Don't forget - it's fiction!

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Die Geräusche aus dem Treppenhaus sagen mir, dass oben grade die Koffer ins Erdgeschoss geschafft und ins Auto geladen werden. Markus ist vorgefahren, damit nicht alles in die Tiefgarage geschleppt werden muss. Dann fährt er den Wagen wieder zurück. Viel Zeit bleibt mir also nicht mehr. Und der schwerste Brief kommt noch. Mein zauberhafter kleiner Jimin. Mein Sorgenkind, mein Stehaufmännchen. Gedankenverloren streiche ich mit der Hand über seine neue, eigene gelbe Decke. Sie ist so weich und fließend wie seine Art zu tanzen, so warm wie sein großes Herz und so federleicht wie seine helle Stimme.

Mein lieber Jimin!

Du hast gestern gesagt, Du würdest gerne die gelbe Decke mitnehmen, damit sie Dich an die Geborgenheit bei mir erinnert. Ehrenwort - ich hatte schon vorher vor, Dir eine eigene Decke zu besorgen. Du hast mir in dem Moment nur bestätigt, dass ich mit meinem Vorhaben richtig liege. Hier ist sie! Ganz Deine. Nimm sie mit, wohin auch immer Du gehst, und fühle Dich geschützt und gestärkt und geliebt und ermutigt und ... Ach, Jimin - ich wünsche Dir so viel und von allem nur das Beste.

Du hast Dich bei mir bedankt, dass ich gleich erkannt habe, was mit Dir los ist. Ich bin selbst unglaublich dankbar, dass ich überhaupt wusste, worauf ich achten muss. Und froh, dass ich mich eingemischt habe, obwohl mich das ja gar nichts anging.

Hast Du eine Ahnung, wie stolz wir alle sind, wie stolz ich auf Dich bin? Du kanntest mich nicht. Du warst in großer Bedrängnis, hast Dich elend gefühlt und wolltest Dein furchtbares Geheimnis wahren. Dennoch hast Du den Mut besessen, mir zu vertrauen, Dich auf mich und meinen verrückten Vorschlag einzulassen. Und Du hast es geschafft! Ehrlich, in dem Moment hatte ich keine Ahnung, ob das Atmen irgendetwas bringen könnte. Es war eine Idee aus der Verzweiflung heraus, weil ich es nicht ertragen hätte, Dir nicht helfen zu können. Und ich war so froh, so froh, dass Du meinen Vorschlag angenommen hast. Und dass Du dann das Schweigen gebrochen hast. Vergiss bitte NIE den Moment, in dem Deine Freunde angefangen haben, um Dich zu weinen. Ehrlicher wird Dir nie wieder jemand seine Liebe zeigen können.

Du hast in den neun Tagen schon so viel geschafft. Du bist so viel wacher und aktiver und fröhlicher als am ersten Tag. Sogar die Lust am Essen kommt langsam wieder. Es ist eine Freude, das zu sehen. Als Du bei dem Wasser-Tanz den Body-Flip als Delphin gemacht hast, ist mir fast das Herz stehen geblieben. „Wo nimmt er diese Kraft her?" Die Antwort ist: Aus Deiner wieder erwachten Liebe zum Leben heraus! Deine Kraft ist Dein Herz - Dein Herz für Deine Freunde, Dein Herz für Tiere, Dein Herz für Deine Fans, Dein Herz für Deine Musik und für Deinen Tanz. Könntest Du doch auch Dein Herz für Dich selbst öffnen!

Jimin, Du hast nun noch einen weiten Weg vor Dir, bis die Magersucht ganz Platz machen kann und wird für Deinen Hunger nach Leben und Liebe. Aber Du darfst sicher sein, dass Du diesen Weg nicht allein gehst. Deine Freunde sind bei Dir und werden Dich tragen und unterstützen, so viel und so lange Du das brauchst. Weil sie Dich lieben.

Ich habe Dich gestern gefragt, was Du an Dir nicht magst. Am Ende haben wir sehr viel gelacht. Das war wie eine Befreiung. Stell Dich ruhig ab und zu vor einen Spiegel und schieb Deine Nase hoch. Vergiss nie: Dich gibt es nicht scheibchenweise, Dich gibt es nur im Ganzen. Und dieses Ganze ist wunderbar!

Ich werde jetzt etwas tun, was ich bei allen anderen nicht getan habe - sie mögen es mir verzeihen. Ich möchte Dir sagen, was ich alles an Dir mag (und Ihr anderen hört bitte nicht zwischen den Zeilen, was Ihr alles nicht habt, seid oder könnt. Das wäre Quatsch!).

Ich mag tatsächlich - ob Du's glaubst oder nicht - Dein Gesicht sehr. Ich liebe Deine wundervollen braunen Augen (solange Du sie nicht hinter diesen furchtbar starren, blauen Kontaktlinsen versteckst). Ich mag Deine Nase, Deinen Mund, ich mag, wie Du manchmal beim Reden Deine Lippen spitzt. Ich mag Deine Haare (allerdings lieber wild und frech oder Stirn frei, als mit Pony). Ich mag ganz dolle Dein ansteckendes, helles Lachen, das so voller Leben und Leidenschaft ist, und wie Du mit Deinem ganzen Körper lachst und dabei manchmal sogar umfällst.

Ich bewundere Deine Stimme. Sie hat - je nach Tonlage - so viele verschiedene Farben, mal rau, mal weich und in der Höhe klar und leicht und durchscheinend wie Licht. Jimin, ich bin Mezzosopran, und Du bist ein Kerl. Aber Du singst genauso hoch wie ich!!!!!!! Und ich habe für einen Laien eine vergleichsweise ausgebildete Stimme. Ich weiß also, wovon ich rede: Deine Stimme ist ein echter Seelenschmeichler und einfach der Wahnsinn.

Und ich mag Deine Art zu tanzen. Ihr seid alle ausnahmslos sehr präzise in Euren Bewegungen und unglaublich synchron. Man sieht, dass harte Arbeit dahinter steckt. Hobi, Tae, Guk und Du - Ihr habt jeder eine ganz eigene Art, Euren Körper einzusetzen. Ich könnte Euch allen stundenlang zusehen. Aber Deine Art zu tanzen, ist für mich wirklich einzigartig. Du fließt auf der Welle der Musik. Du fühlst die Musik. Wenn Ihr alle nebeneinander steht und tanzt, seht Ihr harmonisch aus. Das ist bei sieben Individuen schon beeindruckend. Der Unterschied ist, dass Deine Bewegungen - selbst bei Stücken wie "Lie" oder knallharten Powersongs wie "Not Today" - niemals eckig sind. Nie hart. Nie. Sie fließen immer. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Ein Stop ist ein Stop, auch bei Dir, genau da, wo es soll. Und dennoch wirkt Deine Bewegung, als ob Du nie einfrierst, Du gehst ganz weich in die nächste Bewegung über. Und das sieht zauberhaft aus. Unvergleichlich.

Ich mag Deinen Gerechtigkeitssinn und Deine Kompromisslosigkeit, Dich für andere einzusetzen. Das Internet ist voller Beispiele, wo Du all Deine Aufmerksamkeit dem oder den anderen schenkst, weil sie Dir so wichtig sind, weil Du in Deiner Seele spürst, was sie brauchen, weil Du willst, dass alle glücklich sind. Ob da ein Stuhl wackelt, ein Mädel in der ersten Reihe ohnmächtig wird oder Namjoon nicht dabei sein kann und Du deshalb den ganzen Saal dazu bringst, ihn übers Handy laut zu grüßen. Wenn jemand traurig ist - bist Du da. Wenn jemand Hilfe braucht - bist Du da. Wenn jemand reden will - hörst Du zu. Wenn jemand eine Umarmung braucht - Du weißt es und öffnest gerne Deine Arme. Braucht jemand Unterstützung - Du packst mit an. Mit Dir an der Seite kann man nicht einsam sein. Könntest Du Dich doch nur mit meinen Augen sehen!

Niemand ist perfekt. Das geht gar nicht. Aber Du bist auf jeden Fall ganz wundervoll und einzigartig und ein riesiger Schatz. Und wenn Du das mal wieder vergessen solltest, dann stell Dich bitte vor einen Spiegel und erinnere Dich an gestern Abend. Dann hol Dir Tae und mach etwas ganz Verrücktes mit ihm. Lass Dich anstecken von seiner Leichtigkeit und seiner Selbstverständlichkeit und seiner inneren Freiheit. Schnapp Dir ein Stück von seinem gesunden Egoismus und gib ihm dafür ein Stück Deiner Selbstlosigkeit. Heb mit ihm die Welt aus den Angeln und stell sie auf den Kopf! Hab Spaß! Du hast so viele Gründe zu lachen.

Ich bin so vertieft in meine Gedanken an Jimin (und so blind vor Tränen), dass ich überhaupt nicht mitkriege, wie jemand in den Keller kommt. Erst als sich plötzlich von hinten zwei Arme um mich schlingen, tauche ich wieder in der Realität auf. Es ist Tae, der heute für mich „zuständig" zu sein scheint. Und er weiß sofort, warum ich weine, weil ich, ohne es gemerkt zu haben, die Decke in den Arm genommen habe. Gott sei Dank sieht er so auch den Brief nicht. Er geht in die Hocke und schaut mich weich an.
„Hast du so sehr Angst um ihn? Oder hast du Angst vor der Feier? Oder ist das einfach der allgemeine Kater, weil wir morgen früh abreisen?"

„Ach."
Ich schniefe vernehmlich.
„Ich glaube, es ist von allem ein bisschen. Und allmählich bin sogar ich etwas erschöpft von der Daueranspannung."
Ich grinse schief.
„Kein Wunder. Wir haben uns sowieso alle gefragt, wie du so lange durchhalten konntest. Die Kraft deines Gottes in dir, mit der DU das alles erklärst, ist außergewöhnlich und sehr beeindruckend."

Ich gebe mir Mühe, wieder runter zu kommen.
Das Geheule ist ja fast peinlich ...
„Womit kann ich dir dienen, Tae?"
Zögern.
„Wir bräuchten mal ... - hm, wie erkläre ich das, ohne dass du kapierst, wofür ..."
Hä???
„Ach, egal. Wir wollen den Raum und den Esstisch schmücken. Markus meinte, da sollten wir am besten dich fragen, weil du hierfür die Fachfrau bist. Wir möchten es festlich-fröhlich gestalten. Was geben denn da deine kreativen grauen Zellen und die endlosen Weiten deiner Krimskrams-Kisten so her?"

„Rückfrage. Seid ihr so bekloppt, das ganze filmen zu wollen? Denn dann sind wir abhängig von brauchbarem Licht. Ansonsten würde ich einfach eine ordentliche Tischdecke, Schüsseln statt Töpfen und Kerzen vorschlagen. Die guten Gläser, ... Irgendwo hab ich doch noch die zarten Papierblumen von der Hochzeitsdeko letztes Jahr ..."
Ich fange an, in Kisten und Schränken zu kramen, und fülle nach und nach eine Klappbox mit verschiedenen Dingen, die ich zueinander und zu unserem Geschirr passend finde. Zufrieden und mit einem letzten warmen Drücker zieht Taehyung wieder ab. Und ich wende mich ein wenig beruhigt wieder dem letzten Brief zu.

Du sagst, Du machst Dir Sorgen wegen PD und wegen der Tour. Ich müsste lügen, sollte ich sagen: ich nicht. Ich glaube, wir machen uns alle Sorgen um Dich. Und ich kann Dich nicht begleiten. Aber meine Gedanken und meine Gebete und meine ganze mütterliche und freundschaftliche Liebe gehen mit Dir. Unsere Momente, in denen wir nach Herzenslust albern waren, Bohnen geschoben haben, gespielt und getanzt und gesungen haben - all das geht mit Dir mit und hat hoffentlich die Kraft, Dich auch durch harte Stunden und durch Durststrecken zu tragen.

Ich möchte Dir sagen, dass Du immer einen festen Platz in meinem Herzen haben wirst. Ich lasse Dich gehen in der Hoffnung und dem Vertrauen, dass der Gott, der uns in den letzten Tagen begleitet hat, Euch erst zu mir geführt hat und nun mit Euch mitgeht, egal wo auf der Welt Ihr grade sein werdet. Er möge Dich beschützen!

Und eines Tages werde auch ich hoffentlich in einem Eurer Konzerte am Bühnenrand stehen, eine ARMY-Bomb schwenken und feiern, WIE unvergleichlich schön und voller Esprit, Leidenschaft und Ausdauer Du für uns tanzt - tanzt, als gäbe es kein Morgen mehr, weil Dein Herz dafür schlägt.

Ich umarme Dich und freue mich auf die Nachricht, dass Du bis London die Schallgrenze von 50 kg geknackt hast!
Von ganzem Herzen, Deine Tina

So. Genug geheult. Lass ihn los, Seele. Er ist geborgen in Gott. Und er soll doch Zuversicht bekommen und nicht meine Sorgen obendrauf.

Noch einmal steht Tae vor mir.
„Duuu - ich brauche noch einen größeren Briefumschlag."
Diese Jungs! Was das wohl jetzt wieder wird???
„Und dann wirst Du auch bald von Deiner Spannung erlöst. Es ist alles bereit, das Essen ist auch fast fertig."

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4.12.2018    -    17.6.2019    -    30.10.2019
30.3.2020