kann ich nur sagen, willkommen in unserer Gemeinschaft. Ob ihr bei uns oder bei den Menschen leben wollt, du bist ab jetzt ein Teil von uns."

Die Fürstin hatte lächelnd zugehört, jetzt aber unterbrach sie doch: „Bitte setzt euch alle erstmal und dann möchte ich gerne wissen, wer wer ist und wie zu wem gehört. Und am besten fange ich an, da ihr mich wohl auch nicht alle kennt", sie grinste schelmisch, was ihr ein überraschend junges Aussehen verlieh. „Ich bin Natalia, Fürstin dieses schönen Landes, in dem wir alle leben. Und diese beiden jungen Männer links und rechts von mir sind mein Sohn Maciej und mein Adjutant Danijel."

„Dann schließe ich mich an", erklärte Raifa. „Mein Name ist Raifa und ich bin die Führerin der Werwölfe des östlichen Hünenwaldes. Da fast mein ganzes Rudel hier anwesend ist, stelle ich die gleich mit vor: Amarok, mein Ehemann, meine Töchter Asena und Tala, letztere samt Ehemann Faolán und meine Söhne Axeu sowie Ylvigur, der diesen ganzen Schlamassel überhaupt erst ausgelöst hat. Zudem haben uns Varg und seine Söhne Rando und Uke begleitet." Sie wies jeweils auf die Benannten und Piroska vor allem musterte neugierig die Wölfe, die bald ihre Verwandten sein würden. 

Jolanta blickte auf Tala und verglich sie mit sich; sie kam zu dem Schluss, dass da wirklich eine vage Ähnlichkeit vorhanden war. Als Raifa schwieg, war sie dennoch gleich bereit und stellte nun ihrerseits ihre Gefährten und dann ihre Familie vor. Als sie jedoch von ihrer Patin aufgefordert wurde, ihre Erlebnisse zu erzählen, winkte sie ab. „Zuerst mal muss etwas getan werden, damit die Leute da draußen nicht durchdrehen", verlangte sie energisch. „Wir haben mehrmals gesehen, dass die Meute mit ihrer Katzenmusik gegen Händler zieht, die mit Wilkos Handel treiben und noch schlimmer natürlich gegen die Wilkos, die hier leben."

„Hier leben Werwölfe?", fragte Piroska überrascht, aber sehr leise.

„Ja, einige", wisperte Ylvigur zurück. „In der Regel sind sie ebenfalls mit einem menschlichen Partner zusammen und haben sich entschlossen, bei den Menschen zu bleiben."

„Das würde ich von dir nicht verlangen", versprach Piroska.

„Warte erstmal ab, wie es dir bei uns gefällt. Aber ich hoffe ehrlich gesagt auch darauf. Nur, wenn es überhaupt nicht geht, ziehe ich mit dir auch zu den Menschen. Ich werde mich dann schon irgendwie daran gewöhnen."

„Klappe, ihr zwei, jetzt rede ich!" Jolanta fühlte sich durch das Geflüster gestört, immerhin war es sehr wichtig, was sie zu sagen hatte. „Patin Natalia, wir müssen schnellstens verkünden, dass die Wilkos unschuldig sind. Du weißt, wie schnell die Katzenmusik zum Kesseltreiben gegen Unliebsame wird."

Die Fürstin gab ihr da recht. „Danjiel, setz bitte schon mal eine Verlautbarung auf", bat sie den Adjutanten, der aber nicht darauf gewartet hatte, er schrieb schon eifrig. „Sollen wir nur verkünden, dass Jolanta unbeschadet zurückkam und die Wilkos nichts damit zu tun haben?"

„Nein!" Jolanta hatte eine bessere Idee. „Macht bekannt, dass die Wilkos mich gerettet haben! Das stimmt ja auch, zumindest einer. Und eben der wurde schon sehr misstrauisch von den Wolfsjägern begutachtet, weil er nicht tanzen kann. Hätte er nicht gesungen, hätten sie ihn als Wilko verdächtigt und ... ich will nicht wissen, was sie dann mit ihm gemacht hätten."

„Oder mit uns", ergänzte Axeu. „Wir haben nämlich auch schon Verdacht erregt. Ohne seinen Gesang hätten wir euch nicht gefunden und wir wussten nicht, wo wir uns hätten verstecken können."

Natalia nickte. „Das geht auf keinen Fall so weiter. Danijel, setze bitte alle Wachen in Bewegung, die gerade erreichbar sind, ob sie nun Dienst haben oder nicht. Sie sollen die Verlautbarung überall anschlagen und laut verkünden. Und auch klarstellen, dass alle Wilkos unter meinem persönlichen Schutz stehen. Als Grund kannst du angeben, dass sie meinem Patenkind das Leben gerettet haben. Und um das zu feiern, gebe ich jeweils drei Fässer roten und weißen Wein für die Leute da draußen frei. Das vor allem wird sie überzeugen, dass es keine leeren Worte sind."

Danijel nickte und eilte davon. Die Fürstin wandte sich nun an Jolanta. „Ist damit das Dringendste erledigt?"

„Ja. Danke, Patin."

„Bitte sehr, stets zu Diensten", die Fürstin verfügte über eine Menge Humor, stellte Piroska fest. „Und jetzt erzählt mir bitte euer Abenteuer. Einiges weiß ich bereits von Rando, der wohl am meisten mitbekommen hat, vor allem die Geschichte mit der scharlachroten Kapuze. Ich muss dir recht geben", sie lächelte Ylvigur an. „Zu diesem schönen Haar muss das verheerend aussehen. Ich kann verstehen, dass du da Verdacht geschöpft hast."

„Es ist eine sehr schöne Farbe, nicht wahr", unterbrach Adrijan eifrig. „Und sie haben sie beide, das Mädchen vielleicht einen schwachen Ton heller, aber nicht weniger schön. Bekommst du diese Farbe auch auf Leder?", wollte er von Ylvigur wissen. Dieser überlegte. „Käme auf einen Versuch an. Vielleicht, wenn ich Rötel und Walnuss mische."

„Glaubst du wirklich, dass das jetzt wichtig ist", fragte Jolanta ihren Großvater. Der schien erst jetzt ihr Kleid zu bemerken und begutachtete es genau. „Georg hat recht, es ist grün. Und nicht etwa ein blasses grünliches Braun, sondern wirklich starkes, strahlendes Blattgrün. Warum habe ich noch kein solches Leder bekommen?"

Ylvigur lachte. „Ich habe noch drei solche Häute in den Gruben."

„Gekauft! Und die nächsten 30 bekomme ich auch! Dein Preis ist der meine!"

„Herrschaften, wir sind hier nicht auf dem Markt!" Jetzt wurde Jolanta sauer. „Jetzt alle mal den Mund halten, ja? Außer Piroska, bei ihr fängt die Geschichte an!"

Als alles erzählt war, herrschte eine Weile nachdenkliches Schweigen. Dann meinte Danijel: „Da fehlen noch einige Informationen. Aber eines ist klar: Diese Überfälle und das Verschieben der Beute sind genau organisiert. Da arbeiten sehr viele Menschen mit und es wird wenig bringen, den einen oder anderen zu inhaftieren. Es werden neue einspringen. Man müsste alle mit einem Schlag erwischen."

Raifa stimmte zu: „Das Problem ist, dass jeder von uns nur einen Teil wusste. Jetzt konnten wir zumindest zusammentragen, was wir schon einmal herausgefunden haben. Weitere Ermittlungen werden dann wohl das ganze Ausmaß aufzeigen."

„Ich habe heute einen Brief bekommen", fügte Natalia an, „von einem ausländischen Kapitän, der mir die Zustände bei den Vermittlern geschildert hat und von mir fordert, dem ein Ende zu bereiten. Offenbar hat man ihm gegenüber zugegeben, dass wohl auch Eltern in Bedrängnis ihre Töchter sozusagen verkaufen. Offiziell wird das als einmalige Zahlung an die Eltern geführt, damit die jungen Frauen, die in der Stadt Arbeit suchen, um ihre Familien zu unterstützen, erst einmal aller Sorgen ledig sind. Sie sind versorgt, Arbeit wird ihnen vermittelt und von ihrem Lohn müssen sie nichts für daheim abzwacken. Dem Kapitän gegenüber nannte das aber jemand ‚Auslöse an die Eltern' und wie er verstehe ich darunter einen Verkauf."

Kriszta und Piroska blickten sich zweifelnd an, dann erkundigte sich Kriszta zögernd: „Meint ihr, die Eltern wissen, dass es sozusagen ein Verkauf ist?"

Malvina überlegte. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Eltern ebenfalls an die Geschichte glauben, welche diese Eliska und ihre Kollegen verbreiten. Ich habe einige junge Mädchen im Haushalt gehabt, die angaben, ebenfalls vom Land zu stammen und in die Stadt gekommen zu sein, weil der heimische Hof nicht alle ernähren konnte. Manche erzählten, sie hätten schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihren Leuten gehabt. Es würde also nicht so sehr auffallen, denke ich, wenn die Mädchen sich nicht mehr melden."

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Eltern das wussten", Piroska traten die Tränen in die Augen und Ylvigur legte ihr sofort den Arm um die Schulter. „Aber sie wussten von meinen Plänen, in die Stadt zu gehen und dort zu arbeiten. Ich habe noch geschwankt, ob ich es wirklich tun sollte. Vielleicht wollten sie es mir leichter machen, indem sie mich sozusagen direkt ins kalte Wasser warfen."

Natalia blickte die beiden an. Dem Werwolf war anzusehen, dass er nicht an diese Version glaubte, aber er sagte nichts dazu, sondern konzentrierte sich nur darauf, dem Mädchen an seiner Seite das Gefühl zu vermitteln, nicht mehr alleine zu sein.

„Vielleicht", sagte sie daher. „Ich denke, dass es einige wissen, andere nicht. Die Sache ist die, wenn wir die Frau Großmutter und Eliska aus dem Verkehr ziehen, werden weder die Überfälle noch die Verkäufe von jungen Mädchen aufhören."

„Nein, man muss die Ursachen für diese Praktiken beseitigen", erklärte Maciej eifrig. „Und die scheinen in den extrem hohen Steuern begründet zu sein."

Seine Mutter wirkte verwirrt. „Ich fordere doch gar keine so hohen Steuern?"

"Nein?" Stepan sprach sehr ruhig, trotz seiner offensichtlichen Wut. "Eure Steuern brechen uns das Genick. Kaum noch ein Hof wirft soviel ab, dass er seine Bewohner ernähren kann, wenn erstmal die Naturalien und das Geld gezahlt wurden, die als Abgaben anfallen. Und wenn jemand fortgeht, um den Hof nicht weiter zu belasten, fehlt dessen Arbeitskraft und damit sinkt die Produktion des Hofes, nicht aber die zu zahlende Pacht. Es wird so immer schwerer, die Steuern aufzubringen.

Piroska hat sich halbtot gearbeitet, um mich zu ersetzen und ihre eigene Arbeit auch noch zu leisten. Und es hat nicht gereicht, sonst hätten meine Eltern nicht entschieden, meinen Vetter zu Hilfe zu holen und ihm dafür den Hof zu versprechen. Und nun sitzt Ihr hier vor mir, in einem Schloss, in dem man alle Bewohner meines Dorfes unterbringen könnte, gekleidet in Samt und Seide und sagt mir, Ihr verlangt doch gar nicht soviel. Könnt Ihr mir das erklären, Euer Durchlaucht?"

Die Fürstin war wie vor den Kopf geschlagen. "Nein", gestand sie ein. "Darauf weiß ich keine Antwort. Es tut mir sehr leid."

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