Verblüht

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Ich irrte durch einen verwachsenen Wald, oder viel eher tappte ich, meine Pfoten verkrümmt und wund, jeder Schritt schmerzhafter als der vorige. 

"Creepy...?"

Keine Antwort war zu hören. Nichts, nicht einmal ein Rascheln des Gebüschs, oder ein auffliegendes Taubsi, oder das Brummen eines Bibors. Was war es, wovor ich wirklich Angst haben sollte? Ohrenbetäubende, laute Geräusche? Oder war es eben diese Stille, vor der ich mich in Wahrheit fürchten sollte? All diese Fragen war ich gezwungen zu stellen, während ich mir meinen Weg durch das Gestrüpp bahnte. 

Wohin eigentlich? 

Der dunkle Wald erstreckte sich so weit, kein Ende in Sicht. Worauf hoffte ich denn überhaupt noch, in dieser unendlichen Dunkelheit zu finden? Nein, diesen Gedanken durfte ich nicht haben. Ich war gerannt, damals, vor meinen Eltern. Wofür? Weil ich mich selbst retten wollte. Weil ich mir etwas... erhofft hatte. Ja, Hoffnung war es, dass ich finden wollte, egal, wie lang ich mich noch mit schmerzenden Gliedern vortasten musste.

Langsam bemerkte ich, wie sich der dichte Wald Stück für Stück lichtete, das Dickicht stach nicht länger von allen Seiten in meinen geschwächten, mit Wunden übersäten Körper ein, der Schmerz ließ nun ein wenig nach. 

Eine Lichtung, ein See. Es war der See, an dem Creepy und ich vor einigen Wochen Rast gemacht hatten, jedenfalls schien es so zu sein. Doch als ich mich dem See näherte, mich zum Trinken herunterbeugte und die Oberfläche meinen Kopf reflektierte, wurde mir schnell klar: Nein, das war nicht derselbe See. 

Es war nicht derselbe Ort.

Irgendetwas... irgendetwas war ganz erheblich anders. 

Das Gewässer erschien mit einem Mal so viel tiefer, so... unruhig. Lag es an der dunklen Nacht, daran, dass nur der Mond mir als Lichtquelle diente? Bildete ich mir das nur ein? Sicherlich, denn wie könnte er sich sonst so verändern? Natürlich war es derselbe See, was dachte ich mir denn? 

Ich schüttelte den Kopf und begann, hastig zu trinken. So dachte ich, doch sobald meine Schnauze die Wasseroberfläche berührte, schlang sich etwas seltsames um meinen Bauch, etwas, das ich bereits kannte. Doch dieses Mal wurde ich nicht mit Vorsicht und Sanftheit in die Luft hochgehoben. Die Geisterhand drückte sich in meinen Körper, drohte, mich zu zerquetschen, mir wurde der Sauerstoff mit Gewalt aus der Lunge gepresst.

Unsanft wurde ich gedreht, bis ich sah, wer sich hinter dieser brutalen Handlung verbarg:

Weit aufgerissene Augen, ein Grinsen, dass so anders war, als all das, was ich von ihm bisher kannte, als würde es ihn freuen, wie ich mich wand und meine Augen zukniff, nur einen Spalt offen ließ, meine Schmerzen ließen nichts anderes zu.

"Nein...", presste ich mit zitternder Stimme hervor. "Bitte... bitte nicht..."

Selbst seine Stimme wirkte so anders. Ich dachte, ihn gekannt zu haben. War mein Urteilsvermögen wirklich so schrecklich?

Creepys sonst so beruhigende Stimme antwortete: "Du verdienst dieses Gefühl, weißt du das?"

Meine Augen füllten sich mit glühend heißen Tränen, die im Gegensatz meines förmlich in Flammen stehenden Körpers fast schon als kalt wahrzunehmen waren. Ich schnappte nach der Luft die ich nicht aufnehmen konnte, meine Zähne pressten gegeneinander. 

"Du bist ja ganz warm, wie gefällt dir eine kleine Abkühlung?"

Der Aufprall auf der Wasseroberfläche ließ einen ruckartigen Schmerz durch meinen Rücken schießen, und ich schien im Wasser zu fallen. Ich strampelte, bekam noch weniger Luft als zuvor, nein, gar keine. Tiefer und tiefer in die Abgründe. Wie tief konnte dieser See schon sein?

"Du bist ein Nichts."

"Du verdienst es nicht, gemocht zu werden."

"Du hast mir noch nie etwas bedeutet."

"Niemand braucht so etwas wie dich."

"Glaubst du wirklich, du hättest das Recht, zu leben?"

Wenn ich weinen könnte, so würde ich es tun. Wenn ich schreien könnte, so würde ich es tun...! Doch das Wasser schluckte alles, was ich hätte hervorstoßen können, und auch mich selbst. Vielleicht... vielleicht hatte ich das ja wirklich verdient...

Ich schloss meine Augen und wartete. Worauf, worauf konnte ich jetzt noch warten? Auf den Boden, dass ich mich abstoßen könnte? Was würde das jetzt noch bringen? Welchen Sinn hätte es denn jetzt noch?

"Warum...?"

"Weil ich mir einen Spaß daraus gemacht habe, dich leiden zu sehen. Dein Zittern, deine Angst, deine Schreie, nichts schöneres könnte ich mir vorstellen!"

Doch der Aufprall wollte nicht kommen. Keine Luft, kein Aufprall, doch dieser See war so viel tiefer als die Unendlichkeit des Waldes, durch den ich mich so lange gequält hatte, und wofür nur?

"Wofür?"

"Für dich war es schon zu spät bevor es angefangen hat. Schau nur."

Ich öffnete meine Augen, und durch die Dunkelheit des Wassers glitten hunderte leuchtende Blumen, in den verschiedensten Farben glühend, sie erhellten die Tiefen, in die ich immer weiter fiel. Ein Lächeln, für einen kurzen Moment. Eine Blüte fiel auf meine Vorderpfote und... und verblühte in der selben Sekunde, in welcher sie meinen Körper streifte. Sie ging nicht nur ein, sie verfaulte. Mehr und mehr Blumen siedelten sich an meinem Fell an und starben ab, ihr Schein klang so viel schneller ab als er gekommen war.

"Du bringst nichts anderes. Nur Schande, über alles und jeden."

Sie umschlossen mich völlig, und ich konnte schon bald nichts mehr sehen, nichts mehr hören, nichts mehr fühlen als die Textur der fauligen Blumen, die meinetwegen nicht mehr weiterleben durften. 

"Genau. Es ist deine Schuld. Du verfluchtes Wesen."

Waren das nicht... die Worte meines Vaters gewesen...? An diesem Tag, an dem alles geendet hatte? Vielleicht hatten sie ja recht, vielleicht hatten ja alle recht, vielleicht...

"Alles was du berührst zerbricht in tausend Teile. Deine Familie, dein einziger Freund, selbst die Pflanzen, die dir dein Leben schenken. Hast du überhaupt ein Recht darauf, ein Leben zu führen, wenn du ein einziger Parasit bist und alles zerstörst?"

"Es tut mir leid..."

"Zeig, wie sehr es dir leid tut! Zeig, dass du niemandem mehr schaden wirst!"


"Darkness!"

Die Ruhe war zurückgekehrt. Sollte mir das meine Angst nehmen?

"Darkness, bitte!"

Ich konnte durch meine eigenen Schreie hindurch seine Stimme hören. 

"Ich bin hier, ich bin hier! Ich gehe nirgendwo hin, versprochen! Ich bin bei dir, niemand kann dir wehtun...!"

Mit weit aufgerissenen Augen sprang ich auf, sah in sein Gesicht, sah, dass das Grinsen verschwunden war. "Geh weg von mir! Fass mich nicht an!" Schnell bewegte ich mich von ihm weg, nahm Abstand, so schnell, wie es mir möglich war. 

Er hatte mich verraten, hatte mich hintergangen. Tränen tropften auf den Grasboden der Lichtung. Lichtung...? Wo...? Ich kriegte meinen Atem kaum in den Griff, doch wenigstens konnte ich atmen, zumindest füllte sich wieder mit etwas, was nicht Wasser war.

"Darkness, Darkness, hey, sag mir, welche Farbe? Akibeeren?"

Akibeeren. Akibeeren. 

"Orange, mit weißen Streifen..."

"Persimbeeren, welche Farbe?"

"Rot..."

Ich begann, wieder gleichmäßiger zu atmen.

"Welche Farbe haben Sinelbeeren?"

"Sie sind... blau..."

"Wie ist es bei Nanabbeeren, weißt du das?"

"Nanabbeeren, sie... sie sind rosa..."

Einatmen. Ausatmen. Langsam. Mittlerweile zitterte ich so heftig, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte.

"Wie heißt du?"

"Darkness..."

"Welcher Spezies gehörst du an?"

"E-... Evoli... Ich bin ein... Evoli..."

"Wo befindest du dich?"

"Ich... ich weiß es nicht..."

"Darkness, du bist ein Evoli, du kannst atmen, du kannst stehen, du kannst gehen, du kannst laufen. Du befindest dich auf einer Waldlichtung, es ist Nacht, und du hast gerade geschlafen."

Ich habe geschlafen? Ich blickte das Nebulak skeptisch an, argwöhnisch, misstrauisch. 

"Mein Name ist Creepy, ich bin ein Nebulak, wir reisen gemeinsam. Ich vertraue dir mit meinem Leben, ich habe dich gepflegt und mit dir gekämpft. Ich will dir keinen Schaden zufügen."

"Aber... du hast...!" Tränen traten erneut hervor. 

"Ja, was habe ich getan?"

"Du hast mich... in den See... und dann...!"

Seine Augen bewegten sich langsam nach links, dann nach rechts.

"Wo bist du, was siehst du?"

Zum ersten Mal sah ich mich um, sah, was um mich herum war. Eine lange, gewaltige Grasfläche, die von Bäumen umschlossen war, doch kein Tropfen Wasser war in Sicht. Ich hörte in der Ferne einen Bach rauschen, doch... wo war der See?

"Ich sehe... Bäume... Gras..."

"Siehst du einen See...?"

"Nein..."

Er nickte, langsam und berechenbar. Langsam dämmerte es mir. 

"Du hast geschlafen. Ich bin aufgewacht, als du geschrien hast. Du hattest einen Albtraum. Was du gesehen hast, war nicht ich. Was du gesehen hast, gibt es nicht. Es existiert nicht. Ich bin hier, du bist hier, und das ist real. Fühlst du den Wind, das Gras unter deinen Pfoten? Spürst du deinen Körper, deine Glieder, spürst du, dass das, was da eben war, sich anders angefühlt hat?"

Er lag richtig. Er lag richtig. Er lag wirklich richtig. Er... 

"Darkness...!"

Ich spürte den Aufprall nicht, hörte nur das Geräusch, als ich in mich zusammenbrach.


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