017 - St. Nikolaus - MI. 6.12.1570

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Als der Mittwoch anbricht, summt das ganze Dorf vor lauter Aufregung. Die Kinder sind heute kaum zu bändigen, und die Mütter und Mägde haben allerlei auszuhalten deswegen. Manche Kinder sind heute sehr schweigsam, schleichen mit schlechtem Gewissen umher, sind besonders anstellig und fürchten sich vor der Rute. Andere sehnen sich in seliger Vorfreude nach der besonderen Überraschung, flitzen pausenlos durch die Dielen und Ställe, machen alle Tiere wuschig und sind überhaupt nicht in der Lage, zuzuhören und mitzuhelfen. Die Älteren dagegen freuen sich schlicht auf ein Paar neuer heiler, passender Strümpfe und etwas Naschwerk.

Wie in jedem Jahr lässt sich der blinde Jasper am Nachmittag in die Kirche bringen und erzählt dort den versammelten Kindern die Geschichten vom heiligen Nikolaus, der Bischof im fernen Myra war und so oft im Namen Gottes und zum Wohle der Menschen wundersame Dinge bewirkt hat. Unsere Kinder wissen, was es heißt, arm zu sein. Auch sie sehnen sich nach einem, der ihnen Gutes zum Leben gibt. Und so lauschen sie andächtig, sind beschäftigt, und die Mütter atmen eine Weile auf, weil die kleinen Unruhestifter aus dem Haus sind. Jasper ist ein wundervoller Erzähler, er malt Bilder mit Worten, direkt aus seinem Herzen heraus.

Als es zur Abendstunde läutet, schickt er die Kinder wieder nach Hause. Sie können vor Aufregung kaum essen, werden wieder quengelig und werden bald ins Bett gesteckt. Natürlich nehmen sie sich alle vor, ganz bestimmt nicht einzuschlafen, damit sie den Nikolaus diesmal auch wirklich nicht verpassen. Und doch liegt bald schon das ganze Dorf in tiefer Ruh. Erleichterte Eltern schließen die Tür zur Kammer und hängen die gefüllten Strümpfe davor oder stecken sie in die bereit gestellten Holzklompen am Hauseingang. Dann schlafen sie auch, denn die Kinder werden diese Nacht recht früh beenden.

Hannes ist seit gestern Mittag sehr schweigsam. Aber im Laufe des Tages wächst auch bei ihm die Aufregung, weil er sich so sehr freut, endlich mal aus dem Haus zu kommen, ein paar Schritte gehen zu können, das Dorf zu sehen und seinen Hurtig besuchen zu dürfen. Erst schrote ich das Getreide für den Brei für morgen. Dann sitzen wir abends gemeinsam beim Herdfeuer, ich sticke fleißig und Hannes liest mir aus dem Gebetbuch vor. Und so warten wir die Zeit ab, bis wir losgehen können.

Nachdem ich spät zur Nacht das Peterle noch einmal genährt habe, ziehen wir beide uns ganz warm an, ich greife die beiden gefüllten Sockenpaare aus dem Kasten, Hannes steigt in seine feinen Stiefel und legt sich den dunklen Mantel um – und dann schauen wir vorsichtig zur Tür hinaus. Der Himmel ist bedeckt, der Mond kaum zu finden, ich ahne mehr, als dass ich weiß, wo es die Dorfstraße entlang geht. Aber das ist heute genau gut so, denn Hannes darf besser nicht gesehen werden.

Jeder im Dorf weiß, dass ich spät noch zur Lene laufe, um die Strümpfe für meine Kinder dort abzuliefern. Und so schert es keinen, dass die Hunde anschlagen. 'Es ist ja nur die Anna.' Hannes streckt sich, zieht tief die frische Nachtluft ein und wartet kurz auf mich, denn erst klemme ich die Strümpfe für Jasper an dessen Türgriff. Natürlich hat die Lene auch an ihn gedacht. Ich schleiche mich zurück und winke Hannes aus dem Haus. Dann gehen wir los. Wir schweigen, konzentrieren uns darauf, die Spiegelung der Wolken in den Pfützen zu sehen und drumrum zu laufen, damit wir keine nassen Füße bekommen. Immer wieder schaue ich verstohlen zu Hannes hin, denn erst jetzt, wo er so aufrecht und befreit neben mir herläuft, erkenne ich, wie groß er tatsächlich ist. Beim Jungbauern Klaas nickt Hannes mir kurz zu, biegt ab und kratzt wie verabredet leise an der Tür, während ich weiter zur Lene gehe und die gefüllten Socken für meine Kinder bei ihr abgebe. Dann schleiche ich mich schnell hintenrum direkt in Klaasens Stall.

Als ich die Tür öffne, sind Klaas und Hannes bereits bei der Pferdebox angekommen, und Hannes ist zu seinem großen Braunen hineingegangen. Ich kriege grade noch mit, wie aus dem misstrauischen Schnuppern von Hurtig die helle Pferdefreude wird. Das Tier entspannt sich sichtlich, drängt sich an Hannes und stupst ihn mit seinem samtweichen Maul an. Hannes strahlt und reagiert intuitiv. Er umfasst den Hals des großen Tieres und vergräbt sein Gesicht in der Mähne. Er murmelt sanfte Worte und krault Hurtig an einer bestimmten Stelle am Bauch, was das Tier offensichtlich zu genießen scheint.

Schmunzelnd lassen Klaas und ich den glücklichen Mann allein und gehen in seinen Wohnbereich.
„Klaas, warst du heute Nacht schon mit Hurtig auf der Almende?"
Klaas schüttelt den Kopf. „Ich hab mir gedacht, dass Hannes vielleicht mit mir gehen und dann von dort gleich zu dir nach Hause laufen möchte. Denn allzu lang darfst du ja nicht warten, bis du durchs Dorf zurück läufst."
Ich verstehe sofort, was er meint. „Das ist wirklich eine gute Idee! Da wird Hannes sich sehr freuen. Wie findet er dann hintenrum den Weg zu mir?"
Klaas winkt ab. „Das wird schon, ich helfe ihm dazu."

Nun geht er zurück in die Pferdebox, umwickelt gemeinsam mit Hannes die Hufe des Pferdes, und ich verabschiede mich von den beiden. Sie schleichen hinten über den kleinen Küchengarten raus Richtung Almende und Wald, während ich leise zurück zur Dorfstraße gehe und mich direkt auf den Weg nach Hause mache. Wieder schlagen die Hunde an, wieder tanze ich um die Pfützen drumrum. Ich fühle mich leicht und zufrieden. Zu Hause nutze ich die Zeit und fülle schnell noch die Socken, die Lene für Hannes gestrickt hat.     Er wird Augen machen! Damit hat er sicher nicht gerechnet.     Dann entriegele ich die Tür zum Stallgang.

Erst nach einer ganzen Weile trifft Hannes wieder bei mir ein, und sein Gesicht strahlt wie Ostern und Weihnachten an einem Tag. Man sieht ihm an, dass die kalte Nachtluft und die Bewegung ihm gut getan haben. Aber vor allem die Begegnung mit seinem geliebten Hurtig hat seiner Seele gut getan. Er schleicht zur hinteren Tür, in meine Kate, kommt mit schnellen Schritten auf mich zu und nimmt mich überschwänglich in die Arme vor Glück. Kurz danach gibt er einen seltsamen Laut von sich, fährt weg von mir und fängt an zu stottern.
„Verzeiht, Frau Adam. Wie ungehörig! Es ... tut mir so leid. Ich wollte nicht ... Vergebt mir. Ich ..."

Ich bin recht erschrocken bei diesem plötzlichen „Überfall", aber seine Verwirrung und Verlegenheit, sein hilfloses Stottern sind so unschuldig und ehrlich, dass ich ihn nur noch auslachen kann.
„Seid still, Hannes. Das waren genug Entschuldigungen. Es ist doch nichts passiert, als dass Ihr Euch unbändig freut. Und das ist wunderbar! Geht schlafen und vergesst es. Träumt lieber einen schönen Traum von einem Ritt mit Hurtig durch lichte Wälder, zusammen mit Freunden. Gute Nacht!"

Immernoch verlegen krabbelt er die Leiter hinauf. Bald schon höre ich das Stroh rascheln und weiß, dass er heute Nacht gut schlafen wird. Ich nehme die Leiter ab wie jede Nacht, lege sie auf den Boden und binde ans obere Ende seine gefüllten Strümpfe. Dann stelle ich die Leiter wieder auf und lehne sie an die Wand. Ich bin gespannt, was er wohl morgen früh sagen wird, wenn er heruntersteigen will und die Strümpfe entdeckt. Ich hab mich sehr gefreut, dass die Lene für ihn noch genug Wolle gehabt hat. Dann gehe auch ich endlich ins Bett.

Aber ich liege noch eine ganze Weile wach, starre an die dunkle Decke und lausche in mich hinein. Ich bin seit ein paar Tagen nicht mehr sooo sehr müde. Ich weiß wohl, dass es daran liegt, dass ich im Moment ohne Jakob und Susanna so viel Ruhe habe. Aber ich belüge mich nicht selbst. Ich weiß auch, dass meine gehobene Stimmung mit daran liegt, dass ich Hannes bei mir habe. Das Rätsel um seinen Namen und seine Herkunft beflügelt meinen hungrigen Geist, der Erfolg seiner Heilung macht mich glücklich. Ich genieße es, dass ich interessante Gespräche führe, hofiert werde. Er ist das erwachsene Gegenüber, das ich schon so lange nicht mehr um mich gehabt habe. Er ist klug und interessiert und ...     Und ich sollte dringend aufhören, seine Anwesenheit so sehr zu genießen, denn er findet hoffentlich ganz bald sein Gedächtnis vollständig wieder und kehrt zurück in sein eigenes Leben, das so weit von dem meinen entfernt ist, dass wir uns nie wieder sehen werden!

Mit dem Gedanken an sein herrlich verblüfftes Gesicht beim Anblick seiner eigenen Strümpfe schlafe auch ich dann endlich ein.

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17.1.2020

Das Kornwunder des Heiligen Nikolaus von Myra:

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