7 باب

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Bevor Ena wiederkam, hatte ich mich von Ash befreit und es irgendwie geschafft, aus der peinlichen und angespannten Situation zu entfliehen, obwohl die ganze Zeit ein amüsiertes Grinsen auf seinen Lippen lag.
Ich hätte zu gerne einmal mit ihm geredet. Über ihn und sein Leben.
Gerne hätte ich ihn gefragt wie es denn war, der Prinz zu sein.
Ob es wirklich er war oder ob er nur die Rolle spielte, die jedermann hier von ihm erwartete.
Ob Ena wirklich zu ihm gehörte, auch wenn diese Frage natürlich nur zweitrangig für mich war und ich sie ohne weiteres auch weglassen könnte.
Und ob er jemals darüber nachgedacht hatte, etwas an den Traditionen und Regeln seines Reiches zu ändern. In seiner Position wäre es nicht einmal so unmöglich, es zu versuchen, wie in meiner.
Aber natürlich fragte ich ihn all diese Dinge nicht.
Nicht, weil es nicht der Brauch war, als Sklavin und als Frau solche Fragen an einen Mann zu richten.
Nein , ich fragte ihn deshalb nicht, weil ich Angst vor den Antworten hatte.
Ich fürchtete, dass er mir schlussendlich noch gefallen würde, im schlimmsten Fall. Ich brauchte diese negativen Vermutungen über ihn als reichen Mann, damit ich meinen Hass und meinen Stolz aufrecht erhalten konnte.
Und ich glaubte, dass mir das viel schwerer fallen würde, wenn ich ihn besser kannte. Also durfte ich ihn auf keinen Fall näher kennen lernen.
Ich machte mich also daran weiterzuputzen und genoss den Duft des Öls, das einen wunderbaren blumigen Geruch ausströmte, wenn ich das wertvolle Holz damit einrieb.
Schade nur dass Ena auch so einen Durt trug, so verband ich den Geruch jedes Mal mit ihrer Ankunft und das war definitiv kein Grund zur Freude.
So auch dieses Mal nicht.
Sie war offensichtlich noch immer etwas beleidigt. Wegen dem, was vor einigen Tagen vorgefallen war. Aber es wäre  tausend Mal schlimmer gewesen, wenn sie gewusst hätte, was vorhin vorgefallen war. Und wie ihr Held mich gerettet und angelächelt hatte.
Sie würdigte mich keines Blickes, diese Taktik beherrschte sie gut, es half wohl auch dem Allgemeinwohl,  wenn wir uns aus dem Weg gingen. Ich war relativ zufrieden damit.
Aber nein, kurz nachdem ich mich daran gemacht hatte, eine ziemlich teuer aussehende, schmuckvoll verzierte, Vase abzustauben, entschied sie, dass sie wohl doch zu wenig Aufmerksamkeit von ihrem Verlobten bekam, der gerade mit Tinte etwas auf ein gelbliches Pergament schrieb und sie keines Blickes würdigte.
"Ich will in die Stadt, Asher. Mir ist langweilig."
"Einen Ausflug?"
Fragte er nach, sein Ton war nicht sonderlich begeistert, eher so als spräche er nebenbei mit Jemand unwichtigem. Und das fiel sowohl Ena als auch mir auf.
Sie sah kurz zu mir nach hinten und ich senkte eilig den Kopf und tat so, als ob ich das nicht gehört hatte.
Sie presste die Lippen zusammen und beugte sich zu ihm vor.
Ich konnte ein dumpfes aufwallendes Gefühl der Missgunst nicht unterdrücken und putzte eilig weiter, während ich meine Gedanken zu ordnen versuchte.
Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr und daraufhin erhob er sich ohne ein Wort zu sagen.
Erst als er das farbige und kostspielige Gewand aus der Truhe holte, blickte er zu mir.
"Hilf mir rein, Daya."
Gerne hätte ich angewidert das Gesicht verzogen.
Ich hasste es einfach zu tun, was man mir sagte.
Ich hatte trotz allem meinen Stolz nicht verloren. Das war noch immer besser, als gebrochen zu sein.
Aber wenn ich jetzt stehen blieb und Ena mich bestrafte, würde Ash sicherlich nichts mehr dagegen tun.
Und das konnte und wollte ich nicht riskieren.
Sie sassen einfach am längeren Hebel.
Also bewegte ich mich unter Enas tödlichen Blicken auf den jungen Mann zu und half ihm rein, ordnete das Gewand, strich es über seinen breiten Schultern glatt und achtete darauf dass es ordentlich hinab fiel.
Ich spürte seinen intensiven Blick auf mir, der zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin und her wanderte. Als ich fertig war, hob ich für eine Millisekunde den Blick.
Die dunkelgrünen Augen strahlten eine solche Präsenz aus, dass ich eine Weile brauchte, um mich von ihnen loszureissen.
Was nebenbei bemerkt auch nötig war, denn Ena war kurz davor, auf mich los zu gehen wie eine Furie.
Wortlos folgte mir Ash's Blick als ich mich wegfrehte und ich fühlte mich plötzlich so klein und ausgeliefert.
Ein leichtes Kopfschütteln half mir dabei mich wieder zu konzentrieren und den Kopf zu heben.
Der Wallende Stoff um meine Beine und meine Brust war nicht durchsichtig aber sah aus wie Seide, es war luftig und ich schwitzte nicht so sehr darin, wie in dem Kartoffelsack.
"Fahren wir jetzt gleich bitte. Muhammad, lass die Kutsche vorbereiten."
Rief Ena der Wache vor der Türe zu und ich stellte fest, dass es derselbe war, der mich so auffällig beobachtet hatte.
Und dem es mehr als unangenehm gewesen war, mich durch die ganze Stadt zu schleppen.
Er sah kurz zu mir, an ihm war definitiv etwas falsch, bevor er eilig nickte und sich aus dem Staub machte. Ich hatte die Augenbrauen zusammen gezogen aber nichts gesagt.
Ash beobachtete unseren kurzen und ungewollten Blickkontakt ebenfalls mit einem Stirnrunzeln.
Dann hielt er Ena die Hand hin, deren Augen bei der plötzlich grossen Zuwendung zu leuchten begann.
Ich verzog das Gesicht unmerklich und wollte im Zimmer bleiben, als ein "Daya du begleitest uns" ertönte. Oh nein. Darauf hätte ich nun wirklich verzichten können.
Langsam drehte ich mich um und lief so schnell es ging den beiden nach, hielt mich aber in respektvollem Abstand weiter hinter ihnen.
Ich lief mit ihnen über den Hof, auf dem es von Menschen nur so wimmelte.
Alle blickten zu ihnen, dem Paar das hier irgendwann mal das Sagen haben würde. Und jeder bemühte sich, möglichst respektvoll auszusehen.
Es war brennend heiss und die Luft schien einem im Hals zu verbrennen so stickig war es.
Aber die Blicke der vielen Wachen, die überall herum standen entgingen mir nicht. Ich schauderte und mir war klar, wieso sie mich so ansahen. Ich hatte mich gegen einige von ihnen behauptet und war auch noch damit davon gekommen. Ich wusste, dass sich das herumgesprochen hatte und dass es dafür bestimmt noch eine Revanche gab.
An mir.
Auch wenn ich Panik in mit aufsteigen fühlen konnte beschloss ich, ihnen keine Schwäche zu zeigen.
Sie sollten nicht sehen, was sie mir für eine Angst einjagten. Sie sollten denken, dass es mich kalt liess und ich nicht beunruhigt war, denn dann würden sie sich nach einem Grund dafür fragen.
Der Stoff strich über meine Haut und ich fühlte mich noch immer so sauber wie noch nie zuvor.
Kurz fuhr meine Hand zu meinem Haar, es glänzte in der Sonne und es war beinahe nicht zu glauben, dass das tatsächlich ich war.
Dass es zu mir gehörte.
Als nicht geschliffenen Diamanten hatte die Königin mich bezeichnet.
Die schönsten Worte die jemals Jemand für mich benutzt hatte.
In Gedanken versunken durchschritten wir den Hof, die Wachen im Viereck um uns herum formiert.
Der Garten war schön, der Boden Sandfarben und mit Marmor verziert, doch grosse Hecken und Palmen waren um die künstlich angelegten, sich weit erstreckende, Brunnen gewachsen und wunderschöne exotische Blumen wurden gerade von Sklaven gehegt und gepflegt.
Der Palast hinter uns strahlte etwas gespeicherte Kälte aus aber mittlerweile klebte der Stoff an manchen Stellen bereits an meiner verschwitzten Haut.
Ich hörte das Plätschern des Wassers und das angeregte Plappern der Hofangehörigen, die nun wieder eilig und zielstrebig ihres Weges gingen.
Ab und zu war das zwitschern der Vögel durch den Lärm zu hören, der von der Stadt zu uns hinauf drang.
Am blauen Himmel war keine Wolke zu sehen und die Sonne brannte heiss und erbarmungslos auf die Wüste um uns herum.
Ich erkannte durch die flimmernde Hitze weiter vorne die Kutsche und hörte das Schaben der Hufe der Pferde.
Es roch süss und dennoch etwas nach Schweiss, aber der Geruch der stolzen Pferde, deren Fell sich glänzend über den Muskeln spannte, löste das schon bald ab.
Ich hörte weiteres Hufgetrappel hinter mir und drehte mich um, der Wachmann, Muhammad war wieder da, sein Pferd ritt mit gebogenem Hals an mir vorbei und postierte sich neben der Kutsche.
Sie war golden und mit ihrem Verkauf konnte man bestimmt die Halbe Stadt für eine Woche ernähren.
Stattdessen benutzten sie zwei einzelne Menschen für eine Fahrt, bevor sie dann wieder irgendwo untergestellt wurde.
Die Kutsche glitzerte und spiegelte das Sonnenlicht in alle Richtungen ab, es sah so majestätisch aus dass selbst die Arbeitenden immer wieder zu uns hinüber linsten.
Die Wachen hatten sich alle Pferde geschnappt und der Kutscher half Ena höflich dabei, in die erhöhte Kutsche einzusteigen.
Ich guckte in die Kutsche und auf dem ebenen Boden erkannte ich grosse bequeme Kissen, tausende von Schwänen mussten wohl dafür den Kopf hingehalten haben.
Ena und Ash konnten sich problemlos auf die dicken Decken legen und sich von den farbigen Früchten aus der Schale nehmen, die für sie bereit lag.
Es war wie ein Bett auf Rädern, ein wahres Himmelbett.
Denn die Vorhänge waren leicht durchsichtig und wehten durch die Bewegungen der Pferde hin und her, obwohl totale Windstille herrschte.
Leise klang Enas Lachen zu mir hinüber, als sie sich nieder liess, auf dem roten Kissen dass ihren königlichem Po all zu sehr schmeichelte.
Ich schnaubte innerlich. Ash ging an mir vorbei, nicht ohne mir einen schelmischen Blich zu schenken und legte sich dann zu Ena in die Kutsche. Wie es aussah, musste ich nebenher laufen. Ich war mir nicht sicher aber vermutete stark, dass das so eine Art Bestrafung für mich war. Wie dem auch sei, ich würde schon durchhalten. Und endlich mal aus diesem Palast rauszukommen würde mir sicherlich gut tun.

Nachdem wir eine unendlich lange Zeit unterwegs waren, spürte ich die Kraft aus meinen Gliedern fliessen.
Ich erinnerte mich an den Hinweg vor einiger Zeit. Aber damals war ich zu grossen Teilen getragen worden. Jetzt aber nicht. Ich spürte, wie meine Beine brannten und sich der Sand aus der Luft in meinem Hals ansammelte.
Wir hatten die Stadt längst erreicht und Ena hatte sicherlich an die dreihundert Mal angehalten, um sich von den Händlern vor den kleinen und einfachen Häusern schöne Schmuckstücke zeigen zu lassen oder um sich Obst aushändigen zu lassen.
Jedesmal wenn der gesamte Zug aus Wachen und Kutsche dann inne hielt, beobachtete ich das Verhalten der Menschen um uns herum.
Und jedes Mal war es das Gleiche.
Die Gassen boten nicht all zu viel Platz und die Häuser kamen selbst im Reichenviertel nicht an den Palast heran.
Die Menschen mussten sich an der Kutsche vorbei drücken, und wenn ihre Esel mit den vollbeladenen Säcken auf den Rücken die Kutsche streiften, liess Ena die armen Menschen ohne zu Zögern mit Stossen und Schlägen von der Kutsche vertreiben. Deswegen mieden es die Menschen, dem Zug zu nahe zu kommen.
Ich hatte das Gefühl, dass es für sie ein Zwang war zu zeigen, dass sie dominierte, egal wo sie hinging.
Ash, der zu Beginn bloss mit einigen der Wachen geredet hatte, schien es mittlerweile zu stören.
Aber er hatte nie etwas gesagt. Vielleicht weil das Volk nicht gerne Uneinigkeit zwischen dem Paar sah, dass sie alle mal regieren sollte. Eine andere Erklärung dafür, dass er nicht eingriff, fiel mir nicht ein.
Meine Augen brannten mittlerweile von der hellen Sonne, die mich zwischen den Häusern immer wieder blendete und auch die Pferde überall neben mir, hatten Schaum vor dem Mund und keuchten merklich.
Ihre schönen Felle waren durchgeschwitzt und ich wollte gar nicht erst an die Wachen denken. Sie trugen lederne Rüstungen oder schlimmsten Falls noch solche mit Metall daran. Sie wurden wahrscheinlich gerade bei lebendigem Leib gebraten. Doch keiner gab einen Laut von sich, der daraufhin deuten lassen konnte.
Nur Muhammad und ich sahen uns ab und zu an. Sein Blick war freundlich und aufmerksam, irgendwie ungewohnt für mich. Einmal lächelte er mir sogar kurz zu und ich konnte es nicht verhindern, dass ich ebenfalls ganz leicht zurück lächeln musste.
Wir kamen an dem Marktplatz vorbei, wo mein Leben sich vor Kurzem für immer verändert hatte.
Es sah alles noch aus wie damals. Nur war heute kein Sklavenhändler hier.
Dafür fiel mir etwas anderes auf.
Neben dem friedlichen Treiben, welches hier herrschte, neben den Menschen die sich unterhielten und den Preis hinunter feilschten, hörte ich die Schreie eines Mädchens.
Sie erinnerten mich an mich selbst und sofort fuhr es mir kalt den Rücken hinunter. Meine Glieder versteiften sich. Mein Blick huschte in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Es ging unter, neben all dem Lärm der hier vorherrschte. Aber ich sah es genau.
Ein Mann, dem wohl der Stand, neben dem er stand gehörte, schlug eine Bettlerin gerade erbarmungslos nieder.
Sie lag am Boden und kroch im Dreck so weit es ging von ihm weg, ihre Tränen zeigten ihre Wege deutlich auf den schmutzigen Wangen.
Ich hatte solche Dinge auch schon erlebt. Und mit den Narben auf meinem Rücken würde ich für immer leben müssen. Damals hatte mir keiner geholfen. Ja, ich wusste genau wie es sich anfühlte, wenn die Menschen an einem vorbei liefen und zu einem hinab sahen, jedoch immer schnell weiter gingen und weg sahen.
Ich würde das nicht tun. Ich hatte ihren Schmerz erkannt.
Ash war meinem Blick gefolgt. Er lag so in der Kutsche dass er sich ohne weiteres mit mir hätte unterhalten können. Kopf zu Kopf. Nur hatte er das nicht getan. Doch jetzt schüttelte er warnend den Kopf. Er schien wohl zu ahnen, was in mir vorging und wollte mich davon abhalten.
Aber das war mir egal.
So konnte niemand mit einem Lebewesen umgehen. Nichts rechtfertigte dieses Verhalten.
Vielleicht war ich nur eine einzelne Frau, die jemand anderem half. Aber wenn jemand anfing, dann würde es vielleicht auch weitere Menschen ermutigen, für sich und andere einzustehen.
Ich zögerte nicht und rannte blitzschnell los.
Das Pferd des Wachmanns neben mir scheute kurz, sodass ich einem herumschwingenden Fuss des Mannes ausweichen musste, der versuchte im Sattel zu bleiben. Dann erreichte ich das Geschehen mit brennenden Füssen.
"Stop."
Hörte ich Ash hinter mir noch befehlen und kurz darauf kam der Zug zum Stehen. Genauso wie das gesamte Geschehen um uns herum. Doch das spielte keine Rolle für mich.
Ich packte ein halb verschimmelten Holzscheit vom Boden und achtete nicht auf die Spiesse, die sich in meine Finger bohrten.
Ich holte aus und schlug mit aller Krafz auf den Rücken des Mannes ein.
Stöhnend und sich krümmend liess er von dem Mädchen ab, das sich wimmernd am Boden wand und mit blauen und roten Flecken übersät war.
Ich wusste ja, dass meine Tat auch nicht richtig war. Aber ich hatte mir nicht anders zu helfen gewusst. Solche Menschen hörten nur auf Gewalt und Schmerz.
Der Mann der sich fluchend vor mir krümmte war für mich in diesem Moment der Inbegriff  aller grausamen Taten die mir je wiederfahren waren.
Ich holte aus um ihn nochmals gänzlich niederzuschlagen. Es erschien mir gerecht, dass er genauso leiden musste wie die unschuldige Frau.
Aber bevor ich seinen Rücken mit dem Brett zerschmetterte, legte sich ein starker Arm um meine Taille und riss mich von ihm weg.
Ich kämpfte dagegen an aber der Mann hinter mir war zu stark.
"Benimm dich. Ich will nicht dass ich dich wegen Ena bestrafen muss. Ich muss auf dich aufpassen."
Muhammad.
Ich verstand nicht genau, was er sagte, mein Kopf war völlig vernebelt.
Aber ich wusste, was er mir damit sagen wollte.
Dass er mir nur helfen wollte.
Irgendwie.
Also liess ich mich von ihm auf sein Pferd setzten und spürte sofort die zusätzliche Hitze des Tieres, die auf mich überging.
Hinter mir schwang er sich in den Sattel und griff zu meinen Seiten an mir vorbei zu den Zügeln.
Er schnalzte mit der Zunge und das Pferd trottete los.
"Yallah."
Murmelte er und sofort wurde es schneller.
Diese Tiere waren so erstaunlich und faszinierend.
Wunderschön und elegant und wild zugleich.
Ich wollte auch so sein.
Doch selbst sie waren Gebunden, gefesselt durch Zügel und Sättel und Menschen, die sie einfach als ihr Eigentum betrachteten.
Ich wusste wie es sich anfühlte und als Muhammad vor der Kutsche anhielt, dauerte es nicht einmal eine Sekunde bevor ich es erneut erfuhr.
Das gesamte Trubel hatte angehalten und Ena beugte sich mit ihrem eleganten Kleid aus der Sänfte, die Vorhänge wehten um ihr kunstvoll verziertes Kopftuch.
"Tu so etwas noch einmal und ich lasse dich Köpfen!"
Zischte sie, das Lächeln aber blieb auf ihrem Gesicht, schliesslich wollte sie ja das öffentliche Bild nicht zerstören.
"Du bist nichts, wenn du meinen Ruf nochmals vor der Stadt in den Dreck ziehst wird das Folgen haben."
Sie machte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf und legte sich wieder auf die samtenen Kissen, die sich um sie schmiegten.
Es machte mich wahnsinnig dass sie inmitten tausend gerupfter Schwäne sass und nicht einmal zehn Meter davon entfernt ein Mädchen dass nichts hatte und dass ich nicht einmal retten durfte.
Ich sah nochmals zu ihr. Ich hatte gehofft, dass sie in der Zwischenzeit hatte entkommen können. Doch der Mann war schon wieder bei ihr und schlug weiter zu. Noch mehr als zuvor. Das war meine Schuld, das sah ich auch an dem Blick der jungen Frau an, die in meine Richtung sah.
Sie wünschte sich, ich hätte nicht alles noch schlimmer gemacht.
Ich wünscht es mir auch.
Mein Blick wanderte zu Asher.
Keine Ahnung was ich erwartet hatte. Erwar ja nicht dazu verpflichtet, mir oder ihr zu helfen. Er hatte es nur schon so oft getan dass ich es irgendwie gehofft hatte. Denn er hatte ihr Leiden doch auch mitbekommen.
Doch er tat nichts. Wieso auch. Er war kein Deut besser als seine Verlobte. Und egal wie oft ich jetzt schon gedacht hatte, mich in ihm getäuscht zu haben, ich hatte recht behalten. Er war genauso wie alle anderen reichen Menschen. Er kümmerte sich einen Dreck darum, wie es den Armen und Bedürftigen ging.
Ich wollte wieder von ihm weg sehen, aber als ich seinen Gesichtsausdruck sah konnte ich es nicht.
Mit dunkeln Augen sah er zu uns hinüber. Durch den hellen Vorhang hindurch, der ihn bleicher wirken liess als er eigentlich war.
Sein Gesicht war eingefroren und der Kiefer angespannt, sodass die Knochen hervor traten.
Sein Kopf war leicht geneigt als würde er mich jeden Moment anspringen und das zause Haar hing ihm in die Stirn.
Der Blick war so eisig, dass ich am liebsten die Lieder gesenkt hätte.
Doch dann bemerkte ich, dass er gar nicht mit ansah.
Das Funkeln in seinen Augen galt Mohammad, der noch immer hinter mir sass.
Ich drehte den Kopf langsam nach hinten, liess Asher aber nicht aus den Augen.
Kurz sah ich zu Muhammad, der den Blick keinesfalls abwandte, sondern unbeeindruckt zurück starrte.
Unwohl drehte ich mich wieder nach vorne.
Ich wusste nicht, was das Problem des Prinzen mit dem Wachmann war.
Durfte er mich vielleicht nicht ohne seine Erlaubnis mitreiten lassen?
Ich wusste es nicht.
Als die Kutsche sich wieder in Bewegung setzte streifte mich kurz sein Blick, doch ohne eine Regung oder ein Wort zu mir sah er wieder nach vorne.
Das schien Ena ausserordentlich zu beglücken, denn mit einem umwerfenden Lächeln hielt sie ihm eine frische, fette Traube hin.
Ich bezweifelte nicht, dass sie ihn wirklich mochte. Jedes Mal wenn sie ihn ansah war ihr Lächeln echt.
Sie wirkte dann wie eine andere Person. Viel liebevoller und  schöner.
Ash liess zu, dass sie ihn fütterte und wirkte ach gar nicht mehr so unglücklich.
Mich ignoriert er.
Nicht ein einziger Blick ging auch nur ansatzweise im meine Richtung.
Dafür rasten meine Gedanken, was hatte Muhammad damit gemeint? Er war ein Wachmann des Königshauses. Er musste mich nicht beschützen, das gehörte nicht zu seinen Aufgaben. Wieso also hatte er es dann dennoch gesagt?
Ich spürte die Hitze nach einer Weile nur noch als nasser Schweiss auf meiner Haut, mein Mund war  trocken und der Stoff meiner spärlichen Bekleidung klebte an meiner Haut.
Immer wieder hielten wir an und Ena führte mir ihre ausserordentlich schön bestickten Kleider vor und ich musste jedes Mal lächeln, damit sie nicht wieder ihre Todesblicke auf mich abfeuerte. Langsam beschlich mich der Gedanke, dass sie als fremde Prinzessin fremd war in dieser Stadt. Dass sie einsam war und keine wirklichen Freundinnen hatte. Deswegen musste auch ich ihr immer bestätigen, wie umwerfend sie in all den Kleidern aussah.
Das Kopftuch behielt sie immer an.
Es beschäftigte mich sehr. Denn sie trug es mit einem unglaublichen Stolz.
Aber wieso sollte man sich selbst verhüllen?
Für sie schien es ein Beweis ihrer Stärke zur Andersartigkeit zu sein, diese Stärke bewunderte ich insgeheim.
Aber ich selbst wollte  das nicht, keine Frau hatte es nötig, sich zu verstecken.
Was auch immer sie veranlagte, so ein Tuch zu tragen, es galt nicht für die Männer. Und das verstand ich noch weniger. Doch die Frauen waren gründlich indoktriniert worden, denn ich sah in der ganzen Stadt keine gut gekleidete Frau ohne Kopftuch. Den meisten rann der Schweiss in Strömen das Gesicht hinunter. Kein Wunder denn unter dem dicken Stoff war die Hitze noch gewaltiger. Mir war klar, dass es zwei Arten von Frauen gab, die ein Kopftuch trugen.
Einerseits trugen sie es freiwillig, weil sie an die Tradition glaubten und dafür einstehen wollten. Aus meiner Sicht wusste ich jedoch nicht, wieso es diese Tradition überhaupt gab. Und wieso sie nur für Frauen galt. Ich hielt es für ein Zeichen der Unterdrückung. Und das führte mich zur zweiten Art Frau. Es gab auch solche Frauen, die gezwungen wurden, Kopftücher zu tragen, oder sich sogar bis zu den Füssen zu verhüllen. Ihre Männer verlangten dad von ihnen, weil sie sie als Besitz ansahen. Ein Besitz der niemandem gehören durfte ausser dem Ehemann selbst. Es war Unterdrückung, die die Frauen in Tadmor über sich ergehen liessen. Aber sie kannten es ja nicht anders. Und aus lauter Angst getrauten sie sich wohl nicht, aufzubegehren.
Ich war so in Gedanken versunken, dass mir erst jetzt auffiel, dass wir erneut angehalten hatten und das Pferd unter mir schnell und rasselnd ausatmend mit den Hufen auf dem Boden scharrte.
Seine Nüstern blähten sich und als ich kurz den Blick senkte, erkannte ich wie verschwitzt das rötliche Fell des Fuchses war.
Dann fiel mir auf, dass Ena nicht mehr neben Ash sass, der an die Kutsche gelehnt stand und sie beobachtete. Das dunkle Haar in der Stirn und die grünen Augen unter den dichten Wimpern verborgen.
Ich brauchte eine Weile, bis ich den Blick von ihm abwenden konnte und verfluchte mich selbst dafür.
Als ich dann erneut zu Asher linste, hatte sich ein schiefes Grinsen auf seinem Gesicht breit gemacht.
Oh nein, er hatte wohl doch gesehen, wie ich ihn angestarrt hatte.
Schnell sah ich wieder zu Ena. Sie stand etwas weiter weg von der Kutsche, die auf einem kleinen Handelsplatz halt gemacht hatte.
Sie stand ganz still da. Ihre feinen Hände waren majestätisch verrenkt, sodass sie irgend eine tänzerische Pose einnahm, die Ash anscheinend gut gefiel, denn seine Augen flogen immer wieder über ihr gesamtes Erscheinungsbild.
Enas Lächeln könnte breiter nicht sein und meine Laune hatte den absoluten Tiefpunkt erreicht.
Gefroren trotz Sonne, konnte man es nennen.
Sie wollte ein Bild von sich gezeichnet bekommen und wir alle mussten dafür in der prallen Sonne stehen. Inmitten der vielen Leuten, die uns entweder anstarrten oder versuchten, sich aus dem Staub zu machen, da sie wohl etwas angestellt hatten und kein Risiko eingehen wollten.
Der Mann, der hinter der Oberkörper-grossen Leinwand sass, war klein und hatte einen Buckel. Er sass auf einem kleinen Schemel, die nackten Füsse ausgestreckt. Er guckte immer wieder an seinem Werk vorbei auf die Prinzessin, die angestrengt versuchte, sich nicht zu bewegen.
Seine gegerbte Haut war faltig und vernarbt, die Zähne die er konzentriert mit der Zunge befeuchtete, waren Gelb und verfault.
Seine Augen leuchteten weiss, der Rest der Iris war rabenschwarz.
Bestimmt hatte der Mann viel gelitten. Nicht viele Menschen die auf der Strasse lebten erreichten ein solch hohes Alter. Er musste entweder unglaublich schlau sein oder sehr tapfer, dass er schon so lange lebte.
Der Pinsel zwischen seinen Händen flog geschickt über das Papier und ich war mir sicher, dass es für ihm die beste Möglichkeit war, Geld zu verdienen. So wie ich die Maler und Strassenkünstler der Stadt kannte würden sie die Möglichkeit nutzen um Ena noch schöner zu zeichnen. Um jeglichen Makel weg zu radieren, mit der verzweifelten Hoffnung, eine reiche Frau zufriedne zu stellen und vielleicht etwas mehr damit zu verdienen. Ich konnte es ihnen auch nicht verdenken.
Sie waren nicht dumm. Das Schicksal meinte es mit ihnen nicht so gut wie mit der Prinzessin. Also hatten sie lernen müssen, auf eine andere Weise zu überleben.
Der Mann tat mir leid. Er sass mit gekrümmten Rücken da und immer wieder linste er auf das Geld, dass die Wache neben mir in der Hand trug, bereit den Mann danach für seine Dienste zu bezahlen.
Auch die Blicke aller übrigen Bewohner der Strassen hingen daran. Das Gold zog sie magisch an. Wie Fliegen.
Dann hielt der alte Mann plötzlich inne und sah in den Himmel.
Es schien als schien er mit sich selbst zu ringen und als läge er in innerem Zwiespalt. Oder als würde er mit irgend jemandem reden, denn seine schmalen und trockenen Lippen bewegten sich. Es war unheimlich und ein kühler Schauer stellte sämtliche Haare an meinen Armen auf.
Dann malte er weiter. Der Moment war wieder vorbei und seine Hände flogen nun rascher über die Leinwand. Er wirkte entschlossener und malte mit einem Eifer, der schon fast an Trotz grenzte. Ich runzelte die Stirn, etwas stimmte hier nicht. Dann hielt er schwer atmend Inne und nickte.
„Zeigt es mir. Ich will es sehen."
Verlangte Ena, die sich, sich dehnend, wieder zu Asher gesellt hatte.
Der alte Mann erhob sich wankend von seinem Sockel und kam mit langsamen und beschwerlichen Schritten auf uns zu. Dann blieb er einige Schritte entfernt neben den Wachen stehen und drehte sein Meisterwerk um.
Wir alle sahen zum Gemälde und selbst die Blicke der Wachen hatten sich darauf gerichtet. Niemand sagte etwas.
Ena war wie erstarrt.
Genauso wie der Rest der Menschen, die das Gemälde gesehen hatten.
Auf dem Bild war Ena abgebildet.
Aber nicht so wie ich sie sah, wie alle sie sahen. Nicht in den prachtvollen Kleidern und dem schönen Lächeln auf dem reinen Gesicht.
Das schmutzige Pergament war mit Kohle bemahlz und die Striche waren ordentlich, beinahe liebevoll gezogen worden. Sie vereinten sich zu einem grösseren Ganzen. Zu einer anderen Ena.
Sie war schattiert, richtig schattiert, jedes Glied.
Sie trug keine schönen Kleider oder Schmuck.
Sie trug kein Kopftuch.  Ihre Nägel waren nicht rein sondern schmutzig und genauso wenig wie ihre Nägel rein waren. Sie trug einen Stofffetzen, der notdürftig ihre Rundungen verdeckte. Sie sass im Dreck.
Ena sah aus wie...eine Bettlerin.
Ihre Haut war nicht so rein und schön wie jetzt sondern mit einer Dreckkruste überzogen.
Ihre Augen waren kleiner und trüb, ihr Haar fettig und verfilzt.
Ihr Gesicht wirkte eingefallen und abgemagert.
Ena öffnete den Mund, ihre bronzene Haut war purpurrot angelaufen.
Niemand wagte, sich auch nir zu bewegen. Nur der alte Mann sah sie weiterhin mit offenen Augen an.
"Nehmt es ihm weg."
Ihre Stimme war schrill und sofort ging eine Waffe auf den Mann zu.
Dieser drückte die Leinwand an seine Brust und lief langsam rückwärts.
Seine Stimme war brüchig aber getränkt in einer Ehrlichkeit, vor der Niemand seine Augen verschliessen konnte.
Denn er sagte jene Worte, die jeden der sie hörte, zum Schweigen brachte.
"Ohne deine Schöne Kleidung und deinen Titel bist du nicht anders als wir alle.
Wir sind alle gleich. Niemand kann sich als wertvoller ansehen. Dazu habt auch ihr nicht das Recht. Aber ihr nehmt es euch trotzdem.
Wisset nur, dass auch ihr irgendwann sterben werdet. Und all diese Reichtümer werdet ihr nicht mitnehmen können. Und dann, dann wird eure grösste Angst wahr: dann seid ihr so wie alle anderen. Einfach menschlich."

Was denkt ihr zu den Worten des Alten Mannes? Hat er recht? Ich hoffe das Kapitel gefällt euch und dass ihr weiterhin dabei bleibt!
Love
Angora77

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro