14 - Knurren

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Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf der Couch in Lukas Wohnzimmer. Zumindest fühlte es sich wie Lukas Couch an.
Mein Körper schmerzte höllisch, mein Kopf dröhnte und ich konnte mein eigenes Blut in den Ohren rauschen hören. Ich wollte mich nicht bewegen und selbst das Atmen tat unglaublich weh.

Es war laut. Es wurde diskutiert und geschriehen. Ich konnte die ganzen nervös klopfenden Herzen wahrnehmen.
Dabei stich jedoch eines besonders heraus. Dieses stark klopfende Herz, dass mich so sehr anzog. Und dazu kam nun auch dieser starke wohlriechende Duft, der sofort all meine Sinne benebelte.

»Lukas, du kannst das nicht zulassen.« Das war eindeutig die Stimme meines besten Freundes und er hörte sich panisch an. Lukas Antwort ging leider im Getümmel der Stimmen unter. Was nicht weiter schlimm war, weil ich sowieso nicht wusste worüber sie redeten.

Ich wollte meine Augen öffnen um sehen zu können, zu wem diese fremden Herzschläge und der fremde Geruch gehörte. War das der Besuch von dem Eren gesprochen hatte? Der Alpha?

»Er wird wach.« Die Stimme war unangenehm laut und sehr nah an meinem Ohr, weshalb ich etwas zusammenzuckte. Sofort wurde es mucksmäuschenstill.
»Finn? Kannst du mich hören?« Das war Erens Stimme. Er klang traurig und besorgt und ich wollte ihn sofort dafür in den Arm nehmen. Ich wusste, dass er Schuldgefühle haben musste und ich wollte ihm sagen, dass es halb so schlimm war und ihn keine Schuld traf, denn er hatte sich nur an seine Befehle gehalten.
Ich konnte aber meinen Mund nicht öffnen.

Kurz spürte ich Fingerspitzen an meiner Wange und gleichzeitig ertönte ein grollendes Knurren woraufhin sie sofort wieder weggezogen wurden. Dieses Knurren konnte ich niemandem aus meinem Rudel zuordnen, weshalb ich davon ausging, dass es einem der Besucher gehören musste.

»Fass ihn nicht an.« Diese Stimme. Sie war verzerrt, was bedeutete, dass der Wolf des Besitzers dieser Stimme sehr nah an der Oberfläche sein musste. Seine Stimme strahlte so viel Macht aus. Sie klang so kräftig und stark.
Ein angenehmer Schauer lief mir über den Rücken. Ich wollte mehr hören. Bitte sag noch einmal etwas. Mein Ohren spitzen sich in der Hoffnung noch einmal einen so lieblichen Ton aufnehmen zu können, aber es wurde wieder still.

Ungeduldig versuchte ich erneut meine Augen zu öffnen. Zwischen meinem Blinzeln konnte ich aber nur das helle Licht erkennen und nicht wer sich bei mir im Raum befand.
»Finn.« In Erens Stimme lag Erleichterung. Ich brachte nur ein heißeres "Eren" heraus. Meine Kehle war trocken und es schmerzte zu reden. »Wasser. Holt ihm Wasser.« Das war eindeutig die Stimme meines Alphas.

»Finn setz dich etwas auf.« Ich konnte Lenes Hand an meinem Rücken spüren, die mir in eine senkrechte Position half.
Mein Körper ächzte unter der Bewegung und ich war froh, dass Lene mich festhielt.
Meine Augen waren immer noch geschlossen als mir jemand ein Glas an die Lippen legte und Lene mich zum trinken aufforderte. Das kühle Nass rann meine Kehle hinunter, gierig trank ich das Glas bis auf den letzten Tropfen aus und sofort fühlte ich mich etwas besser.
Erstaunt musste ich feststellen, dass ich weder fror noch hatte ich angst. Trotz meiner starken Schmerzen fühlte ich mich wohl und geborgen. Ich konnte nicht nachvollziehen warum, aber genoss es.

»Willst du dich wieder hinlegen?« Lenes sanfte Stimme durchschnitt die Stille wie ein Messer und ich verzog unangenehm das Gesicht, ehe in den Kopf schüttelte. Ich wollte aufstehen.

Ich versuchte alles auszublenden und mich nur auf diesen einen Herzschlag zu konzentrieren, der mir so viel Kraft schenkte.

»Eren« Meine Stimme war nur ein Hauch, doch er hörte mich. »Ja, ich bin da.« Man hörte wenige Schritte und schon konnte ich seine Präsens neben mir spüren. Lenes Arm der mich festhielt verschwand und wurde durch Erens ersetzt, der mir sanft über den Rücken strich. Ich lehnte mich gegen seine Brust und war froh in bei mir zu haben.
Das seine Berührungen sich jetzt plötzlich anders anfühlten ignorierte ich einfach.

»Ich möchte aufstehen.«, flüsterte ich. Zu mehr war meine Stimme nicht in der Lage. »Bist du sicher?«, antwortete er genauso leise. Ich nickte nur.
»Ok. Ich helfe dir.« Seine frei Hand griff nach meiner Hand und hielt mich während ich mich selber von der Couch hochdrückte. Die Schmerzen verschlimmerten sich, ich keuchte schmerzvoll auf und fiel gegen Eren.
Vielleicht war aufstehen doch noch zu viel für mich.

Aber ich wollte unbedingt zu diesem Herzschlag. Unbedingt.

Eren legte seinen Arm um mich um mich besser stützen zu können. Wieder ertönte dieses grollende Knurren.
Jetzt wo mein Kopf etwas klarer war konnte ich das Knurren eindeutig als Warnung identifizieren. Aber Warnung wovor?

Aufgrund meiner schwindenden Kräfte sackte ich etwas zusammen und krallte mich in Erens Oberteil fest.

»Eren.«, flüsterte ich hilflos, da ich nicht stehen konnte. Geblendet von der Deckenlampe öffnete ich meine Augen und sah zu Eren hinauf.

Was ich sah erschreckte mich so sehr, das ich von meinem besten Freund zurückwich und zurück auf die Couch fiel. Die Landung auf der Polster ließ mich schmerzhaft aufschreien und kurz blieb mir vor lauter Schmerzen die Luft zum Atmen weg.

Das tiefe Knurren ertönte wieder, alle wurden unruhig, jemand schnappte überrascht nach Luft, eine Vase wurde irgendwo heruntergestoßen und zerbrach klirrend, Lukas brüllte irgendetwas, doch das alles nahm ich kaum war. Mein Blick war fest auf Eren gerichtet.

Sein rechtes Auge war blau unterlaufen und angeschwollen, an seiner Nase klebte noch getrocknetes Blut wie von Nasenbluten, seine Lippe war an zwei Stellen aufgeplatzt und mehrere kleinere und größere Kratzer zierten sein Gesicht und seine Arme.
Geschockt starrte ich ihn an. Ich war das nicht, das wusste ich mit Sicherheit.
Was war passiert? Ich konnte mich nur noch daran erinnern, wie Eren mich im Genick gepackt hatte. Mehr wusste ich nicht. Da hatte er noch nicht so ausgesehen.

»Finn wie geht es dir?« Lene lehnte sich zu mir hinunter und strich mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich nickte. Welche Antwort sie sich daraus ziehen würde, überließ ich ihr.

Plötzlich trat Lukas in mein Sichtfeld und ging vor mir in die Hocke. Er legte seine großen Hände auf meine Oberschenkel und sah mich mit diesem sanften Blick an, den er mir immer schenkte, wenn ich zu starke Angst hatte und er versuchte mich zu beruhigen.
»Ich bringe dich hoch in mein Schlafzimmer, in Ordnung? Du musst dich etwas ausruhen. Und weg vom Getümmel.« Seine Stimme war genauso sanft wie sein Blick und es störte mich momentan nicht einmal, das er mit mir sprach wie mit einem Kind. Ich nickte nur.

»Möchtest du das Eren bei dir bleibt oder jemand anderes?«
Als Erens Name fiel ertönte wieder dieses Knurren, doch Lukas ließ sich davon nicht ablenken.  Er sah mich weiterhin mit diesem sanften Blick an, bei dem ich sonst immer dahin geschmolzen war.
»Melinda.«, brachte ich über meine Lippen und konnte nicht ganz nachvollziehen, wieso ich nach meiner Schwester gefragt hatte, wo Eren mir doch so viel lieber gewesen wäre. Aber dieses Knurren. Es brachte mich komplett durcheinander.

»John hol Melinda. Sofort.«, sprach Lukas mit seiner Alpha Stimme. »Kannst du gehen?«, wendete er sich mit der selben sanften Stimme wie zuvor wieder an mich. Zögerlich schüttelte ich den Kopf.
Ich konnte noch nicht einmal stehen, wie sollte ich da gehen können.

Ohne weiter zu zögern hob Lukas mich im Brautstyle hoch und verließ mit mir über die Treppen den Raum. Mein Kopf kippte erschöpfte gegen seine starke Schulter und ich musste damit kämpfen nicht sofort einzuschlafen. Mein Körper fühlte sich schwer und war vom Schmerz betäubt.

Der starke Herzschlag ging nun schwerfälliger. Ich konnte mir nicht erklären wieso.

Ich konnte mir aber auch keine weiteren Gedanken darüber machen, da ich, noch bevor wir in Lukas Schlafzimmer angekommen waren, an seiner Schulter eingeschlafen war.

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