43 - Aus-, Um-, Aufräumen

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Di. 27.3. a.d. 1571

Als Karl und ich am nächsten Morgen im Speisezimmer eintreffen und uns für den Tag stärken, sitzt Albrecht Bader bereits wieder in seinem Arbeitszimmer. Ich erzähle Karl von meinem nächtlichen Streifzug, und dann legen wir los. Barkhausen und Jansen werden herbeigebeten.

Ich erkläre erst allen, wie ich die Räume aufteilen möchte. Mit einem Stift in der Hand beginnen wir nun, durch die unteren Räume zu wandern und an alles, was ich fort oder anders haben will, Zettel zu binden. Schließlich machen wir noch einen ersten Gang durch das obere Stockwerk, wo ich im Geiste die Zimmer verteile und mich dabei für ein anderes Schlafzimmer und die darin nötigen Möbel entscheide. Zwei Gästeräume können hier als Abstellmöglichkeit herhalten, bis ich mich entscheiden kann, was ich eigentlich mit all den ausrangierten Kostbarkeiten machen will. Zwei weitere Gästeräume werden eingerichtet werden.
Und in die Räume, die an den Anbau angrenzen, denke ich mir Anna hinein. Es ist zwar im Moment unwahrscheinlich. Aber die Hausfrau sollte auf jeden Fall in der Nähe der Kinder sein. Auch, wenn das eines Tages doch jemand anderes als Anna sein sollte.

Als wir die Treppe wieder hinuntersteigen, kommt uns Bader entgegen.
„Herr, ich denke, ich habe nun alle Papiere soweit gesichtet, dass ich anfangen kann, alles durchzukontrollieren."
„Das ist fantastisch, Bader. Wollen wir erst zu Mittag speisen und uns dann nach Eurem Mittagsschläfchen in die Bücher versenken?"

Als wir kurz darauf das Speisezimmer betreten, wird es mir zu bunt. Ich rufe zwei Diener herbei.
„Schafft diesen entsetzlich kitschigen Tafelaufsatz weg, bringt ihn gleich hinüber in den Saal, ich ertrage den Anblick nicht mehr. Und ich bin auch nicht mehr bereit, meine Gäste durch dieses Monstrum hindurch zu suchen!"
Die Ärmsten. Der Tisch ist schon akkurat gedeckt, und nun bringe ich alles durcheinander!
Die beiden Diener stellen sofort die herbeigebrachten Speisen an der Anrichte ab, schnappen sich das riesige Ungetüm und tragen es hinaus. Kurz darauf kommen sie zurück und wollen die Gedecke graderücken, da funke ich schon wieder dazwischen.

„Würde es euch etwas ausmachen, direkt neben mir für meine beiden Gäste zu decken?"
Die Diener starren mich völlig entgeistert an. Ich sehe Karl und Bader an, dass sie sich das Lachen verkneifen müssen.
„Seid so gut. Ich weiß, dass der Hausherr am einen Ende der Tafel und seine Gäste am anderen zu sitzen haben. Aber ich sehe es nicht ein, dass ich brüllen muss, damit meine Gäste mich verstehen, weil die Tafel so lang ist. Für den Alltag möchte ich bitte immer alle beieinander haben."
Seeeehr zögerlich greifen die Diener Geschirr, Besteck und Gläser und legen sie auf den mir benachbarten Plätzen ganz akkurat wieder ab. Dann werden uns die Speisen serviert, und es wirkt ein bisschen, als würden sie die Flucht ergreifen, als sie uns nun allein lassen. Kaum sind sie draußen, gibt es kein Halten mehr.

Karl kann sich gar nicht wieder fassen.
„Also wirklich, durchlauchtigste Hoheit! Wie könnt Ihr es wagen, von Euren untertänigsten Dienern ein solch würdeloses Benehmen zu verlangen. Nein, sowas!"
Und auch Bader beginnt breit grinsend zu lästern.
„Ich sehe, meine Herren, dass Ihr durchaus in der Lage seid, auch ganz ohne starke Getränke furchtbar albern zu sein. Aber so ist es recht. Sonst würden wir hier vor lauter Arbeit nämlich versauern. Mit Humor wird alles leichter."

Nachdem Bader sich zurückgezogen hat, machen Karl und ich einen Spaziergang zum Christophorus-Haus. Da die Frühlingssonne kräftig scheint, sind die Kinder schon von weitem zu hören. Während eine der Mägde auf einer Bank sitzt und sich mit einer Nadelbinderei beschäftigt, spielen die älteren Kinder mit einem Ball und singen dazu ein Lied, und die Kleinsten sitzen in einem Sandhaufen und buddeln. Ich bleibe spontan stehen und freue mich an diesem Bild.
Ich grüße nickend die Magd und erkundige mich danach, wo ich Maria und Jochen Hannover wohl finden kann. Frau Hannover sei in den Wirtschaftsräumen, Herr Hannover oben im Büro. Wir gehen hinein und suchen zunächst die Wirtschaftsräume.

Maria Hannover begrüßt uns freudestrahlend.
„Ach Herr. Es sind alles so liebe, aufgeweckte Kinder. Und sie haben gar keine Angst mehr."
„Das freut mich, Frau Hannover, das freut mich. Ich bin gekommen, um zu sehen, wie Ihr im Haus alles vorgefunden habt, ob Ihr noch etwas sofort braucht. Sowohl die Räume der Kinder als auch Eure Privaträume sollten bequem und mit allem ausgestattet sein."
Maria Hannover macht einen Knicks.
„Ach, Herr. Ja, da fehlt so einiges. Eigentlich alle Kinder haben Schnupfen, und ich wusste schnell, warum. Sie haben jedes nur eine ganz dünne Decke, und in den Schlafsälen sind die Kamine nicht befeuert. Sie frieren des Nachts ganz entsetzlich. Geld hat mein Mann oben reichlich vorgefunden, so dass wir in der Stadt genug Lebensmittel kaufen können, um alle wirklich satt zu bekommen. Denkt Euch, Herr, die Kinder haben die Teller immer nur halb gefüllt bekommen und durften nicht nach mehr fragen. Sie sind alle so schrecklich mager. Und alle haben blaue Flecken von Schlägen. Einem ist heute morgen der Teller mit Grütze heruntergefallen. Er stand mit bloßen Füßen in der klebrigen Bescherung und hat gezittert vor Angst, als ich auf ihn zukam. Dabei wollte ich nur den Teller wegräumen und ihn da rausheben, damit er sich nicht die Füße einschmiert und vielleicht ausrutscht. Hier ist so viel Unrecht geschehen!"

„Habt Ihr bereits eine Lösung für die fehlende Kleidung gefunden?"
„Ja, Herr. Fürs erste. Wir haben uns an den Stadtvogt Walther gewandt. Die Menschen wollen helfen. Jede Hausfrau in der Stadt wird ein paar Socken nadelbinden. Und der Holzschuhmacher hat uns einen Sonderpreis gemacht für sechsundzwanzig Paar Holzschuhe. Damit wären die Kinder dann fürs erste ausgestattet, dass sie nicht vor lauter kalter Füße dauernd krank werden. Mit der Kleidung haben wir erst nicht recht weiter gewusst. Aber dann sind wir gestern einmal in alle Räume vom Keller bis zum Dach gegangen, um zu sehen, was es hier eigentlich alles gibt. Und da haben wir eine gut gefüllte Kleiderkammer gefunden. Wir können uns nicht erklären, warum die Kinder die nicht bekommen haben."
Ich habe da so eine Idee ...
Wenn die Kleidung nicht getragen wird, muss man keine neue kaufen ... und spart schon wieder Geld ...
„Frau Hannover, ich bin sehr glücklich, dass Ihr alles so gut im Griff habt und Euch so für die Kinder einsetzt. Sie werden es Euch ewig danken! Denkt bitte bis morgen darüber nach, ob Ihr fürs Haus oder die Kinder noch etwas braucht, was sich nicht hier in Gieboldehusen beschaffen lässt. Wenn ich in der Hauptstadt bin und so viele verschiedene Menschen sehe, finde ich sicher Gelegenheiten, ganz viel zu organisieren und zu besorgen."

Nun machen wir uns auf in den ersten Stock, um Jochen Hannover über die Schulter zu schauen. Er sitzt am Schreibtisch der Stolzer und ist vertieft in Papiere.
„Hannover, Ihr seid fleißig. Was habt Ihr bisher gefunden?"
Jochen Hannover schaut von seinen Papieren auf.
„Ich denke – dasselbe wie drüben im Schloss. Jeder hat hier jeden betrogen, hab ich Recht?"
Karl und ich fangen an zu lachen.
„Lasst mich raten, Hannover. Der Brudenhusen mich. Der Hauser den Brudenhusen. Und dann wohl auch die Stolzer den Hauser."
Er nickt bloß und grinst.

„Egal, ob es um Lebensmittel, Kleidung für die Kinder oder Reparaturen am Haus geht – sie hat immer was draufgeschlagen. Ich will heute noch mit dem Knecht das ganze Haus begehen und sehen, was tatsächlich an Reparaturen und Verbesserungen nötig ist. Ich will mit ihm die Gerümpelecken begutachten, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. Dann kann ich Euch vielleicht noch vor der Abreise eine Liste geben, damit Ihr einschätzen könnt, wieviel es Euch hier kosten wird. Ach, und ich habe weiteres Geld gefunden. Wohl das Offizielle, denn es war hier im Schreibtisch eingeschlossen."

Er legt mir eine Auflistung aller Wertgegenstände und Gelder vor, die er in den Räumen der Stolzer gefunden hat. Aber eine Frage ist mir noch wichtiger.
„Und, Hannover ... Habt Ihr ... ?"
Er schüttelt den Kopf.
„Nein, Herr. Vornean sind die Jüngsten, je weiter hinten, desto älter werden die Kinder. Wenn es also Sachen von Anna Adam hier gibt, dann müssen sie ganz hinten liegen."
Ich nicke bloß. Ich weiß ja selbst nicht, was ich mir erhoffe.
Anna kam wie viele andere auch, und sie ging wie viele andere auch. Was lässt mich hoffen, dass es um Annas Herkunft ein Geheimnis gibt? Das ist doch alles nur Wunschdenken!

Ich bin ein wenig schweigsamer, als wir schließlich zum Schloss zurücklaufen, um uns wieder Albrecht Bader zwischen den Papierbergen anzuschließen. Doch Karl kennt mich einfach zu gut.
„Gib nicht auf, Hannes. Das wird."

Allmählich schwirrt mir der Kopf vor lauter Abrechnungen, Listen, Skizzen, Plänen. Nur die unerschütterliche Freude am Tun bei den Hannovers, die Lebensfreude der Kinder, die Treue von Jansen und Barkhausen, der Humor von Bader und die Rückendeckung von Karl treiben mich immer weiter durch Papiere, Staub und Entscheidungen. Wir verschieben unsere Abreise auf Freitag, weil wir dadurch mit den wesentlichen Aufgaben so weit kommen können, dass alle hier in meiner Abwesenheit genug zu tun haben und die Zeit nutzen können.

Mi. 28.3. a.d. 1571

Hedwig Stolzer hat zwei Tage lang eisern geschwiegen. Aber die nicht grade zuvorkommende Behandlung durch meine Dienstboten und die Ungewissheit, was mit ihr geschehen wird, haben sie schließlich doch weichgeklopft. Am Dienstag Abend gibt sie Auskunft, dass sie eine Kusine des Brudenhusen ist, woher sie stammt und dass es dort im Goslarer Raum noch Verwandte gibt. Schnell sind Karl und ich uns einig, dass wir sie mitsamt ihrem Gepäck und nur den nötigsten Mitteln zur Reise dorthin verfrachten werden.

Zwei Landsknechte und eine ältere Magd aus dem Schloss, die sich im Stande sehen, der Stolzer die Stirn zu bieten, werden auserkoren, sie mit einer Kutsche nach Goslar zu geleiten und dort bei ihren Verwandten abzusetzen. Die Reise nebst Zöllen finanziere ich noch, ansonsten bleiben ihr nur ihr persönliches Gepäck und ihr freches Mundwerk. Sie kann froh sein, dass sie mit dem Leben davon kommt bei all ihren Betrügereien. Gleich Mittwoch Morgen geht es los.

Brudenhusen und Hauser habe ich nun erfolgreich vier Tage lang ignoriert. Sie waren gemeinsam eingesperrt und sind sich in dieser Zeit mehrfach gegenseitig an die Kehle gegangen. Mitleid habe ich keines. Ich wähle zehn weitere Salzderheldener Landsknechte aus, die auch am Mittwoch abreisen und die beiden in die Hauptstadt bringen. Sie nehmen des weiteren einen Brief an Ludo mit, in dem ich ihm ankündige, dass ich am kommenden Sonntag oder Montag selbst eintreffen werde.

Ebenfalls am Mittwoch bitte ich den Stadtvogt Walther, die Bürger der Stadt zu versammeln, damit ich mich ihnen einmal richtig vorstellen kann. Da die Bediensteten im Schloss vielfältige Kontakte und Verwandte in der Stadt haben, sind schon viele Informationen über den jungen, etwas eigenwilligen Lehnsherrn im Umlauf. Die Vertreibung von Brudenhusen, Hauser und Stolzer hat mir soviel Wohlwollen im Voraus eingebracht, dass ich mit Jubel auf dem Marktplatz empfangen werde. Ich spreche kurz zu den Menschen und bitte sie um Geduld, bis ich mir einen Überblick über alles verschafft habe. Albrecht Bader ist bei mir. Als ich ihn als neuen Übergangsverwalter vorstelle, brandet wieder Jubel auf. Alle kennen und mögen den humorvollen alten Mann.

Besonders berührt mich, dass die Hannovers mit den Kindern des Christophorus-Heimes zum Marktplatz gekommen sind. Die meisten Kinder haben nun schon Holzklompen an den Füßen, sie sind deutlich besser und wärmer gekleidet als am Sonntag – und Ursula und ihr Bruder Hannes überreichen mir mit tiefem Knicks einen einfachen kleinen Blumenstrauß mit all dem, was am Feldrand Ende März schon wächst.
Und – die Kinder strahlen, ihre Augen leuchten wie Sterne. Ihre Gesichter zeigen keine Angst mehr. Maria Hannover hat das Kleinste auf dem Arm, bei Jochen Hannover sitzt ein kleines Mädchen auf den Schultern, die drei Mägde haben Kinder an den Händen. Und als ich mich zum Dank für die Blumen tief vor Ursula verbeuge, schallt das glückliche Lachen der Kinder über den ganzen Platz.

Do. 29.3. a.d. 1571

Karl geht am Donnerstag auf eine besondere Mission. Er reitet nach Lütgenhusen, um dort alle zu grüßen, und vor allem, um darum zu bitten, dass Klaas oder Rudolph mit der Botschaft nach Duderstadt geschickt werden mögen, dass ich mein Gepäck von dort haben möchte. Siegfried Crüger möge es mir bitte nach Gieboldehusen schicken. Und der Bote möge feststellen, ob meine drei „Heiligen" Caspar, Melchior und Balthasar sich entschieden haben. Sie sollen nochmals eingeladen werden, ganz nach Gieboldehusen überzusiedeln, da sie mir hier dauerhaft von großem Nutzen sein und mir gute Dienste leisten können.
Ich lasse Karl mit wehem Herzen ziehen. Wie gerne wäre ich derjenige, der heute dorthin reitet. Oder doch zumindest dabei ist. Wie gerne wäre ich für ein paar Stunden wieder der Hannes in der Adamskate, würde Anna beim Sticken zusehen und mit den Kindern spielen. Aber ich kann hier nicht weg – und ich sollte da auch nicht hin.

Mein Donnerstag gehört einer letzten Besprechung mit allen Getreuen, um für die Zeit meiner Abwesenheit ganz viel zu regeln. Bader, Barkhausen, Jansen, Walther und die Hannovers haben viel vor in der Zeit, damit in Schloss, Stadt und Christophorus-Haus alles seinen Gang gehen und vieles zum Guten verändert werden kann. Für den Fall, dass meine drei „Heiligen" sich tatsächlich entschließen sollten, hierher überzusiedeln, sind Frau Jansen und Herr Barkhausen vorbereitet, sie unterzubringen. Ich selbst nehme als Aufgaben mit, dass ich in der Hauptstadt Ausschau halten werde nach einem Lehrer für die wieder zu eröffnende Schule und nach einem tüchtigen Mann, der möglichst bald als Nachfolger von Albrecht Bader eingearbeitet werden kann. Ich will Erkundigungen einziehen über Magdalena von Lenthe und ihre Bekanntschaft mit unserer Tante Agnes von Minnigerode. Und ich habe einige Besorgungen zu machen. Das Wichtigste wird allerdings die Krönung von Ludo sein. Er soll an diesen Festtagen meine ungeteilte Aufmerksamkeit haben.

Am Nachmittag wartet auf mich noch die Anprobe einiger Gewänder vom Brudenhusen mit den Näherinnen. Mehrere Kleidungsstücke für unterschiedliche Zwecke ließen sich tatsächlich für mich umarbeiten. Dazu gebe ich einige robuste, einfache Gewänder in Auftrag.

Das Abendessen mit Karl und Bader ist wieder ein vergnügliches Beisammensein. Ich bin heilfroh, dass ich ihn habe, denn bei meiner Rückkehr wird Karl nicht mehr bei mir sein. Dann wird Albrecht Bader meine einzige Gesellschaft sein, und ich kann mir noch überhaupt nicht vorstellen, wie das sein wird. Als ich noch der Sohn des Herzogs war, hatte ich nahezu täglich festliche Empfänge und feierliche Mahlzeiten mit Gästen. Manches Mal habe ich mir gewünscht, einfach allein sein zu dürfen. Als ich dann Hannes in der Adamskate war, hab ich immer mittendrin gesessen und die Gemeinschaft mit der kleinen Familie, mit den Verbündeten, mit den Dörflern unendlich genossen.
Bald beginnt ein neuer Abschnitt. Wahrscheinlich werde ich mich manches mal nach dem Leben bei Hofe zurücksehnen. Aber der Preis wäre zu hoch. Und ich habe gewählt.

Abreise

Fr. 30.4. a.d. 1571

Früh am Freitag Morgen packen wir unsere Habseligkeiten, satteln unsere Pferde und treten, umgeben von den restlichen achtzehn Landsknechten, die Heimreise an. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich in den sechs Tagen viel geschafft habe, viel ordnen konnte, viel Vertrauen aufbauen konnte, viel Zuversicht verbreiten konnte. Das frühlingshafte Wetter bleibt uns weiterhin treu, und so kommen wir nach drei gemütlichen Tagesritten wieder in Salzderhelden an.

So. 2.4. a.d. 1571

Kaum sind wir durchs Stadttor hindurch, biegt Karl gleich ab und reitet nach Hause. Auch er wird als engster Berater des neuen Herzogs in den nächsten Wochen viel zu tun haben. Ich nehme ihn noch einmal fest in die Arme.
„Hab Dank, treuer Freund. Dass du mich gesucht hast, dass du mich gefunden hast. Und dass du meine ersten Schritte in mein neues Leben begleitet hast."
„Aber das tu ich doch gern."
„Ja, eben! Du tust es gern. Und nicht, weil du dein ganzes Leben daraufhin erzogen wurdest. Du tust es gern, und das ist ein Geschenk."
Ein letzter warmer Händedruck, dann lass ich ihn gehen.

Am großen Tor ins Schloss werden wir von der Garde empfangen. Ich bedanke mich noch einmal persönlich bei meinen Landsknechten, bevor ich sie entlasse. Die Nachricht meiner Ankunft spricht sich wie ein Lauffeuer im Schloss herum, und so ist Ludo schon im Portal zu sehen, bevor Konrad noch mit Hurtig in Richtung der Ställe ganz verschwunden ist. Die drei Reisetage waren anstrengend, aber nun nehme ich doch in großen Sprüngen die Treppe und ziehe Ludo sogleich in eine Umarmung. Sein Gesicht zeigt Erleichterung. Ich sehe ihn einen Moment lang still an.
„Hast du Sorge gehabt?"
Ludo nickt.
"Wunderts dich? Es war schwer, dich so schnell wieder ziehen zu lassen."
„Jetzt bin ich erstmal hier. Ich muss zwar einiges organisieren, aber die nächsten Wochen sollen dir gehören, Bruderherz!"
Wir wenden uns ins Schloss. Diener und Würdenträger verbeugen sich tief vor uns, und Ludo nickt einzelnen von ihnen zu. Aber wir unterhalten uns einfach weiter dabei.

„Die zwei Galgenvögel, die du mir da geschickt hast, sind ja wahre Prachtexemplare. Die zehn Mann haben drei Kreuze geschlagen, als sie die beiden dem Kerkermeister übergeben hatten. Die müssen sich den gesamten Weg bis hierher ununterbrochen gestritten haben. Und seit sie hier sind, versuchen sie, sich die Schuld gegenseitig in die Schuhe zu schieben. Die Welt wird sie nicht vermissen."
„Ja – das kann ich mir vorstellen. Wird ihnen der Prozess gemacht vor oder nach der Krönung?"
„Ich weiß es nicht. Jetzt vorher habe ich eigentlich keine Zeit dafür. Aber ich möchte auch nicht, dass ausgerechnet ein zweifaches Todesurteil meine erste Amtshandlung ist."
Ich überlege einen Moment.
„Na, dann fäll doch das Urteil jetzt und vollstrecke es in ein paar Wochen. Sie werden sich zwar vielleicht schon vorher selbst gegenseitig umbringen, aber ..."
Ludo schüttelt grinsend den Kopf.
„Neinnein, wir haben sie nicht mehr zusammengesteckt. Das wäre dem Kerkermeister nicht zuzumuten. Aber jetzt komm. Ich habe für heute Abend extra nicht zum offiziellen Mahl geladen, damit wir zu zweit essen können, sobald du da bist. Du hast sicher viel zu erzählen."

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23.1.2022

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